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OFFENSIV/091: Ausgabe September-Oktober 2010 6/10


offen-siv 5/2010
Zeitschrift für Sozialismus und Frieden

Ausgabe September-Oktober 2010 6/10


INHALT

Redaktionsnotiz

20. Jahrestag des Anschlusses der DDR an die BRD
- Prof. Dr. Horst Schneider: Auftrag und Bilanz der 10. Volkskammer der DDR

Die Kommunistische Initiative
Redaktion offen-siv: Vorbemerkung zu diesem Schwerpunkt
Thesen und Reflektionen zur Schaffung einer dringend benötigten, fundamentalen, systemüberwindenden Opposition,
unterbreitet von Irene Eckert
Frank Flegel: Wege zur Einheit
Phil Ramcke: Das so genannte "Organisationskomitee" und einige Hintergründe
Erklärung von Unterstützern der Kommunistischen Initiative:
Es reicht! Verhindern wir gemeinsam die Spaltung!
Vorbereitungsgruppe Perspektivkonferenz:
Zu einigen Problemen der KI-Entwicklung
Warum schließt die DKP jetzt Kommunisten aus?
Auszüge aus einem Interview mit Phil Ramcke
Das zweite Kaderwochenende in Düsseldorf
Spendenaufruf für die Kaderwochenenden

Nachrichten und Berichte
Edith David: Einige Betrachtungen zur Rede des iranischen Präsidenten Ahmadinedjad
vor der UN-Generalsversammlung am 24. September 2010 in New York
Bündnis "Rechtspopulismus stoppen": Elsässer mit Rassisten und Rechtspopulisten gegen das Finanzkapital
Rudolf Vanek: Das Gespenst der Angst geht um in der Tschechischen Republik
Rote Reporter e.V.: Ehrenfriedhof für Soldaten der Waffen-SS eingeweiht
Herman Jacobs: Thesen über den Sozialismus der KKE, eine Initiative der DKP-Berlin - und was daraus ... nicht wurde. / Eine Erinnerung
Hannoversche Allgemeine Zeitung: Reichtum und Armut in China

Cuba
Frank Flegel: Ist ein 1989 nicht genug?
Raúl Castro Ruz: "52. Jahr der Revolution".
Text der Rede vor der Nationalversammlung der Poder Popular (Volksmacht) am 1. August 2010
Leticia Martínez Hernández: Gewerbetätigkeit - Viel mehr als eine Alternative
Cubanischer Gewerkschaftsbund CTC: Das Prinzip der sozialistischen Verteilung wieder beleben
W.I. Lenin: Textauszüge zur Neuen Ökonomischen Politik

Buchbesprechung
- Helmut Timm: Hans Fricke: "Eine feine Gesellschaft"

Raute

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Raute

REDAKTIONSNOTIZ

Dieses Heft handelt von Widersprüchen und Problemen, von Gefahren und Zwängen - und dies im Kleinen und im Großen, weltweit und bei uns.

Natürlich hätten wir lieber Schöneres zum Thema, aber leider sind die Verhältnisse nicht so.

Es geht um den Anschluss der DDR (hier, wie die willfährigen Diener der Mehrheit der 10. Volkskammer der DDR vor 20 Jahren ihre Befehle aus Bonn ausführten),

um die soziale Situation in China,

um die Wirtschaftsreformen in Cuba,

um das gesellschaftliche Klima in der Tschechische Republik,

um so genannte "Querfronten" (Elsässers "Volksinitiative") und

um ein Beispiel für die (Nicht-)Aufnahme der sozialistischen Orientierung der KKE bei den Kommunisten in Deutschland - nicht nur in der DKP.

Und aus gegebenem Anlass müssen wir uns in einem Schwerpunkt mit der Situation der Kommunistischen Initiative in Deutschland befassen.

Bei den verschiedenen Problemen zeigt sich - durchgängig, egal, welche es seien - dass das Beharren auf dem Wissenschafts- und Wahrheitsanspruch unserer Theorie, keine philosophische Haarspalterei ist, kein Dogmatismus und auch keine Rechthaberei, sondern dass genau dieser Wissenschafts- und Wahrheitsanspruch aufrecht erhalten und verteidigt werden muss, will man nicht plötzlich in einem Bett mit Gysis, Gorbatschows oder gar Elsässers aufwachen.

Wir versuchen mit diesem Heft unseren Beitrag dazu zu leisten

Redaktion offen-siv, Hannover

Raute

20. JAHRESTAG DES ANSCHLUSSES DER DDR AN DIE BRD

Prof. Dr. Horst Schneider: Auftrag und Bilanz der 10. Volkskammer der DDR.

Wie die CDU-geführte Mehrheit der Abgeordneten die Interessen der DDR-Bürger verriet

Als Günter Schabowski schusselig und irrtümlich am 9. November um 18.43 Uhr 1989 vor der internationalen Presse verkündete, dass die neue Reiseverordnung der DDR sofort, unverzüglich gelte (in Wahrheit sollte sie am 10. November 4.00 Uhr in Kraft treten), löste er eine Lawine von Ereignissen aus. Helmut Kohl fasste den weiteren Gang der Ereignisse 2009 in die Kurzformel "Vom Mauerfall zur Wiedervereinigung".

War mit dem 9. November 1989 mit Hilfe Gottes, des Papstes und Gorbatschows der 3. Oktober 1990 vorprogrammiert?

Waren die "friedlichen Revolutionäre" Wortführer im Kampf für eine reformierte DDR oder Stoßtrupp und fünfte Kolonne für Helmut Kohls Expansionspolitik?

War die Wahl der 10. Volkskammer der DDR am 18. März 1990 die entscheidende Zäsur und das Wahlergebnis die Legitimation für die Verfechter der "Wiedervereinigung"?

Für Markus Meckel steht rückblickend fest: "Die freie Wahl am 18. März 1990 war das Ergebnis der Herbstrevolution des Jahres 1989, in welcher die SED-Herrschaft an ihr Ende kam. Gleichwohl stand sie ganz im Zeichen der deutschen Einheit."

Was ist zwischen dem 9. November 1989 und dem 18. März 1990 Entscheidendes geschehen, was die Wende in der "deutschen Frage" herbeiführte? Helmut Kohl nannte viele Male sein Auftreten an der Ruine der Frauenkirche am 19. Dezember 1989 in Dresden als das entscheidende Datum. Dort habe er die DDR-Bürger/Dresdner und die Weltöffentlichkeit für seine Idee der raschen nationalen Einheit gewonnen. Die Stichworte waren: Die DDR-Bürger besitzen das Selbstbestimmungsrecht und die Deutschen seien ein Volk. Noch war offen, wie innen- und außenpolitisch eine Situation geschaffen wird, die praktische Schritte ermöglichten. Die Losung von "freien Wahlen" wurde zum Vehikel der Konterrevolution.

Während Hitler seine den "Anschluss" Österreichs 1937 durch den Volksentscheid "Ein Volk, ein Reich, ein Führer" legitimieren ließ, die Saarländer 1956 vor ihrem "Anschluss" abstimmen durften, sollte im März 1990 eine Wahl in der DDR ein Votum des Volkes zur entscheidenden Frage ersetzen. (Ein Volksentscheid fand in Karl-Marx-Stadt statt, um den Namen Chemnitz "demokratisch" wieder einzuführen.)

Anlässlich des 20. Jahrestages der "Wiedervereinigung", die in Wirklichkeit faktisch und rechtlich ein Anschluss der DDR an die BRD war, werden im Herbst 2010 Jubelveranstaltungen und Feiern durchgeführt. Nahezu alle damals agierenden Politiker haben inzwischen ihre Selbstbeweihräucherung aufgeschrieben, Helmut Kohl und Lothar de Maiziere, Hans-Dietrich Genscher und Markus Meckel, Wolfgang Schäuble und Peter-Michael Diestel, Richard von Weizsäcker und Erich Honecker, Horst Teltschik und Gregor Gysi. Es gibt auch aussagekräftige Dokumentationen.(1)

In diesem Artikel geht es nicht darum, den vielen Lob- und Selbstpreisungen eine weitere hinzuzufügen, sondern um eine kritische Sicht auf die Aktionen und Akteure in der Spitze der DDR vom März bis Oktober 1990. In der Regel wird heute behauptet, es habe damals keine Alternative gegeben, weil die DDR marode gewesen sei und die DDR-Bürger sonst nach dem Westen gingen. Sie sind nach der Volkskammerwahl in großer Zahl erst recht nach dem Westen gegangen, weil ihnen die Treuhand und die Reprivatisierung Lohn und Brot nahmen. Hier werden nicht die Ursachen für die Niederlage des Weltsozialismus analysiert, zu dem die DDR gehörte. Es genügt, an einen Satz von Egon Bahr zu erinnern:

"Es gibt keinen monokausalen Grund für den Zusammenbruch des kommunistischen Systems: Wirtschaftliche und technische Überlegenheit des Westens, sein Lebensstandard, die Bewegungsfreiheit und viele andere Faktoren sind zusammengekommen. Ein bisher unterschätztes Element war die Entideologisierung. Sie kann sogar entscheidend für den unblutigen Zusammenbruch gewesen sein.(2)

Zweifellos hatte die Strategie des "peaceful change", die unter Kennedy begann und in der BRD durch den "friedlichen Wandel" der Brandt und Bahr ergänzt wurden, einen entscheidenden Einfluss auf die "friedliche Revolution" im Herbst 1989 wie auch auf den "Einigungsprozess", den die 10. Volkskammer und die Regierung de Maiziere wider Vernunft und Recht forcierten.

Helmut Kohl, der die Politik der raschen "Wiedervereinigung" betrieb, brauchte für seine Politik "willige Helfer" in der DDR. Es erwies sich für Kohl als unumgänglich, mit "Blockflöten" zu kooperieren, gegen die er anfangs große Vorbehalte hegte.

"Die Bundespartei CDU tat sich... sehr schwer, sich mit den Schmuddelkindern der Blockflöten zusammenzutun." (Lothar de Maiziere) Trotzdem begann die Kollaboration solcher Politiker wie Lothar de Maiziere schon Anfang 1990, aber geheim.

In Helmut Kohls "Erinnerungen" von 2009 liest sich das so: Im Januar 1990 suchte Helmut Kohl Partner in der CDU der DDR - im Bonner Jargon "Blockflöten" -, um zu sichern, dass die PDS abgewählt und eine bürgerliche Mehrheit gesichert wird: "Das bürgerliche Lager musste zusammengeführt werden. Daran arbeitete ich mit unermüdlichem Einsatz, denn das war die einzige Chance, Mehrheiten zu gewinnen und so den Weg zur Wiedervereinigung zu ebnen. Von vielen Seiten ermutigt, entschied ich mich schließlich entgegen der Position des CDU-Generalsekretärs Volker Rühe, mit der Ost-CDU zu sprechen. In der zweiten Januarhälfte 1990 kam es zu einem ersten, geheim gehaltenen Treffen mit Lothar de Maiziere, bei dem es mir vor allem darum ging, den Mann kennen zu lernen, der im November 1989 zum neuen Vorsitzenden der Ost-CDU gewählt und in Modrows Allparteienregierung stellvertretender Ministerpräsident geworden war."(3)

In weiteren Geheimgesprächen fand Kohl weitere Leute wie Pfarrer Werner Ebeling und Rechtsanwalt Wolfgang Schnur, mit denen er die "Allianz für Deutschland" zimmerte.

Selbst Bischof Leich, der erste Mann der protestantischen Bischöfe in der DDR, wurde in geheimer Mission eingesetzt. Am 26. Januar war Bischof Leich bei Helmut Kohl in Bonn, der ihn aufforderte, die "Allianz für Deutschland" zu unterstützen und Lothar de Maiziere (der Minister im Kabinett Hans Modrows war) für die Idee der "Allianz" zu gewinnen.

Bischof Leich unterstützte den Plan des Kanzlers in einem Brief vom 29. Januar 1990 an Lothar de Maiziere. Der Brief endete:" Gott hüte und bewahre Sie in Ihrem schweren Dienst!!".(4)

Schon im Februar 1990 ging die Einmischung des Kanzlers in innere Angelegenheiten der DDR forsch weiter. "Mit logistischer Unterstützung der Unionsparteien begann unmittelbar nach ihrer Gründung der Wahlkampf der Allianz für Deutschland. Der Weg zur Wiedervereinigung sollte nach Auffassung der Allianz über den Beitritt der noch zu gründenden DDR-Länder zur Bundesrepublik nach Artikel 23 des Grundgesetzes erfolgen."(5)

Nicht nur die CDU-West, sondern auch der Staatsapparat der BRD wurde auf Hochtouren gebracht: "Natürlich wurden im Kanzleramt bereits entscheidende Weichenstellungen in Richtung staatlicher Einheit vorbereitet."(6)

Als die "Allianz für Deutschland" schließlich den Wahlsieg errungen hatte, war zu entscheiden, wer Ministerpräsident wird. Auch das schilderte Kohl offenherzig: "Drei Tage nach der erfolgreichen März-Wahl reiste Lothar de Maiziere, begleitet von den Pfarrern Ebeling und Eppelmann, nach Bonn. Beim ersten Treffen der Allianzpartner im Kanzleramt musste zunächst einmal die Frage geklärt werden, wer Ministerpräsident der DDR werden sollte."(7)

Auch Eppelmann bot sich an, Stolpe fand vor Kohl keine Gnade. Lothar de Maiziere wurde als Ministerpräsident von Kohls Gnaden bestimmt, ehe die "frei gewählten" Mitglieder der Volkskammer auch nur einen Mucks hätten sagen können.

Halten wir zunächst fest: Helmut Kohl bezeugt, dass der Regierungschef schon in Bonn bestimmt worden war, ehe die Abgeordneten etwas sagen konnten.

An dieser Stelle ist es nötig. an die Rechtslage zu erinnern. In der DDR fanden Wahlen statt. Das war Angelegenheit der DDR-Bürger. Die DDR war wie die BRD gleichberechtigtes Mitglied der Vereinten Nationen und Signatarmacht der Helsinki-Schlussakte. Für die Beziehungen der beiden deutschen Staaten galt zusätzlich der "Grundlagenvertrag" vom 21. Dezember 1972.(8)

Im Vertrag bekannten sich beide deutsche Staaten zur "Unverletzlichkeit der Grenzen und Achtung der territorialen Integrität aller Staaten in Europa in ihren jetzigen Grenzen" als "grundlegende Bedingung für den Frieden."

In Artikel 6 bekräftigten sie, "dass die Hoheitsgebiete jedes der beiden Staaten sich auf sein Staatsgebiet beschränkt. Sie respektieren die Unabhängigkeit und Selbständigkeit der beiden Staaten in ihren inneren und äußeren Angelegenheiten." Das war völkerrechtliches Gebot, das Helmut Kohl genau kannte und mit dem "Recht des Stärkeren" missachtete. Aber durfte das die Volkskammer und Regierung der DDR unter Berufung auf "Volkes Wille" nahezu widerspruchslos hinnehmen? Wir kommen auf die Frage zurück.

Es wird heute kaum mehr bestritten, dass der Wahlkampf in der DDR von Bonn aus gelenkt worden ist, also Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines souveränen Staates war.

Es war eingetreten, wovor Brecht gewarnt hatte: Nur die allerdümmsten Kälber wählen ihre Metzger selber. Gerhard Höppner urteilte 2010 rückblickend: "Diese Wahl war ... ganz stark von der Parteienlandschaft und den Persönlichkeiten des Westens beeinflusst."(9)

Nehmen wir einige Fakten:

- Der Bundeskanzler hat vor der Wahl auf sechs Großkundgebungen im Osten der DDR vor mehr als einer Million Menschen gesprochen.

- Am 5. März 1990 wurde in Berlin-Dahlem mit Hilfe von Lothar de Maiziere, Wolfgang Schnur und Werner Ebeling die "Allianz für Deutschland" zusammengezimmert.

- Die CDU setzte in der DDR 20 Millionen Flugblätter und 500.000 Plakate ein (die wahre Blüten des Antikommunismus waren).

- Das Adenauer-Haus druckte 15 Millionen Exemplare einer sechzehnseitigen Wahlzeitung.

- Die westdeutschen Medien hämmerten den DDR-Bürgern Kohls Versprechen ein: Keinem wird es schlecht gehen, vielen aber besser!

- Egon Bahr nannte die Märzwahlen 1990 die schmutzigsten Wahlen, die er erlebt habe, Bärbel Bohley meinte: "Die Bevölkerung hat jetzt das Geld gewählt." Zwanzig Jahre nach der Wahl wurde offiziell verkündet: "Kohl war der wahre Sieger."(10)

Ehe wir uns Details aus der Arbeit der 10. Volkskammer zuwenden, muss der Frage nachgegangen werden, ob die Wahl eine Volksabstimmung über die "Wiedervereinigung" bedeutete. Lothar de Maiziere behauptet noch 2010: "Letztendlich war die Wahl das Plebiszit für die deutsche Einheit."(11) Das war es nicht, wie unter anderem der Strafrechtler Erich Buchholz nachwies:

"Die Regierung der DDR hatte spätestens im März 1990 das Gesetz des Handelns verloren. Die Behörden der DDR wurden zunehmend zu Erfüllungsgehilfen und ausführenden Organen der Bundesregierung."(12)

Das ist buchstäblich gemeint. Thomas de Maiziere wurde "Berater" der Regierung Lothar de Maiziere, einer Familie, die auch einen Bundeswehrgeneral stellte.

Der Geheimdienstexperte Eckart Werthebach tummelte sich in Diestels Reich und nach seinem Abstecher in die DDR wieder im Geheimdienstmilieu.(13)

General Schönbohm wurde "Oberbefehlshaber Ost", also Eppelmanns Chef.

Meckel bekam "Experten" aus Genschers Stall an seine Seite. Gab es ein Gesetz, eine Maßnahme, die DDR-Minister zu verantworten haben? Ist das Wort von den "Laienspielern" nur freundliche Ironie?

Einige Abgeordnete der Volkskammer spürten das Bonner Diktat und sprachen von einem "Liquidationsvertrag", "Anschlussvertrag", "Selbstaufgabe der DDR", "Schlüsselübergabe auf dem Samtkissen in Bonn" und "Staatsuntergang durch Vertrag".

Aber die "Wiedervereinigung" wird noch gefeiert, nicht nur durch Kohl.

Elke Kimmel behauptete im März 2010: "Die durch die ersten freien Wahlen ins Amt gesetzte Regierung hatte von vornherein vor allem die Aufgabe, den Staat DDR möglichst gut abzuwickeln, ohne dass - mangels historischer Vorbilder - der zeitliche Horizont dafür klar war."(14)

Zunächst: Die "Allianz für Deutschland" hatte 1990 nicht die Mehrheit der Stimmen errungen, genau so wenig wie die Hitlerpartei 1932. Verfassungsändernde Mehrheiten erhielt die "Allianz für Deutschland" erst, als die Sozialdemokraten ins Kabinett eintraten. Und auch eine Mehrheit wäre zur Aufgabe der DDR nicht berechtigt gewesen. Die Verfassung der DDR war nicht durch eine neue Verfassung mit entsprechenden Regelungen ersetzt worden.

Die Frage, ob die Mehrheit der DDR-Bürger für oder gegen den "Anschluss" war, hätte sich durch einen Volksentscheid eindeutig klären lassen können.

Der Bundesrepublik standen die Erfahrungen beim "Anschluss" des Saarlandes zur Verfügung. Lothar de Maiziere kannte, wie er später zugab, die Prozedur beim Anschluss des Saarlandes an die BRD 1956.(15) Er behauptet, dass es zwischen 1956 und 1990 eine "unvergleichliche Situation" gegeben habe, er meint, die Situation sei unvergleichbar - um zu vergleichen. Geschichtliche Vergleiche sind nicht Gleichsetzungen. Sie verlangen eine präzise Bestimmung, was und warum verglichen werden soll. Vergleiche sind ein wichtiges Mittel der Erkenntnis. Insofern ist der Vergleich auch der Unterschiede der "Anschlüsse" Österreichs unter Hitler, des Saarlands an 1956 und der DDR 1990 sehr lehrreich.

1956 seien zwei "systemgleiche Staatengebilde" vereinigt worden, 1990 konnte von gleichen Systemen keine Rede sein. 1956 habe es eine Volksabstimmung gegeben. Wer hat sie 1990 verhindert? Lothar de Maiziere erinnerte sich an die "Friedensklausel" des Saarvertrages von 1956, "wo steht, dass nach der Vereinigung des Saarlandes mit der Bundesrepublik niemandem persönlich, beruflich oder sonst ein Nachteil daraus erwachsen solle, welche Haltung er im Vorfeld der Vereinigung zu dieser Sache bezogen hat." Warum wurde auf diese Methode, die viel Schaden von DDR-Bürgern abgewendet hätte, 1990 verzichtet? Reicht de Maizieres Erklärung: "Eine Regierung, die in einer solch starken Weise alimentiert wird, hat natürlich relativ wenig Verhandlungsspielraum."

Für Helmut Kohl und Lothar de Maiziere stand schon vor dem 18. März 1990 fest, dass der "Beitritt" nach Artikel 23 des Grundgesetzes erfolgen sollte, aber das war eine Verletzung des Grundgesetzes, das für die gegebene Situation den Artikel 146 vorsah. War das für Lothar de Maiziere, der schon unter Hans Modrow den Eid auf die Verfassung der DDR geleistet hatte, Hochverrat? Die Souveränität der DDR war unverkäuflich.

Die 10. Volkskammer weist im Vergleich zu ihren neun Vorgängern einige Merkwürdigkeiten auf, die hier nur in Fragen erwähnt werden:

- Wo sind die Arbeiter und Bauern geblieben? Selbst in der PDS-Fraktion gab es, wie Gregor Gysi bestätigte, keinen einzigen.(16)

- Wie erklärt sich der hohe Anteil von Pfarrern und Rechtsanwälten? Haben Vertreter dieser Berufe in der DDR schon bürgerliche Politologie studiert? (In der SPD-Fraktion gab es 16,5 % Theologen.)

- Wie war es möglich, dass in der CDU-Fraktion von 165 Abgeordneten 92 schon vor 1990 Mitglied gewesen waren, also als "Blockflöten" galten, de Maiziere (CDU-Mitglied seit 1956) trotzdem die jeweils Kohl hörige Mehrheit erreichte? (Die PDS hatte ihre Fraktion von "Altlasten" gesäubert.)

- Wie konnte es geschehen, dass in einem Staat, in dem die Atheisten statistisch überwogen, religiös gebundene Abgeordnete die Mehrheit erhielten? 70 % der Wähler hatten keine religiöse Bindung, aber 64 % der Abgeordneten gaben eine Konfession an.(17)

Nachdem die 10. Volkskammer am 18. März 1990 gewählt worden war, dauerte es bis zum 19. April, dass Lothar de Maiziere seine Regierungserklärung abgab.(18) Auf reichlich fünf Seiten entwickelte er ein Konzept, das lückenhafter, nebulöser und realitätsfremder kaum sein konnte. Die Erklärung begann: "Die Erneuerung unserer Gesellschaft stand unter dem Ruf 'Wir sind das Volk!'. Das Volk ist sich seiner selbst bewusst geworden. Zum ersten Mal seit vielen Jahrzehnten haben sich die Menschen in der DDR als Volk konstituiert. Die Wahlen, aus denen dieses Parlament hervorgegangen ist, waren Wahlen des Volkes. Zum ersten Mal trägt die Volkskammer ihren Namen zu Recht."(19)

Was war unter "Erneuerung der Gesellschaft" zu verstehen? Waren die Bürger der DDR kein Staatsvolk gewesen? Wer hat denn in der DDR gewählt? De Maiziere war nicht dabei?

Es folgten Danksagungen an jene, die die "Freiheit" gebracht hatten, Michail Gorbatschow, Vaclav Havel, bundesdeutsche Politiker, die Kirchen usw.

Als Themen tauchten auf:

- die Gleichsetzung der Opfer von "Nationalsozialismus" und "Stalinismus",
- die Verurteilung der Staatssicherheit,
- die Überwindung von Bevormundung und Passivität,
- Vorzüge der "sozialen Marktwirtschaft",
- das Bekenntnis zum "Beitritt" gemäß Artikel 23 des Grundgesetzes.

Kein Wort zu den Verpflichtungen gegenüber den DDR-Bürgern, keine Warnung vor der "feindlichen Übernahme", kein Satz zu Volkseigentum und Treuhand, kein Wort zur drohenden NATO-Mitgliedschaft, kein Wort zur Verteidigung der sozialen Errungenschaften der DDR-Bürger, ihres Eigentums und ihrer Arbeit. Und dann die rhetorische Frage mit den folgenden Sprechblasen: "Wir werden gefragt: Haben wir gar nichts einzubringen in die deutsche Einheit? Und wir antworten: Doch, wir haben! Wir bringen ein unser Land und unsere Menschen, wir bringen geschaffene Werte und unseren Fleiß ein, unsere Ausbildung und unsere Improvisationsgabe. Not macht erfinderisch. Wir bringen die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte ein, die wir mit den Ländern Osteuropas gemeinsam haben. Wir bringen ein unsere Sensibilität für soziale Gerechtigkeit, für Solidarität und Toleranz. In der DDR gab es eine Erziehung gegen Rassismus und Ausländerfeindlichkeit, auch wenn sie in der Praxis wenig geübt werden konnte. Wir dürfen und wollen Ausländerfeindlichkeit keinen Raum geben. Wir bringen unsere bitteren und stolzen Erfahrungen an der Schwelle zwischen Anpassung und Widerstand ein. Wir bringen unsere Identität ein und unsere Würde. Unsere Identität, das ist unsere Geschichte und Kultur, unser Versagen und unsere Leistung, unsere Ideale und unsere Leiden. Unsere Würde, das ist unsere Freiheit und unser Menschenrecht auf Selbstbestimmung."(20)

Was ist aus den Erfahrungen, dem Volkseigentum und der Würde der DDR-Bürger geworden?

Während in Berlin der Schlussverkauf der DDR begann, waren Händler, Unternehmer, Leihbeamten, Rechtsanwälte und manches zwielichtige Volk dabei, sich am Raubzug zu beteiligen.(21) Dieser unappetitliche Vorgang ist hier nicht Gegenstand der Darstellung.

Ziel, Methoden und Ergebnisse sind in mehreren Arbeiten Michael Richters erforscht worden, der als Mitarbeiter des Hannah-Arendt-Instituts und Schoßkind Biedenkopfs, Vaatz' und Iltgens die nötige Kompetenz hat.(22) Aus seinen Untersuchungen ergibt sich für Sachsen:

- "Bürgerrechtler", die vorgegeben hatten, für eine "reformierte" DDR zu wirken, holten sich ungeniert ihre künftigen Mäzene aus Bonn. So wurde auch Biedenkopf "König von Sachsen"(23).

- Politiker und Beamte aus Baden-Württemberg und Bayern traten als "direkte Akteure in Sachsen" auf und bestimmten die personellen und strukturellen Veränderungen - in der noch souveränen DDR.

- Das Konzept des Kanzlers, mit der Bildung der "Allianz für Deutschland" möglichst viele "Blockflöten" an die CDU zu binden, ist auch in Sachsen aufgegangen(24): "Dafür verschwanden die SED/PDS fast völlig von der Bildfläche."

