Schattenblick →INFOPOOL →MEDIEN → FAKTEN

BERICHT/201: FR - und kein Ende? (NG/FH)


Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte Nr. 11/2011

FR - und kein Ende?

Von Wolfgang Storz


In der September-Ausgabe der NG/FH erschien unter dem Titel "Zur Lage bei der Frankfurter Rundschau" ein Beitrag von Inge Wettig-Danielmeier. Wolfgang Storz, zwischen 2002 und 2006 Chefredakteur der FR. hat dazu einige Anmerkungen. Wir schließen damit die Debatte ab.[*]


Der Frankfurter Rundschau geht es sehr gut, die Auflage ist stabil, sie blickt einer frohen Zukunft entgegen, und Frau Wettig-Danielmeier kann sehr zufrieden sein, denn sie hat die FR gerettet.

In diesem Märchen gibt es nur einen bösen Buben, der fast alles ruiniert hätte. Zitat: "Tatsächlich lag der Fehler wohl darin, dass ihn (Wolfgang Storz, eig. Ergänzung) die Karl-Gerold-Stiftung 2002 zum Chefredakteur gemacht hatte und von ihm den entscheidenden Beitrag zur Sanierung des Unternehmens erwartete, den er nicht leisten konnte."

Die etwas schwurbelige Formulierung ist der juristischen Vorsicht geschuldet, um einer Gegendarstellung, wahlweise einer Klage wegen Rufschädigung formal zu entgehen. Ich füge als ehemaliger Chefredakteur der FR (November 2002 bis Mai 2006) wenige Tatsachen an: Der Etat der Redaktion wurde von Anfang 2003 an in einem ständigen Spar-Prozess von etwa 32 auf 22 Millionen Euro (Ende 2005) gekürzt. Von etwa 270 Beschäftigten in der Redaktion blieben noch 170 übrig; nichts, auf was ein Chefredakteur stolz ist.

Die Redaktion hat - trotz des nach und nach um 35% verringerten Etats - zeitgleich enorm investiert: Stadtteilseiten in Frankfurt, fünf neue Stadtausgaben in größeren Städten des Rhein-Main-Gebietes und ein Veranstaltungsmagazin. Mit anspruchsvollen FRplus-Themenheften wurde der Charakter der Überregionalität gestärkt. Und: Die FR tat unter meiner Leitung alles, um der Repräsentant einer profilierten linksliberalen Publizistik zu sein. Das entsprach der Tradition dieses Blattes und war damit Auftrag für die Redaktion. Und das entsprach betriebswirtschaftlichen Überlegungen, denn überregional war nur noch diese "Marktlücke" frei.

Obwohl der Verlag kaum Geld hatte, um zu werben, gab es Erfolge: Der ständige Rückgang der Auflage konnte nicht nur gestoppt werden. Seit Sommer 2005 stieg die faktische harte Abonnenten-Auflage leicht, aber kontinuierlich, die Reichweite laut AWA erheblich an. Obwohl das Monats-Abonnement in den Jahren 2003 bis 2005 von 24 auf 30 Euro drastisch verteuert worden ist. Mit links kann man also Auflage machen.

Alle Angaben sind Analysen der damaligen Verlagsleitung zu entnehmen. Bei Bedarf kann ich diese gerne übermitteln.

Also: Die Redaktion hat unter meiner Leitung einen entscheidenden Beitrag zur Sanierung des Blattes geleistet.

Diesen Erfolg musste sogar der Verlag unter dem neuen Mehrheitseigentümer Neven DuMont nach einem leider erbitterten einjährigen Rechtsstreit anerkennen.

Aus der Erklärung, veröffentlicht in der FR vom 28. März 2007: "Unter der Verantwortung von Dr. Wolfgang Storz als Chefredakteur hat die Redaktion der Frankfurter Rundschau in den Jahren 2003 bis Mitte 2006 unter Beachtung aller betriebswirtschaftlich notwendigen Maßnahmen und in enger Zusammenarbeit mit der Geschäftsführung die Zeitung in Inhalt und Gestaltung weiterentwickelt. Verlag und Geschäftsführung danken für die von ihm in schwieriger Zeit geleistete wertvolle Arbeit als Chefredakteur."


[*] Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Die bisherigen Artikel zum Thema finden Sie im Schattenblick unter:
www.schattenblick.de → Infopool → Medien → Fakten
BERICHT/198: Zum Wandel des Tageszeitungsmarktes (NG/FH)
BERICHT/199: Zur Lage bei der Frankfurter Rundschau (NG/FH) 


*


Quelle:
Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte Nr. 11/2011, S. 59
Herausgegeben für die Friedrich-Ebert-Stiftung von Siegmar Gabriel,
Klaus Harpprecht, Jürgen Kocka, Thomas Meyer und Peter Struck
Redaktion: c/o Friedrich-Ebert-Stiftung Berlin
Hiroshimastraße 17, 10785 Berlin
Telefon: 030/26 935-71 51, -52, -53
Telefax: 030/26 935-92 38
ng-fh@fes.de
www.ng-fh.de

Die NG/FH erscheint monatlich, wobei die Hefte 1+2
und 7+8 im Januar bzw. Juli als Doppelheft erscheinen.
Einzelheft: 5,50 Euro zzgl. Versand
Doppelheft: 10,80 Euro zzgl. Versand
Jahresabonnement: 50,60 Euro frei Haus


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. November 2011