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SOZIALISTISCHE ZEITUNG/1856: Betriebsräte als Rüstungslobbyisten? Nicht ganz neu


SoZ - Sozialistische Zeitung Nr. 8 - September 2014
Friede den Hütten - Krieg den Palästen!

Betriebsräte als Rüstungslobbyisten? Nicht ganz neu

Von Manfred Dietenberger



Kaum hatte sich Anfang Juli Ursula von der Leyen (CDU) für die Entwicklung einer bewaffneten europäischen Drohne ausgesprochen, stellte sich ihr Beifall klatschend der 2. Bevollmächtigte der IG Metall Ingolstadt, Bernhard Stiedl, zur Seite. Das sei ein "Lichtblick" und "würde am Standort Manching 1500 Arbeitsplätze sichern". Kollege Stiedl ist für die IG Metall für die Belegschaft beim Airbus-Konzern zuständig.

Seiner Stellungnahme voraus ging Mitte Juni ein von zwanzig IG-Metall-Betriebsräten aus den großen Rüstungsschmieden unterzeichneter Brief an Wirtschaftsminister Siegmar Gabriel. Anlass dafür sahen die Gewerkschafter in vorgeblichen Plänen Gabriels, die Rüstungsexporte zu beschränken. Die IG Metaller beklagten darin einen "Mangel an Klarheit, was die zukünftige Ausstattungsstrategie bei der Bundeswehr und die Richtlinien für den Export ins Ausland angeht", - so fasste Jürgen Bühl, Leiter des IG-Metall-Arbeitskreises Wehrtechnik und Arbeitsplätze, der die Betriebsratsinitiative koordiniert hatte, den Kern des Briefes zusammen. Es sei inzwischen für einige Unternehmen der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie "Fünf vor Zwölf". Die Beschäftigten wüssten nicht, ob und wie es weitergehe, da die Regierung keine klare Linie im Hinblick auf die Wehrindustrie verfolge. Im Koalitionsvertrag stehe zwar, dass Arbeitsplätze und Kernkompetenzen der Rüstungsbranche in Deutschland erhalten bleiben sollten. Diesen Worten müssten jedoch Taten folgen. Nötig sei Planungssicherheit in bezug auf die Beschaffungsvorhaben der Bundeswehr ebenso wie in bezug auf den künftigen Umgang mit Waffenexporten. Rüstungsausfuhren könnten zwar kein Allheilmittel sein, aber ohne Exporte sei die Industrie nicht überlebensfähig. Die Regierung müsse daher schnell eine klare Linie finden, wenn sie ihr eigenes Ziel - Arbeitsplätze und Technologie in Deutschland zu erhalten - erreichen wolle. Die Politik könne den Unternehmen beispielsweise helfen, sich stärker auf die Herstellung ziviler Produkte zu konzentrieren.

Wie schon vor zwei Jahren forderten die Betriebsräte in ihrem Brief erneut einen sog. "industriepolitischen Dialog" mit Gabriel. Hans-Peter Bartels, SPD-Wehrexperte und Vorsitzender des Verteidigungsausschusses im Deutschen Bundestag, hat einen konkreteren Namen für diese Art Runden Tisch: "Industriepolitische Initiative zur Konsolidierung der deutschen Rüstungsindustrie". Widerstand innerhalb und außerhalb der Gewerkschaften und die Wiederbelebung und Neugründung von örtlichen Arbeitskreisen zur Rüstungskonversion ist dringend geboten.

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Quelle:
SoZ - Sozialistische Zeitung Nr. 8/9, 29. Jg., Sept. 2014, Seite 11
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. September 2014