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VORWÄRTS/1173: Arbeiten rund um die Uhr?


vorwärts - die sozialistische zeitung, Nr. 11/12 vom 26. März 2016

Arbeiten rund um die Uhr?

Von der Redaktion


Geht es nach dem Willen des Nationalrats, sollen die Ladenöffnungszelten weiter liberalisiert werden. Wir veröffentlichen in gekürzter Fassung den Redebeitrag, den PdA-Nationalrat Denis de la Reussille am 2. März 2016 im Parlament gehalten hat.


Das Ziel dieser Vorlage ist es, die Kantone zu zwingen, - denn genau darum geht es - längere Öffnungszeiten zu übernehmen. So will das neue Gesetz die Öffnungszeiten am Abend und an den Samstagen liberalisieren. Die vorgeschlagenen Änderungen werden zum Nachteil der betroffenen ArbeiterInnen durchgeführt und dies obwohl ihre Arbeitsbedingungen bereits heute schon besonders prekär sind. Davon betroffen sind sehr oft Frauen mit Kindern, die dabei Pflichten als erziehungsberechtigte Personen, sprich als Mütter ihrer Kinder, wahrnehmen müssen. Wie eine Studie des Seco aus dem Jahr 2005 beweist, haben sich die betroffenen ArbeiterInnen immer wieder gegen die Verlängerung der Ladenöffnungszeiten ausgesprochen, da sich dadurch ihre Arbeitsbedingungen zusätzlich massiv verschlechtern würden.

Mit Arbeitszeiten zwischen 6 und 20 Uhr während der Woche und von 6 bis 18 oder gar 19 Uhr an Samstagen, wie es die Vorlage vorsieht, werden die Arbeitszeiten der VerkäuferInnen noch unregelmässiger und fragmentierter, als sie es bereits heute schon sind. Nun, Arbeitszeiten bis spät abends, die Zerstückelung der Arbeitszeit sowie die Arbeit auf Abruf sind bedeutende Stressfaktoren. Sie führen zu dem, was Burn-out genannt wird, und verunmöglichen immer mehr, Familien- und Berufsleben in Einklang zu bringen. (...)

Das Argument, mit dem die BefürworterInnen die Gesetzesvorlage rechtfertigen, sprich den Kampf gegen den teuren Schweizer Franken, hält selbst bei einer oberflächlichen Prüfung nicht stand. Hinzu kommt, dass die Vorlage den Föderalismus völlig missachtet. Auch ist sie weit davon entfernt, eine Harmonisierung und eine Vereinfachung zu erreichen. Vielmehr wird die Situation komplexer und komplizierter werden: Für die Detailhandelsgeschäfte wird ein Bundesgesetz anzuwenden sein, während es für die Betriebe im Dienstleistungsbereich kantonale Regelungen sein werden. Somit sind massive Probleme bei der konkreten Umsetzung voraussehbar und zwar bei jenen Betrieben, die sowohl im Detailhandel als auch im Dienstleistungsbereich tätig sind. Probleme, die von entsprechenden komplexen juristischen Verfahren begleitet sein werden. (...)

Das Ziel der Vorlage ist es, jenen Kantonen eine Liberalisierung aufzuzwingen, die diese abgelehnt haben. So haben sich in vielen Kantonen die BürgerInnen bei entsprechenden Abstimmungen deutlich gegen längere Ladenöffnungszeiten ausgesprochen. Im Kanton Luzern wurde zum Beispiel die Verlängerung um eine Stunde an Samstagen mit 54 Prozent Nein-Stimmen abgelehnt. Wie kann man diesen klaren Volkswillen einfach missachten? (...)

Die Untergrabung der kantonalen Kompetenzen hat einzig und alleine zum Ziel, allen eine komplette Liberalisierung der Öffnungszeiten aufzuzwingen. Die Arbeitszeiten verlängern, so wie es die Motion "Frankenstärke - Teilharmonisierung der Ladenöffnungszeiten" von Lombardi und die entsprechende Gesetzesvorlage will, schädigt der Gesundheit sowie dem sozialen und familiären Leben der Betroffenen. Und dies, ohne auch im Geringsten eine Steigerung des Umsatzes oder eine Zunahme der Arbeitsplätze zu garantieren. So ist es nicht erwiesen, dass längere Öffnungszeiten zu mehr Arbeitsplätzen führen. Und eine kürzlich veröffentlichte Studie der Credit Suisse zeigt, dass bei einer allgemeinen Verlängerung der Ladenöffnungszeiten ausschliesslich die grossen Einkaufszentren profitieren. Gleichzeitig sind die Arbeitsplätze im Gastgewerbe und bei kleinen Familienunternehmen, wie etwa bei der Dorf- oder Quartierbäckerei, in grosser Gefahr. Falls das Parlament die Vorlage annimmt, wird dagegen das Referendum ergriffen werden. Und wir werden alles dafür tun, um diesen Kampf zu gewinnen.

Der Redebeitrag in voller Länge:
www.pda.ch

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Quelle:
vorwärts - die sozialistische zeitung.
Nr. 11/12 - 72. Jahrgang - 26. März 2016, S. 3
Herausgeberin: Verlagsgenossenschaft vorwärts, PdAS
und ihre Deutschschweizer Sektionen
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. April 2016

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