Das und manches mehr geschah unter der Regierung de Maiziere.

Lothar de Maiziere, der vom 12. April bis zum 3. Oktober 1990 der letzte Regierungschef der DDR war, könnte zwanzig Jahre später das Fiasko seiner Politik eingestehen, vielleicht auch offenbaren, unter wessen und welchem Druck er gehandelt hat. Aber auch er will zu den "Siegern der Geschichte" gehören. Seine Laudatio, die er zehn Jahre später auf sich selbst hielt, begann mit den Sätzen: "Die Wahlen, die vom 18. März, waren nicht nur die ersten freien allgemeinen und geheimen Wahlen zu einer Volkskammer, die diesen Namen auch verdienten, sondern sie waren meiner Meinung nach das Plebiszit, der Auftrag zur Herstellung der Einheit Deutschlands. Alle die Parteien, die sich im Wahlkampf eindeutig zum Ziel Herstellung Deutsche Einheit bekannt hatten, gewannen an Zustimmung, während die, die einen eigenständigen, einen dritten Weg oder ähnliches gehen wollten, fast marginalisiert wurden. Die Bürgerrechtsbewegung wäre, wenn wir damals schon eine 5 % Sperrhürde gehabt hätten, nicht mehr in die Volkskammer gekommen. Insofern hat die Mehrheit der Wähler ganz klar erkannt, auch unsere sonstigen, insbesondere wirtschaftlichen Probleme, werden wir im Verbund mit dem reichen westdeutschen Bruder wesentlich besser lösen können als im Alleingang. Zu diesen Wahlen muss man auch etwas sagen, was vielen, die mit einer typisch altbundesdeutschen Geografie gelebt haben, nicht so klar ist. Es waren die ersten freien Wahlen seit 58 Jahren, d. h. seit 1932 in den ostdeutschen Ländern gewesen."(25)

An der Argumentation Lothar de Maizieres ist manches bemerkenswert:

Eine Wahl in der DDR, in der es um Abgeordnete der DDR ging, fälscht de Maiziere in ein Plebiszit für die "Wiedervereinigung" um. Die Wahlniederlage von Bündnis 90 erklärt er mit der Skepsis einiger Bürgerrechtler gegenüber dem Schweinsgalopp zur Einheit. Und er vergleicht die "freien" Wahlen vom März 1990 mit den Wahlen in Deutschland 1932.

Der Vergleich ist erlaubt und lehrreich, aber er hat für die Argumentation Lothar de Maizieres erschreckende Konsequenzen.

Auch in der bürgerlichen Geschichtsschreibung ist unbestritten:

- Die Wahlen von 1932 waren ein entscheidender Schritt zur "Machtübernahme" der Hitlerfaschisten Anfang 1933.

- Das konservative Lager (Harzburger Front) unterstützte den Vormarsch der Hitlerbewegung.

- Entscheidende Medien (UFA, Hugenberg-Konzern) propagierten die "nationale Revolution". (Anfang 2010 wurde eine Studie veröffentlicht, in der mit den Worten Fritz Pleitgens für 1989/90 behauptet wird: "Die Einheit, sie hat sich zuerst auf dem Bildschirm vollzogen."(26) Wusste Pleitke, was er tat und sagte?

- Die Hochfinanz traf sich mit Hitler, um die Details seiner Regierungsübernahme festzulegen. Wer hatte die Fäden 1990 in der Hand?

- Mit Hitler sollte das große "Wirtschaftswunder" in Deutschland seinen Einzug halten. Was trompetete Helmut Kohl?

- Nur die Partei der Kommunisten warnte 1932: Wer Hitler wählt, wählt den Krieg.

Wer sieht nicht die Analogie zu 1990?

Noch einmal: Jene "freien Wahlen" 1932 waren ein tödlicher Schritt zu Faschismus und Krieg. Jeder mag selbst prüfen, welche Analogien es zwischen Deutschland 1932 und der DDR Anfang 1990 gab.

Mindestens eins verkörpert Lothar de Maiziere selbst: Er hatte die "Richtlinienkompetenz". Er konnte die DDR-Bürger ständig warnen und mahnen. Er wurde aber derjenige, der die Krauses, die DDR-Bürger und ihr Eigentum, den Krupps bedingungslos auslieferte. Dass er deren Aufträge durchführte, ob in Befehlen, die er sich bei Kohl abholte, oder in Ratschlägen von West-Experten in seinem Stab wie von Thomas de Maiziere, ist hier belanglos.

Auch dass Lothar de Maiziere von den wirtschaftlichen Entscheidungen nichts verstand, wie der Banker Edgar Most nachwies(27), ist keine Entschuldigung. Er ist freiwillig Premier geworden und konnte jederzeit aus Protest zurücktreten.

Lothar de Maiziere schrieb zu seiner Entlastung, es habe in der DDR kein einziges Lehrbuch für die Umwandlung der Planwirtschaft in die Marktwirtschaft gegeben.

Diese Umwandlung von 1990 war in der DDR auch nicht vorgesehen. Aber es gab genügend Lehrbücher, die über das Wesen des Kapitals Auskunft geben. Jeder Student in der DDR lernte sie kennen. Lothar de Maiziere hat in jahrzehntelanger mühsamer Denkarbeit auch zwei "Fehleinschätzungen" von 1990 gefunden. Er habe die "Anpassungslasten" nicht gesehen. Er habe die "Mühseligkeiten sozialer Lernprozesse" unterschätzt. Die verheerenden Folgen der Treuhand-Politik, die "Abwicklung" der DDR-Elite, Arbeitslosigkeit und Bilderstürmerei hat der Ministerpräsident womöglich gar nicht bemerkt.

In der zitierten Arbeit "Mandat für deutsche Einheit" gibt es auch eine Analyse der Arbeit der 10. Volkskammer von Dietrich Herzog, die den Anspruch der Wissenschaftlichkeit erhebt.(28) Der Politikwissenschaftler Dietrich Herzog bescheinigt der 10. Volkskammer in seinem einleitenden Kapitel: "Ein verantwortungsbewusstes und tüchtiges Parlament."(29)

Der Fleiß der Laienspieler-Abgeordneten wirkt im ersten Moment in der Tat imponierend. Die 10. Volkskammer verabschiedete in den rund sechs Monaten ihrer Existenz (18. März - 2. Oktober 1990) 164 Gesetze, fasste 93 Beschlüsse und gab zahlreiche Erklärungen ab.

Der Fleiß reizt zum Lob. Entscheidend aber ist der Inhalt der Gesetze, die Wirkung der "Arbeit" der Beteiligten. Wer kennt ein Gesetz, das nach dem 3. Oktober noch Bestand hatte?

Ging es nicht bei allen Aktionen (außer bei der "Stasi"-Problematik) darum, die DDR für den "Anschluss" an die BRD kompatibel zu machen?

Zwanzig Jahre später sagt Ministerpräsident Matthias Platzeck selbstkritisch: "Wir wollten keinen Beitritt, wir wollten ein gleichberechtigtes Zusammengehen mit neuer Verfassung und neuer Hymne für einen echten gemeinsamen Neuanfang. Durchgesetzt haben sich andere."(30) Aber wer waren die "anderen"? Warum konnten sie sich durchsetzen?

Was haben die (Mehrheit der) Abgeordneten und die Regierung Lothar de Maizieres zu verantworten?

- Sie verletzten die Verfassung der DDR, verzichteten auf eine neue Verfassung, die von "Bürgerrechtlern" um Ullmann vorbereitet worden war und drapierten ihre Gesetzesverletzungen mit den "Verfassungsgrundsätzen", die am 17. Juni 1990 mit 269 Stimmen angenommen wurde.

- Sie stimmten zu, dass aus dem Modrowschen Treuhandgesetz, das vom Runden Tisch bestätigt worden war, im Juni 1990 in ein Gesetz zur Enteignung der DDR-Bürger umgefälscht wurde. Unter der Modrow-Regierung ging es um die Wahrung des Volkseigentums und seine Verwendung im Interesse der Mehrheit des Volkes. Das "neue" Treuhandgesetz vom 17. Juni 1990 hieß "Gesetz zur Privatisierung und Reorganisation des volkseigenen Vermögens". Es legte im Artikel 1 fest: "Das volkseigene Vermögen ist zu privatisieren." Werner Schulz nannte das treffend eine "Enteignung der Bürger". Verfassungsbruch war die Rekapitalisierung des in 40 Jahren hart erarbeiteten Volkseigentums allemal. In den Artikeln 9 bis 16 der Verfassung der DDR vom 6. April 1968, die von der Mehrheit der Bürger in einer Volksabstimmung bestätigt wurde, ist die Stellung der Volkswirtschaft, der Platz des sozialistischen Eigentums, das Recht auf persönliches Eigentum, die Unzulässigkeit von Privateigentum an Naturschätzen festgelegt. Da es sich bei diesen Festlegungen um die Überwindung und Verhinderung kapitalistischer Ausbeutungsverhältnisse handelt, war der von der Treuhand geführte Privatisierungsprozess eine Verletzung der Verfassung der DDR und objektiv ein Verrat an den Interessen der DDR-Bürger.

- Die Abgeordneten der 10. Volkskammer, die diesen Prozess unterstützten, verletzten die Verfassung, die für jeden Bürger der DDR bindendes Gesetz war.(31)

- Obwohl - in diesem Falle - bundesdeutsche Politiker wie Richard von Weizsäcker, Helmut Kohl, Wolfgang Schäuble, Egon Bahr, Willy Brandt und andere davor gewarnt hatten, die "Büchse der Pandora" zu öffnen(32), machte Lothar de Maiziere das Ministerium für Staatssicherheit zum Thema, das in der 10. Volkskammer zum Spitzenthema avancierte und seine düsteren Schatten bis in die Gegenwart wirft.

Es war Angelika Barbe, die am 20. September feststellte: "Bisher hat dieses Parlament mit erpressbaren Stasi-Mitarbeitern unter den Parlamentariern und Regierungsmitarbeitern fragwürdige Entscheidungen getroffen."(33) Wolfgang Ullmann hatte festgestellt: "Die Bastille des Stalinismus ist niederzureißen."(34), aber die Frage: Wer läuft am Band westlicher Geheimdienste, wurde nicht systematisch geprüft. Die "Rosenholz"-Akten blieben Erpressungspotential in den Händen der USA-Politik. Schon 1990 wurde von einigen Abgeordneten ausgesprochen und getadelt - vor allem von Gregor Gysi -, dass es sich negativ auswirken wird, wenn alle Errungenschaften der DDR-Bürger im Orkus des Vergessens verschwinden.

Kein Gesetz, keine Verordnung, keine Regelung der 10. Volkskammer hatten Wirkung über den 3. Oktober 1990 hinaus - außer einer, der Ächtung der Staatssicherheit.

Im ND vom 13./14. März 2010 verkündete Thoralf Barth: "Die Bürgerrechtler haben uns eine weltgeschichtliche Errungenschaft vererbt: Den erfolgreichen Kampf um die Auflösung der Staatssicherheit." Keiner durfte nach 1990 mehr mit der Macht spielen und die Macht missbrauchen als der Bruder in Christo Joachim Gauck. Wie viele Opfer gehen auf sein Konto? Ist die Entstehung der Gauck-Behörde ein Ruhmesblatt des Wirkens der 10. Volkskammer? Der Streit um diese Fragen nimmt in der Presse und im Fernsehen seit 20 Jahren den dominierenden Platz ein.(35)

Bei der Beantwortung solcher Fragen hilft uns Peter-Michael Diestel, der 1990 Innenminister im Kabinett Lothar de Maiziere war und als Bonner "Berater" den Bonner Geheimdienstspezialisten Eckart Werthebach zur Seite stehen hatte. Im August 2010 meldete er sich mit Erinnerungen zu Wort.(36) Wir lesen bei Diestel: "Die Gauck- beziehungsweise die Birthler-Behörde war von vornherein ein stumpfes Schwert. Es wäre richtiger gewesen und hätte uns viel sozialen Unfrieden erspart, wenn man nach der Wende die Stasi-Aktengleich vernichtet oder deren Überreste ins Bundesarchiv überführt hätte."(37)

Freilich bleibt die Frage: Wer hatte ein Interesse daran, dass das nicht geschah? Wer wollte die "akten" um jeden Preis missbrauchen?

Eine Teilantwort gibt uns Diestel: Die "Akten" konnten zur "Menschenhatz" missbraucht werden: "Die Menschenhatz in den Medien und der politischen Öffentlichkeit findet zwanzig Jahre danach immer noch ohne jede juristische Rechtfertigung statt. Ich kenne viele Fälle, bei denen Menschen durch Stasi-Vorwürfe in den Selbstmord getrieben wurden. So etwas wird den freiheitlich-demokratischen Grundlagen unserer Republik nicht gerecht, ist ungerecht, unmoralisch und verfassungswidrig."(38)

Und der Mann, der dafür hauptverantwortlich ist, wurde im Juni 2010 unter dem Beifall maßgebender Medien Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten! Dass SPD und Grüne sich für die Präsidentschaft des Inquisitors einsetzten, dürfte ein ewiger Schandfleck in der Geschichte ihrer Parteien sein.(39)

Die Installierung der Gauck/Birthler-Behörde gehört zweifellos zum schlimmen Erbe der Regierung de Maiziere.

Das schlimmste Erbe aber ist, dass Deutschland mit der "Wiedervereinigung" auch wieder zur kriegführenden Macht wurde. Das ist das Gegenteil dessen, was das Vermächtnis von Buchenwald, das Völkerrecht und die politische Vernunft geboten. Das Versagen der "Laienspieler" begann schon in der Koalitionsvereinbarung vom 12. April 1990, in dem Frieden und Abrüstung überhaupt nicht auftauchen, auch nichts zu den Beziehungen zur Sowjetunion.(40)

Es wird nur eine Aufgabe im Punkt 5.7 konkret benannt: "Die DDR - Regierung tritt dafür ein, dass die Nuklearwaffen ebenso wie die vorhandenen chemischen Waffen von deutschem Boden abgezogen werden." Und was ist seit 1990 geschehen?

Die 10. Volkskammer und die Regierung de Maiziere schufen keine Garantien, dass vom Territorium der DDR weiterhin Frieden ausgeht.

Am 24. September 1990 erfolgte der Austritt der DDR aus dem Warschauer Vertrag, während sich Helmut Kohl mit der Forderung durchsetzte, dass ganz Deutschland Mitglied der NATO wird. Mit der Ostausdehnung der NATO ist die geostrategische Situation für Russland schlechter als für die Sowjetunion vor 1990.

Wer die Regierungserklärung de Maizieres vom 19. April 1990 unter dem Aspekt prüfte, welches außenpolitische Konzept die DDR verfolgen würde, fand nichts. Eine Konzeption für die Zwei-plus-Vier-Verhandlungen gab es nicht. Über das Wirken des Pfarrers Markus Meckel in den Zwei-plus-Vier-Verhandlungen gibt es unter schiedliche Zeugen und Urteile, aber nirgends Ruhm und Lob oder wenigstens Respekt.

Welche außenpolitische Strategie schlug die Regierung Lothar de Maizieres der 10. Volkskammer vor? Findet der Leser eine Orientierung? Gab es wenigstens Vorgaben für die Zwei-plus-Vier-Verhandlungen, die - ohne die DDR - bereits begonnen hatten?

Auch zwanzig Jahre später ergeben Analysen, dass die DDR 1990 auf außenpolitische Aktivitäten verzichtete.(41) Markus Meckel holte sich seine Direktiven im Privathaus Genschers in Bonn. Dass er sein Vorgehen mit Schewardnadse (und umgekehrt) abstimmte, ist aus den Dokumenten nicht ersichtlich. Markus Meckel hat seine eigene Rolle als Außenminister der DDR in "Die Außenpolitik der DDR nach der freien Wahl am 18. März 1990" beschrieben. Hans-Dietrich Genscher hat sich in seinen "Erinnerungen" und zu Meckels "Selbstbewusst in die Deutsche Einheit" geäußert.(42)

Der Pfarrer, Sozialdemokrat und Außenminister Markus Meckel postulierte: "Von zentraler Bedeutung war für die USA die NATO-Zugehörigkeit des vereinten Deutschland. Sie war das wichtigste Instrument der Führungsrolle der USA in Europa. Ein Austritt Deutschlands hätte die Bedeutung der NATO stark herabgesetzt und den Einfluss der USA in Europa wesentlich eingeschränkt. So unterstützte Präsident Bush aus eigenem nationalen Interesse heraus Helmut Kohls Konzeption einer möglichst schnellen Vereinigung - natürlich zu den eigenen Bedingungen."(43) Kurt Schumacher hatte Konrad Adenauer "Kanzler der Alliierten" genannt, was darf man über Markus Meckel sagen? Welche Folgen hat die Ausdehnung der NATO-Mitgliedschaft auf das Territorium der DDR?

Eine Erkenntnis Meckels scheint nachdenkenswert: "Die DDR als eigenständiger Akteur - oder besser: mit eigenständigen Akteuren im Vereinigungsprozess - kommt normalerweise nicht vor. Vieles ist hier bis heute auch nicht erforscht. Die Darstellungen und Dokumentationen der alten Bundesregierung lassen diese Dimension zu großen Teilen weg." Und: "Abschließend lässt sich vielleicht folgendes sagen: Die Außenpolitik der demokratischen DDR war nur in ganz wenigen Hinsichten erfolgreich."(44)

Meckel irrt: Die Außenpolitik der DDR war bis 1989 entsprechend den Notwendigkeiten und Möglichkeiten auf vielen Gebieten sehr erfolgreich.(45)

Sie gab es kaum noch, als es 1990 um grundlegende Interessen der DDR-Bürger ging.

Diese Tatsache kann mancher für sich selbst rechtfertigen. Lothar de Maiziere sagt von sich selbst, dass er seit der Bundessynode 1989 nicht von der Kreuzesvision losgekommen sei: "Wir wissen, dass einer da ist, der das Kreuz trägt." Er hat den Satz Christa Wolfs im Gedächtnis behalten: "Gorbatschow ist ein Christus, der jetzt schon ans Kreuz geschlagen ist." So fühlte sich auch der Ministerpräsident als Gekreuzigter: "Revolutionen fressen ihre Kinder." Und: "Alle Übergangspolitiker werden gekreuzigt, das habe ich schon gewusst."(46) Hat Meckel ähnlich gedacht? Indessen: Geopfert wurde nicht er, sondern der Frieden für die DDR-Bürger.

Meckel bedauert rückblickend seine Rolle von 1990 nicht. Dass, was Markus Meckel Polen "zubilligte", eine völkerrechtlich anerkannte Westgrenze, war durch den Ministerpräsidenten der DDR, Otto Grotewohl, schon 1950, also vierzig Jahre früher, erfolgt. Kohl/Genscher mussten also lediglich tun, was sie jahrzehntelang abgelehnt und verketzert hatten: den Schritt der DDR bestätigen.

Der Vertrag von Zgorzelec war Außenpolitik der DDR gewesen.

Wer bewusster DDR-Bürger gewesen war, darf fragen: Wie hat Pfarrer Meckel seine Interessen verteidigt? Welche Verhandlungsdirektive hatte er von der Regierung? Wie hat er die Trommel gerührt oder die Posaune geblasen, um wenigstens den NATO-Beitritt der DDR zu verhindern? Auf der USA-Seite wurde er, wie wir von Außenminister James Baker und Bush-Beraterin Condoleezza Rice wissen, kaum wahrgenommen, nicht einmal als "Störenfried."(47)

In Hans-Dietrich Genschers "Erinnerungen" taucht Markus Meckel zwölf mal auf. Aus der Sicht Genschers war bemerkenswert,

- dass Meckel bei seinem ersten Ausflug nach Bonn sein Team überwiegend aus Bundesbürgern rekonstruiert hatte,

- dass Genschers Amtskollege aus Berlin am 24. April 1990 dem "Einigungs"-Prozess nach Artikel 23 des Grundgesetzes zustimmte,

- dass Meckel sich am 16./17. Juli in Paris für gute Beziehungen zu Polen einsetzte und ein atomwaffenfreies Gesamtdeutschland forderte.

Da Markus Meckel am 20. Juni 1990 sein Amt verlor, war er bei den Schlussverhandlungen und der Unterzeichnung des Zwei-plus-Vier-Vertrages nicht mehr dabei.

Die DDR war Unterzeichner der Zwei-plus-Vier-Vertrages, in dem sich das vereinte Deutschland zur Friedenspflicht bekennt. Aber mit ihrer Existenz endete auch die Friedensperiode für Deutschland. Und keine Macht kann Deutschland zur Rückkehr zur Friedenspflicht zwingen. Ist das nicht der stärkste Verlust aller vernünftigen Deutschen?

Am 18. März 2005, am 15. Jahrestag der Wahl der 10. Volkskammer, erklärte Wolfgang Thierse vor dem Bundestag: "Die 10. Volkskammer war im besten Sinne des Wortes eine Schule der Demokratie und zugleich Arbeitsparlament."(48)

In der gleichen Rede teilte er mit, dass nach einer Studie der TU Dresden nur 4 % der Deutschen den Parteien, 11 % dem Bundestag trauen.

Eine Schule der Demokratie kann das also 1990 nicht gewesen sein.

Und von der Arbeit der 10. Volkskammer, den Gesetzen, Beschlüssen und Erklärungen, ist nichts übrig geblieben als die Forderung, der Bundestag solle die Gauck-Behörde per Gesetz installieren. Sie ist inzwischen die schärfste Waffe der Rekapitalisierung des Ostens und der Diffamierung der Geschichte der DDR. Wohl deshalb wurde Gauck von eine bestimmten Presse 2010 zum "Präsidenten der Herzen gekürt".

Zurück zu 1990! Immerhin erhielt Gregor Gysi Beifall über die PDS-Fraktion hinaus, als er nach der Abstimmung am 22. August 1990 über den "Einigungsvertrag" erklärte: "Frau Präsidentin! Das Parlament hat soeben nicht mehr und nicht weniger als den Untergang der Deutschen Demokratischen Republik zum 3. Oktober 1990... (Jubelnder Beifall bei der CDU/DA, der DSU, teilweise bei der SPD) beschlossen.

Ich bedaure, dass die Beschlussfassung im Hauruckverfahren über einen Änderungsantrag geschehen ist und keine würdige Form ohne Wahlkampftaktik gefunden hat; denn die DDR, wie sie auch immer historisch beurteilt werden wird, war für jeden von uns - mit sehr unterschiedlichen Erfahrungen - das bisherige Leben.

So wie wir alle geworden sind, sind wir hier geworden, und ich bedaure, dass der Einigungsprozess zum Anschluss degradiert ist. Aber ich bin davon überzeugt, es gibt auch neue Chancen. Noch können wir die Zeichen auf Aussöhnung statt auf Feindschaft setzen, und das einige Deutschland braucht eine starke demokratische Regierung, aber auch eine starke demokratische Opposition. Zu letzterem will meine Partei einen wichtigen und würdigen Beitrag leisten. - Ich danke schön. (Beifall, vor allem bei der PDS)"(49)

Die Mehrheit der Volkskammer hatte das Selbstbestimmungsrecht der DDR-Bürger an die Krupps verkauft und verraten. Ob, wie und von wem die "neuen Chancen", die Gregor Gysi 1990 sah, genutzt wurde, ist hier nicht Thema.

Hier ist auch nicht Thema, das Verhalten der Parteien in der 10. Volkskammer zu analysieren. Erste Untersuchungen liegen vor.

Den gewagtesten Salto mortale haben jene CDU-Abgeordneten vollbracht, die von "Blockflöten", die treu an der Seite der SED gestanden hatten, zu gehorsamen Vasallen des Kanzlers mutierten.(50)

Die Sozialdemokratie, die auf dem Berliner Parteitag im Dezember 1989 den "demokratischen Sozialismus" zum Ziel erklärt hatte, war zerstritten und agierte prinzipienlos. Die SPD half als Koalitionspartner der "Allianz für Deutschland", die sozialen Errungenschaften der DDR zu beseitigen, die sie selbst, vor allem nach 1945, zu ihrem Ziel erklärt hatte. Sie zerstörte auch den Hauptpartner für eine Friedenspolitik in Deutschland. Die Fakten sprechen für sich.(51)

Die PDS, die Nachfolgepartei der SED, war in der 10. Volkskammer Oppositionspartei. Sie war innerlich zerrissen von den Auseinandersetzungen zwischen "Reformern" und den "Altlasten" und sie musste dem Druck der Politiker und Medien aushalten, die sich als "Sieger" an den "Verlierern" rächten.(52) Das Wort SED mutierte zum Kainsmal. "Der wirklich schlimme Teil der Partei hat uns im großen und ganzen verlassen"(53), aüßerte Gysi zu dieser Zeit. Der "Beweis": In der PDS-Fraktion befanden sich nur noch vier frühere SED-Funktionäre. Rückblickend urteilte Gregor Gysi: "Das einende Band aller Abgeordneten war der Wille, es anders, besser zu machen, zu zeigen, dass die PDS als Nachfolgerin der SED zur Demokratie fähig und in der Lage war, sich in jeder Hinsicht zu erneuern."(54)

Wenn Gysi mit Demokratie die parlamentarisch verbrämte Diktatur des Kapitals meint, dürfte der Beweis ihrer Fähigkeit erbracht sein.

Seine Mitstreiterin im 10. Bundestag, zeitweilig seine Stellvertreterin und führende "Reformerin" in der sächsischen PDS, Christine Ostrowski, schrieb zwanzig Jahre nach der "friedlichen Revolution: Die "innere Opposition" habe in der Wende eine "wichtige gesellschaftliche Rolle gespielt". Sie malt ein Horrorszenarium an die Wand für den Fall, die "Reformer" hätten sich nicht in der SED durchgesetzt: Der Leser stelle sich vor, die "SED-Hartliner (??? d.A.) mit ihrem Freund-Feind-Denken, ihren ideologischen Scheuklappen, ihren zentralistischen, undemokratischen Vorstellungen hätten die Macht in der sich neu formierenden Partei behalten. Das hätte todsicher die Polarisierungen verschärft, Konflikte angeheizt, die gesellschaftliche Atmosphäre zugespitzt und insgesamt negative Rückwirkungen in die Gesellschaft gehabt."(55)

Die Liebe Ostrowskis zur - kapitalistischen - Gesellschaft ist grenzenlos. Bürgerliche Politiker müssten ihr auf Knien danken. Ist die Rolle der PDS in der 10. Volkskammer durch die Abgeordnete Ostrowski treffend charakterisiert? Der Streit kann beginnen.

Zur gleichen Zeit, in der Ostrowski ihre früheren Genossen denunziert, verlangt Matthias Platzeck: "Ich verlange Respekt vor den Ostdeutschen."(56) Und er schließt die früheren SED-Mitglieder nicht aus.

Wer Respekt vor den DDR - Bürgern verlangt, weiß um ihre Leistungen und würdigt sie.

Die Geschichte der DDR war ein rumvolles Kapitel in der deutschen Geschichte und wird von der progressiven Geschichtsschreibung künftig ähnlich gewürdigt werden wie die Pariser Kommune durch Karl Marx.

