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INTERNATIONAL/205: Keine Pressefreiheit in Simbabwe (afrika süd)


afrika süd - zeitschrift zum südlichen afrika
Nr. 3, Mai/Juni 2017

Keine Pressefreiheit in Simbabwe

von Rita Schäfer


Eigentlich garantiert die simbabwische Verfassung von 2013 das Recht auf politische Meinungsäußerung, Presse- und Versammlungsfreiheit. Demgegenüber sind das Gesetz zur Sicherung der öffentlichen Ordnung (POSA) sowie die Presse- und Kommunikationsmediengesetze (APPIA, POTRAZ und ICA) sehr repressiv. Festnahmen bei Protesten, das Abhören von Telefonen und die Kontrolle über elektronische Medien gelten als staatliche Sicherheitsinteressen. Der Gesetzgeber argumentiert ironischerweise auch mit Datenschutz und dem Schutz vor Cyberkriminalität.

In der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen steht Simbabwe auf Rang 128 von 180. Das Medieninstitut für das südliche Afrika (Misa), das die Medienentwicklung vor Ort beobachtet, monierte Anfang 2016 die Drohung von Kommunikationsminister Supa Mandiwanzira, alle, die subversive Nachrichten über soziale Medien verbreiteten, bekämen die Staatsmacht voll zu spüren. Schon 2015 hatte Misa in Simbabwe die Erosion der Presse- und Meinungsfreiheit sowie Beschränkungen im Informationszugang beklagt, zumal diese gegen die Verfassung und regionale sowie internationale Rechtsgrundlagen verstoßen, die von der Regierung unterzeichnet bzw. ratifiziert wurden und deshalb eingehalten werden müssen.

Misa berät und unterstützt Journalisten, die verfolgt werden. Allein im Jahr 2016 dokumentierte das Medieninstitut 31 tätliche Übergriffe auf Journalisten.

2015 und 2016 waren Kameraleute und Reporter immer wieder Opfer von Polizeigewalt. Zu ihnen zählten James Jemwa, Lucy Yasini, Obey Manayiti und Robert Tapfumaneyi, Haru Mutasa, Tendai Masiyazviripo und viele andere. Einige waren freiberuflich tätig und berichteten für internationale Medien über Demonstrationen. Damit gerieten sie unter Generalverdacht und wurden der Agitation für einen Regimewechsel bezichtigt.

Auch das Komitee zum Schutz von Journalisten (CPJ) prangerte die tätlichen Übergriffe und zeitweiligen Festnahmen an. Schließlich postulierte Lucy Yasini: Journalismus ist kein Verbrechen.

In der kritischen Berichterstattung, die aus dem Exil verfasst wurde, war 2016 zu lesen, Geheimdienstaktivitäten (Zipress) zielte auf das Ausspionieren von Journalisten und die Kontrolle neuer Kommunikationsmedien ab.

Freedom House dokumentiert seit etlichen Jahren, dass Journalisten unter Beobachtung von Geheimdienst und Sicherheitspolizei stehen. 2014 geriet die Facebook-Seite Baba Jukwa ins Visier, sie hatte über viele Korruptionsfälle berichtet, Zehntausende Follower erreichten die Nachrichten. Journalisten wie Edmund Kudzayi von der Sunday Mail, dem Verbindungen zu Baba Jukwa nachgesagt wurden, gerieten unter Druck. Selbst Nutzer wurden auf Polizeistationen verschleppt und dort misshandelt. Das betraf beispielsweise den Studenten Romeo Musemburi im Juni 2014. In Harares Township Mbare wurden junge Leute von Mitgliedern der Zanu-PF-Jugendliga überfallen, sie suchten Verantwortliche für kritische WhatsApp-Meldungen. Hier lautete der Verdacht: Präsidentenbeleidigung.

Faktisch beansprucht das Informationsministerium die umfassende Kontrolle über die staatlich kontrollierten Medien (ZBC) und regimenahen Zeitungen wie The Herald und Chronicle; Zanu-PF-Politiker drohen Regierungskritikern mit Gewalt. Ein deutliches Signal erhielt schon 2001 die Tageszeitung Daily News, deren Druckerpresse damals gezielt zerbombt wurde. In den Folgejahren blieb sie lange verboten. Der frühere Daily News-Chefredakteur Geoffrey Nyarota hatte bereits 1988-89 gemeinsam mit einem Kollegen den Willowgate-Korruptionsskandal aufgedeckt, in den ranghohe Zanu-PF-Politiker verstrickt waren. Damals ging es um dubiose und lukrative Autoimportgeschäfte im Staatsauftrag. Einzelne wurden von einer hochrangigen juristischen Untersuchungskommission für schuldig befunden, dennoch von Präsident Robert Mugabe anschließend begnadigt. Nyarota - in der Zeit noch für den Bulawayo Chronicle tätig -, erhielt im Lauf der Jahre etliche internationale Preise für investigativen Journalismus.

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Quelle:
afrika süd - zeitschrift zum südlichen afrika
46. Jahrgang, Nr. 3, Mai/Juni 2017, S. 18-19
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Juli 2017

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