Schattenblick → INFOPOOL → MEDIEN → ALTERNATIV-PRESSE


VORWÄRTS/1308: Hilfe gegen Belästigung


vorwärts - die sozialistische zeitung, Nr. 25/26 vom 21. Juli 2017

Hilfe gegen Belästigung

von Sabine Hunziker


Drohungen, Versprechen von Vorteilen, Zwang- und Druckausüben oder anzügliche Bemerkungen und Berührungen: Die neue Online-Erstberatungsplattform belästigt.ch bietet Hilfe gegen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz.


Anzügliche Bemerkungen oder beim Vorbeigehen beiläufig über den Po gestrichen: Sexuelle Belästigung passiert in allen Branchen. Die Opfer schweigen oder handeln erst, wenn die Situation absolut unerträglich wird. Wenden sich Belästigte an Fachpersonen, ist die Situation in den meisten Fällen bereits eskaliert. Dabei gibt es rechtliche Instrumente wie das Gleichstellungsgesetz von 1996, das jede Art der Diskriminierung von Frauen oder Männern im Bereich der unselbstständigen Erwerbsarbeit untersagt. Artikel 4 verbietet sexuelle Belästigung als eine extreme Art der Diskriminierung. "Diskriminierend ist jedes belästigende Verhalten sexueller Natur oder ein anderes Verhalten aufgrund der Geschlechtszugehörigkeit, das die Würde von Frauen und Männern am Arbeitsplatz beeinträchtigt", heisst es da. Damit sind Drohungen, Versprechen von Vorteilen, Zwang- und Druckausüben zum Erhalten von Leistungen sexueller Art gemeint. In der Praxis zeigt sich: Gesetze allein sind nicht Lösungsansatz genug. So zeigt eine Studie vom eidgenössischen Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann und vom Seco auf: Oftmals geht eine Belästigung vom Patienten, Kunden oder Lieferanten aus. In der Mehrheit sind es Frauen, die von Männern belästigt werden. Aber auch Männer sind betroffen. Oftmals richtet sich sexuelle Belästigungen an Minderheiten im Betrieb, beispielsweise Frauen in einem männerdominierten Betrieb, Lesben, Schwule, Transmenschen, neue Mitarbeitende, Praktikantinnen.


"Wir helfen. Vertraulich."

Die Fachstelle für Gleichstellung der Stadt Zürich, der Schweizer Berufsverband der Pflegefachfrauen und -männer, die Frauenberatung sexuelle Gewalt Zürich und die Gewerkschaft Unia haben zum Jubiläum der Einführung des Gesetzesartikels ein Online-Erstberatungsportal lanciert. Niederschwellig und für alle zugänglich ist belästigt.ch: "Belästigt? Schreiben Sie uns! Wir helfen. Vertraulich." Nach diesen empfangenden Worten kann die hilfesuchende Person Kontakt zu Fachpersonen aufnehmen - nötig dazu sind ein Name (oder ein Pseudonym) und eine E-Mail-Adresse. Die Beratung erfolgt innerhalb von drei Arbeitstagen in den Sprachen Deutsch, Französisch, Italienisch, Englisch, Spanisch, Portugiesisch, Bosnisch, Kroatisch und Serbisch. In der Romandie existiert mit "Non c'est non!" ein ähnliches Portal (www.non-c-non.ch). "Heutzutage sind die meisten Menschen mit einem Smartphone unterwegs. Darauf ist unser Angebot ausgerichtet", sagt Anja Derungs, Leiterin der Fachstelle Gleichstellung in Zürich.


Nur schwer erreichbar

Seit dem Start am 1. Juli hat die Plattform nach eigenen Angaben schon verschiedene Anfragen erhalten, auch von Zielgruppen wie dem Verkauf- oder Gastrobereich, die sonst auf anderem Weg nur schwer erreichbar sind. Die Info, dass die sogenannten ArbeitgeberInnen verpflichtet sind, präventive Massnahmen gegen sexuelle und sexistische Belästigung zu treffen - nur wenigen bekannt -, darüber wird nun breiter informiert. Erste Erfolge sind nicht nur Artikel der Tagespresse zu verdanken, sondern auch die Plattform selber ist auf verschiedenen Kanälen aktiv: Sei es mit Twitter, auf der Facebook-Fanpage, mit Kampagnenvideos, geplanten Aktionen im öffentlichen Raum und Infomaterial zum Auflegen im Betrieb, an Beratungsstellen oder bei Anlässen. Ab dem 21. August werden auf belästigt.ch weitere Beispiele von Belästigungssituationen, Tipps zum Handeln, rechtliche Infos und Infos für Arbeitgebende aufgeschaltet, daneben gibt es "alltägliche" Beratungstätigkeit.

*

Quelle:
vorwärts - die sozialistische zeitung.
Nr. 25/26 - 73. Jahrgang - 21. Juli 2017, S. 8
Herausgeberin: Verlagsgenossenschaft Vorwärts, PdAS
und ihre Deutschschweizer Sektionen
Redaktion: vorwärts, Postfach 2469, 8026 Zürich
Telefon: 0041-(0)44/241 66 77,
E-Mail: redaktion@vorwaerts.ch
Internet: www.vorwaerts.ch
 
vorwärts erscheint 14-täglich,
Einzelnummer: Fr. 4.-
Jahresabo: Fr. 160.-, reduziert (AHV, Stud.) 110.-
Probeabo: 4 Ausgaben gratis


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. August 2017

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang