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VORWÄRTS/1089: Für eine andere Landwirtschaft


vorwärts - die sozialistische zeitung, Nr. 11/12 vom 27. März 2015

Für eine andere Landwirtschaft

Von Michi Stegmaier


Gleich drei Initiativen fordern eine andere Landwirtschaft. Zwar weisen die Initiativen in einigen Punkten Gemeinsamkeiten auf, gehen aber in zentralen Fragen, wie etwa bei den Arbeitsbedingungen oder dem Freihandelsabkommen mit der WTO, weit auseinander.


Jedes Jahr gehen rund 1000 Landwirtschaftsbetriebe ein. Der Schweizer Bauernverband (SBV) und die Bauern- und Bäuerinnengewerkschaft Uniterre wollen den Missständen in der Landwirtschaft per Volksentscheid begegnen. Während der Bauernverband seine Initiative "für mehr Ernährungssicherheit" in der Rekordzeit von drei Monaten zusammen bekommen hat und mit knapp 150.000 gültigen Unterschriften am 8. Juli 2014 einreichte, werden momentan für zwei weitere Initiativen zu Ernährung und Landwirtschaft Unterschriften gesammelt. Uniterre sammelt derzeit für ihre Initiative "Ernährungssouveränität" und die Grüne Partei "für gesunde sowie nachhaltig und fair produzierte Lebensmittel".


Für bessere Arbeitsbedingungen

Während die Initiative des Bauernverbandes die Schweizer Agrarwirtschaft wettbewerbsfähiger machen und den administrativen Aufwand für LandwirtInnen reduzieren will, sind bei Uniterre die Arbeitsbedingungen ein zentrales Anliegen. So möchte Uniterre die Einkommen von Bauernfamilien und landwirtschaftlichen Angestellten gesamtschweizerisch harmonisieren und generell verbessern. Weitere Unterschiede zwischen den Initiativen bestehen im ökologischen Bereich. Während der SBV vor allem Kulturland besser schützen möchte, gehen die Initiativen der Grünen und von Uniterre weiter. Die Grünen wollen mehr Lebensmittel aus nachhaltiger und fairer Produktion und dies mittels Umweltstandards für die Herstellung und den Verkauf von Lebens- und Futtermittel im In- und Ausland erreichen. So wollen die Grünen, dass Lebensmittel umweitschonend, tierfreundlich und unter fairen Arbeitsbedingungen hergestellt werden. So sollen auch importierte Produkte unter denselben Bedingungen wie in der Schweiz produziert werden. Uniterre hingegen geht in diesem Punkt noch weiter und fordert mit ihrer Initiative eine ressourcenschonendere und standortangepasste Produktion. So sollen künftig nur noch Lebensmittel produziert werden, deren Anbau in der Schweiz ökologisch sinnvoll sind. Uniterre fordert mit ihrer Initiative aber auch ein generelles Verbot von Gentechnologie, grössere Transparenz auf dem Markt, Zollschranken und gar ein Importverbot von Produkten, die nicht sozialen und ökologischen Normen entsprechen.


Von Importen abhängig

Tatsächlich besteht heute in der Landwirtschaft grosser Handlungsbedarf. Die Nahrungsimporte pro EinwohnerIn der Schweiz gehören zu den höchsten der Welt. Zwar ist der Selbstversorgungsgrad bei Fleisch, Eiern und Milchprodukten bei 95 Prozent, bei den pflanzlichen Lebensmitteln aber lediglich bei 45 Prozent. Und der Selbstversorgungsgrad der Schweiz konnte in den vergangenen Jahrzehnten nur so stabil gehalten werden, weil immer mehr Dünger und Saatgut für die Landwirtschaft importiert wird. So werden für die Fleisch- und Milchproduktion bis zu 60 Prozent des nötigen Futtergetreides eingeführt.

Die Ernährung wird uns auch in Zukunft beschäftigen. Einerseits kommt es vermehrt aufgrund der Klimaerwärmung sowie des kapitalistischen Raubbaus an der Natur zu immer mehr Missernten und Dürren. Anderseits steigt mit dem Wirtschaftswachstum in den sogenannten Schwellenländern auch der Konsum von Fleisch, wozu aber mehr Ressourcen verbraucht werden, da für die Produktion einer Fleischkalorie im Vergleich zu einer pflanzlichen Kalorie ein Mehrfaches an Anbaufläche benötigt wird. Einig sind sich alle drei InitiantInnen, dass die Schweizer Landwirtschaft künftig besser vor ausländischer Lebensmittelproduktion geschützt werden muss.


Mehr Infos zur Initiative "Ernährungssouveränität":
www.souverainete-alimentaire.ch/in/de

Mehr infos zur "fair-food-initiative":
www.gruene.ch/gruene/de/kampagnen/fair_food_initiative/inititative.html

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Quelle:
vorwärts - die sozialistische zeitung.
Nr. 11/12 - 71. Jahrgang - 27. März 2015, S. 4
Herausgeberin: Verlagsgenossenschaft vorwärts, PdAS
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. April 2015

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