Prof. Dr. Horst Schneider


Anmerkungen

(1) Helmut Kohl: Vom Mauerfall zur Wiedervereinigung, München 2009; Lothar de Maiziere: Anwalt der Einheit, Berlin 1996; Hans-Dietrich Genscher: Erinnerungen, Berlin 1995; Markus Meckel: Selbstbewusst in die Einheit, Berlin 2001; Wolfgang Schäuble: Der Vertrag. Wie ich über die deutsche Einheit verhandelte, Stuttgart 1991; Peter-Michael Diestel: Aus dem Leben eines Taugenichts? Berlin 2010; Richard von Weizsäcker: Der Weg zur Einheit, Berlin 2009; Erich Honecker: Moabiter Notizen, Berlin 1994; Horst Teltschik, 329 Tage. Innenansichten der Einigung, Berlin 1991; Gregor Gysi: Einspruch! Aufsätze, Reden, Briefe, Gespräche, Berlin 1992; Philip Zelikow/Condoleezza Rice: Sternstunde der Diplomatie. Deutsche Einheit und das Ende der Spaltung Europas, Berlin 1997; Rafael Biermann: Zwischen Kreml und Kanzleramt. Wie Moskau mit der deutschen Einheit rang, Paderborn 1998

(2) Egon Bahr: Krieg der Systeme, Der Spiegel 6/1999 S. 124

(3) Helmut Kohl: Vom Mauerfall a.a.O. 180

(4) Brief in meinem Besitz

(5) Helmut Kohl: Vom Mauerfall... a.a.O. S. 184

(6) Ebenda S. 195

(7) Ebenda S. 251

(8) Vertrag über die Grundlagen der Beziehungen zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland. in: Für Entspannung und dauerhaften Frieden in Europa. Dokumente, Berlin 1976, S. 99 f.

(9) Das Parlament 11/2010 15. März 2010

(10) Peter Pragel: Kohl war der wahre Sieger, Das Parlament, 11/2010, 15. März 2010

(11) Das Parlament; ebenda

(12) Erich Buchholz: Rechtsgewinne S. 217

(13) Peter-Michael Diestel a a.O. S. 95

(14) Elke Kimmel: Neue Gesetze im Stundentakt, Das Parlament 11/2010, 15: März 2010

(15) Lothar de Maiziere: Anwalt ... a.a.O. S. 101

(16) Das Profil meiner Fraktion - Positionen und Bilanz, in: Richard Schröder/Hans Misselwitz (Hrsg): Mandat für deutsche Einheit, Opladen 2000 S. 178

(17) Zahlen aus Christopher Hausmann: Biographisches Handbuch der 10. Volkskammer der DDR (1990), Köln, Weimar, Wien 2000 S. XV f.

(18) Ich zitiere nach dem Archiv für christlich-soziale Politik

(19) Ebenda S. 1

(20) Ebenda S. 5

(21) Klaus Huhn: Einmarsch der Verbrecher, Berlin 2010

(22) Michael Richter: Die Bildung des Freistaates Sachsen. Friedliche Revolution. Föderalisierung. Deutsche Einheit 1989/90, Göttingen 2004; Michael Richter: Die Friedliche Revolution. Aufbruch zur Demokratie in Sachsen, Göttingen 2009

(23) Horst Schneider: "Landesvater" Biedenkopf. Über deine Ansichten, Absichten und Politik; Schkeuditz 1993

(24) Karl Nolle: Sonate für Blockflöten und Schalmeien. Zum Umgang mit der Kollaboration heutiger CDU-Funktionäre, Dresden 2009

(25) Lothar de Maiziere: Wie alles begonnen hat, in Schröder / Misselwitz: Mandat... a.a.O. S. 67

(26) Michael Meyen: Die ARD in der DDR. Aus Politik und Zeitgeschichte 20/2010 S. 28f.

(27) Edgar Most: Fünfzig Jahre im Auftrag des Kapitals, Berlin 2009

(28) Dietrich Herzog: Die 10. Volkskammer der DDR, in Schröder / Misselwitz: Mandat für Deutsche Einheit, a.a.O. S. 11

(29) Dietrich Herzog a.a.O. S. 11

(30) Matthias Platzeck: Ich verlange Respekt, Der Spiegel 35/2010 S. 39

(31) Christa Luft: Treuhandreport, Berlin / Weimar 1992

(32) Gräfin Dönhoff: Niemand kann ein ganzes Volk durchleuchten, Die Zeit 20. September 1993

(33) Protokoll der 10. Volkskammer. 36. Tagung 20. September 1990 S. 1754

(34) Protokoll... a.a.O 13. September S. 1567

(35) Sven Dorlach: Der Fall Gauck, Berlin 1996; Jelpke/Maurer/Schröder (Hrsg.): Die Eroberung der Akten. Das Stasi-Unterlagengesetz. Entstehung/Folgen/Analysen/Dokumente, Mainz 1992; Siegfried Suckut/Jürgen Weber (Hg): Stasi-Akten zwischen Politik und Zeitgeschichte. Eine Zwischenbilanz, München 2003

(36) Diestel: Aus dem Leben eines Taugenichts? Berlin 2010

(37) Ebenda S. 102

(38) Ebenda S. 23/24

(39) Klaus Huhn: Der Inquisitor kandidiert, Berlin 2010

(40) Der Koalitionsvertrag vom 12. April 1990 ist in meinem Besitz

(41) Yennifer A. Yoder: Die demokratische DDR in der internationalen Arena, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 11/2010 S. 27f.

(42) Markus Meckel: Selbstbewusst in die deutsche Einheit, Berlin 2001

(43) Ebenda S. 138/139

(44) Markus Meckel a.a.O. S. 147

(45) Geschichte der Außenpolitik der DDR. Abriss. Berlin 1968

(46) Lothar de Maiziere: Anwalt der Einheit, a.a.O. S 208/209

(47) In "Sternstunde der Diplomatie" wird er nur einmal erwähnt.

(48) Rede von Wolfgang Thierse in Deutscher Bundestag 18. März 2005 S. 1

(49) Protokoll der 10. Volkskammer S. 1382

(50) Karl Nolle: Sonate für Blockflöten und Schalmeien. Zum Umgang mit der Kollaboration heutiger CDU-Funktionäre im SED-Regime, Dresden 2009

(51) Petra Schuh / Bianca M. von der Weiden: Die deutsche Sozialdemokratie 1989/90. SDP und SPD im Vereinigungsprozess, München 1997

(52) PDS-Dokumente Juni 1990 - Januar 1991. Von den Anfängen. Eine illustrierte Chronik der PDS 1989 bis 1993 Berlin 1994; Gregor Gysi: Einspruch! Aufsätze, Reden, Briefe, Gespräche, Berlin 1992

(53) Gregor Gysi: Das Profil meiner Fraktion - Positionen und Bilanz, in: Mandat für deutsche Einheit a.a.O. S. 179

(54) Interview mit Christine Ostrowski in: Uwe Ullrich: Vom Rinnsal zum Strom, Dresden 2010 S. 205

(55) ebenda

(56) Der Spiegel 35/ 2010 S. 43

Raute

DIE KOMMUNISTISCHE INITIATIVE

Redaktion offen-siv: Vorbemerkung zu diesem Schwerpunkt

Vor knapp zwei Jahren wurde der Aufruf der Kommunistischen Initiative veröffentlicht.

Neben großem Interesse und einem unerwartet großen Maß an Zustimmung gab es sofort hektische und leider auch verleumderische Reaktionen von unterschiedlichen Kreisen der Linken und von dem, was in Deutschland nach der Konterrevolution von der kommunistischen Bewegung noch übrig geblieben ist. (Wir haben in offen-siv darüber berichtete).

In den zwei Jahren seitdem hat sich die Kommunistische Initiative entwickelt. Dies geschah nicht ohne Probleme und nicht ohne Widersprüche. Es entstand eine Mischung aus unglaublicher Energie und Schaffenskraft auf der einen Seite, Überforderung, Zaudern und Zurückweichen auf der anderen.

Nachdem die anfängliche Überforderung, ausgelöst durch die nicht erwartete, starke Resonanz des Aufrufs, halbwegs überwunden wurde, zeigen sich nun strategische und ideologische Probleme. Einige Kader sind in das Kungeln und Mauscheln zurückgefallen, anstatt die Klarheit des Aufrufs in die Tat umzusetzen. Und natürlich wurde der Druck von denjenigen, die die Kommunistische Initiative als Gefahr für sich ansehen und die sie deshalb mit allen Mitteln bekämpfen, mit jedem unserer Erfolge spürbar erhöht.

Nicht alle hielten dem Stand.

So haben in den letzten Monaten einige Kader (sechs an der Zahl haben den Aufruf "Es reicht" unterzeichnet - siehe unten) sich gegen den Grundkonsens der Kommunistischen Initiative und gegen ihre wichtigste Maxime "Klarheit vor Einheit" gestellt und so den Schulterschluss mit den bekannten Gegnern der Kommunistischen Initiative wie dem Chefredakteur des RotFuchs, dem Sekretariat der KPD, Teilen der so genannten DKP-Linken bzw. der DKP-Berlin und einigen informellen Gruppen gefunden.

Es ist uns unter der Hand zu Ohren gekommen, dass in diesen Kreisen u. a. darüber diskutiert wird, dass die offen-siv in ihrer bisherigen Form "weg muss". Keine Angst, die offen-siv ist eine Festung, die diese Leute von außen nicht einnehmen können - und für die Fragen einer inneren Aufweichung sind wir nun wirklich Experten. Aber das alles zeigt, wie weit dieser Schulterschluss bereits gediehen ist.

Natürlich bringt diese Entwicklung Unruhe und natürlich wirft sie Fragen auf.

Um etwas mehr Licht in die ganze Angelegenheit zu bringen, haben wir uns entschlossen, in dieses Heft einen Schwerpunkt "Kommunistische Initiative" aufzunehmen, worin wir unterschiedliche Artikel, Aufrufe und Reflexionen veröffentlichen.

Redaktion offen-siv, Hannover


*


Thesen und Reflektionen zur Schaffung einer dringend benötigten, fundamentalen, systemüberwindenden Opposition, unterbreitet von Irene Eckert

Nachstehende Thesen verstehen sich als Diskussionsangebot an alle Menschen guten Willens, denen der Stand der Dinge Sorge bereitet. Sie wurden unterbreitet von Irene Eckert.

Kommunisten aller Fraktionen, vereinigt euch!(57)

"Die eigentlichen Barrikaden sind die, auf denen die Waffen der Theorie platziert werden"(58)


Ausgangssituation

Der Theorie nach verkörpern die Kommunisten die revolutionäre Avantgarde. Lenin lieferte auf Grundlage seines Studiums des Marxismus, seiner umfassenden Kenntnisse und seiner Lebenserfahrung das nötige theoretische Rüstzeug, die kämpferische Theorie für eine erfolgreiche revolutionäre Praxis. Solche richtungsweisende und kundige Handlungsanleitung für die heutige Praxis ist nicht mehr unmittelbar verfügbar.(59) Viel Wirres, ja im Sinne der Entrechteten Falsches, auch manchmal Unverständliches im Umgang mit einander ist heute sogar von Persönlichkeiten und Organen zu erleben, die sich als sozialistisch oder kommunistisch begreifen.(60) Die Begriffe haben sich verschlissen, wurden von den Oberen verdreht, die ganze Bewegung wurde bis zur Unkenntlichkeit denunziert und verleumdet. Der Opportunismus verspricht trügerischen Vorteil.

Währenddessen schreien die Verhältnisse zu Hause und weltweit dringender nach revolutionärer Veränderung denn je, denn der Kapitalismus hat ja definitiv auf allen Ebenen ausgedient. Allerdings wird er - auch das ist längst erforscht und bekannt - nicht freiwillig von der Bühne abtreten. Er verfügt über Heerscharen billiger Köpfe, die sich raffnierteste und plumpeste Strategien ausdenken, um abzulenken von seinem verbrecherischen Wirken. Es führt also am Ende kein Weg an einem neuerlichen Impuls vorbei, wenn wir uns den bedrohlichen Verheerungsprozessen nicht widerstandslos ausliefern wollen.

Ein solcher Impuls kann und darf aber, will er vorantreibend sein, sich nicht in Gegensatz zu bestehenden systemkritischen Kräften und Kräftezusammenschlüssen begeben. Vor dem Hintergrund der Würdigung des bisher auch im Kleinen geleisteten sind nachfolgende Thesen zu lesen.


These 1: Unser Land(61) braucht wieder eine kraftvolle, revolutionäre Massenpartei, die den notwendigen Widerstand gegen die antidemokratische, asoziale und kriegerische Politik unseres Landes anzuleiten und wirksam zu organisieren vermag.

Seit dem 1953 zunächst schleichend einsetzenden, weltweiten Niedergang des Sozialismus, der 1989 seinen vorläufigen Höhepunkt fand, ist die Mehrheit der auf Lohnarbeit angewiesenen Menschen unseres Landes in einem orientierungslosen Zustand. Im wiedervereinigten Deutschland erstarkten ungehindert die bekannten aggressiven Kräfte. Sie agieren im Rahmen der EU europa-, und zusammen mit der NATO weltweit und entfalten mit Hilfe ihrer jeweiligen Verbündeten einen gefährlichen Turbo-Antikommunismus, der sie und ihre fragwürdigen Freunde von ihrer faschistischen Schuld reinwaschen soll, um ihnen damit neue Handlungsspielräume zu eröffnen. Die aggressive Delegitimierungskampagne gegenüber jeglicher Hinterlassenschaft der DDR dient offenkundig ebenfalls diesem Zweck. Mit der Islamphobie wurde - insbesondere nach dem Ende des "Weltkommunismus" - ein weiteres gefährliches Feindbild entwickelt, das ablenkt von den wirklichen Verursachern des Terrors.

Der Kurs für einen Neuanlauf zur Erringung des schon zweimal verfehlten Zieles war allerdings bereits 1956 festgezurrt, als der NATO-Beitritt Bundes-Deutschlands besiegelt und die Kommunistische Partei verboten ward. Mit der Verfemung bzw. Verflachung der marxistischen Theorie wurde den potentiellen Gegenkräften am Ende noch das letzte ihnen verbliebene Instrument aus der Hand geschlagen.

Sehen wir die Dinge realistisch: Derzeit gibt es im Lande keine Kraft, die der täglichen Verschlechterung unserer Lebensbedingungen, der Aussichtslosigkeit für die junge Generation, dem Kriegstrend wirksam Einhalt zu bieten vermag. Der bürgerliche Pazifismus hat abgedankt. Die Gewerkschaften sind zahnlos und mit den Mächtigen verbandelt. Parteien und Grüppchen auf der Linken sind entweder Sekten, haben sektenähnlichen(62) Charakter oder sie sind wie die "Partei die Linke" (PDL) in den Führungsreihen teils stark sozialdemokratisch ausgerichtet, teils trotzkistisch unterwandert oder gar prozionistisch-kriegerisch ausgerichtet ("Bak Shalom", "Forum Demokratischer Sozialisten"(63)). Aber auch kapitalismuskritische, klarsichtige, konsequent auftretende Stimmen gibt es in der "Partei die Linke". Besonders viele systemkritische Geister sind in der DKP organisiert(64). Menschen, die mit der Tradition des Wissenschaftlichen Sozialismus verbunden sind, befinden sich allerdings auch dort - wie überall in der Gesellschaft - in der Minderheit. Die Mehrheitsabteilungen schielen nach der "Bündnisfähigkeit" und damit nach Teilhabe an den Pfründen der Macht. Letztere Haltung ist - wie die Geschichte bewiesen hat - sehr gefährlich und öffnet am Ende dem Faschismus Tür und Tor.(65)

Verschiedene Ansätze, die vorgefundene Situation von innerhalb oder außerhalb der Parteienlandschaft im gebotenen Sinne zu verändern oder voranzutreiben, waren bisher kaum erfolgreich. Die außerparlamentarische Bürger-Bewegung attac(66), zunächst national und international sehr erfolgversprechend und rasch anwachsend, stieß bald - vor allem zwecks massiver Unterwanderung auf ihre Grenzen. Der ganz andersartige Versuch, durch eine "Kommunistischen Initiative"(KI) notwendige Klärungs- und Einigungsprozesse voranzutreiben, stieß verständlicher Weise teils auf massive Abwehr bei vorhandenen Formationen(67), teils ist er - mangels überzeugender Leitungspersönlichkeiten - Selbstzerfeischungsprozessen ausgesetzt. Andererseits verfügt die Initiative auch nicht über eine wegweisende, orientierende Programmatik oder theoretisch durchdachte und damit zündende Losungen, sondern begnügt sich mit einem medialen Potpourri und schmückt sich - ähnlich wie vorhandene linke Sekten - mit Emblemen der guten alten Tradition.

So wie es ist, kann, muss, darf und wird es aber nicht bleiben.


These 2: Für eine Veränderung im Sinne von Massenwirksamkeit muss der theoretische Begriff her und zwar zuallererst. Die nötige charakterliche Stärke der Mitwirkenden ist eine zweite conditio sine qua non.

Die Ursache für die gegenwärtige Schwäche, für das scheinbare Unvermögen unserer Menschen, ihre Interessen adäquat zu vertreten, muss richtig geortet werden, denn:

"Wer seine Lage erkannt hat, wie sollte der aufzuhalten sein".

Dieses Brecht-Wort hat nach wie vor Gültigkeit. Am Anfang steht also der Erkenntnisprozess und der muss, laut Lenin, erarbeitet und in die Arbeiterklasse(68) hineingetragen werden und zwar von jenen, die das nötige Handwerkszeug dazu besitzen. Ohne die theoretische Klarheit in der Sache wird es die erforderliche kämpferische Einheit nicht geben. Der Sozialismus ist eine Wissenschaft und muss als solche begriffen und angegangen werden, soll er seine Anhänger zum Erfolg führen. Die Aufgabe einer Avantgarde besteht demnach in erster Linie darin, auf wissenschaftlicher Grundlage beruhende Handlungsanleitungen zu liefern. Dazu gehört die Bereitschaft voranzugehen, mutig die Dinge bei ihrem wahren Namen zu nennen, Propagandalügen entschleiern zu helfen und sie damit durchschaubar zu machen. Kurz, es müssen Menschen gefunden werden, die orientierend zu wirken verstehen und zwar auf allen Ebenen. Solche bewussten und selbstlosen Mitarbeiter und Helfer, ob bis dato organisiert oder unorganisiert, die in die täglichen Kämpfe die Perspektive hineintragen, dürfen sich wohl im Marx- und Leninschen Sinne als Kommunisten(69) begreifen. Solche sind aber willens, auf der Basis eines mitentwickelten und daher auch mitgetragenen Plattform Verpfichtungen einzugehen. Entschiedene Wachsamkeit und Vorsicht sind dabei auf Grund historischer und gegenwärtiger Erfahrungen angesagt. Progressive Bewegungen und Organe stehen alle unter Beobachtung, das muss immer mitbedacht werden.


These 3: Gut Ding will Weile haben und aller guten Dinge sind drei: Revolutionäre Geduld, Verantwortungsbewusstsein und Freundlichkeit im Umgang miteinander.

Trotz der Dringlichkeit des Anliegens sind überstürzte Hetze genauso unangebracht wie begriffslose Handwerkelei. Ein Gemischtwarenladen linker Beliebigkeit wird die Sache nicht vorantreiben. Verantwortlichkeiten sind durchsichtig zu machen und eine demokratische Legitimation für die Aufgabenübertragung ist durchgängig erforderlich. Alleingänge ohne Rückkoppelung schaden jedem Anliegen. Die Notwendigkeit und der Wille dazu, mit in der Tat allen, "die guten Willens sind", zu kooperieren und zwar ungeachtet ihrer eventuellen Partei- oder sonstigen Zugehörigkeiten, muss deutlich werden. Vertrauenswürdigkeit und Transparenz im Umgang miteinander sind also von zentraler Bedeutung. Ein neuer Impuls in diesem Sinne versteht sich demnach - wie eingangs gesagt - nicht in Konkurrenz zu anderen fortschrittlichen Kräften und Gruppierungen, ganz im Gegenteil, er wird diese stärken. Das Anliegen ist schließlich das der überwältigenden Mehrheit der Gesellschaft und zielt gegen das Finanz- und Rüstungskapital und gegen deren ausgewiesene Handlanger. Rechenschaftslegung für und miteinander in klar definierten Zeitabschnitten ist auch im Embryostadium einer Einigungsbewegung erforderlich.


These 4: Die Barbarei hat schon weit um sich gegriffen. Jetzt gilt es, die in ihrer Todesagonie Taumelnden, daran zu hindern, die ganze Menschheit und alles Lebendige mitzureißen. Es gilt vor allem, die Erkenntnis darüber zu verbreiten, dass es möglich ist, die Todespirale aufzuhalten. Unabdingbar dafür ist allerdings gut organisierter Massenwiderstand mit der systemüberwindenden Perspektive Sozialismus.

Theoretiker und Wissenschaftler, gut belesene und gut informierte Menschen müssen den Nachweis erbringen, dass weder ein "Irrer aus Bagdad" noch ein "Irrer aus Teheran" die Menschheit in den Abgrund reißen wird, vielmehr geht die Gefahr von unserer Mitte und unseren fragwürdigen Verbündeten aus. Die Wahrheit muss verbreitet werden darüber, dass das Vernichtungspotential im Kapitalismus systemisch ist. Das System ist der Irrsinn. Es muss daher überwunden werden.

Dazu ist Folgendes unabdingbar:


These 5: Wir dürfen uns nicht länger ablenken und blenden lassen durch Feindbilder; im Kleinen nicht und nicht im Großen.

Es sind nicht islamische, sondern eher katholisch drapierte oder protestantisch auftrumpfende Fundamentalisten, die den Gefahrenherd ausmachen. Andererseits stellt keine der Religionsgemeinschaften dieser Erde das Problem dar, genauso wenig wie irgendeine Ethnie oder eine Nation. Der Glaube, sprich fester Wille, kann schon mal Berge versetzen. Auch das spirituelle Bewusstsein kosmischer Rückbindung ("Religio"), aus der ein entsprechendes Verantwortungsbewusstsein, ja eine Ethik erwächst, ist positiv zu verbuchen, solange sie sich nicht ins Jenseits der Spekulationen verliert. Das Problem ist vielmehr die Indienstnahme einer eventuellen Gottes- oder Dalei Lama-Hörigkeit für politische Zwecke. Jede andere Hörigkeit ist genauso gefährlich, weil sie das eigenständige Denken trübt. Genauso wenig wie Muslime den Bombenterror und die Folter erfunden haben, genauso wenig belasten etwa die Griechen unsere Taschen. Die Bomben, die auf Zivilsten fallen, kommen auch aus unseren Rüstungschmieden. Die Exporterlaubnis für die mörderischen Waren in Krisengebiete hinein erteilt - grundgesetzwidrig - unsere Regierung, mit oder ohne parlamentarische Billigung. Einsatzbereitschaft und Kampfbefähigung trainieren unsere Bomberpiloten bei Freunden und bei Mitgliedern des Kriegerbundes NATO.

Nicht allein der große Bruder jenseits des Atlantik ist also der Bösewicht; unser Finanz- und Rüstungskapital profitiert von den Auslandseinsätzen in gleicher Weise. Auch mit Krediten kann man ein Volk erwürgen. Der IWF bietet dafür mannigfache Beispiele. In Griechenland etwa wird "deutsche Wertarbeit" zu für unser Rüstungskapital günstigen Preisen erworben und zwar mit Hilfe des IWF- und Euroschirms. Darunter sind atomar bestückbare, auch schon mal defekte deutsche U-Boote(70). Rüstungsexporte und die deutsche Niedriglohnquote stärken die Profite deutscher Konzerne auf Kosten der Staatskasse unseres Landes. Sie sollen absurder Weise den türkischen "Feind" in unserem NATO-"Schutzbund" schwächen helfen. Dies ist ein weiteres Beispiel für den Irrsinn des Systems, aber auch für seine Anfälligkeit seiner ihm immanenten Widersprüche wegen.


These 6: Mit Opportunismus und Anpassungsbereitschaft ist definitiv nichts auszurichten gegen die genannten Gefahren. Aber nicht jeder ist schon ein Opportunist, der in vorhandenen Institutionen arbeitet. Ehrliches, konsequentes und in der Tendenz systemsprengendes Engagement gibt es überall. Diesem gilt es an Ort und Stelle den Rücken zu stärken. Letzteres muss immer wieder hervorgehoben werden.

Beispiele: Trotz weitgehender Anpassungsbereitschaft an so genannte Sachzwänge oder an die deutsche Staatsraison(71) wurde etwa jüngst die gesamte Bundestagsfraktion der "Linken" von der Debatte über die Ausweitung des "Afghanistaneinsatzes" ausgeschlossen, weil die meisten ihrer Abgeordneten es gewagt hatten, Namensschilder der Opfer des Massakers von Kundus im Hohen Hause hochzuhalten. Der Vorgang findet seine Parallele nur im Ausschluss der KPD-Fraktion aus dem Reichstag im Frühjahr 1933, also zu Beginn der NS-Diktatur. Mutige Auftritte einzelner PDL-Politiker, partielle Applausverweigerung für Shimon Peres am 27. Januar 2010 anlässlich des Gedenkens an die Befreiung von Auschwitz im Deutschen Bundestag, Teilnahme an der Freiheit-für-Gaza-Flotte (Höger, Groth, Paech), öffentliche Streitgespräche um ein künftiges PDL-Parteiprogramm (Sahra Wagenknecht versus Lederer) im Münzenbergsaal am 14. Juni 2010 zur Wirtschaftspolitik und der Vortrag Martin Hantkes auf Einladung des Marxistischen Forums (im Karl-Liebknecht-Haus am 18. Juni 2010 zu außen- und sicherheitspolitischen Aspekten des - vor allem von Rechts angefeindeten - Programmentwurfs) sind wichtige Beiträge zur Aufklärung und Mobilisierung einer Gegenöffentlichkeit, aber sie können allein den Kurs der PDL nicht umsteuern. Dazu bedarf es massenhaften Drucks von unten und von außen. Einzelkämpfertum kann letztlich keine echte Alternative zu organisiertem Verhalten sein.

Kommunisten kämpfen vereint und an allen "Fronten"(72). Gruppierung um ein je fortschrittliches Publikationsorgan ist wichtig. Mitwirkung in bestehenden Parteien und Foren ist wichtig, aber ebenso wenig ausreichend wie die dennoch notwendige, zähe Arbeit in den einschlägigen Vereinigungen. Seit Lenin ist die Erkenntnis im Prinzip vorhanden: Kommunisten müssen darüber hinaus ihre Reihen schließen und sich selber immer aufs Neue zu klaren Einsichten über alle anstehenden zentralen Fragen hinaufarbeiten, wollen sie orientierend wirken. Das kann und darf aber nicht in Gegnerschaft zu potentiellen Verbündeten geschehen. Wie es denn unter heutigen Bedingungen geschehen kann, muss neu erarbeitet werden.

