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INTERNATIONAL/043: Kenia - Mit Twitter auf Gangsterjagd, Dorf und Chief nutzen soziales Netzwerk (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 6. Februar 2012

Kenia: Mit Twitter auf Gangsterjagd - Chief Kariuki und sein Dorf nutzen soziales Netzwerk

von Daniel Sitole


Nakuru, Kenia, 6. Februar (IPS) - In Lanet Umoja in Nakuru County in Kenias Provinz Rift Valley wird getwittert, was das Zeug hält. Vor kaum einem Jahr von Chief Francis Kariuki als Alarmsystem gegen die ausufernde Kriminalität initiiert, hat sich die Twitter-Adresse @chiefkariuki zu einem vielfältig genutzten kommunalen Kommunikationsnetzwerk entwickelt.

"Hier in meinem Ort habe ich jetzt die Kriminalität und das illegale Bierbrauen im Griff", berichtete der Chief. "Bis Mai vergangenen Jahres war das hier ein gefährlicher Ort. Doch mit Autoraub, Straßenüberfällen und Einbrüchen ist nun endlich Schluss."

Im Mai 2011 hatte der einheimische IT-Experte Njoha Gathua für Kariuki einen Twitter-Account zur Bekämpfung der Kriminalität vor Ort eingerichtet. Mit dieser Pioniertat wurde Lanet Umoja das erste halbstädtische Gebiet Kenias, das mit Hilfe eines modernen sozialen Kommunikationssystems auf Verbrecherjagd geht.

"Ich wollte Kariuki helfen, die Kriminalität in der Gegend zu bekämpfen und habe ihm und seinen Assistenten den Umgang mit Twitter beigebracht", sagte Gathua. "Es ist ein nützliches Kommunikationsmittel, denn mit den Kurznachrichten können er und seine Helfer die Menschen schnell erreichen."


Als Warn- und Meldesystem genutzt

Zunächst jedoch wollte Kariuki Twitter dazu nutzen, die Dorfbewohner in der Umgebung vor Verbrechen zu warnen. Inzwischen haben mehr als 15.000 der insgesamt 28.000 Bewohner von Lanet Umoja Tweets vom Chief erhalten, darunter Dorfälteste, kommunale und Kirchenführer, die Polizei, Schuldirektoren sowie Frauen- und Jugendgruppen.

Auch wenn hier nur wenige Menschen ein Handy mit Internetzugang besitzen, funktioniert der Notruf über Twitter. Wer Opfer oder Augenzeuge eines Übergriffs wird, beschreibt Kariuki in einer SMS in Suaheli oder Englisch Ort und Hergang der Tat. Ein lokaler Server sorgt für die Übermittlung auf Kariukis Twitter-Account, der die Gemeinde in Sekundenschnelle informiert. Diese wird unverzüglich aktiv.

"Wenn wir von einem Raubüberfall erfahren, machen wir uns auf den Weg zum Ort des Verbrechens. Andere blockieren die Straßen, vor allem wenn es um einen Auto- oder Viehdiebstahl geht", berichtete der Dorfälteste David Waweru.

Aber auch Vermisste werden auf diese Weise gefunden. So etwa ein Junge, der sich auf dem Heimweg von der Schule im Dunkeln verlaufen hatte. Ein Mann, der nachts in eine tiefe Sickergrube gestürzt war und seinen Dorfältesten um Hilfe bat, konnte nach fünf Stunden gefunden werden. "Er lebt", twitterte Kariuki später.

"Früher wagte sich hier bei uns nach Sonnenuntergang niemand auf die Straße", stellte Geoffrey Mbuthia aus Lanet Umoja fest. "Doch seitdem der Chief hier Twitter installiert hat, haben wir keine Probleme mehr."

Inzwischen nutzt Kariuki das Twitternetz auch für die Verbreitung von Lokalnachrichten, lädt zu Zusammenkünften in den Gemeinden ein und versorgt gelegentlich die Einheimischen mit erbaulichen Sprüchen.


Kontrolle gefordert

Der Mathematikprofessor James Gatoto, Direktor des Stadtcampus von Nakuru der Kenyatta-Universität, begrüßte Kariukis Initiative als nützliche Innovation. "Kenia braucht solche Medien, um für ein friedliches Miteinander der verschiedenen Gemeinschaften zu werben", meinte er. Allerdings dürften die über Twitter verbreiteten Informationen nicht ungeprüft bleiben, damit sie nicht zur Verbreitung von Hass missbraucht würden. Eine Wiederholung der gewaltsamen Auseinandersetzungen, wie Kenia sie nach den Wahlen 2007/2008 erlebt habe, dürfe es nicht geben. (Ende/IPS/mp/2012)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Februar 2012