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INTERNATIONAL/006: Taiwan - Kampagne gegen politische Propaganda im Nachrichtenformat (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 31. Januar 2011

Taiwan:
Kampagne gegen politische Propaganda im Nachrichtenformat

Von Dennis Engbarth


Taipeh, 31. Januar (IPS) - Ein Zusammenschluss von Journalisten und zivilgesellschaftlichen Organisationen hat eine Kampagne gegen die weit verbreitete Praxis gestartet, wirtschaftliche oder politische Propagandaberichte als Medienbeiträge zu tarnen. Erste Erfolge der Aktion sind bereits sichtbar.

So hat der taiwanesische Gesetzgeber Mitte Januar eine Reform des Hauhaltsgesetzes beschlossen, die jede Verwendung öffentlicher Gelder für den Kauf von Nachrichten verbietet. Darüber hinaus verfügte die Regierung, dass Anzeigen in den Medien künftig als solche gekennzeichnet werden müssen.

Die Kontroverse um die Vereinnahmung der Medien für politische und wirtschaftliche Ziele erfolgte zeitgleich mit der Veröffentlichung des neuen Berichts der Pro-Demokratie-Organisation 'Feedom House', der Taiwan einen Niedergang der Pressefreiheit bescheinigt. Konnte sich Taiwan 2008 als das asiatische Land mit der größten Pressefreiheit brüsten, belegt es in diesem Jahr nur den achten Platz. Global gesehen stieg Taiwan vom 23. auf den 47. Platz ab.


Medien vereinnahmt

Ausgelöst hatte den Zusammenschluss besorgter Medienorganisationen wie 'Taiwan Media Watch' (TMW) und ziviler Gruppen der Rücktritt des Reporters der taiwanesischen Tageszeitung 'China Time', Dennis Huang Cheh-pin, Ende letzten Jahres. Er hatte gegen die Vereinnahmung der taiwanesischen Medien durch chinesische Behörden und Unternehmen protestiert.

Ebenfalls im Anschluss an Huangs Rücktritt unterzeichneten 130 Journalisten und Medienexperten eine Petition gegen den Kauf von Nachrichten. Zudem gaben 200 Menschenrechts-, Umwelt-, Sozial- und zivilgesellschaftliche ein gemeinsames Statement heraus, in dem sie die Forderungen der Medien unterstützten.

Die Medienkontrollstelle 'Foundation for the Advancement of Media Excellence' hat in einem Bericht vom 24. Januar 378 Beispiele aufgeführt, die den staatlichen Kauf von Nachrichten in Taiwans Zeitungen im vergangenen Jahr belegen. Angeführt werden etwa Berichte, die für eine Revitalisierung der Dörfer und den Bau von Chemieanlagen und 'sicheren' Atomkraftwerken werben.

Ebenso enthalten in dem Report sind 119 Anzeigen, die chinesische Provinz- und Stadtregierungen oder staatliche Investitionsfirmen im vergangenen Jahr geschaltet hatten. Dazu zählten dreiseitige Sonderberichte der chinesischen Provinz Shaanxi in der China Times vom 13. September 2010 anlässlich eines siebentägigen Besuchs des Gouverneurs von Shaanxi, Zhao Zhengyong, und einer Delegation aus Geschäftsleuten.

Dem ATJ-Vorsitzenden Yang Wei-chung zufolge geht die Reform des Haushaltsgesetzes nicht weit genug, da sie lediglich die Aktivitäten der staatlichen Agenturen einschränkt, die zu mindestens 50 Prozent im Besitz des Staates sind.


Proteste im März

Wie der Leiter der zivilgesellschaftlichen Organisation 'Citizen Congress Watch', Ho Tsung-hsun, ankündigte, wird die Allianz am 20. März in der Hauptstadt Taipei gegen den Kauf von Nachrichten durch die Regierung protestieren.

Die Allianz appellierte auch an die Medieneigentümer, sich nicht von Politik und Wirtschaft vereinnahmen zu lassen, sondern im eigenen Interesse dafür zu sorgen, dass journalistische Standards eingehalten werden. (Ende/IPS/kb/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Februar 2011