Allerdings: Nur gemeinsam, gut organisiert, getragen durch eine große Massenbewegung, kann es gelingen, den Imperialismus, also den Kapitalismus im Stadium seines Siechtums daran zu hindern, das Leben überhaupt zu vernichten. Wie wir wissen, ist er tatkräftig auf dem besten Wege dahin. Seine wahnwitzigen, sämtliche Ressourcen verschlingenden Rüstungsvorhaben und seine immer zerstörerischeren Kriege sind im Begriff, uns alle zu ruinieren. Dieser Aspekt der kriegerischen Realität ist bei allen Erwägungen in den Mittelpunkt zu rücken. Nicht von ungefähr wird er sprachlich zu verschleiern versucht oder komplett ausgeblendet oder eben überblendet. Erlebt wird das ganz verschieden: auf eher positive Weise, bei einem Event wie den Fußballweltmeisterschaften und der damit erzeugten Massenhysterie oder extrem negativ bei individuellen Terrorattacken oder Kindesmissbrauchsfällen und dergleichen. Die Zustimmung zu "Auslandseinsätzen", zu Kampfeinsätzen mit oder ohne UN-Mandat ist nicht von ungefähr die "Rote Linie", das Kriterium, an dem die Regierungsfähigkeit der PDL letztlich gemessen wird. Vor allem an dieser Frage entfacht sich daher der interne Kampf um den Programmentwurf der PDL.


These 7: Eine neuerliche kollektive geistige und organisatorische Anstrengung ist in unser aller Lebensinteresse dringend erforderlich. Denn die Alternative lautet nicht mehr Sozialismus oder Barbarei, sondern eine Zukunft oder keine Zukunft.

Die Menschheit ist in diese missliche Lage geraten, weil der Sozialismus aus Sicht seiner Gegner "erfolgreich" zurückgedrängt werden konnte. Auf Grund der Zerschlagung des einmal real Dagewesenen befndet sich die Zweidrittelmehrheit in weiten Teilen der Erde, aber auch annähernd schon bei uns zu Hause, im Zustand der fortschreitenden Verelendung(73). Das ist so, weil unser Land zunehmend beteiligt ist an der Aufrechterhaltung und Ausweitung kriegerischer "Konfikte", an Besatzungsregimen sowie an der UN-mandatierten Stützung von rassistischen, menschenfeindlichen Dikaturen wie etwa im Kongo. Da ist nicht die Spur von Humanismus erkennbar bei unseren "humanitären Interventionen", vielmehr sind unsere Soldaten gerade heraus beteiligt an der Schaffung oder doch Aufrechterhaltung barbarischer Zustände. Der ehemalige Bundespräsident Köhler, vormals Chef des IWF, nannte die kapitale Notwendigkeit bei ihrem grundgesetzwidrigen Namen: Sicherung von Handelswegen, Absatzmärkten und Ressourcen oder anders formuliert, die Durchsetzung geostrategischer Vorteile im Interesse großer Kapitalgesellschaften. Herr Köhler sprach damit eine Wahrheit aus, die so in den 'Verteidigungspolitischen Richtlinien' nachzulesen ist, die aber selbstredend nicht allen Bürgern zugedacht ist. Unsere Steueraufkommen sind im Voraus verpfändet, nicht nur im Interesse spekulativer Bankgeschäfte, sondern vor allen Dingen zur Entwicklung modernster Kriegswaffentechnologie. Währenddessen verfällt die heimatliche Infrastruktur, das Bildungswesen siecht dahin, bzw. wird kapitalfreudig verschlankt. Die bereits weitgehend erfolgte Privatisierung der Daseinsfürsorge sorgt für eine rapide Verschlechterung der Lebensqualität auch im reichen Deutschland. Rationalisierung auf privatkapitalistischer Grundlage und Kapitalexport vermehren das Heer der Arbeitslosen. Der Druck des Arbeitslosenheeres hilft das Lohnniveau weiter drücken, von einem Tiefpunkt zum nächsten. Mit Hilfe des Lissabonvertrags und weiterer flankierender Maßnahmen wird das Grundgesetz, werden unsere verfasssungsrechtlich verbrieften Rechte zur Karikatur, Demokratie wird abgetragen, während die Rüstungsberge sich ins schier Unermessliche auftürmen.


These 8: Die Abhilfe lautet: Durch revolutionäre Theorie zur revolutionären Praxis! Dazu gehört auch die Vorarbeit anderer positiv und kritisch zu würdigen; gleiches gilt selbstredend für die eigene Praxis.

Das sagt sich beides allerdings leichter als es getan ist. Viele Schritte wurden bereits unternommen. So wurden wesentliche Ursachen, für die zwar als vorübergehend anzunehmende, gleichwohl als verheerend einzustufende Niederlage des Sozialismus erforscht. Der Historiker Kurt Gossweiler hat sowohl mit seiner Faschismusanalyse als auch mit seinen Arbeiten zum Revisionismus einen nicht zu unterschätzenden Beitrag geleistet, der auch international positiv verarbeitet wurde. So setzt sich etwa die in der Massenarbeit sehr erfolgreiche und bis in Teile der Linken hinein inzwischen respektierte KKE (sprich "kukuwe" oder "kapa kapa epsilon", die kommunistische Partei Griechenlands also) mit seinen bahnbrechenden Arbeiten auseinander. Die KKE leistet darüber hinaus durch ihr Wissenschaftsteam, durch ihre Medien und vor allem auch anhand ihrer englischsprachigen Homepage einen ganz außerordentlichen Beitrag zum Wiederaufbau alterprobter, international inspirierender Zusammenarbeit. Von ihr geht jede Menge Ermutigung aus. Die bei den Hellenen übrigens bekannte Zeitschrift "offen-siv" hat wiederum einen wichtigen Beitrag zur Popularisierung des Gossweilerschen Erklärungsansatzes geleistet. Auch andere Zeitschriften, wie etwa "Streitbarer Materialismus" (Hrsg. Eggerdinger), "Weißenseer Blätter" (Hanfried Müller), "Rotfuchs" (Klaus Steiniger), "Icarus" (Zeitschrift der GBM), "Theorie und Praxis" (Hans Heinz Holz u.a.), auch das Periodikum "Ossietzky" (E. Spoo) und nicht zu vergessen die unschätzbare Tageszeitung die "junge Welt" (vor allem durch ihre Themenseite, aber auch im Wochenendbeiblatt "Arbeit und Faulheit") haben punktuell sehr Wesentliches zur Aufhellung und zur Theorienbildung beigetragen, auch zur Popularisierung der Klassiker. Mit Hilfe von Tagungen und mit Hilfe der Preisverleihungspolitik von GBM (Wolfgang Richter) und BüSGM (Gert Julius) etwa und der teilweise Fraktionsübergreifenden Zusammenarbeit zu Gedenktagen wurde Bewusstsein wach gehalten und neues geschaffen. Allerdings ist auch zu vermerken, dass überall - mal mehr, mal weniger - auch gegenteilige Strömungen zu konstatieren sind, die lähmend auf die Bewegung wirken.

Der Trümmerhaufen, der den Zugang zu den Schätzen der Alten begraben hält, scheint in den Köpfen noch lange nicht beseitigt.

Der Königsweg in eine bessere Zukunft aber führt nun einmal über Wissen und über die Wiederaneignung der theoretisch verarbeiteten Kampferfahrungen unserer Vorfahren und natürlich über die aktualisierte Analyse der Funktionsmechanismen des uns beherrschenden und alle Lebenswerte zerstörenden Gesellschaftssystems, so wie es sich uns heute präsentiert. Wenn wir also das Leben auf dem Planeten retten und lebenswert gestalten wollen und wenn wir deswegen die gesellschaftlichen Eigentumsverhältnisse umstülpen wollen, dann müssen wir vorher begreifen, was gespielt wird. Der richtige Begriff muss unser Handeln anleiten. Ein Arzt, der falsch diagnostiziert, verordnet die falschen Heilmittel, ist ein Pfuscher, gefährdet Menschenleben. Er schadet damit aber nur einigen Menschen, was schlimm genug ist. Die vielen halbherzigen bis völlig falschen Positionierungen von "linken" politischen Kräften in zentralen gesellschaftlichen Fragen sind aber auch Ausdruck solch falscher Diagnose und sie schaden Millionen.

Um zur richtigen Diagnose zu gelangen, ist Folgendes erforderlich:


These 9: Wir müssen wieder über den eigenen Tellerrand schauen und uns auf der richtigen Grundlage besser international vernetzen. Die Aktualität der Losung "Hoch die internationale Solidarität!" muss neu belebt werden.

Zwar ist uns Menschen das Hemde gewöhnlich näher als der Rock und wer etwa keine Arbeit hat, ist vollkommen absorbiert von diesem Problem. Ähnlich ergeht es der Familienmutter, die mehrere Kinder von Hartz IV ernähren soll. Auch Jugendliche, Schüler, Studenten, Auszubildende, die dem Bologna-Prozess ausgeliefert lernen, haben vielleicht wenig Muße zum Durchdenken der sie umgebenden bzw. der sie erwartenden Misere. Das ist u.a. so, weil sie sich mittels schlecht bezahlter Arbeit oder mit Hilfe von rückzahlpflichtigen Krediten ernähren müssen, während sie sich durch die immer kapitalfreundlicheren Studienordnungen quälen. Ohne Mut machende Perspektive, ohne Kenntnis der internationalen Gegenbewegungen steht man überall auf vermeintlich (!) verlorenem Posten. Aber, wer über eine revolutionäre Theorie verfügt, wer weiß, dass für die eigenen Interessen kämpfen Sinn macht, ja sogar Spaß bringen kann und im Verein zum Erfolg führen wird, der engagiert sich auch. Das beweist mit aller Deutlichkeit die Kraft des Widerstands im heutigen Griechenland. Dort, am Rande Europas, fnden sich massenweise kluge, sehr aktive junge Leute, auffallend viele junge Frauen, sprachbegabte AkademikerInnen, die sich an den Kämpfen der Arbeiterklasse beteiligen, die wach und diskussionsfreudig und einsatzbereit sind.

Ein neuerlicher Beweis dafür, dass die Griechen es dieser Tage richtig machen, wenn sie sich den auferlegten Sparzwängen widersetzen. Sie bedürfen - im eigenen, wohlverstandenen Interesse - unser aller Solidarität. Echte Patrioten wissen: Internationale, klassenkämpferische Solidarität schützt davor, aus falsch verstandener Vaterlandsliebe den Gürtel immer enger zu schnallen, wovon bekanntermaßen nur die Kapitaleigner profitieren. Hilfreich ist hier einmal das Gegenteil, nämlich Unbescheidenheit.

Seien wir Realisten, verlangen wir mit Che das Unmögliche. Um gewerkschaftliche Kämpfe gewinnen zu können, müssen die Menschen die Macht der Solidarität spürbar erfahren. Solidarität entsteht, wie gemeinsames Abwehrverhalten, obwohl das eigentlich selbstverständlich erscheinen müsste, nicht im Selbstlauf. Es bedarf des Vorhandenseins einer willensstarken und zielklaren Organisation mit ethisch aufrichtigem und theoretisch geschultem Personal an der Spitze und im Rücken, das weiß, warum es sich nicht kaufen lässt.

Besonders anschaulich wird der sträfliche Mangel an klassentheoretischer Analyse, wenn es um Krieg und Frieden oder um euphemistisch "Konfliktherde" genannte Gefahrenzonen in der Welt geht.


These 10: Solidarität mit den gegen Krieg und Besatzung kämpfenden Völkern ist mehr denn je erforderlich. Dazu müssen die Vorgänge in der Welt begriffen werden.

Die offene Wunde, die der israelo-palästinensische "Konfikt" verkörpert, ist ein Kriegsherd, der mindestens seit 1948 schwelt und der heute die Tendenz zum atomaren Weltbrand in sich trägt. Weil er unbegriffen und ideologisch überfrachtet ist, kann es zu keiner ausreichenden Solidarität mit den Opfern kommen, zu keiner konstruktiven und greifenden Gegenstrategie. Stattdessen machen sich, vor allem in unserem Lande, rechte Kräfte, links gewickelt auftretend, diese unheilvolle Situation zu nutze. Unhinterfragte "Solidarität mit Israel" wird demgemäß parteiübergreifend zur "deutschen Staatsraison", während ein anderes Volk - seit 60 Jahren seiner elementaren Rechte beraubt, inzwischen eingesperrt dahinvegetiert und darüber hinaus regelmäßig mit Bombenhagel terrorisiert wird. An all dem - durch Krieg und Völkerrechtsbruch verursachten - Elend ist laut deutscher Kanzlerin und ihren treuen Gefolgsleuten, die "radikal-islamische Hamas" oder "Hizbollah" schuld oder der "Antisemit und Holocaustleugner" Ahmadinedjad. Die bedrohten Opfer sind schuld, so etwa die Palästinenser, weil sie in Wahlen dokumentieren, dass ihr Demokratieverständnis nicht das unsere ist. Schuld ist auch das iranische Volk, das mehrheitlich den falschen Regierungschef wählt. Schuld sind die Anhänger des Islam weltweit, allesamt Terroristen, weil sie angeblich (!) zur Frauen-Unterdrückung(74) und zu allen sonstigen Bösartigkeiten neigen(75). Das Äquivalent zu Hause sind die zu "spätrömischer Dekadenz" neigenden Arbeitslosen und Hartz IV-Empfänger. Darüber wird vergessen gemacht, was Ausbeutung, Raub und kriegerischer Imperialismus in der Welt anrichtet.

Alle Brandherde in dieser Welt - von Afrika bis weit nach Asien hinein - sind aber dem kolonialen Erbe und dem Neokolonialismus imperialistischer Mächte geschuldet. Der Gier nach Öl und anderen Schätzen verdanken das neo-feudale Saudi-Arabien, aber auch der neokoloniale Siedlerstaat Israel, ein Vorposten des westlichen Demokratieverständnisses in Vorderasien, ihre Existenz.

Die absichtsvolle Verkleisterung politischer Vorgänge durch religiöse Deutungsversuche oder durch von außen aufgeheizte und aufgepfropfte ethnische Erklärungsmuster muss durchschaubar gemacht werden. Dringend gebotene internationale Solidarität bedarf natürlich als Voraussetzung des Wissens um die wirklichen Zusammenhänge. Sie bedarf der weltanschaulichen Klarheit und des Durchblicks durch das Gestrüpp der Unwahrheiten. Solcher Durchblick führt dann zwingend zur uneingeschränkten Solidarität mit dem durch Boykott und mittels Atomkriegsdrohung angefeindeten islamischen Land Iran und wird sich ganz und gar nicht gemein machen mit der inneren Opposition, die von außen finanziert und gesteuert wird. Die gebotene Losung wird sein: Hände weg vom Iran! Schluss mit Boykott und Sanktionen!


These 11: Die Einkreisung und Destabilisierung Chinas, Myanmars, Nordkoreas, der Kaukasusrepubliken, Indiens und Sri Lankas muss aufgedeckt und zum Halten gebracht werden. Ähnliches gilt für den afrikanischen Kontinent oder Vorderasien (Somalia, Sudan Jemen). Der Gefährdung der fortschrittlichen Entwicklungen in Lateinamerika gilt es wachsam zu begegnen.

An dieser Stelle kann es nicht um eine geostrategische Gesamtanalyse gehen. Aufmerksam zu machen gilt es aber auf Gefahrenherde, die von außen angezettelt werden. Wo kleine und große, missliebige Reiche Destabilisierungsversuchen ausgesetzt sind, müssen diese als solche erkannt und benannt werden. Länder, die einen vom Westen abgekoppelten, eigenwilligen Weg gehen, sind zu studieren und vor allem nicht zu diskriminieren. Das Wissen darum, wie separatistische, von außen finanzierte Kräfte den Balkan destabilisiert und damit für den Krieg reif gemacht haben, muss übertragen werden auf den asiatischen und afrikanischen Raum. Separatisten müssen überall mit kritischem Blick beobachtet werden. Mit ihrem Anliegen sollten fortschrittliche Kräfte sich nicht voreilig solidarisieren. Das gilt für Kurden wie für Basken, vor allem gilt es aber für die muslimischen Uiguren in der chinesischen Provinz Sinkjang, wie es auch gilt für die Anhänger des Dalei Lama in und außerhalb der autonomen Provinz Tibet in China. Es gilt selbstredend auch für die Tamilen in Sri Lanka und für ähnlich gestrickte Unruhestifter im Norden Indiens. Es gilt natürlich genauso für die Separatistenbewegungen auf dem afrikanischen Kontinent, die drohen den Sudan zu zerreißen oder auf der arabischen Halbinsel die Republik Jemen mit in den Strudel von "Failed States" (zerfallende Staaten) zu ziehen. Kommunisten denken global und in geostrategischen Zusammenhängen und nutzen von jeher die vorliegenden bürgerlichen Texte(76), die sie vom Kopf auf die Füße zu stellen verstehen. Die unkritische Berichtererstattung über das Treiben der Maoisten in Nepal und ihrer Freunde der Naxaliten in Indien, wie sie etwa ein Hjilmar König von Neu Dehli aus in der "jungen Welt" seit langem betreibt, ist nicht nur kritisch zu hinterfragen, sie ist bei Lichte besehen unhaltbar. Die dortigen "Maoisten" sind weder Freunde Chinas noch die der Dalit oder Adivasi in Indien, für die sie sich gerne ausgeben(77).

Der lang anhaltende "Konfikt" in Kaschmir zwischen muslimischen Pakistanis und Hindus oder Sikhs aus Indien, ein schwerwiegendes Erbstück des britischen Kolonialismus in der Region, gehört in dieselbe Kiste.

Ebenso dynamithaltig ist aber auch der vorerst friedlich beigelegte "Konflikt" im Norden Sri Lankas, also an der Südflanke des indischen Subkontinents. Im Unterschied zum Kaschmirkonflikt vollzog er sich eher unbeachtet von der Weltöffentlichkeit. Er begann 1976 schleichend und wurde schließlich so richtig 1983 angeheizt und bis 2009 am Kochen gehalten. Dies geschah durch massive und hochmoderne Waffenlieferungen an die Tamilen-Tiger (LTT). Sie hatten die Aufgabe, nicht nur die kleine buddhistische, unter Bandaraneike einst fortschrittlich geführte Inselrepublik, das ehemalige Ceylon, auseinander zu brechen. Vielmehr war es ihnen auferlegt, vom Süden her Indien zu destabilisieren. Die Tamil-Terroristen haben den indischen Staatschef Rajiv Ghandi auf dem Gewissen und viele hochrangige Politiker ihres eigenen Landes, ganz zu schweigen von den ungezählten unschuldigen, unbeteiligten Opfern. Mittels ihrer Terrormethoden destabilisierten sie in der Tat die Südflanke des indischen Subkontinents, operierten sie doch teilweise vom indischen Bundesstaat Tamil Nadu aus. Die Lage der Inselrepublik ist geo-strategisch von hochrangiger Bedeutung, zu sehen auch im Zusammenhang mit dem relativ weit entfernten US-Militärstützpunkt Diego Garcia im Indischen Ozean.

Nicht vergessen sei auch die immer mal wieder aufflammende Hetze gegen Myanmar, das ehemalige Burma, ein friedliches, sozial ausgerichteten Land an Chinas Grenze. Auch hier sorgen ethnische Minderheiten immer wieder für Unfrieden. Auch der jüngste Aufstand der "Rothemden" in Thailand gehört in diese Kategorie. Die "Unruhen" in Thailand bilden das Pendant zur Ausgrenzung und fortgesetzten Diskreditierung Nordkoreas, als einen weithin als solchen akzeptierten Schurkenstaates.

Notwendig ist mit anderen Worten eine geopolitische Gesamtanalyse auf Klassenbasis. Diese wird helfen, den Terrorismus überall als das zu erkennen, was er seinem Ursprung nach ist und wird seine Verursacher bei ihren wahren Namen zu nennen wissen. Eine solche Analyse fällt nicht auf die fadenscheinige Al Qaida-Jagd herein, die seit dem 11. September 2001 auch linke Kräfte in Bann hält. Für das wissenschaftliche Studium der Vorgänge in der Welt bedarf es einer revolutionären Massenpartei, die über Ressourcen verfügt, wie das etwa in Griechenland der Fall ist. Auf die Universitäten ist im Zeichen von Bologna kein Verlass mehr.

Wissenschaftlich fundiert muss aber Folgendes gefordert werden.


These 12: Schach dem imperialistischen Terror in all seinen Erscheinungsformen!

Der schlimmste Terror, den die Menschheit kennt, ist der Krieg, vor allem der feige, unprovozierte Angriffskrieg aus der Luft, der gegen einen vollkommen unterlegenen Gegner geführt wird.

Der schlimmste Kriegsterror ist jener, der mit völkerrechtswidrigen Waffen geführt wird, wie sie etwa Uranmunition, weißer Phosphor, Dime-Munition und Atomwaffen darstellen. Es sind dies Waffen, die vornehmlich die Zivilbevölkerung in Mitleidenschaft ziehen. Besser sind sie zu kennzeichnen als Mordinstrumente, als Massenvernichtungsmittel. Sie werden auch bewusst als solche eingesetzt.

Gegen den Terror und für das Menschenrecht auf ein Leben in Würde kämpft es sich besser mit dem Grundgesetz und dem Völkerrecht im Rücken. Internationale Rechtsgrundsätze, vor allem die UN-Charta, sind ein zu schützendes Gut(78).

Die Charta-widrige Militarisierung der UNO ist anzuprangern. Der so genannte "Krieg gegen den Terror" muss als fadenscheiniger Vorwand denunziert werden. Humanitäre Kriegseinsätze gibt es nicht.

Dem ebenfalls Charta-widrigen Konzept der "Failed States" (gescheiterte Staaten), um deretwillen das Prinzip der Staatssouveränität außer Kraft gesetzt wird, gilt es kenntnisreich zu begegnen. Das Recht auf Widerstand gegen illegale Besatzungsmächte ist zu verteidigen. Solch völkerrechtlich legitimierter Widerstand ist kein Terror. Auf nationalen und internationalen Rechtsgrundsätze berufen sich etwa Martin Hantke in der Debatte um den vor allem außenpolitisch angefeindeten PDL-Programmentwurf seitens des FDS ("Forum Demokratischer Sozialisten") oder Norman Paech in Bezug auf das Selbstverteidigungsrecht des palästinensischen Volkes.

Wie gesagt, an vielen Orten sind gute, aufrichtige und kompetente Menschen am Werk, die sich mit dem Bestehenden nicht ohne Weiteres abfinden. Wenn eine Persönlichkeit oder ein Land mittels einer medialen Hetzkampagne angefeindet wird und wirkungslos gemacht werden soll, dann ist meist zu vermuten, dass dahinter etwas für die Freunde des Fortschritts Wertvolles, Wissenswertes, Bewahrenswertes steckt.

Lernen wir um die Ecke zu denken! Hören wir mehr auf die Zwischentöne überall.

Für die Überwindung des Terrors ist kreatives Denken ebenso erforderlich wie ein revolutionärer Zusammenschluss der Kommunisten(79), zunächst auf nationaler und dann auch auf internationaler Ebene.


Anmerkungen

(57) In bewusster Anlehnung an die berühmte Formel des "Kommunistischen Manifest" "Proletarier aller Länder, vereinigt Euch!"

(58) H.H. Holz: "Kompass der Revolution" - zum 85. Todestages von Lenin in: junge Welt, 17./18. Januar 2009

(59) Spätestens seit den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts gilt der "historische und dialektische Materialismus", die Theorie des Marxismus-Leninismus als verpönt, altmodisch, überholt. Philosophen vom Schlage Sloterdijk liefern statt dessen als bewusstes Gegenmodell nicht nur zum Aufklärer Kant, sondern in Negation jeglichen aufklärerischen Denkens überhaupt eine "Kritik der zynischen Vernunft" (1983) oder sie verlassen die Pfade der einst modernen "kritischen Theorie" und driften auf anderen Wegen nach Rechts, wie etwa der allseits hofierte Kriegsbejaher Habermas. Diese Theoretiker geben so oder ähnlich den falschen Ton vor. Erst die sich verschärfende Krise ist für junge Menschen Anlass, sich etwa wieder dem Kapitalstudium zuzuwenden.

(60) Im Zeitalter raffiniertester Maketingstrategien muss auch bei kommunistischen Erzeugnissen nicht immer drin sein, was drauf steht.

(61) Selbstredend gilt das nicht nur, aber doch im besonderen Maße für unser in der Weltpolitik gewichtiges Land.

(62) Der Begriff "Sekte", der hier zugrunde gelegt wird, zielt natürlich auf keinerlei Religionsgemeinschaft. Er meint kleine abgeschlossene Einheiten, die sich in Anknüpfung an die Traditionen der Arbeiterbewegung ritualisierter Sprache und Symbolik bedienen, die zur Selbstversicherung beitragen mögen, aber kaum noch Berührung mit der Masse der Menschen haben, deren Belange sie zu vertreten vorgeben.

(63) Beides Arbeitskreise der PDL.

(64) Deutsche Komunistische Partei, 1968 als Alternative zur immer noch verbotenen KPD zugelassen.

(65) Siehe dazu Rajani Palme Dutt "Faschismus und soziale Revolution", dt. Frankfurt am Main, 1972 (das Vorwort der deutschen Ausgabe ist mit Vorsicht zu genießen, es spiegelt den Zeitgeist. Leider fehlen auch im Original vorhandene, sehr wichtige Fußnoten, darüber hinaus ist die Übersetzung in manchen, nicht unerheblichen Details fehlerhaft). Gleichwohl ist das im Materialismus Verlag erschienene Werk unverzichtbar. Wer des Englischen mächtig ist, möchte besser aber gleich zum Original greifen, das über ZVAB zu erwerben ist. R. Palme Dutt "Fascism and Social Revolution", London, zuerst im Juni 1934.

(66) "Association pour la taxation des transactions monetaires a l'aide des citoyens", in Frankreich ins Leben gerufen 1998 (?) aus dem Umfeld der Zeitung Diplo (Le Monde Diplomatique) mit Unterstützung des Soziologen Bourdieu.

(67) So wurde vielfach der Vorwurf der Spaltungsabsicht erhoben, möglicherweise eine Verkennung der wirklichen Absichten der Initiatoren.

(68) Auch dieser Begriff wird heute in seiner Treffsicherheit angezweifelt, dabei ist er analytisch zutreffender denn je: Zum lohnabhängigen Proletariat und damit zur Arbeiterklasse, im Sinne der Marxschen Analyse, gehören letztendlich alle, die darauf angewiesen sind, sich durch Lohnarbeit zu reproduzieren, die ihre Arbeitskraft zum Verkauf anbieten müssen, ob qualifiziert oder unqualifiziert, ob privat beschäftigt oder im Öffentlichen Dienst, ob verbeamtet oder angestellt, ist angesichts des drohenden Ruins der Staatshaushalte bald sekundär. Selbstredend gehören dazu auch Arbeitlose und Hartz IV-Empfänger, Migranten genauso wie Einheimische, Illegale wie solche mit guten Papieren. Kleine Bauern, die sich nebenher verdingen müssen und vor allem auch die steigende Anzahl der sich selbst ausbeutenden Freischaffenden, bzw. Schein-Selbständigen gehören dazu. Natürlich müssten die für die Bewusstseinsbildung nicht unerheblichen Unterschiede genau auf ihre Bedeutung und Perspektive hin untersucht werden. Klar ist, der "turbogetriebene Finanzkapitalismus" enteignet alle.

