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SOZIALISTISCHE ZEITUNG/2335: Tarifabschluss bei der Deutschen Bahn


SoZ - Sozialistische Zeitung Nr. 1 · Januar 2019
Friede den Hütten - Krieg den Palästen!

Tarifabschluss bei der Deutschen Bahn
Mehr Lohn und kürzere Laufzeit

von Violetta Bock


Und plötzlich stehen sie still. Ein Warnstreik, der gesessen hat.


Auf die Arbeitskämpfe in der Metall- und Elektroindustrie, bei Ryanair, in den Krankenhäusern, im Baugewerbe, dem öffentlichen Dienst und bei Amazon folgten im Dezember die Tarifauseinandersetzungen bei der Deutsche Bahn AG.

160.000 Beschäftigte arbeiten bei der Deutschen Bahn. Prägend für die Tarifauseinandersetzungen dort ist seit jeher, dass es mit der GdL (Gewerkschaft der Lokomotivführer) und der EVG (Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft) zwei Gewerkschaften gibt, die um die Beschäftigten und deren Arbeitsbedingungen ringen. Beide Gewerkschaften haben, unabgesprochen, 7,5 Prozent Gehaltssteigerung sowie eine Reihe von Verbesserungen bei den Arbeitsbedingungen gefordert.

Die EVG hat sich nach mehr als zweimonatigen Verhandlungen plötzlich relativ schnell auf einen Tarifabschluss geeinigt. Grund dafür war ein vierstündiger Warnstreik am 10. Dezember, mit dem der Bahnverkehr in einer kurzen, effektiven Aktion wirksam behindert werden konnte. Schon am Samstag darauf wurde das Verhandlungsergebnis verkündet.

Die EVG zeigte sich zufrieden, dass sie die 37 Punkte ihrer Forderungsliste durchsetzen konnte. Es soll eine Lohnerhöhung von 6,1 Prozent geben. Diese erfolgt allerdings in zwei Stufen: zum 1.7.2019 um 3,5 Prozent und zum 1.7.2020 um weitere 2,6 Prozent. Dass die Steigerung erst so spät erfolgt, wird durch eine Einmalzahlung von 1000 Euro gemildert, die vor allem den unteren Lohngruppen zugute kommt, aber eben nur eine Einmalzahlung darstellt.

Ein weiterer Punkt der Auseinandersetzung war die Laufzeit. Die DB AG hatte 34 Monate gefordert, um länger Ruhe zu haben. Durch den Warnstreik konnte ein deutliches Zeichen gesetzt und die Laufzeit auf 29 Monate begrenzt werden.

Darüber hinaus konnten die Beschäftigten ein "Mehr vom EVG-Wahlmodell" durchsetzen. Dabei haben die Beschäftigten zusätzlich die Wahl zwischen 2,6 Prozent mehr Geld, sechs Tagen mehr Urlaub oder einer Arbeitszeitverkürzung. Umgesetzt wird die Wahlmöglichkeit "mehr Urlaub" systembedingt zum 1.1.2021. Alle, die sich für "mehr Urlaub" entscheiden, erhalten im August 2020 - für die Zeit vom 1.7.2020 bis 31.12.2020 - eine Einmalzahlung in Höhe von 700 Euro. Weitere Punkte des Tarifergebnisses betreffen die betriebliche Altersversorgung und die Auszubildendenvergütung.

Die GdL hat dagegen in diesem Jahr eine ruhigere Gangart eingeschlagen. Ihr Vorsitzender Claus Weselsky kritisierte die EVG gar für den Warnstreik, der die Bahn zu sehr belaste. Vielleicht war dies aber auch nur die späte Rache für die fehlende Solidarität der EVG in früheren Jahren, als die GdL mehrfach in harten Tarifauseinandersetzungen stand. Die ruhige Gangart könnte sich ändern. Die GdL verhandelte parallel zur EVG über einen Tarifabschluss und hatte bereits ein ausgehandeltes Angebot erreicht. Doch dann weigerte sich die DB, dieses zu unterzeichnen, dem Verhandlungsführer der DB wurde das Mandat entzogen. Als nächstes ist damit zu rechnen, dass eine der beiden Seiten ein Schlichtungsverfahren eröffnet. Erst wenn dieses scheitert, darf die GdL nach geltender Regelung zum Streik aufrufen.

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Quelle:
SoZ - Sozialistische Zeitung Nr. 1, 34. Jg., Januar 2019, S. 9
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Januar 2019

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