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FORSCHUNG/165: Wie Nachrichten zu Falschnachrichten werden (idw)


Universität Bielefeld - 15.05.2020

Wie Nachrichten zu Falschnachrichten werden

Neue ZiF-Forschungsgruppe über die Wirkungsweise der digitalen Medien


Soziale Medien verändern die Kommunikation der Menschen genauso wie die Verbreitung von Nachrichten. So können etwa radikale Positionen, die früher im privaten Raum geäußert wurden, heute über Social Media ein weltweites Publikum erreichen. Welche Rolle Sprache, Bilder und Filme dabei spielen, untersucht die Forschungsgruppe "Multimodale Rhetorik in der Onlinemedien-Kommunikation" ("Multimodal Rhetoric in Online Media Communications") am Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF) der Universität Bielefeld.

Die Gruppe nimmt am Montag, 18. Mai, mit einer virtuellen Eröffnungskonferenz ihre Arbeit auf. Ziel ist es, computergestützte Analysewerkzeuge zu entwickeln, mit denen sich die Entwicklung von Nachrichten hin zu Falschnachrichten nachverfolgen lässt.

Gerade in Themen wie Nationalismus, Populismus und Rassismus spielen Social-Media-Plattformen oft eine problematische Rolle. Falschnachrichten und Verschwörungstheorien können hier einfacher verbreitet werden als bei klassischen Kanälen, wo Nachrichten durch Redaktionen geprüft und redaktionell aufgearbeitet werden. Seriöse Nachrichten können so - angereichert mit Bildern, Videos und aus dem Zusammenhang gerissenen Zitaten - Falschnachrichten generieren, die etwa extremistische Sichtweisen befeuern. "Dies wird als zunehmend kritischer Faktor für die Interpretation und das Verständnis der Entstehung und Verbreitung alternativer Logiken der sozialen Ordnung, von Gerechtigkeit, Moral und sozialen Verpflichtungen angesehen", so die Leiter*innen der Forschungsgruppe, die Kommunikations- und Medienwissenschaftlerin Professorin Kay O'Halloran (Universität Liverpool, Großbritannien), der Sprachwissenschaftler Professor John A. Bateman (Universität Bremen) und der Informatiker und Kognitionsforscher Professor Mehul Bhatt (Universität Örebro, Schweden).

Um zu verstehen, wie diese Prozesse der Uminterpretation und Radikalisierung genau ablaufen, verfolgt das internationale und interdisziplinäre Forscher*innen-Team, wie Nachrichten, die in den großen Nachrichtenportalen veröffentlicht werden, im Netz rezipiert, angereichert und verändert werden. "Bislang sind solche Analysen vor allem sprachzentriert", so die Leiter*innen der Forschungsgruppe. "Es mangelt an theoretisch fundierten Methoden, um jene gesellschaftlich relevanten Bedeutungen herauszuarbeiten, die sich gerade aus der Gegenüberstellung visueller Botschaften wie Bildern und Videos mit der Sprache ergeben." Dazu wollen die Forscher*innen computerbasierte Werkzeuge entwickeln, die auf multimodaler Diskursanalyse, soziopolitischen Modellen rhetorischer Effekte und tiefer semantischer maschineller Verarbeitung von Sprache, Bildern und deren Kombinationen aufbauen. "Damit hoffen wir, ein detailliertes diskursbasiertes Tracking von Nachrichten und deren Uminterpretationen möglich zu machen", so die Leiter*innen.

Bedingt durch die aktuelle Situation können die Forscher*innen erst einmal nicht als Forschungsgruppe im ZiF in Bielefeld zusammenkommen. Die Eröffnungstagung findet dennoch statt: Von Montag, 18. Mai, bis Mittwoch, 20. Mai und von Montag, 25. Mai bis Mittwoch, 27. Mai wird es jeden Nachmittag europäischer Zeit eine Online-Session geben, bei der Themen wie die Möglichkeiten multimodale Analyse, die nötige Datenbasis und die erforderliche technische Infrastruktur diskutiert werden. Zudem ist klar, dass sich eine Tagung nicht einfach in digitale Meetings verlegen lässt. Die Gruppe arbeitet daher auch daran, ein gutes, praktikables Format für die erst einmal virtuelle Zusammenarbeit zu finden.


Weitere Informationen unter:
https://www.uni-bielefeld.de/ZiF/FG/2020Multimodal/

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution56

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Bielefeld, 15.05.2020
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Mai 2020

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