(69) Es scheint an der Zeit, dieser Kennzeichnung ihren alten, guten Klang wieder zu geben. Kommunisten sind gebildete Humanisten und selbstlose Aktivisten, die menschheitsrelevante Belange vertreten. Ihrer Besudelung, die sie auf dem gleichen Rang mit verbrecherischen Faschisten einordnet, gilt es mit Entschiedenheit entgegenzutreten.

(70) Es handelt sich um den Typ U 214, nach langem Hin u. Her (seit 2000 wird verhandelt) kam es im März 2010 zum "final agreement" mit Thyssen/Krupp. Einzelheiten bei Google "german-submarines sold to greece", siehe auch Wikipedia Eintrag über die Besonderheiten des Typs 214.

(71) Siehe Resolution zur Solidarität mit Israel = deutsche Staatsraison im Deutschen Bundestag vom Nov. 2008, siehe auch Gysis "Unterhandlung" mit dem israelischen Botschafter nach dem Piratenangriff auf die Marmara (Gaza-Solidaritätsflotilla), siehe Lederers Rede auf einer Solidaritätsdemonstration mit Israel während des Bombenhagels auf Gaza im Januar 2009, siehe die Attacken des Bundesarbeitskreises der Solid-Jugend Bak Shalom auf die drei Linken-Politiker, die sich an der Free-Gaza-Aktion beteiligten.

(72) Erinnert sei dabei nicht nur an das "Kommunistische Manifest", sondern auch an die von der "Brüsseler Konferenz" erarbeiteten Richtlinien der 3. Internationalen.

(73) Die Diskreditierung der unbestreitbaren Errungenschaften der DDR ist in seinen Auswirkungen, besonders für einen neuen Anlauf zum Sozialismus verheerend. Ihr ist mit Entschiedenheit entgegenzutreten. Über Fehler und Deformationen wurde mehr als genug lamentiert, jetzt ist es Zeit, die positive Erbschaft zu würdigen.
Bleibt daran zu erinnern, dass die "Verelendung" immer im Verhältnis zum Lebensstandard der Gesamtgesellschaft im jeweiligen Lande zu sehen ist.

(74) Hier ist nicht der Ort, diese Infragestellung zu fundieren, verwiesen aber sei auf die Nonchalance, mit der die Frauenfeindlichkeit etwa des islamischen Staates Saudi-Arabien übergangen wird oder umgekehrt darauf, wie die Frauenfeindlichkeit in Teilen der Bibel oder in der deutschen philosophischen Tradition etwa eines Schopenhauer nicht in Beziehung gesetzt werden zur dem Islam grundsätzlich unterstellten Frauenfeindlichkeit. Auch werden etwa die Ähnlichkeiten gewisser frauenfeindlicher Haltungen und Praktiken in der jüdischen und arabischen Tradition überhaupt nicht thematisiert. Frauenfreundliche Positionen im Koran oder in islamischen Ländern dagegen werden im öffentlichen Diskurs völlig ausgeblendet. Feindbilddenken muss schematisieren, verkürzen, verfälschen.

(75) Siehe hierzu: Irene Eckert, "Für einen gerechten Frieden in Nahost - Existenzrecht für Palästina", Sonderheft der Zeitschrift offen-siv 3/10

(76) Um nur einen oft zitierten Klassiker zu nennen, Zbigniew Brzezinski, Die einzige Weltmacht, Fischer Tb, FfM 199721

(77) Vielmehr machen sie gemeinsame Sache mit den Naxaliten, die sich die elende Situation der Ureinwohner der Adivasi zunutze machen und diese zu Terror anstiften. Auch an anderen wichtigen Orten im großen Land der friedfertigen Tradition machen blutige Terroranschläge die Runde. Ziemlich "unindisch" werden Hinduisten scharf gemacht gegen Muslime. Auch wird der buddhistische Oberhirte Dalai Lama, dem das Land Indien großzügige Gastfreundschaft gewährt, herumgereicht und versucht dabei, durch unerwünschte politische Auftritte im Landesinneren einen Keil zwischen seine Wahlheimat Indien und seinem Heimatland China zu treiben. Übrigens besuchte etwa auch der aus Vietnam verbannte Mönch Tchich Nhat Hanh, der in Südfrankreich in seiner Privatkolonie "Plumvillage" sein Wesen treibt, bereits vor 11 Jahren mit großem Anhang seine Buddhistenfreunde im großen China. Zwischen ihm und dem Dalei Lama und einem einst aus Thailand verbannten Buddhisten names Sulak Sivaraksa gibt es enge Querverbindungen. Sie alle haben eine enorme Anhängerschar im Westen, zu der viele ehemalige "Linke" gehören.

(78) In diesem Zusammenhang gilt es auch die wichtige Arbeit der Goldstone-Kommmission hervorzuheben, die im Auftrag des UN-Menschenrechtsrats die Kriegsverbrechen Israels dokumentiert hat, leider bisher ohne daraus die erforderlichen Konsequenzen zu ziehen. Dafür gilt es den Goldstone-Bericht zu lesen und öffentlichen Druck zu entfalten. Auf dt. herausgegeben von Abraham Melzer "Bericht der Untersuchungskommission der Vereinten Nationen über den Gaza Konflikt", Neu-Isenburg 2010, Melzer Verlag Semit-edition oder die Kurzfassung des Arbeitskreises Atomwaffenfreies Europa e.V., Rundbrief-Sondernummer Frühjahr 2010, zu beziehen über Rudolf-Andreas Palmer, Gardeschützenweg 27/29, 12203 Berlin, Tel (030) 834 44 37.

(79) Vielleicht gilt es hervorzuheben, dass natürlich ein Kommunist nicht geboren wird. Vielmehr bedarf es einer lebenslangen Anstrengung, um sich immer wieder an Hand neuester Erkenntnisse der Wissenschaft selbst zu prüfen. Es ist auch viel Arbeit an der eigenen Persönlichkeit erforderlich, um den Mut nicht zu verlieren.

Raute

Kommunistinnen und Kommunisten aller Fraktionen, endet eure Streitereien!

"Proletarierinnen und Proletarier aller Länder, vereinigt euch!"

"Ergreift das Buch, es ist eine Waffe"!


Frank Flegel: Wege zur Einheit

Die vorstehenden "Thesen und Reflexionen zur Schaffung einer dringend benötigten, fundamentalen, systemüberwindenden Opposition", unterbreitet von Irene Eckert und anderen, machen einige Überlegungen nötig, denn sie klingen beim ersten Hinsehen wohlmeinend und plausibel, beschäftigt man sich aber etwas eingehender mit ihnen, fallen mehrere grundlegende Widersprüche ins Auge. Diesen will ich im Folgenden nachspüren. Dabei werde ich in vier Schritten vorgehen: Zunächst geht es um die Beschreibung des Ist-Zustandes, dann um die Analyse der Ursachen für diesen Zustand, danach um den Vorgeschlagenen Weg zur Einheit und schließlich um die Frage, welche Funktion die vorgelegten "Thesen und Reflexionen..." heute und hier haben.


Über den aktuellen Zustand

In den "Thesen und Reflexionen..." wird die Barbarei des imperialistischen Systems im nationalen und internationalen Rahmen dargestellt und auf die wachsende Kriegsgefahr hingewiesen. Auch wird richtig hervorgehoben, dass die ungebremste Verschärfung dieser Zustände etwas zu tun hat mit dem "seit 1953 zunächst schleichend einsetzenden, weltweiten Niedergang des Sozialismus, der 1989 seinen vorläufigen Höhepunkt fand". In diesem Zusammenhang wird auf die Funktion des Antikommunismus und die "Delegitimierungskampagne gegenüber jeglicher Hinterlassenschaft der DDR" hingewiesen. Und auch der beklagenswerte Zustand der kommunistischen Bewegung in Deutschland wird nicht verschwiegen. Soweit alles ganz richtig.

Aber wenn es darum geht, Ross und Reiter zu nennen, also klar zu machen, woran man den beklagenswerten Zustand der kommunistischen Bewegung in Deutschland festmacht, wird die Sache schwammig. So könne wir gleich zu Beginn lesen: "Viel Wirres, ja im Sinne der Entrechteten Falsches, auch manchmal Unverständliches im Umgang mit einander ist heute sogar von Persönlichkeiten und Organen zu erleben, die sich als sozialistisch oder kommunistisch begreifen.(80) Die Begriffe haben sich verschlissen, wurden von den Oberen verdreht, die ganze Bewegung wurde bis zur Unkenntlichkeit denunziert und verleumdet. Der Opportunismus verspricht trügerischen Vorteil." Wirres, Falsches, Unverständliches im Umgang miteinander, verschlissene Begriffe, Denunziation bis zur Unkenntlichkeit, Opportunismus - ja gut, aber wer ist wirr, wer vertritt "im Sinne der Entrechteten Falsches", wer produziert "Unverständliches im Umgang mit einander" und wer verhält sich opportunistisch? Ohne Antwort auf diese Fragen gibt es keine Klarheit zu gewinnen. Die "Thesen und Reflexionen..." geben hier ohne direkte Zuweisung zu den angesprochenen Kategorien (wirr, falsch, unverständlich, Verschleißerscheinung, Opportunismus) eine wie auch immer zustande gekommene Auswahl an Beispielen: Der bürgerliche Pazifismus habe abgedankt, die Gewerkschaften seien zahnlos, Gruppierungen der Linken seien entweder Sekten oder in der Führungsreihe so wie in der PdL sozialdemokratisch und/oder trotzkistisch. Und die DKP? "Menschen, die mit der Tradition des Wissen-schaftlichen Sozialismus verbundenen sind, befinden sich allerdings auch dort - wie überall in der Gesellschaft - in der Minderheit." Weitere Gruppierungen werden nicht genannt, also weder die KPD noch der RotFuchs, weder die KAZ noch die KPD(B), um nur einige zu nennen - wahrscheinlich fallen sie in den "Thesen und Reflexionen..." unter den Begriff "Sekten". Ein kurzes Wort zur Einschätzung der DKP: auch hier ist die Beschreibung des Zustandes nicht falsch, auch hier gibt es aber keinerlei konkrete Beschreibung der Misere(81) - wie auch bei den anderen Beispielen nicht.


Zur Analyse der Ursachen

Aber diese ersten Antworten auf die Frage, wer denn dem Anspruch nicht genügt, eine "fundamentale, systemüberwindende Opposition" zu bilden, sind (auch wenn sie vollständig gewesen wären) noch nicht ausreichend dafür, eine vernünftige Strategie für die heutige Zeit zu bestimmen, weil die Ursachen noch nicht geklärt sind. Es muss also ein zweiter Fragenkatalog folgen: Warum ist die eine Gruppierung wirr, warum vertritt eine andere Gruppierung Falsches (und woran mache ich diese Einschätzung fest?), warum produzieren Dritte Unverständliches und warum ergehen sich Vierte im Opportunismus? Die "Thesen und Reflexionen..." bleiben bei der Antwort auf diese Frage ebenso nebulös wie bei der Einschätzung der unterschiedlichen oppositionellen Gruppierungen. Schauen wir näher hin:

Zweimal wird in den "Thesen und Reflexionen..." der Opportunismus angesprochen: "Der Opportunismus verspricht trügerischen Vorteil", und: "Mit Opportunismus und Anpassungsbereitschaft ist definitiv nichts auszurichten... ." Auch wird darauf hingewiesen, dass trotz vieler Initiativen und guter Beiträge zur Aufhellung und Theoriebildung zu vermerken ist, "dass überall - mal mehr, mal weniger - auch gegenteilige Strömungen zu konstatieren sind, die lähmend auf die Bewegung wirken."

Hier finden wir das gleiche Phänomen wie schon oben bei der Einschätzung der aktuellen Lage: Grundsätzlich Richtiges wird so allgemein vorgetragen, dass es seine Bedeutung verliert. Ohne zu klären, wer der Opportunist ist und welche Strömungen lähmend wirken, wird aus der Warnung keinerlei Handlungsanleitung, im Gegenteil, so vorgetragen wie hier wird aus der Kritik am Opportunismus ein bloßes Lippenbekenntnis ohne jede Konsequenz.

Noch interessanter ist es, die in den "Thesen und Reflexionen..." getroffenen Äußerungen zur Ursache der katastrophalen Niederlage 1989/90 zu analysieren. Da fällt sofort der zunächst positive klingende Bezug auf Kurt Gossweiler auf: "Der Historiker Kurt Gossweiler hat sowohl mit seiner Faschismusanalyse als auch mit seinen Arbeiten zum Revisionismus einen nicht zu unterschätzenden Beitrag geleistet, der auch international positiv verarbeitet wurde." Dann wird dargestellt, dass die KKE (Kommunistische Partei Griechenlands) sich mit seinen "bahnbrechenden Arbeiten" auseinandersetzt. Unerwähnt bleibt bei allem, was die Beiträge Kurt Gossweilers denn inhaltlich aussagen oder was das Ergebnis der Auseinandersetzung der griechischen Genossen/innen mit der Revisionismusforschung Kurt Gossweilers denn ist. Und das scheint kein Zufall zu sein, denn wenige Zeilen weiter wird aus dem "nicht zu unterschätzenden Beitrag" und den "bahnbrechenden Arbeiten" ein "Gossweilerscher Erklärungsansatz". Ein "Erklärungsansatz" ist etwas noch nicht endgültig Durchgearbeitetes, etwas Vorläufiges, was zu komplettieren ist. Ein "Ansatz" kann keinen Wahrheitsanspruch erheben; dieser muss sich vielmehr mit seiner Fertigstellung noch erweisen. So spielen in den "Thesen und Reflexionen..." die Ergebnisse der Revisionismusforschung des Genossen Gossweiler dann auch keine weitere Rolle mehr.

Auch hier das gleiche Vorgehen wie schon bei den vorherigen Punkten: allgemeine Zustimmung ohne jede Konkretion bzw. Handlungsanweisung. Denn unter dem Deckmäntelchen der allgemeinen Bejahung der Revisionismusforschung verschweigt man die Forschungsresultate und umschifft so die Situation, Schlussfolgerungen aus den Forschungsergebnissen für die aktuelle politische Praxis ziehen zu müssen. Was übrig bleibt ist Nebel.


Wege zur Einheit

Dem entsprechend fallen die Empfehlungen zum Einheitsprozess aus. Ich möchte die Probleme in drei Aspekten gliedern:

1. Um welche Einheit geht es?
2. Welche Grundlagen werden vorgeschlagen?
3. Wie wird der Weg zur Einheit abgesteckt?


1. Um welche Einheit geht es?

Die "Thesen und Reflexionen..." sind überschrieben mit dem Satz: "Kommunisten aller Fraktionen, vereinigt Euch!" und sollen ein "Diskussionsangebot an alle Menschen guten Willens" sein. Die Überschrift selbst spricht von der "Schaffung einer dringend benötigten, fundamentalen, systemüberwindenden Opposition". Später, in den unterschiedlichen Thesen, ist die Rede von "systemkritischen Kräften und Kräftezusammenschlüssen", von "ehrlichem, konsequentem und in der Tendenz systemsprengendem Engagement", im Zusammenhang mit der Selbstversicherung der Kommunisten und in (vorsichtig formuliert: sehr weiter) Auslegung Lenins davon, dass beim immer aufs Neue notwendigen Hinaufarbeiten "zu klaren Einsichten über alle anstehenden zentralen Fragen" diese Arbeit aber "nicht in Gegnerschaft zu potentiellen Verbündeten geschehen" darf, gegen Ende des Papiers werden wir aufgefordert zu lernen, "um die Ecke zu denken" und "mehr auf die Zwischentöne überall" zu hören, bevor formuliert wird: "Für die Überwindung des Terrors ist kreatives Denken ebenso erforderlich wie ein revolutionärer Zusammenschluss der Kommunisten, zunächst auf nationaler und dann auch auf internationaler Ebene."

Tja, irgendwie geht es wohl um die Einheit der Kommunisten. Aber irgendwie auch um etwas anderes, das Umfeld, die Zwischentöne, systemkritische Kräfte und Zusammenschlüsse, um Menschen guten Willens, um in der Tendenz systemsprengendes Engagement, um die Verbündeten.

Anders gesagt: Es bleibt unscharf, ob sich die "Thesen und Reflexionen..." auf die Schaffung einer einheitlichen kommunistischen Partei beziehen oder auf die Schaffung einer großen, möglichst einheitlichen systemkritischen Bewegung. Beides klingt an, beides wird vermischt und so werden die "Thesen und Reflexionen..." keinem von beidem gerecht.

Deshalb zur Klärung: Es gibt Bündnisse wie die konkrete und aktuelle Aktionseinheit, die langfristigere und strategische Einheitsfront und es gibt die Einheit der Kommunisten.

Unter Aktionseinheiten versteht man im allgemeinen Zusammenschlüsse unterschiedlicher Kräfte zwecks einer ganz konkreten Aktion, z.B. gegen einen Aufmarsch von Neofaschisten in einer Stadt, gegen eine militaristische Zeremonie, gegen die Schließung sozialer Institutionen, für den Erhalt von Bildungsinstitutionen, gegen die Ansiedlung von Massentierhaltung an einem Ort, zur Zeit gerade gegen den Neubau des Stuttgarter Bahnhofs oder ähnliches. Dies ist die breiteste und gleichzeitig schwächste Form der Einheit, beruhend nur auf dem gemeinsamen Interesse des Kampfes gegen ein einzelnes Phänomen. Dementsprechend finden sich hier unterschiedlichste Kräfte aus unterschiedlichen Klassen und Schichten mit - das eine gemeinsame Ziel einmal ausgenommen - ansonsten völlig unterschiedlichen Interessen und politischen Vorstellungen zusammen.

Unter Einheitsfronten versteht man dagegen langfristiger angelegte Bündnisse, wie es die antifaschistische Einheitsfront oder unterschiedliche anti-imperialistische Bündnisse waren und sind. Mit Abstrichen kann man auch die Friedensbewegung und die Anti-Atomkraftbewegung hinzurechnen. Auch hier gibt es unterschiedliche Klassenkräfte und unterschiedliche Interessen, das gemeinsame Ziel ist aber langfristig angelegt, bei diesem Zusammenschluss handelt es sich um ein strategisches Bündnis.

Beide sind wichtige politische Aktionsfelder, in beiden müssen Kommunisten/innen aktiv sein, beide sind Teile kommunistischer Bündnispolitik, aber beide haben mit kommunistischer Einheit nichts zu tun.

Kommunistische Einheit kann als Grundlage nur die gemeinsame wissenschaftliche Weltanschauung haben, den Marxismus-Leninismus. Damit unterscheidet sich die kommunistische Einheit grundsätzlich von der Aktionseinheit und der Einheitsfront, denn diese basieren - wie eben dargestellt - normaler Weise nicht auf einer einheitlichen Theorie und haben meistens keine einheitliche Klassenbindung.

Statt kommunistischer Einheit sehen wir heute eine große Zersplitterung der kommunistischen Bewegung. Auf die Frage, woraus diese Zersplitterung zu erklären ist, gehe ich später ein. Jetzt erst einmal zurück zu den "Thesen und Reflexionen...".


2. Welche Grundlagen der Einheit werden vorgeschlagen?

Theoriearbeit im Hinblick auf die Handlungsanleitung wird gefordert: "Am Anfang steht also der Erkenntnisprozess und der muss, laut Lenin, erarbeitet und in die Arbeiterklasse hineingetragen werden und zwar von jenen, die das nötige Handwerkszeug dazu besitzen. Ohne die theoretische Klarheit in der Sache wird es die erforderliche kämpferische Einheit nicht geben. Der Sozialismus ist eine Wissenschaft und muss als solche begriffen und angegangen werden, soll er seine Anhänger zum Erfolg führen. Die Aufgabe einer Avantgarde besteht demnach in erster Linie darin, auf wissenschaftlicher Grundlage beruhende Handlungsanleitungen zu liefern. Dazu gehört die Bereitschaft voranzugehen, mutig die Dinge bei ihrem wahren Namen zu nennen, Propagandalügen entschleiern zu helfen und sie damit durchschaubar zu machen. ... Entschiedene Wachsamkeit und Vorsicht sind dabei auf Grund historischer und gegenwärtiger Erfahrungen angesagt."

So weit, so richtig.

Erstaunlich ist erstens, was fehlt: die Frage des Revisionismus. Theoriearbeit darf sich nicht nur auf die Analyse des Kapitalismus/Imperialismus beschränken, sondern muss stets auch den Kampf gegen die Aufweichung, den Reformismus und den Revisionismus führen, also stets den Marxismus-Leninismus verteidigen!

Und erstaunlich ist zweitens, wer in den "Thesen und Reflexionen..." als Träger der Theoriearbeit ausgemacht wird: "Theoretiker und Wissenschaftler, gut belesene und gut informierte Menschen müssen den Nachweis erbringen, dass weder ein 'Irrer aus Bagdad' noch ein 'Irrer aus Teheran' die Menschheit in den Abgrund reißen wird, ..." Theoretiker und Wissenschaftler? Gut belesene und gut informierte Menschen? Ich hätte das jetzt als Aufgabe der Kommunistischen Partei definiert.

In den "Thesen und Reflexionen..." war vorher schon nicht richtig klar, um welche Einheit es geht, dementsprechend sind jetzt weder die Grundlagen noch die Träger der Einheit eindeutig festzumachen.


3. Wie wird der Weg zur Einheit abgesteckt?

"Es führt also am Ende kein Weg an einem neuerlichen Impuls vorbei, wenn wir uns den bedrohlichen Verheerungsprozessen nicht widerstandslos ausliefern wollen. Ein solcher Impuls kann und darf aber, will er vorantreibend sein, sich nicht in Gegensatz zu bestehenden systemkritischen Kräften und Kräftezusammenschlüssen begeben."

Und als These 3 wird formuliert: "Trotz der Dringlichkeit des Anliegens sind überstürzte Hetze genauso unangebracht wie begriffslose Handwerkelei. Ein Gemischtwarenladen linker Beliebigkeit wird die Sache nicht vorantreiben. Verantwortlichkeiten sind durchsichtig zu machen und eine demokratische Legitimation für die Aufgabenübertragung ist durchgängig erforderlich. Alleingänge ohne Rückkoppelung schaden jedem Anliegen. Die Notwendigkeit und der Wille dazu, mit in der Tat allen, "die guten Willens sind", zu kooperieren und zwar ungeachtet ihrer eventuellen Partei- oder sonstigen Zugehörigkeiten, muss deutlich werden. Vertrauenswürdigkeit und Transparenz im Umgang miteinander sind also von zentraler Bedeutung. Ein neuer Impuls in diesem Sinne versteht sich demnach - wie eingangs gesagt - nicht in Konkurrenz zu anderen fortschrittlichen Kräften und Gruppierungen, ganz im Gegenteil, er wird diese stärken. Das Anliegen ist schließlich das der überwältigenden Mehrheit der Gesellschaft und zielt gegen das Finanz- und Rüstungskapital und gegen deren ausgewiesene Handlanger. Rechenschaftslegung für und miteinander in klar definierten Zeitabschnitten ist auch im Embryostadium einer Einigungsbewegung erforderlich."

Das Ganze mündet in zwei eindeutigen Aufrufe: "Kommunisten aller Fraktionen, vereinigt Euch!" was laut angehängter Fußnote "in bewusster Anlehnung an die berühmte Formel des "Kommunistischen Manifest" 'Proletarier aller Länder, vereinigt Euch' gewählt wurde, und: "Kommunistinnen und Kommunisten aller Fraktionen, endet Eure Streitereien!".

Welche Fraktionen gemeint sind, welche Streitereien beendet werden sollen, das bleibt - wie so vieles - ungeklärt.

Und diese Unklarheit hat natürlich auch ihren Grund: Es geht - mal wieder - um einen prinzipienlosen Einheitsversuch. Ohne Klarheit darüber, um welche Einheit mit wem es gehen soll, dafür aber mit "gutem Willen" und dem Beenden der "Streitereien", gleichzeitig gegenseitiger "Vertrauenswürdigkeit", dem Verzicht auf "Konkurrenz zu anderen fortschrittlichen Kräften" und der Vermeidung, sich in einen "Gegensatz zu bestehenden systemkritischen Kräften" zu bringen, soll das Ganze erfolgreich sein können(82).

Solche Einheitsversuche wie der jetzt von Irene Eckert und anderen(83) unterbreitete gab es seit der Konterrevolution mehrere, keiner ist gelungen, vielmehr nahm die Zersplitterung zu.

Ohne sich Gedanken über die Ursache dieser Tatsache zu machen, kann kein ernstzunehmender Einheitsversuch entstehen.

Was sind die Ursachen für Spaltung und Zersplitterung? Welche historischen Spaltungen gab es, warum gab es sie? Welche Schlussfolgerungen muss man aus diesen historischen Ereignissen für heute ziehen? Werfen wir zur Klärung dieser Fragen zunächst einen kurzen Blick auf die Geschichte.

Die erste große Spaltung entstand 1918/1919 am Ende des Ersten Weltkrieges. Sie war die Folge der durch den klassischen Revisionismus hervorgerufenen Katastrophe der alten revolutionären Sozialdemokratie, die 1914 mit der Zustimmung zu den Kriegskrediten ins Lager der Bourgeoisie wechselte, statt europaweit mit Massenaktionen und Streiks gegen den Krieg aufzustehen. Am 1. Januar 1919 entstand die KPD. Wenige Wochen später ließ die Sozialdemokratie dann auf die Revolutionäre schießen und erstickte die Novemberrevolution.(84) Die Ursache dieser Spaltung war der klassische Revisionismus, der den Kampf gegen die Bourgeoisie ersetzte durch die Zusammenarbeit mit ihr. Lenin hat den Kampf gegen den Revisionismus erfolgreich geführt. Dementsprechend ist die russische Partei nicht mit in den Sumpf gezogen worden und konnte die revolutionäre Situation nach dem Ersten Weltkrieg nutzen.

Einige Jahre später entwickelte sich eine neue Form des Revisionismus, der moderne Revisionismus zunächst in der einen kommunistischen Parteien, die an der Macht war, nach der Entwicklung des sozialistischen Lagers dementsprechend in mehreren Parteien - besonders augenfällig neben der KPdSU in der ungarischen, tschechoslowakischen und polnischen Partei. Während der Stalin-Ära wurde dieser systematisch bekämpft.

Was geschieht, wenn der Revisionismus nicht mehr bekämpft, sondern stattdessen gefördert wird, zeigte sich 1956: Der XX. Parteitag der KPdSU markiert den Durchbruch dieses modernen Revisionismus an die Macht. Inhaltlich ähnelt er dem klassischen Revisionismus, auch hier wird der Klassenkampf ersetzt durch die Klassenkollaboration, der Frieden soll gesichert werden durch Zusammenarbeit mit dem Imperialismus (und nicht durch den Aufbau eigener Stärke), der Klassenkampf im Inneren wird geleugnet, mit der These von der Partei des ganzen Volkes gibt die kommunistische Partei die Klassenbindung auf, gleichzeitig findet ein Rückbau der Planwirtschaft und des volkseigenen Sektors der Ökonomie statt und so weiter.

Mitte der 60er Jahre erfolgte als Resultat der Chruschtschow-Politik die nächste große Spaltung, die Spaltung des sozialistischen Weltsystems: UdSSR und die meisten Staaten des Warschauer Paktes auf der einen Seite, Volks-China mit einigen Verbündeten auf der anderen. Diese Spaltung bedeutete eine enorme ökonomische und politische Schwächung der kommunistischen Weltbewegung.

Und etwas mehr als 20 Jahre später vollendete der moderne Revisionismus dann sein Zerstörungswerk mit der Katastrophe von 1989/90. Sie war die Folge der Niederlage der marxistisch-leninistischen Kräfte in der KPdSU gegen den modernen Revisionismus, der den Sozialismus in Theorie und Praxis so weit ausgehöhlt hatten, dass er sich 1989/90/91 annähernd wehrlos der Konterrevolution geschlagen geben musste.

Parallel dazu war in Westeuropa(85) eine ähnlich zerstörerische Offensive des Revisionismus abgelaufen: der so genannte "Eurokommunismus" raffte die einst starken kommunistischen Parteien Italiens, Frankreichs und Spaniens entweder völlig dahin oder ließ sie zu neosozialdemokratischen Wahlvereinen verkommen. Reste marxistisch-leninistischer Kräfte versuchten zu retten, was zu retten war, erst unter Beibehaltung der Einheit der Partei, dann auch mittels Abspaltung oder Neugründung. Das Resultat ist im Ganzen gesehen niederschmetternd.

Man muss anerkennen, dass der Revisionismus das erreicht hat, was die Bourgeoisie weder durch die Kommunistenverfolgung der Faschisten noch durch den Angriffskrieg gegen die Sowjetunion erreichen konnte - die Zerstörung der kommunistischen Parteien und die Zerstörung des Sozialismus in Europa. Für das vergangene Jahrhundert gilt: der Revisionismus war die schärfste, weil erfolgreichste Waffe der Bourgeoisie im Kampf gegen die kommunistische Bewegung. Das bedeutet, dass der Graben zwischen den Klassen der Graben ist, der zwischen Marxismus-Leninismus und Revisionismus verläuft. Wer hier Brücken bauen will, betätigt sich, ob er will oder nicht, als Agent der Bourgeoisie.

Fazit: Bei allen Spaltungsprozessen waren revisionistische Tendenzen im Spiel. Man kann sie wie folgt beschreiben.

1. Der Revisionismus betrieb und betreibt die Aufweichung und Entstellung der wissenschaftlichen Theorie unserer Klassiker.

2. Damit produziert er die ideologische und politische, in der Folge dann auch organisatorische Spaltung zwischen wissenschaftlicher Weltanschauung und revisionistischer Abweichung.

3. Er produziert außerdem eine noch weitergehende Zersplitterung, denn hat eine Partei erstmal Abschied genommen von der wissenschaftlichen Weltanschauung, dann besteht die Politik aus irgendwelchen Positionen zu irgendwelchen Phänomenen. Diese Positionen werden zunehmend beliebig, sind nicht mehr wissenschaftlich zu begründen - und daraus entwickeln sich selbstverständlich weitere Spaltungen je nach Ausmaß der Anpassung an die bürgerliche Gesellschaft. Z.B.: Welche antiimperialistischen Kämpfe unterstützt man noch - und von welchen distanziert man sich? Wie weit geht man in der Frage von Krieg und Frieden? Trägt man im Schwitzkasten der "Sachzwänge" Sozialabbau mit - und wenn ja, wie weit? Und so weiter.

4. Der Revisionismus ist grundsätzlich dogmatisch, auch wenn er stets das Gegenteil von sich behauptet, denn der Revisionismus muss den offenen wissenschaftlichen Diskurs fürchten. Er selbst hat ja die Wissenschaftlichkeit von Politik, den Marxismus-Leninismus verlassen und an dessen Stelle Glaubenssätze, die Linie der Partei, allgemein-demokratische Phrasen und ähnliches gestellt. Dementsprechend arbeitet der Revisionismus politisch mit den Mitteln des Dekretierens, Auswendiglernens, Abschwörens und der Vermeidung der offenen Diskussion und persönlich mit den Mitteln der Ausgrenzung, Verunglimpfung, Ehrabschneidung usw. gegen seine kommunistischen Kritiker.

"Kommunisten aller Fraktionen, vereinigt Euch!", damit beginnen die "Thesen und Reflexionen..." und "Kommunistinnen und Kommunisten aller Fraktionen, endet Eure Streitereien!", damit enden sie.

Welche Fraktionen? Welche Streitereien? Darauf gibt es - wie an jedem Punkt des vorliegenden Papieres, an dem es konkret werden müsste - keine Antwort.

Ich möchte als ganz aktuelles Beispiel zur Illustrierung des Problems die KKE wählen, auf die sich die "Thesen und Reflexionen..." zweimal positiv beziehen.

Erstens: Die KKE verweigert die Zusammenarbeit mit der Partei "Die Linke" in Deutschland mit der Begründung, ein gemeinsames Auftreten mit dieser Partei könne Verwirrung über mögliche politische und ideologische Gemeinsamkeiten stiften. Eine DKP-Einladung zu einer gemeinsamen Aktionskonferenz von DKP und PdL in Nordrhein-Westfalen schlugen die Genossen/innen der KKE dementsprechend aus(86). Hier muss man sich verhalten, will man eine Einheitsinitiative sein. Wie steht man zu dieser "Streiterei"?

Zweitens: Die KKE hat sich von Warenproduktion, Wertgesetz und Ware-Geld-Beziehung als Wesensmerkmale des Sozialismus verabschiedet (siehe Artikel in diesem Heft). Das setzt als Ziel gesellschaftliches Eigentum an den Produktionsmitteln und zentrale Planung der Wirtschaft als im Sozialismus zu erreichende Praxis. Die Sozialismusvorstellungen des DKP-Parteiprogramms sprechen hingegen von unterschiedlichen Zugängen zum und unterschiedlichen Eigentumsformen im Sozialismus, der RotFuchs von der Selbstverständlichkeit der Warenproduktion im Sozialismus, die aus der Arbeitsteilung (und nicht aus dem Privateigentum) erwachse. Auch hier muss man sich verhalten, will man eine Einheitsinitiative sein. Wie steht man zu dieser "Streiterei"? Es geht immerhin um die Frage, wie unser Ziel aussehen muss.

Die "Thesen und Reflexionen..." gehen auf solche Probleme nicht ein. Ich möchte aber die Autoren/in fragen, wie sie sich eine Einheit solch unterschiedlicher ideologischer Grundpositionen sowohl in der aktuellen Politik wie auch im grundsätzlichen Ziel vorstellen wollen - und ich möchte meiner Überzeugung Ausdruck verleihen, dass sie keine der beiden genannten Orientierungen der KKE dann, wenn es in der Praxis darauf ankäme, mittragen würden.

Kann im Sinne des vorliegenden Papiers eine kommunistische Einheit erreicht werden?

Nein, das kann sie nicht, denn auf diesem Weg, dem Weg der Einheit ohne jede Klarheit, würden die Differenzen und Widersprüche zwischen Marxismus-Leninismus und Revisionismus als Wurzel in die Einheit gelegt(87). Man braucht nicht viel Phantasie, um sich vorzustellen, wohin das führt: zur nächsten Spaltung.

Die Einheit der Kommunisten muss sich deshalb abgrenzen vom Revisionismus.

Für die kommunistische Einheit muss gelten: Verteidigung des Marxismus-Leninismus, konsequenter Kampf gegen den Revisionismus, Abwehr jeder ideologischen Beliebigkeit. Anders ist die Einheit der Kommunisten nicht zu erreichen. Für Kommunisten muss gelten: Klarheit ist die Grundbedingung der Einheit. Erst auf dieser Grundlage ist eine sinnvolle Bündnispolitik denkbar und möglich.

Diese Argumentation ist schon mehrfach veröffentlicht worden. Es mutet etwas merkwürdig an, dass man sie im Autorenkreis der "Thesen und Reflexionen..." so gar nicht zur Kenntnis nehmen mag, sich nicht auf sie bezieht, sie keiner Kritik unterzieht, aber im Brustton der Überzeugung das Gegenteil behauptet.

Soweit einige Überlegungen zu den angebotenen Inhalten. Nun geht es um die Frage, warum dieses Papier gerade jetzt verfasst wird und welche Funktion es hat.


Cui bono?(88)

Es gibt zur Zeit in Deutschland eine Initiative zur Schaffung der kommunistischen Einheit. Diese hat bekanntlich einen anderen Weg eingeschlagen als den, den die Autoren/in der "Thesen und Reflexionen..." uns vorschlagen. Wie beziehen sie sich auf diese vorhandene Initiative?

"Verschiedene Ansätze, die vorgefundene Situation von innerhalb oder außerhalb der Parteienlandschaft im gebotenen Sinne zu verändern oder voranzutreiben, waren bisher kaum erfolgreich. Die außerparlamentarische Bürger-Bewegung attac(89), zunächst national und international sehr erfolgversprechend und rasch anwachsend, stieß bald - vor allem zwecks massiver Unterwanderung - auf ihre Grenzen. Der ganz andersartige Versuch, durch eine "Kommunistischen Inititiative"(KI) notwendige Klärungs- und Einigungsprozesse voranzutreiben, stieß verständlicher Weise teils auf massive Abwehr bei vorhandenen Formationen(90), teils ist er - mangels überzeugender Leitungspersönlichkeiten - Selbstzerfeischungsprozessen ausgesetzt. Andererseits verfügt die Inititiative auch nicht über eine wegweisende, orientierende Programmatik oder theoretisch durchdachte und damit zündende Losungen, sondern begnügt sich mit einem medialen Potpourri und schmückt sich - ähnlich wie vorhandene linke Sekten - mit Emblemen der guten alten Tradition."

Die Kommunistische Initiative und attac als vergleichbare Impulse darzustellen, das entbehrt nicht der Komik(91). Aber das nur am Rande.

Interessant ist, dass alles das, was den Versuch der Einigung der Kommunisten/innen auf marxistisch-leninistischer Grundlage neu, anders und aktuell einzigartig macht, in den "Thesen und Reflexionen..." unterschlagen wird. Das sind im Wesentlichen:

1. Die Schlussfolgerung aus den bisherigen Spaltungen: keine prinzipienlose Einheit, sondern Einheit auf der Basis des Marxismus-Leninismus;

2. Die Schlussfolgerung aus der Geschichte der kommunistischen Bewegung: Anerkennung des modernen Revisionismus als Hauptgrund für unsere katastrophale Niederlage 1989/90;

3. Die Schlussfolgerung aus der antikommunistischen Hetze und dem kleinbürgerlichen Zurückweichen: Anerkennung der Sowjetunion und der DDR als größte Errungenschaften der internationalen und der deutschen revolutionären Arbeiterbewegung;

4. Die Schlussfolgerung aus den gescheiterten Einheitsversuchen der letzten 20 Jahre: nicht mittels Verhandlungen der Parteivorstände ist die Einheit zu erreichen, sondern mittels einer auf der Grundlage des Marxismus-Leninismus stehenden Sammlungsbewegung von Personen, gleichgültig, welches Parteibuch sie in der Tasche haben, ob sie nicht mehr organisiert sind oder es bisher noch nicht waren.

Was machen die Autoren/in der "Thesen und Reflexionen..." daraus?

Die Kommunistische Initiative wird als "ähnlich wie vorhandene linke Sekten" bezeichnet, sie sei auf die gute alte Tradition bezogen, ohne Perspektive, zerstritten, orientierungslos. Das alles sei von gestern, überholt, erneuerungswürdig: "So wie es ist, kann, muss, darf und wird es aber nicht bleiben."

Und dann präsentiert man ein Programm von vorgestern, eine Perspektive, die die Verwirrung zum Programm erhebt, die nicht die geringste Klarheit schafft (wessen Einheit, welche Grundlagen, welche angesprochenen Fraktionen, welche zu überwindenden Streitereien) und die deshalb in keinster Weise zu realisieren ist.

Aber darauf kommt es auch gar nicht an: das Ziel der "Thesen und Reflexionen..." ist nicht der neue, bahnbrechende Impuls zur Einheit, das Ziel ist die Erosion der Kommunistischen Initiative, die Errichtung einer Konkurrenzveranstaltung! Parallelgründungen mit annähernd gleich lautendem Anliegen sind immer verdächtig. Schaut man sich diesen Fall an, zeigt das wenige vorhandene Programmatische und das viele Ausgelassene sehr eindeutig, wohin die Reise gehen soll (siehe oben).

Und so wird ein Aufruf mit reichlicher Einheitsrhetorik zu einem Spaltungspapier.

Das Postulat der Kommunistischen Initiative "Klarheit vor Einheit" muss weg, es ist gefährlich, reißt die Nebelvorhänge vor den opportunistischen und revisionistischen Sümpfen zur Seite, - und es zieht junge Genossinnen und Genossen an.

Diese Anstrengungen derjenigen, die es lieben, jeden Kompromiss einzugehen, die keine Grenze zwischen Revisionismus und revolutionärer Politik finden können, die den Revisionismus nicht als systematische Erscheinung im Imperialismus verstehen (die deshalb auch systematisch und grundsätzlich zu bekämpfen ist), sondern als halb so schlimmen, subjektiven, persönlichen und einzelnen Irrtum eines einzelnen Genossen bagatellisieren, all diese Anstrengungen, die sich in den Führungen der KPF der PdL, der DKP, der KPD, des RotFuchs und leider auch bei einigen KI-Unterstützern finden, seien den Aktivisten der Kommunistischen Initiative Ansporn: Ihr seid auf dem richtigen Weg!

Frank Flegel, Hannover


Anmerkungen

(80) Im Zeitalter raffiniertester Maketingstrategien muss auch bei kommunistischen Erzeugnissen nicht immer drin sein, was drauf steht. (Fußnote im zitierten Text; d. Red.)

(81) Auffällig ist eine Formulierung, die man nur als Versuch der Bagatellisierung des dramatischen Zustandes der DKP auffassen kann: Dort seien "wie überall in der Gesellschaft" die Anhänger des Wissenschaftlichen Sozialismus in der Minderheit. Wie überall in der Gesellschaft? Eine kommunistische Partei bildet doch innerhalb ihrer Reihen nicht die Kräfteverhältnisse der bürgerlichen Gesellschaft ab!

(82) Über die Begriffe "Streitereien", "Konkurrenz", "Gegensatz" und "Vertrauenswürdigkeit" müsste an dieser Stelle eigentlich ausführlicher nachgedacht werden, weil sie sowohl bürgerlicher Herkunft sind als auch rhetorische Phrasen darstellen. Aber ich will das hier unterlassen, weil es den Rahmen dieses Artikels sprengen würde.

(83) Daran beteiligt waren nach uns vorliegenden gesicherten Informationen u.a.: Georg Dorn, Michael Geipel, Hans Fischer, Dieter Hillebrenner und Günter Wendel. Es sollen darüber hinaus noch weitere Personen beteiligt gewesen sein, diesbezüglich ist unsere Informationslage aber nicht wirklich sicher, so dass wir keine weiteren Namen nennen wollen.
Interessant ist der Vergleich mit der Liste der sechs Unterzeichner des Papieres "Es reicht" - (sie unten)

(84) Nur am Rande angemerkt sei, dass die deutsche Sozialdemokratie 1933 im Bestreben, von den Hitlerfaschisten nicht verboten zu werden, ihren Vorstand "judenfrei" machte.

(85) Es geht hier nur um Beispiele, deshalb sind weitere ähnliche Prozesse in Asien und Nord- wie Südamerika nicht erwähnt.

(86) Nina Hager: "Wenn beispielsweise andere kommunistische Parteien wie die Genossinnen und Genossen der KKE die Entscheidung treffen, in ihrem Lande nicht mit Sozialdemokraten und Linksreformisten zusammenzuarbeiten, dann werden sie dafür ihre Gründe haben. Und wenn sie auf eine Einladung zu einer Aktionskonferenz in NRW kürzlich unseren Genossinnen und Genossen antworteten, dass sie nicht an Bündnissen oder Veranstaltungen mit der Partei "Die Linke" teilnehmen, weil ihres Erachtens "ein gemeinsames Auftreten mit Vertretern dieser Partei ... Verwirrungen über mögliche politische und ideologische Gemeinsamkeiten" stifte, so ist das ihre Sichtweise auf die Situation in der Bundesrepublik. Es ist nicht die unsere und wir halten sie für falsch, weil wir eine andere Geschichte und andere Erfahrungen haben, weil unsere Einschätzungen über die Partei "Die Linke" zudem differenzierter sind und weil wir hier die Verantwortung für unsere kommunistische Politik tragen." (Referat Nina Hager bei der 12. Sitzung des DKP-Parteivorstandes am 28./29.8.2010)

(87) Die seit Kurzem herumgeisternde Formel: "Klarheit durch Einheit" grenzt in diesem Zusammenhang schon fast ans Bizarre!

(88) Frei übersetzt: "Wem nützt es?"

(89) "Association pour la taxation des transactions monetaires a l'aide des citoyens", in Frankreich ins Leben gerufen 1998 (?) aus dem Umfeld der Zeitung Diplo (Le Monde Diplomatique) mit Unterstützung des Soziologen Bourdieu. (Fußnote im zitierten Text; d.Red.)

(90) So wurde vielfach der Vorwurf der Spaltungsabsicht erhoben, möglicherweise eine Verkennung der wirklichen Absichten der Initiatoren. (Fußnote im zitierten Text; d. Red.)

(91) "attac" ist nicht durch Unterwanderung zerstört worden, sondern war von Anfang an eine Totgeburt: "globalisierungskritisch" und gegen die Finanzmärkte, die "Spekulation" und den Zins gerichtet, reproduziert attac in seiner politischen Grundlage den Kapitalfetisch. Eine ausführlichere Auseinandersetzung damit würde hier zu weit führen. Ich empfehle: Marx über diejenigen, die den Kapitalismus ungerecht finden und der kapitalistischen Profitmacherei das Äquivalenzprinzip entgegenhalten, das genau dessen Grundlage ist.

Raute

Phil Ramcke: Das so genannte "Organisationskomitee" und einige Hintergründe

Alles begann bei mir mit der Gründung der Greifswalder DKP-Gruppe vor etwa vier Jahren. Wir waren jung, voller Elan und wollten eine revolutionäre Parteigruppe aufbauen, die in der Tradition der roten Matrosen und Soldaten Greifswalds stehen sollte. Wir wurden deshalb nicht bekannt durch prinzipienlose Kompromissbereitschaft, sondern durch unsere relativ klaren Prinzipien: Kommunisten auf der Grundlage der marxistischen und leninistischen Erkenntnisse in der DKP Greifswald zu vereinen.

Wir waren zwar klein, dennoch in vielen Bündnissen verankert und in verschiedenen Organisationen gerne gesehen, nicht trotz unserer Ansichten, sondern wegen unserer Ansichten und unserer Zuverlässigkeit - außer bei die Linke.SDS, die uns "DDR-Verherrlichung" und "Stalin-Kult" vorwarf. Ersteres wegen unseres Beitrages zur Stadtgeschichte, zweites wegen unserem Kampf gegen den Trotzkismus.

In dieser Zeit des kleinen Aufschwungs lernte ich einen Berliner DKPler namens Ingo Höhmann kennen. Er arbeitete zudem im Vertrieb der jungen Welt. Viele schöne Diskussionen verbanden die DKP Greifswald mit Ingo, vor allem durch seine Unterstützung: inhaltlich als auch organisatorisch. Ingo sagte mir, dass die Einheit der Kommunisten auf einer klaren marxistisch-leninistischen Grundlage oberste Priorität habe, auch über die Grenzen der DKP hinaus. Doch mit meinen Umzug nach NRW verließ ich nicht nur die DKP Gruppe Greifswald, sondern auch der Kontakt zu Ingo brach erst einmal ab.

In NRW waren die Verhältnisse innerhalb der DKP in keiner Weise mit denen in Greifswald zu vergleichen: Statt Kampf der Ideen und kämpferische, prinzipienfeste Politik war Versöhnung an der Tagesordnung. Klare Positionen wurden mit angeblich moralisch "hochwertigeren" bürgerlichen Positionen bekämpft. Ein Beispiel hierzu: Zu einem lokalen Wahlkampf wurde beraten, welche Themen auf den Plakaten abgedruckt werden sollten. Meine Ideen waren hierzu: Hartz IV und Armut. Dies wurde abgelehnt, da die Grünen und die Linken diese Themen schon behandelten und man seine "Bündnisfähigkeit" nicht gefährden wolle. Stattdessen wurde Personenwahlkampf beschlossen. Eines Tages erschienen in dem Stadtbild aber noch andere Plakate unserer DKP: "Stoppt das Gänse-Morden am Unterbachersee". In der Nähe der Stadt gab es einen See, der aufgrund des Gänsekots umzukippen drohte und vor allem junge und alte Menschen gesundheitlich gefährdete. Um dies zu vermeiden, sollten einige wenige Gänse geschossen werden. Dieses "Morden" wurde nun zu einer der Hauptangelegenheiten der DKP. Wer nicht den klassenkämpferischen Charakter in dieser Aktion sah, war schon fast ein "Konterrevolutionär". Die Höhe war die Betitelung "Gänse-Holocaust".

Nach vielen Rückschlägen und massiven Enttäuschungen wurde es daher für viele Genossen zur Notwendigkeit, eine fortschrittliche, marxistisch-leninistische Organisation zu haben, die vorwärtsgerichtet die politische Bühne in NRW in eine bessere Richtung lenkt. Über Umwege wurde uns klar, dass diese Aufgabe nur die Kommunistische Initiative (KI) erfüllen kann, weshalb wir im April 2010 die KI-NRW gegründet haben.

Kurze Zeit darauf bekam ich plötzlich einen Anruf von Ingo Höhmann, der mir erfreut berichtete, dass er einer der Koordinatoren der KI sei und wir auf seine Hilfe zählen könnten. Davon war allerdings schon am Anfang nicht viel spürbar. Wir mussten nicht nur unsere KI-NRW aufbauen, sondern auch für Ingos Gruppe, die KI-Berlin, einen Flyer erstellen, weil die KI-Berlin diese Aufgabe nicht aus eigener Kraft schaffen konnte.

Unsere KI-NRW wuchs und wurde aktiver. Ingo schenkte uns zwar einen Info-Tisch, doch auf meine Nachfrage, wie er uns organisatorisch und inhaltlich helfen könne, überreichte er mir lediglich ein Stück Papier, das zur systematischen "Teilung" von KI-Gruppen aufrief, damit diese effektiv arbeiten könnten. Die Intention dahinter: Genossen finden sich zusammen und je nachdem, wo sie wohnen, sollen sie maximal eine Zelle von 3 Personen bilden, die bei einem Wachstum der Gruppe wieder zu teilen sei... Prinzipiell gefiel mir die Idee. Allerdings war sie aus meiner Sicht in keiner Weise politisch begründet und fundiert. Außerdem war sie auf der Ebene der Methodik nicht ausgereift. Das Ganze warf mehr Fragen auf, als es Antworten gab; zum Beispiel: Mit welchen Argumenten kann man neue Mitglieder wie gewinnen und organisatorisch in die KI-Arbeit einbinden? Diese Erfahrungen mussten wir eben selber machen.

Auf der ersten Sitzung der Vorbereitungsgruppe für die Planung und Durchführung der zweiten Perspektivkonferenz der KI (Termin: Februar 2011) in Hannover durfte ich zum ersten Mal an zentralen Aufgaben teilnehmen. Dort haben wir besprochen, wie und im welchem Umfang der Perspektivkongress stattfinden wird und welche Etappen und organisationspolitische Konsequenzen nach der reinen Sammlungsphase folgen müssen. Zudem bekam ich auch negative Entwicklungen innerhalb der KI mit, u.a. die Inaktivität der KI-Gruppe Berlin (dort traf man sich höchstens zu Diskussionen). Auch musste ich schmerzhaft erfahren, dass das "Organisationskomitee (OK) faktisch nicht mehr existent war, sich nicht einmal mehr zu regelmäßigen und ordnungsgemäßen Sitzungen traf.

In NRW blieb jedoch der Elan, und die Kampfbereitschaft war trotz aller Defizite ungebrochen; ich empfand es positiv, dass die Probleme offen und ehrlich dargelegt und sachlich diskutiert wurden, nichts wurde beschönigt oder unter den Tisch gekehrt. Die schnelle Zentralisation der Aufgaben in unserer KI-Gruppe in NRW bedeutete vor allem, dass Fehler und Erfahrungen schnell gefunden und beseitigt oder genutzt werden konnten. So passierte es, dass wir innerhalb von wenigen Tagen "KI-TV" ins Leben rufen konnten... KI-TV ist ein Youtube-(Fernseh)kanal, der kommunistische Nachrichtenbeiträge in unregelmäßigen Abständen veröffentlicht.

Unser Aufbau war davon geprägt, dass wir auf uns alleine gestellt waren, dass wir keine Hilfe bekamen, obwohl die KI-NRW als auch ich persönlich von Beginn unter Feuer von gegnerischen Kräften standen. Die DKP hing mir ein Schiedskommissionsverfahren an und warf mich im Eilverfahren aus der Partei. Verrat und Diskreditierung begleiteten auf Seiten der DKP meinen Abgang; dies war auch persönlich eine sehr harte und schmerzhafte Erfahrung. Gleichzeitig musste sich unsere KI-Gruppe von störenden Elementen befreien. Doch die Isolierung und der Rauswurf von einigen dieser Querulanten hat unsere KI-Gruppe keineswegs geschwächt, sondern letztlich sogar gestärkt. Auf der anderen Seite wurde den Genossen und Kandidaten (wir haben bei uns inzwischen den Mitgliederstatus für die KI auf Wunsch und mit Beschluss der Genossen eingeführt) mehr Vertrauen entgegen gebracht: es wurden Arbeitsgruppen gegründet, die eigenständig ihre Jahrespläne erarbeiteten und umsetzen; es wurde eine Landesleitung und ein Politisches Büro der KI-NRW aufgebaut; mit der Vernetzung aller Arbeitsgruppen begannen auch die regelmäßigen Kaderschulungen und die Regionalisierung des Fernstudiums der offen-siv.

Wie gesagt, dies alles geschah ohne Hilfe oder zentrale Anleitung des Organisationskomitees der KI, schlichtweg weil - wie ich nur wenig später bestätigt bekam - es einfach inaktiv war und eigentlich gar nicht mehr bestand.

Ein zweites, zentrales Treffen der Vorbereitungsgruppe für die Planung und Durchführung der zweiten Perspektivkonferenz der KI fand im Juli 2010 in Berlin statt. Dort wurde von Mitgliedern des Organisationskomitees festgestellt, dass das OK faktisch nicht mehr existent ist. Demzufolge wiesen die anwesenden OK-Mitglieder die Vorbereitungsgruppe an, die nun entscheidenden Aufgaben mit zu übernehmen. Der damalige, noch vom OK eingesetzte Leiter dieser Gruppe, Detlef Krüger, war besonders froh, dass es Kommunisten in NRW gibt, die trotz des Versagens des Organisationskomitees aktiv sind und organisatorisch wachsen. Die Vorbereitungsgruppe beschloss deshalb zusammen mit Krüger einstimmig alle sich aus der Situation ergebenden, vor allem auch die zweite Perspektivkonferenz vorbereitenden Anträge. Zugleich wurde ich zum neuen Vorsitzenden dieser Vorbereitungsgruppe gewählt.

Detlef Krüger verschwand dann erst einmal in der Versenkung. Einige Tage später rief er per Mail dazu auf, dass er nicht bei Sinnen war und angeblich gezielt falsch informiert wurde und daher keinen Beschluss der Vorbereitungsgruppe der KI mehr mittragen wolle. Es kam jedoch noch dicker: Hinter dem Rücken von KI-Genossen begann er eine Desinformationskampagne gegen einzelne aktive KI-Unterstützer. Auch behauptete er plötzlich, die KI-NRW würde gar nicht wirklich existieren und ich sei ein Schwätzer!

Die beste Sprache, die solche Leute verstehen, sind Taten. Deshalb haben wir unsere Anstrengungen in NRW fortgesetzt und durch eine weitere Zentralisierung noch effektiver gemacht. Wirklich jeder kleinste Fehler der KI-NRW wurde gesucht und behoben. Vor allem aber haben wir es geschafft, systematisch junge Genossen, egal wo sie in der BRD wohnen, nach NRW zu holen und sie in unseren Kaderschulungen auszubilden.

Inmitten dieser Erfolge, die nun die Grenzen von NRW überschritten, tauchte plötzlich aus dem Nichts Ingo Höhmann und das so genannte "Organisationskomitee" wieder auf. "Das Organisationskomitee ist noch existent" und diverse anderer Aufrufe durchschallten den Äther des Internets. Auch wussten mehrere, die diese Aufrufe angeblich unterzeichnet haben sollten, nichts von diesen Aufrufen und von dem Missbrauch ihrer Namen. Unterm Strich kann man von einer kleinen Minderheit von "KI-Unterstützern" sprechen, die eine Abspaltung von der KI vorantreiben. Zunächst gab es einige Aufregung um diese Minderheit, eigentlich, unverständlich, denn das einzige, was sie tut, ist irgendwelche Aufrufe ohne Aktivitäten zu verbreiten. Nichts desto trotz möchte ich mich nun inhaltlich mit dem Papier "Es reicht!"(92) auseinandersetzen:

"Erklärung von Unterstützern der Kommunistischen Initiative - Es reicht! - Verhindern wir die Spaltung!" Schön, dass diese "Unterstützer" (6 Personen an der Zahl) die Spaltung verhindern wollen, indem sie sich gegen die Meinung der Mehrheit der KI-Unterstützer stellen wollen. Aber seien wir gespannt, wie es weiter geht:

"Die Kommunistische Initiative (KI) befindet sich in einer Krise. Sie ist politisch-ideologischer, theoretischer, führungspolitischer, auch organisatorischer Natur. In der KI gibt es die unterschiedlichsten Vorstellungen über Charakter, Aufgaben und Ziel der KI. Daraus resultieren vielfältige, insgesamt subjektivistische Einschätzungen über den erreichten Stand und die nächsten Aufgaben." Die Kommunistische Initiative soll sich also angeblich in einer Krise befinden. Die Unterzeichner sprechen wohl für sich selbst und ihr Umfeld, denn für ihre "Tatsachen" können die "Retter der KI" leider keine Beweise vorzeigen.

In ihren Kreisen mag es vielleicht zutreffen, dass sie auf "politisch-ideologischer, theoretischer, führungspolitischer, auch organisatorischer Natur" eine Krise vorfinden, denn wie kann man nur denken, dass lediglich durch die Desinformation und Bedrängung anderer Genossen neue Mehrheiten geschaffen werden können? Wie können diese Personen denken, dass es in der KI die unterschiedlichsten Vorstellungen geben kann? Ist denn unsere Basis nicht der Marxismus-Leninismus? Für diese Personen anscheinend nicht. Denn wer den Marxismus-Leninismus als Basis nimmt (das bedeutet nämlich unter anderem Parteidisziplin und ideologisch-politische Klarheit), der kann doch nicht wirklich glauben, dass die Minderheit einfach die Mehrheit herumkommandieren kann...! Diese KI-Minderheit mag vielleicht Recht haben, dass in ihren Kreisen "die unterschiedlichsten Vorstellungen über Charakter, Aufgaben und Ziel der KI" vorhanden sind, in der KI ist jedoch mehrheitlich die Position "Klarheit vor Einheit!" verankert und auf dieser Position entwickelt sich die Organisation ganz konkret: Schleswig-Holstein und Niedersachsen-Hamburg haben sich gerade gegründet. Die KI-NRW wächst systematisch und im Saarland, Hessen, Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen sind Genossen dabei, sich zu vernetzen. Wer dafür Belege haben möchte, kann gerne im Internet, bei Youtube oder auf den diversen Demos und Veranstaltungen vorbei schauen und uns kennen lernen.

Doch nun weiter mit dem Minderheits-Papier "Es reicht": "Mit den Beschlüssen der Vorbereitungsgruppe vom 10. Juli d. J. wurde die Krise verschärft. Der Streit um das Sagen in der KI zwischen gewähltem Organisationskomitee (OK) und ernannter Vorbereitungsgruppe der 2. Perspektivkonferenz (VG) ist offen ausgebrochen." Na gut, es gab einige Beschlüsse der Vorbereitungsgruppe. Aber ein Streit ist offen ausgebrochen? Wie das denn? Kann sich eine Leiche mit einem Lebenden streiten? Wenn das gewählte Organisationskomitee tatsächlich noch bestehen würde, dann müsste es doch noch alle gewählten Mitglieder umfassen, sich ordnungsgemäß und regelmäßig treffen sowie vor allem breiteste Aktivitäten zur Weiterentwicklung der KI-Entwicklung entfalten. Das ist, trotz aller hektischen Schein-Betriebsamkeit nicht der Fall, seit Monaten unterzeichnen die diversen Papiere praktisch nur Ingo Höhmann, Thomas Waldeck und/oder Detlef Krüger.

"Die VG (die Vorbereitungsgruppe, d. Autor) maßt sich ihr nicht zustehende Rechte an (Auftreten als Sprecher der KI, Übernahme von Aufgaben des OK, Verwendung von Spendenmittel u.a.)." Diese Rechte haben wir einfach aus Verantwortung für die KI und unsere revolutionäre Sache, da alle Mitglieder der Vorbereitungsgruppe und alle verbliebenen aktiven OK-Mitglieder sich dieser Verantwortung bewusst sind, dies einstimmig beschlossen haben und auf dieser Basis die zweite Perspektivkonferenz vorbereiten werden. Unsere Perspektivkonferenz im Februar 2011 wird demokratisch über die Strategie und Taktik, die Perspektiven der KI beraten, die in diesem Sinne notwendigen Beschlüsse fassen sowie eine neue Leitung wählen.

"Sie (die Vorbereitungsgruppe, d. Autor) nutzt ihren Einfluss auf die Medien zu einer einseitigen Information. Es ist eine Art "Doppelherrschaft" im Entstehen, wobei interessanterweise einige gewählte OK-Mitglieder bzw. Mitglieder der Zentralen Kontroll- und Schiedskommission "die Seiten wechselten". Auf diese Weise wollen sie offensichtlich einer Kritik ihrer bisherigen Arbeit entgehen und ein Exempel statuieren, das auch in Zukunft jederzeit zur Nachahmung einlädt." Eine Doppelherrschaft? Interessant. Maßen sich also die 6 Unterzeichner des Papiers "Es reicht!" an, der KI eine neue Führung aufzudrücken? Das ist dann keine "Doppelherrschaft", sondern Fraktionismus, der von dieser Minderheit initiiert wird!

"Die Spaltung der KI ist akut. Wo KI darauf steht, ist immer weniger KI drin. Der hohe Anspruch "Klarheit vor Einheit" verkommt zu einer hohlen, verlogenen Phrase. Wurden die Probleme der KI bisher nur durch die öffentlich gemachten Überlegungen des ZK der KPD(B) einem begrenzten Leserkreis außerhalb der KI bekannt, so ist das Hauen und Stechen jetzt im Internet angekommen und damit vielen Lesern zugänglich." Wo KI drauf steht, ist in Euren Aufrufen immer weniger KI drin. In Euren Schriften verkommt der Anspruch "Klarheit vor Einheit" zu einer hohlen Phrase, denn Ihr wollt eine andere KI, die nichts mehr oder nur noch sehr wenig mit der des Aufrufs zu tun hat, eine KI der Beliebigkeit ohne klare Prinzipien, eine KI entfernt von unserem Prinzip "Klarheit VOR Einheit!".

"Ein Schwerpunkt der Arbeit des OK ist die Arbeit mit der KI-Basis, [...] Ebenso sollten Gespräche mit jenen Unterstützern gesucht werden, die ihr Engagement auf-gaben; denn die Wahrheit muss auf den Tisch." Gerne: Kommt nach NRW. Dann würdet Ihr aber sehr konkret erfahren, dass Ihr eine Minderheit vertretet... Die Wahrheit ist doch auf dem Tisch. Wer sie lesen möchte, der kann gerne die Richtigstellungen auf der KI-Homepage nachlesen (www.kommunistische-initiative.de).

"Die Vorbereitungsgruppe ist aufzulösen"

Langsam bekomme ich Augenkrebs. Wer kann denn von Euch so schlecht lesen, dass ihr immer alles so groß schreiben müsst? Oder sind es eher die inhaltlichen Probleme, die Ihr mit großer Schrift überschatten müsst? Lenin hat einmal sinngemäß gesagt, dass es nicht schlimm ist, wenn man blind ist, schlimm ist es, wenn man nicht sehen möchte! Wer die Vorbereitungsgruppe auflösen möchte, der will nicht nur die realen Entwicklungen an der KI-Basis nicht zur Kenntnis nehmen, der will diese positiven Entwicklungen zerstören. Die Frage an die Minderheit stellt sich doch anders: Warum macht Ihr denn nicht konkret und aktiv mit bei der Entwicklung der KI? Warum unterstützt Ihr denn nicht die zweite Perspektivkonferenz im Februar 2011? Warum baut Ihr stattdessen Gegenstrukturen auf und treibt Genossen zum Nichtstun?

"Das OK hat seine Arbeit geschlossen neu aufzunehmen." und "Die am 10. Juli gefassten Beschlüsse sind ungültig. [...] Durch das OK ist eine neue Vorbereitungsgruppe zu benennen, die gewährleisten muss, dass sie in Abstimmung mit dem OK als politisches Führungsorgan in Vorbereitung der 2. Perspektivkonferenz wirksam wird." Das OK existiert nun doch, plötzlich aus der Luft gekommen? Könnt ihr Euch mal bitte entscheiden? Was soll man Euch denn noch glauben? Ich versuche gerade, die wirkliche Zielsetzung Eures Textes zu verstehen, aber Ihr verwirrt mich mit Euren Gedankentricks! Sie verschleiern Euer Spiel: ohne politische Aussagen, ohne wirkliche Orientierungen, ohne konkrete Aktivitäten. Viel Getöse, aber am Ende nur Abspaltung... Was wollt Ihr damit?

"Die KI-Basis muss auf die Beschlussfassung Einfluss nehmen können. Schwerpunkt der Arbeit an der Basis ist die politische Öffentlichkeitsarbeit, das Bekanntmachen der KI vor Ort." Ich kann Euch berichten, dass wir auf Grundlage des demokratischen Zentralismus alle Genossen der KI mit einbinden. Das kann man auch öffentlich verfolgen oder sich in den Gruppen einbringen oder anders konkret aktiv einbringen. Meint Ihr, Ihr schafft das auch? Ihr habt doch genug damit zu tun, irgendwelche Aufrufe zu schreiben, die verwirren und weit weg sind von den Realitäten...

"Dieses Land braucht eine Kommunistische Initiative, um eine einflussreiche marxistisch-leninistische Partei formieren zu können!" Ja! Genau das geschieht gerade, aber wo ist die KI-Minderheit? Sie baut Anti-KI-Strukturen auf, macht also genau das Gegenteil.

Deshalb und gerade wegen diesen Verwirrungen brauchen wir eine Kommunistische Initiative, die klar auf den revolutionären Erkenntnissen von Marx, Engels, Lenin und Stalin steht und sie anwendet. Nur auf diesem Wege können wir in Zukunft eine Kommunistische Partei schaffen, die uns zur Revolution und zum Sozialismus führt! Deshalb rufe ich alle klaren Genossen auf: Macht mit in der Kommunistischen Initiative! Lasst uns gemeinsam Lernen, Leben und Kämpfen! Für eine neue Kommunistische Partei! Für eine neue Sowjetmacht und den Sozialismus!

Phil Ramcke, 24 Jahre, Vorsitzender der Vorbereitungsgruppe zur zweiten Perspektivkonferenz der KI im Februar 2011, Düsseldorf


Anmerkung

(92) Das Original-Papier ist direkt nach diesem Artikel abgedruckt; Red. offen-siv.

Raute

Erklärung von Unterstützern der Kommunistischen Initiative:
Es reicht! Verhindern wir gemeinsam die Spaltung!

Die Kommunistische initiative (KI) befindet sich in einer Krise. Sie ist politisch-ideologischer, theoretischer, führungspolitischer, auch organisatorischer Natur. In der KI gibt es die unterschiedlichsten Vorstellungen über Charakter, Aufgaben und Ziel der KI. Daraus resultieren vielfältige, insgesamt subjektivistische Einschätzungen über den erreichten Stand und die nächsten Aufgaben.

Mit den Beschlüssen der Vorbereitungsgruppe vom 10. Juli d. J. wurde die Krise verschärft. Der Streit um das Sagen in der KI zwischen gewähltem Organisationskomitee (OK) und ernannter Vorbereitungsgruppe der 2. Perspektivkonferenz (VG) ist offen ausgebrochen. Statt Ursachenanalyse erleben wir gegenseitige Schuldzuweisung. Die VG maßt sich ihr nicht zustehende Rechte an (Auftreten als Sprecher der KI, Übernahme von Aufgaben des OK, Verwendung von Spendenmittel u.a.). Sie nutzt ihren Einfluss auf die Medien zu einer einseitigen Information. Es ist eine Art "Doppelherrschaft" im Entstehen, wobei interessanterweise einige gewählte OK-Mitglieder bzw. Mitglieder der Zentralen Kontroll- und Schiedskommission "die Seiten wechselten". Auf diese Weise wollen sie offensichtlich einer Kritik ihrer bisherigen Arbeit entgehen und ein Exempel statuieren, das auch in Zukunft jederzeit zur Nachahmung einlädt.

Die Spaltung der KI ist akut. Wo KI darauf steht, ist immer weniger KI drin. Der hohe Anspruch "Klarheit vor Einheit" verkommt zu einer hohlen, verlogenen Phrase. Wurden die Probleme der KI bisher nur durch die öffentlich gemachten Überlegungen des ZK der KPD(B) einem begrenzten Leserkreis außerhalb der KI bekannt, so ist das Hauen und Stechen jetzt im Internet angekommen und damit vielen Lesern zugänglich.


Wir meinen: Es reicht!
Wie weiter?

1. Das OK hat seine Arbeit geschlossen neu aufzunehmen. Alle Mitglieder des gewählten OK und der Zentralen Kontroll- und Schiedskommission haben aus den Fehlern und Mängeln ihrer Arbeit seit der 1. Perspektivkonferenz Schlussfolgerungen zu ziehen. Diese Schlussfolgerungen sind der KI-Basis schriftlich mitzuteilen. Die Mitglieder des Organisationskomitees bzw. der Zentralen Kontroll- und Schiedskommission haben ihre Tätigkeit bis zur 2. Perspektivkonferenz verantwortungsbewußt fortzusetzen und dort Rechenschaft abzulegen. Abberufungen sind nur zulässig, wenn eine kriminelle Handlung vorliegt.

Ein Schwerpunkt der Arbeit des OK ist die Arbeit mit der KI-Basis, in Sonderheit die Organisation des Erfahrungsaustausches zwischen den Regionalgruppen. Dazu gehört auch die Ursachenanalyse für gegenwärtige Schwierigkeiten. Ebenso sollten Gespräche mit jenen Unterstützern gesucht werden, die ihr Engagement aufgaben; denn die Wahrheit muss auf den Tisch.

2. Die Vorbereitungsgruppe ist aufzulösen. Die am 10. Juli gefassten Beschlüsse sind ungültig. Über bereits verausgabte Spendengelder ist Rechenschaft abzulegen.

Durch das OK ist eine neue Vorbereitungsgruppe zu benennen, die gewährleisten muss, dass sie in Abstimmung mit dem OK als politisches Führungsorgan in Vorbereitung der 2. Perspektivkonferenz wirksam wird. Die dazu notwendige Konzeption der politisch-ideologischen und organisationspolitischen Vorbereitung ist durch das OK zu bestätigen. Die Mitglieder der neuen Vorbereitungsgruppe sind mit ihrer Kurzbiographie der KI-Basis bekanntzumachen. Der Schwerpunkt ihrer Arbeit ist die inhaltliche Vorbereitung der 2. Perspektivkonferenz unter Einbeziehung der gesamten KI-Basis.

3. Die KI-Basis ist über die Tätigkeit des OK und der Vorbereitungsgruppe regelmäßig zu informieren. Es ist rigoros Schluss zu machen mit der nach wie vor gängigen Praxis, sog. "Hintergrundinformationen", über Emails zu verbreiten, womit sich Einzelne wichtig machen und sonderbare Abhängigkeitsverhältnisse schaffen. Die KI-Basis muss auf die Beschlussfassung Einfluss nehmen können. Schwerpunkt der Arbeit an der Basis ist die politische Öffentlichkeitsarbeit, das Bekanntmachen der KI vor Ort.


Dieses Land braucht eine Kommunistische Initiative, um eine einflussreiche marxistisch-leninistische Partei formieren zu können!

August 2010. Georg Dorn (Berlin); Hans Fischer (Berlin); Michael Geipel (Berlin); Dieter Hillebrenner (Dresden); Petra Rocke (Ulm); Günter Wendel (Berlin).

Raute

Vorbereitungsgruppe Perspektivkonferenz: Zu einigen Problemen der KI-Entwicklung

Im Internet, in Mails sowie in einigen Beiträgen in Internet-Diskussionsforen erscheinen seit einiger Zeit immer wieder Texte, deren Ziel es ganz offensichtlich ist, die KI als zerstritten, vor einer "Spaltung" stehend oder gar gescheitert darzustellen. Hieran beteiligt sich leider ein überschaubarer Kreis von KI-Unterstützern, zunehmend auch gemeinsam mit Personen, die die KI bisher nicht unterstützt haben. In diesem Zusammenhang seien nur stellvertretend die inzwischen verschiedensten Versionen der so genannten "Erklärungen des Organisationskomitees (OK)" der KI, die "Erklärung von Unterstützern der Kommunistischen Initiative", ('Es reicht', initiiert von Genossen Dieter Hillebrenner aus Dresden)", die Rundmail "Offizielle Mitteilung der Kommunistischen Initiative" oder aber das Positionspapier "Kommunisten aller Fraktionen, vereinigt Euch!" genannt. Auf jede einzelne dieser Äußerungen eines kleinen Kreises von KI-Unterstützern gesondert einzugehen, würde aus unserer Sicht nicht nur zu einer Selbstbeschäftigung führen, sondern auch verkennen, dass sie, zwar unterschiedlich formuliert, aber im Kern immer wieder das Gleiche in Wiederholung aussagen.

Deshalb beschränken wir uns darauf, nachprüfbar Falsches richtig zu stellen, um somit einer politischen, inhaltlichen Diskussion über die Perspektiven der KI weitere Türen zu öffnen - gerade auch in Vorbereitung der zweiten Perspektivkonferenz im Februar nächsten Jahres:

1) Jene Unterstützer der KI, die diversen Papieren Autorität verleihen möchten, sind eine Minderheit. Sie sind nicht in der Lage, beschlussfähige Sitzungen des OK zu organisieren und ziehen zum Teil bereits Nicht-Unterstützer zur Auffüllung ihrer Reihen heran. Anderslautende Erklärungen, dass sie die Mehrheit des OK oder gar der KI-Basis hinter sich hätten, kaum nachvollziehbare unterschiedliche Rechenbeispiele, die dies "beweisen" sollen, entsprechen nicht der Wahrheit und sind bestensfalls verwirrende Taschenspielertricks. Manche dieser KI-Unterstützer halten sich - außer der ständigen Heraufbeschwörung von Putsch- und Spaltungsszenarien - von konkreter Arbeit zur Unterstützung der KI gänzlich fern. Inzwischen werden Genossinnen und Genossen, die ihre Sichtweise der Dinge nicht teilen, zu ihren Treffen nicht einmal mehr eingeladen. Alle "Beschlüsse", die auf diesen Treffen einiger KI-Unterstützer gefällt wurden und werden, haben deshalb objektiv keinerlei bindenden Charakter, sondern sind persönliche Meinungsäußerungen einiger.

2) Gebetsmühlenartig wird in den genannten Beiträgen und Papieren behauptet, in der KI hätte es einen "Putsch" gegeben und alle tatsächlich derzeit arbeitenden Gremien und Strukturen der KI hätten keinerlei Legitimität. Im Fadenkreuz ihrer Angriffe stehen die "Vorbereitungsgruppe für die zweite Perspektivkonferenz" sowie auch die Genossen Flegel und Opperskalski, denen wahrheitswidrig Aktionen vorgeworfen werden, die sie nachweislich niemals durchgeführt haben.

Die Fakten und die Realität sprechen jedoch eine andere Sprache: Die Vorbereitungsgruppe ist keine anonyme Gruppe, die sich putschistisch zusammengefunden hat, sondern wurde auf Beschluss des OK bereits vor Monaten unter Leitung des Genossen Krüger, einer der Koordinatoren des OK, aus aktiven KI-Unterstützern zusammengestellt und ins Leben gerufen, um die zweite Perspektivkonferenz vorzubereiten. Sie wurde demzufolge entsprechend dem OK-Beschluss von Genossen Krüger deshalb demokratisch eingesetzt, arbeitet legitim und ihre Beschlüsse sind legal. Dies wurde zudem vom OK auf seiner letzten legitimen, beschlussfähigen Sitzung am 15. Mai 2010 (!) auch bestätigt.

3) Die - auch kritischen wie selbstkritischen - Analysen sowie Beschlüsse der Vorbereitungsgruppe wurden auf ihrer Sitzung am 10. Juli - bis auf eine Ausnahme mit einer Gegenstimme des Genossen Krüger - EINSTIMMIG angenommen, darunter auch von den anwesenden OK-Mitgliedern. Die Veröffentlichungen über diese Sitzung in den "KI-Informationen" entsprechen exakt dem auch protokollarisch dokumentierten Ablauf der Sitzung. Genosse Krüger, bis dahin offiziell Leiter der Vorbereitungsgruppe, trug, bis auf einen, ALLE diese Analysen und Beschlüsse mit, initiierte sogar einige davon. Daran ändert auch seine Erklärung vom 19.07.2010 nichts, in der er sich von seinen eigenen Einschätzungen und den von ihm mitgetragenen Beschlüssen distanziert, aus eigner Initiative nun nicht mehr in der Vorbereitungsgruppe mitarbeitet. Es bleiben Mehrheitsbeschlüsse, selbst wenn er inzwischen diese nicht mehr mitzutragen bereit ist. Die Vorbereitungsgruppe arbeitet auf der Basis des demokratischen Zentralismus, was konkret bedeutet, dass Mehrheitsbeschlüsse bindend und gemeinsam umzusetzen sind. Die Einstellung "Was kümmert mich noch mein Geschwätz von gestern?" steht dazu im Widerspruch. Einer dieser Beschlüsse (ebenfalls EINSTIMMIG gefasst!) war, dass Genosse Phil Ramcke als Vorsitzender der Vorbereitungsgruppe wirkt.

4) Ebenfalls EINSTIMMIG wurde von der Vorbereitungsgruppe festgestellt, dass das OK inzwischen als kollektiv tätiges Organ "faktisch nicht mehr existiert", auch wenn einzelne Mitglieder sich nach wie vor mit Engagement in die Arbeit der KI einbringen. Hintergründe für diese Feststellung, die Konsequenzen haben musste, sind u.a. folgende Tatsachen:

a) es gibt inzwischen seit Monaten keinerlei, schon gar nicht mehr regelmäßige beschlussfähige Sitzungen des OK;

b) in den letzten Monaten sind einige OK-Mitglieder aus dem Gremium ausgeschieden, andere haben, zum Teil unentschuldigt, niemals an OK-Sitzungen teilgenommen. Das bedeutete auch, dass das OK niemals zu einem wirklich kollektiv handelnden Organ werden konnte;

c) Anfragen an das OK, die unter anderem mit dem wachsenden Interesse an der KI zu tun haben, wurden teilweise nicht einmal beantwortet;

d) die wenigen gefassten Beschlüsse des OK wurden entweder nicht oder nur zum Teil erfüllt oder gar in Eigenregie im Alleingang von Genossen ohne jede Konsequenz umgekehrt.

Die hektische Betriebsamkeit, die drei OK-Mitglieder (Ingo Höhmann, Thomas Waldeck, Detlef Krüger) inzwischen verbreiten, ändert nichts an dieser nüchternen Feststellung. Sie bestätigt diese sogar noch, denn alle so genannten "OK-Sitzungen", die von ihnen organisiert werden, sind nicht beschlussfähig; zu ihnen wird nicht einmal mehr "ordnungsgemäß" eingeladen. Notgedrungen müssen sie jetzt "öffentliche OK-Sitzungen" organisieren, um ihre lichten Reihen zu füllen. Diese Treffen beschäf-tigen sich nahezu ausschließlich mit der "Zurückweisung" eines so genannten Putsches und tragen nicht zur weiteren Entwicklung der KI oder zu politischen Diskussionen innerhalb der KI bei.

Deshalb ist sich die Vorbereitungsgruppe der ihr nun objektiv zugefallenen Verantwortung für die Entwicklung und Perspektive der KI bewusst: Mit einem faktisch als kollektivem und verantwortlichem Organ nicht mehr existierenden OK lässt sich weder politisch noch organisatorisch ein Perspektivkongress vorbereiten und durchführen. Dieser ist jedoch unerlässlich, um die KI vorwärts zu bringen, das Bisherige - auch selbstkritisch - zu analysieren, auf die Zukunft zu orientieren und sich demokratisch arbeitsfähige Strukturen zu geben, die den gestiegenen Anforderungen und Herausforderungen an die KI wirklich gewachsen sind. Hinzu kommt, dass das Interesse an der KI anhält. Derzeit und in naher Zukunft steht die Gründung neuer KI-Gruppen an. Diese müssen aktiv einbezogen werden müssen. Damit trägt die "Vorbereitungsgruppe" bereits jetzt und nachprüfbar Verantwortung für sehr konkrete positive Entwicklungen der KI. So wurden u.a. neue KI-Gruppen gegründet oder befinden sich in der Gründung.

Die Basis der Organisation wächst und beginnt bereits, über die Perspektiven der KI politisch wie organisatorisch zu diskutieren. Die tatsächliche Vernetzung der KI-Basis ist ebenfalls einen Schritt weiter gekommen, über Verbesserungen der theoretisch-ideologischen wie organisationspolitischen Arbeit der KI wird schon jetzt lebhaft diskutiert. Die Vorbereitung der zweiten Perspektivkonferenz bekommt Schwung. All dies ist zum Beispiel nachzulesen auf der Homepage der KI oder in den "KI-Informationen". Weitere Vorschläge und Entwürfe sind in Vorbereitung. Kurzum: Wir streben ein Höchstmaß an politischer Öffentlichkeit an, um die gesamte Organisation zu mobilisieren und mit einzubeziehen. Die Vorbereitungsgruppe bindet systematisch neue KI-Unterstützer mit ein. Jeder konkrete Vorschlag, der dies zu verbessern hilft, ist mehr als willkommen!


Tatsächliche politische Hintergründe

Hinter den nebulös vorgetragenen, unbewiesenen Feststellungen von einem angeblichen "Putsch", von einer "Spaltung" oder gar einem "Scheitern" der KI verstecken sich jedoch in Wahrheit handfeste und grundlegende politische Fragen. Diese Aussage bestätigt auch das bereits erwähnte Papier "Es reicht!". Dort heißt es u.a.: "Die Kommunistische Initiative (KI) befindet sich in einer Krise. Sie ist politisch-ideologischer, theoretischer, führungspolitischer, auch organisatorischer Natur. In der KI gibt es die unterschiedlichsten Vorstellungen über Charakter, Aufgaben und Ziel der KI." Die KI befindet sich zwar nicht in einer tiefgreifenden Krise, denn die Organisation entwickelt sich nachprüfbar weiter, aber es gibt tatsächlich unterschiedliche Positionen. Über diese schweigt sich auch das Papier "Es reicht!" aus. Die Rundmail als "Offizielle Mitteilung der Kommunistischen Initiative" betitelt wird da allerdings schon ein Stück deutlicher. Dort heißt es u.a.: "Die Träger dieser Tendenz (damit ist wohl die Mehrheit der KI gemeint...) haben die überstürzte Gründung einer Partei im Blick." Es gibt kein Papier der KI, das diese Aussage belegt. Ganz im Gegenteil! Einmal abgesehen davon, dass auch hier wieder einmal bewusst die Unwahrheit gesagt wird, enthüllt dieser Satz doch eine politische Intention der Verfasser: Sie wollen wohl die Schaffung einer einheitlichen Kommunistischen Partei bewusst und zugleich verhüllt auf den St. Nimmerleinstag verschieben. Dazu passt dann auch der unbewiesene Vorwurf des "linksopportunistischen Sektierertums" in dem Papier, der sich wiederum an die KI-Mehrheit richtet.

Mit jeder neuen "Erklärung" einiger KI-Unterstützer wird also immer deutlicher, worum es im Kern bei den bisherigen Diskussionen und bei einer Minderheit von Genossinnen und Genossen geht:

- Soll für die KI weiterhin das Prinzip "Klarheit vor Einheit" wirken oder dieses verwässert, gar aufgehoben werden? Einige sprechen deshalb schon von der angeblichen Notwendigkeit, für die KI die Orientierung "Klarheit durch Einheit" zu entwickeln.

- Soll die KI vor allem Sammlungsbewegung für einen unbestimmten Zeitraum bleiben oder parallel zur Sammlung klare organisationspolitische Strukturen auf Basis des demokratischen Zentralismus aufbauen?

- Wie sieht sich die KI innerhalb der nach wie vor vom Revisionismus dominierten und deshalb weiterhin niedergehenden kommunistischen Bewegung in der BRD?

- Wie kann sich die KI in die Klassenkämpfe der BRD mit welcher Rolle einbringen?

- Wie ist auf die immer aggressiver vorgetragenen Angriffe auf die KI zu reagieren?

Es wäre unrealistisch anzunehmen, dass der in der kommunistischen Bewegung in der BRD dominierende Revisionismus keinerlei Einfluss auf die KI hätte. Muss deshalb nicht ein permanenter Kampf gegen diesen Einfluss geführt werden?

Wir stehen für die Weiterentwicklung der KI auf den im Gründungsaufruf schon angerissenen Prinzipen: Klarheit VOR Einheit, Verteidigung des Marxismus-Leninismus, Kampf gegen den Revisionismus in all seinen Spielarten, Verteidigung des revolutionären Erbes der durch die Konterrevolution zerschlagenen sozialistischen Länder, vor allem der Sowjetunion und der DDR. In diesem Sinne wollen wir das Profil der KI weiterentwickeln, schärfen, weiter sammeln, aber zugleich organisationspolitische Strukturen auf Basis des demokratischen Zentralismus aufbauen, aktiv nach außen gehen und in Kämpfe eingreifen - immer unser längerfristiges Ziel klar vor Augen: eine einheitliche, marxistisch-leninistische Kommunistische Partei auch in der BRD!

Darum werden wir angegriffen und auch einige in der KI wollen das so nicht oder zumindest diese Orientierung verwässern. Deshalb werden wir die zweite Perspektivkonferenz im Februar 2011 nicht nur organisatorisch, sondern auch politisch vorbereiten, die ganze KI mit einbeziehen und uns auch auf verschiedenen Ebenen regelmäßig mit diesen anderen Vorstellungen auseinandersetzen!

Wir begrüßen jede Vertiefung der politischen Diskussionen um die Entwicklung und Perspektiven der KI, auch wenn dabei möglicherweise Positionen vertreten werden oder zum Vorschein kommen, die nicht oder teilweise nicht die unsrigen sind. Solche Diskussionen können das Profil der KI schärfen, wenn sie mit konkreter, verstärkter Sacharbeit an der Basis, der organisatorischen Stärkung der KI und der Vorbereitung der zweiten Perspektivkonferenz verbunden sind. Die zweite Perspektivkonferenz soll und wird nicht nur Rechenschaft ablegen über die bisherige Entwicklung der KI mit all seinen Stärken und Schwächen, sondern auch die Perspektiven für die Organisation gemeinsam erarbeiten. Dazu gehört natürlich auch, dass die Perspektivkonferenz Leitungsorgane wählen wird, die in der Lage sein werden, die gemeinsam diskutierten und beschlossenen Perspektiven der KI organisatorisch wie politisch umzusetzen. Unsere Fehler und Schwächen gilt es, im Vorwärtsmarschieren zu überwinden!

Deshalb appellieren wir an jene Genossinnen und Genossen, die in jüngster Zeit mit den verschiedensten "Erklärungen" in welcher Form auch immer an die Öffentlichkeit gegangen sind:

- Beendet das unbewiesene Gerede vom angeblichen "Putsch" oder der "Spaltung" der KI. Auch wenn es in immer neuen Variationen aufgetischt wird, wird es nicht besser oder glaubwürdiger, schadet jedoch der KI und nutzt jenen, die die KI von Beginn an mit allen Mitteln bekämpften! Destruktive Querschüsse schaden nur...

- Anstatt Euch in einem unfruchtbaren und für andere kaum nachvollziehbarem Hick-Hack zu verlieren, argumentiert politisch für Eure Vorstellungen über die Perspektiven der und vor allem INNERHALB der KI. Lediglich "Beschlüsse" zu veröffentlichen, die keine Legitimation haben, Potjemkinsche Dörfer von angeblich existierenden, arbeitenden Strukturen aufzubauen, bringt nichts, auch wenn dies alles in persönliche Angriffe und/oder Verschwörungstheorien eingebettet ist. Eine nachvollziehbare politische Positionierung und damit Debatte bringt jedoch für die notwendige Klärung politischer Fragen und damit für die KI sehr viel.

- Hört damit auf, an Strukturen zu arbeiten, die sich von der KI abspalten (so planen die Verfasser der so genannten "Offiziellen Mitteilungen" eigene Informationen per Internet zu schicken, den Aufbau einer eigenen Webseite sowie die Abhaltung einer eigenen so genannten "Perspektivkonferenz" für den Dezember diesen Jahres) sollen und sich objektiv gegen die KI richten

- Werbt für Eure Vorstellungen, indem Ihr uns bei der Vorbereitung der zweiten Perspektivkonferenz im Februar 2011 aktiv unterstützt, sie damit auch zu Eurer macht! Dies geht jedoch nicht ohne konkrete Sacharbeit zur Stärkung der KI an der Basis! Bringt Euch ein, anstatt Papiere auch mit solchen Nicht-KI-Unterstützern der KI zu entwerfen, die niemals ein Interesse an einer Stärkung der KI hatten, die auch das langfristige Ziel der Schaffung einer einheitlichen Kommunistischen Partei in der BRD, die auf einem klaren marxistisch-leninistischen Fundament steht, nicht mit uns teilen!

Vorwärts mit der "Kommunistischen Initiative"!

Mit ganzer Kraft und gemeinsam für eine erfolgreiche zweite Perspektivkonferenz im Februar 2011!


September 2010, Phil Ramcke, Vorsitzender der Vorbereitungsgruppe, in Absprache mit den Genossinnen und Genossen der "Vorbereitungsgruppe der zweiten Perspektivkonferenz" (die Vorbereitungsgruppe der zweiten Perspektivkonferenz besteht derzeit aus 11 aktiven Unterstützern der KI, die aus Berlin, Sachsen, Thüringen, Niedersachsen, Hessen, Baden-Württemberg und NRW kommen; unter ihnen sind auch Mitglieder des OK sowie der Zentralen Schieds- und Kontrollkommission der KI. Weitere aktive Genossinnen und Genossen der KI-Basis, besonders aus den neu entstanden bzw. entstehenden Gruppen sollen und werden mit einbezogen werden)

Raute

Warum schließt die DKP jetzt Kommunisten aus?

Im Juli des vergangen Jahres verabschiedete der DKP-Parteivorstand einen so genannten "Unvereinbarkeitsbeschluss" zwischen der Mitgliedschaft in der DKP und der Unterstützung der "Kommunistischen Initiative (KI)". Inzwischen wurden bereits zwei KI-Unterstützer, darunter der Vorsitzende der Vorbereitungsgruppe, Genosse Ramcke, aus der DKP ausgeschlossen. Weitere Verfahren vor DKP-Schiedskommissionen sind entweder schon eingeleitet oder aber in Vorbereitung. Zudem wurden die unterschiedlichen DKP-Gliederungen von der DKP-Führung angewiesen, nach KI-Unterstützern zu "fahnden". Gleichzeitig treten einzelne DKP-Mitglieder vor Ort auf, um Aktivitäten der KI zu verhindern oder zu sabotieren. Damit wird sehr deutlich, dass die DKP-Führung ihren Kurs gegen die KI verschärft. Vorwand hierfür ist der so genannte "Unvereinbarkeitsbeschluss".

Diese Aktivitäten der DKP-Führung spielen sich vor dem Hintergrund immer weiterer Zuspitzungen innerparteilicher Auseinandersetzungen um den grundlegenden Kurs sowie entsprechenden Positionen der Partei ab. Ganz offensichtlich soll das verschärfte Vorgehen gegen die KI disziplinierend auf Kritiker der DKP-Führung in den eigenen Reihen wirken. So sehr wir mit großer Sorge die innerparteilichen Entwicklungen in der DKP beobachten, so wenig ist es die Aufgabe der KI, sich in irgendeiner Form einzumischen. Deshalb bekräftigen wir folgende Aussagen des Vorsitzenden der Vorbereitungsgruppe, Genossen Phil Ramcke, die er im Rahmen eines umfangreichen Interviews bereits gemacht hat.

Vorbereitungsgruppe der zweiten Perspektivkonferenz im Februar 2011

Raute

Auszüge aus einem Interview mit Phil Ramcke

Frage: Ob die KI will oder nicht, sie wird von anderen Gruppierungen als Konkurrenz wahrgenommen. Wie wirkt sich das konkret aus?

Diese Wahrnehmung beruht auch aus einer Mischung aus Nicht-Wissen, gezielten Desinformationskampagnen sowie der Tatsache, dass revisionistische Positionen innerhalb der kommunistischen Bewegung in der BRD dominant sind. Wir sind jedoch keinerlei "Konkurrenz" und wollen auch keine sein. Im Gegenteil: wir stehen für die Einheit, aber auf klaren marxistisch-leninistischen Positionen. Je stärker wir werden, umso schwieriger wird es werden, diese Vorurteile weiter zu kultivieren...

Frage: Wehrt sich die KI gegen diese Angriffe und Unterstellungen und finden diese Verhältnisse einen Niederschlag in Strategie und Taktik der KI?

Was bedeutet in diesem Zusammenhang "sich wehren"? Wir führen jetzt mit Sicherheit keine Politik des blinden "Zurückschlagens", denn, wie schon gesagt, wir mischen uns nicht in die internen Diskussionen anderer kommunistischer Parteien und Organisationen ein.

Das ist einzig und alleine die Aufgabe der dort organisierten Genossinnen und Genossen. Außerdem sind diese unqualifizierten Angriffe ja letztlich Ausdruck der tiefen Krise und des anhaltenden Niedergangs, in denen sich diese Organisationen und Parteien befinden.

Zu offenen politischen Diskussionen sind wir natürlich bereit, aber die wird bisher von den Trägern und Initiatoren der Kampagnen gegen uns nicht gewollt.

Natürlich positionieren wir uns dort, wo Genossinnen und Genossen der KI direkt betroffen sind. So haben wir uns eindeutig zum Unvereinbarkeitsbeschluss der DKP geäußert.

Unsere Strategie und Taktik, zu der ich ja bereits einiges erläutert habe, ist und bleibt klar: wir sprechen keine Organisationen an (sind schon deshalb keine Konkurrenz!), sondern organisierte wie unorganisierte Genossinnen und Genossen und dies mit einer klaren marxistisch-leninistischen Orientierung in Richtung Einheit!

Frage: Wen will die KI ansprechen?

Organisierte wie unorganisierte Genossinnen und Genossen, die auf einer marxistisch-leninistisches Basis für die Einheit der Kommunisten mit dem strategischen Ziel einer einheitlichen marxistisch-leninistischen Kommunistischen Partei wirken wollen.

Die letzten Monate haben gezeigt, dass die KI zunehmend Unterstützer unter jungen Arbeitern, Schülern und Studenten gewinnt. Das ist sehr erfreulich.

In der KI entsteht eine Legierung von Kommunisten, die aus erfahrenen Genossen aus der BRD sowie der DDR und aus jungen Kämpfern besteht, die zur Zeit der Konterrevolution noch Kinder waren - aus einer Legierung also aus Ost und West, Alt und Jung. Diese Legierung ist ein solides Fundament für die Einheit der Kommunisten auf marxistisch-leninistischer Basis...

Raute

Das zweite Kaderwochenende in Düsseldorf

Am 21. und 22. August 2010 fand in Düsseldorf das zweite Kaderwochenende der Kommunistischen Initiative statt, welches wieder ein Erfolg war.

Erneut kamen Genossen aus entfernten Teilen der BRD angereist um die KI weiter voranzubringen, so konnten wir Genossen aus Hessen und Schleswig-Holstein willkommen heißen.

Die wichtigsten und umfassendsten Programmpunkte am Samstag befassten sich mit einigen Grundlagen des Marxismus-Leninismus. Die verschiedenen Vorträge basierten auf dem aktuellen Stand des ML-Fernstudiums der "offen-siv". Dies machte uns erneut klar, welche Kriterien eine Kommunistische Partei zu erfüllen hat, was uns direkt zu einem Referat führte, in dem es darum ging, wozu wir die KI brauchen.

Nach dem Abendbrot schauten wir uns gemeinsam einen Film über die Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung an und der Tag endete in gemütlicher Runde am Rhein.

Der Sonntag wurde dann für die weitere Arbeit der einzelnen Arbeitsgruppen noch einmal sehr intensiviert, so wurden den neuen Genossen noch einmal alle Gruppen vorgestellt und man beriet mit diesen, in welcher Gruppe sie sich am besten einbringen könnten, um die Jahrespläne der einzelnen Arbeitsgruppe zu erfüllen. So wurde jede AG noch einmal gestärkt und die neuen Genossen konnten Aufgaben aus den Gruppen übernehmen.

Nach weiteren Planungen und der Reflexion der vergangenen zwei Tage endete das 2. Kaderwochenende - es war wieder ein Erfolg!

Es wurde beschlossen Anfang November ein 3. Kaderwochenende bundesweit zu organisieren.

Rotfront! Die Kommunistische Initiative in NRW


*


Spendenaufruf für die Kaderwochenenden

Liebe Genossinnen und Genossen,

in der Kommunistischen Initiative bewegt es sich. Überall in ganz Deutschland melden sich Interessenten und wollen tatkräftig Gruppen vor Ort aufbauen. Damit alle eine einheitliche Grundlage haben finden mehrmals im Jahr Kaderwochenenden in Nordrhein-Westfalen statt. Diese Kaderwochenenden umfassen: Wissenschaftliche Grundkenntnisse des Marxismus-Leninismus, Strukturen aufzubauen und zu organisieren und eine Spezialfähigkeit (Agitprop, Verhandlungsfähigkeiten oder Bildungstätigkeiten). Viele dieser Interessenten sind noch Jung und haben kaum Geld, deswegen brauchen wir nun die Hilfe der gesamten Kommunistischen Initiative und ihrer Unterstützer: Spendet dafür, dass junge Kader aus ganz Deutschland an den Kaderwochenenden teilnehmen können! Mit dem Geld von Heute werden die Kader von Morgen geschaffen.

Also spendet an:

Konto: Torsten Reichelt, Konto-Nummer: 420 232 1850, BLZ: 850 503 00 (Ostsächsische Sparkasse Dresden)
Verwendungszweck: "Kaderunterstützung 2010"

KI-Kontaktdaten:

Kontakt: Willi Franke, c/o Postfach 270324, 50509 KÖLN, Tel & Fax: 03212-1322182
Mail: info@kommunistische-initiative.de,
Homepage: www.kommunistische-initiative.de

Raute

NACHRICHTEN UND BERICHTE

Edith David: Einige Betrachtungen zur Rede des iranischen Präsidenten Ahmadinedjad(93) vor der UN-Generalsversammlung am 24. September 2010 in New York

Meine Betrachtungen über die wichtige "Essenz" der jüngsten iranischen Präsidenten-Rede, die wieder einmal einen "Eklat" verursachte und die Vertreter der Nationen des Westens zum Rausmarschieren nötigte, möchte ich mit einem Zitat aus dem alten Testament beginnen.

Das bedarf der Erklärung.

Meine persönliche Ethik, die einer Agnostikerin, wurde nämlich von einem protestantischen Pfarrer geprägt, der mir (in Baden-Württemberg damals verbindlichen) Religionsunterricht bis zum Abitur und Konfirmationsunterricht erteilte und dessen Sonntagsgottesdienste ich ab dem 13. Lebensjahr ziemlich regelmäßig beiwohnte, bis ich meine schöne Heimat vorerst für die Britischen Inseln eintauschte. Ich wuchs also auf im katholischen Süden Deutschlands und wurde deshalb auch mächtig vom dort allgegenwärtigen Katholizismus beeinflusst. Die Pflegeeltern meiner frühesten Kinderjahre waren praktizierende Katholiken, die jeden Tag (!), auf dem Dorfe nicht unüblich, einmal zur Kirche gingen. Man schenkte mir dort viele Heiligenbilder. Ich liebte den Weihrauch und das geweihte Wasser und auch die "Heilige Jungfrau Maria, Muttergottes, gebenedeit ist Frucht deines Leibes...". Meine erste Liebe war ein katholischer Priesterzögling des Collegiums Borromaeum, dem erzbischöflichen Priesterkollegium, zu Beginn meiner Studienzeit im schönen Freiburg im Dreiländereck. Mein späterer Ehemann und Vater meiner Kinder war ein nicht praktizierender Muslim und meine letzte Liebe ein "engagierter Buddhist", der sich vom Katholizismus abgewandt hatte. Meine Kinder zog ich auf in einer Ethik, die sich speiste aus den fundamentalen humanistischen Werten aus allen antiken Religionen der Welt, einschließlich des Judaismus, mit dem ich eine besondere Verbindung habe. Nach dem Abitur verbrachte ich deshalb ein Jahre als Au-pair-Mädchen in einer jüdisch-zionistischen Familie in Edgware, Nord-London und wenig später hatte ich Gelegenheit, einen Monat in Tel Aviv zu verbringen, im Schoße einer mit meiner Mutter-Familie eng befreundeten Familie. Viele Nächte hindurch diskutierten wir mit dem Sohn der Familie über Kibbuzim und den sozialistischen Anteil am Zionismus.

Genug der Vorrede, hier das Zitat:

"Und zu derselben Zeit werden die Tauben hören die Worte des Buches und die Augen der Blinden werden aus Dunkel und Finsternis sehen" (Jessaja 35,5)

Was ich mit diesem Bibelzitat zum Ausdruck bringen möchte? Nun, dass es keinen Sinn macht, den Tauben zu predigen. Zuerst muss die Fähigkeit und die Bereitschaft (neu) zu hören geweckt werden, wenn wir die Botschaft und ihren Sinn erfassen wollen.

Ahmadinedjad bezog sich in seinen gut vorbereiteten, auf Umfragen aus dem Volk basierenden Ausführungen auf beide "Heiligen Bücher", den Koran und die Bibel. Er könnte auch andere herangezogen haben, aber diese beiden spielen nun einmal in den Konflikten unseres "aufgeklärten Zeitalters" eine herausragende Rolle.

Meine 60 Lebensjahre auf diesem Erdenrund haben mich vor allem eines gelehrt: Wenn ein Individuum, eine Volksgruppe, eine Ethnie oder eine Nation stigmatisiert wird, dämonisiert und einer zum Teufel hochstilisiert wird, dann höre ich um so genauer auf ihre Worte beziehungsweise ihr Anliegen.

Nun aber endlich zum Inhalt dessen, was der übelbeleumundete, oft verleumdete iranische Präsident am 24. September der UN-Generalversammlung zumutete.

Er beginnt als Vertreter einer islamischen Nation begreiflicher Weise mit klassischer religiöser, allerdings durchaus gehaltvoller, Rhetorik. Er zollt nämlich in seinen Eingangsbemerkungen allen "heiligen Propheten" Respekt, was bereits die Achtung vor allen Weltreligionen einschließt, eine Haltung der Toleranz.

Als nächstes bezieht er sich auf die Opfer der jüngsten Flutkatastrophe in Pakistan, drückte sein Mitgefühl aus und forderte die Weltgemeinschaft zu mehr praktischer Solidarität auf. Eine notwendige Forderung. Seine dritte Bemerkung ist wieder rhetorischer Natur, ein Ausdruck von Höflichkeit: Er dankt dem Präsidenten der UN-Vollversammlung für seine Arbeit. Jetzt erst beginnt der eigentliche Kerninhalt seiner über 30 Minuten dauernden Rede: Er skizziert wie folgt die seines Erachtens brennendsten globalen Probleme, mit denen sich der turnusmäßige Milleniums-Review-Gipfel befassen müsste:

tief greifende Krise des familiären Lebens
große Herausforderungen auf dem Gebiet der Sicherheit
zunehmende Missachtung der menschlichen Würde
eine Verheerung auf dem Gebiet der Weltwirtschaft
Klimawandel
Missachtung der menschlichen Sehnsucht nach Gerechtigkeit und lang anhaltendem Frieden.

Er formuliert dazu die Ansicht, dass die gegenwärtige Weltordnung, nämlich der Kapitalismus, unfähig seien, angemessene Lösungen für die brennenden Probleme der Weltgemeinschaft zur Verfügung zu stellen und dass sich diese Weltordnung deshalb im Niedergang befände.

Er fährt fort festzustellen, dass in den dunklen Zeiten (meint er das Mittelalter oder die Jetztzeit?) die zentrale Botschaft "aller heiliger Propheten" in ihr Gegenteil verkehrt wurden, ihre Aussagen fehlgedeutet oder eben einfach in den Wind geschlagen wurden.

Modern gesprochen könnte man seine Worte so formulieren: Der Rat weiser Männer und Frauen wurden über Jahrhunderte hinweg immer wieder ignoriert. (Er spricht übrigens auch von der Gleichwertigkeit der Frau und davon, dass diese Zeiten auch die Seelen der Frauen verhärte, eine Tragik von verhängnisvoller Tragweite für die menschliche Gemeinschaft.)

Ahmadinedjad, als religiös empfindender Mensch, dessen Haltung und Gefühle ich zu respektieren habe, spricht von den "heiligen Propheten" und erwähnt namentlich Noah, Abraham, Moses, Jesus und Mohammed. Er sagt, sie alle hätten - ihrer Zeit jeweils gemäß - der Menschheit den Pfad zum Wohlergehen gewiesen: Überwindung des Egotriebs und der Gier und die Orientierung am wahren menschlichen Selbst. Das ist im übrigen auch die zentrale Botschaft der Lehrreden Buddhas, dessen Name er nicht erwähnt.

Ahmadinedjad fährt fort zu betonen, dass alle heiligen Propheten auf Folgendem bestanden hätten: Das Menschengeschlecht strebe instinktmäßig nach Wahrheit, es verfüge über das Potential, die Geheimnisse des Universums zu ergründen und ihm sei der Drang nach Gerechtigkeit, Vervollkommnung, Schönheit und Reinheit gegeben.

In unseren Tagen allerdings würden der Mensch reduziert auf materielle Bedürfnisse und Sehnsüchte, der Maximalprofit gelte als zentrale Triebkraft menschlichen Schaffens, so dass die Menschen als Rivalen gegen einander getrieben würden und destruktive Kämpfe um das Überleben führten. Genau wie die Propheten es vorhergesagt hätten: Ein um sich greifender Zusammenprall der Egos mache sich breit.

Für mich sind dies "basiale Einsichten". Vorgetragen von einem amtierenden führenden Politiker, sind diese geradezu von erstaunlicher Bedeutung. Sie implizieren ein positives Menschenleitbild, eine Botschaft der Toleranz und Kooperationsbereitschaft. Wie gesagt, er beruft sich in seinen Aussagen nicht auf seinen "Helden" allein, auf den geistigen Führer der islamischen Welt, nein, er wertet gleichgewichtig die geistige Überlieferung aller antiken Vorbilder.

Kurz, dies ist eine Rede die von politischer Weisheit zeugt und von Ausgewogenheit. Keine Spur von Hass oder einseitiger Anklage ist darin zu finden.

Nun wird er allerdings konkreter. Er holt historisch weit aus, weicht aber den zentralen Konfliktfeldern unserer Tage keineswegs aus:

Er kritisiert "das zionistische Regime", das im Ergebnis des Kolonialismus, im Ergebnis zweier Weltkriege entstanden sei. Er trägt angemessene Kritik an der Politik des Staates Israel vor, die im Herzen vieler Menschen wohnt, die so oder in anderer Sprache von vielen von uns vorgebracht wird. Er befleißigt sich dabei einer auch in diplomatischen Kreisen verwendeten Sprache. Schließlich wurde schon einmal im Jahre 1975 der "Zionismus" von der UN-Vollversammlung als eine "Form des Rassismus und der rassistischen Diskriminierung" charakterisiert, auch wenn diese 1991 unter Druck Israels und seiner Freunde zurückgenommen wurde. Es beweist allerdings den Mut eines durchaus groß zu nennenden Staatsmannes, wenn er diese so notwendige Kritik in der "Höhle des Löwen", in New York, allerdings stellvertretend für die Mehrheit der Weltbevölkerung, vorträgt, dort, wo er als meist gehasster Mann gilt.

Ahmadinedjad bezieht sich dann auf die Ereignisse des 11. September 2001, die so unendlich viel Leid in die Welt gebracht hätten. Nicht nur Tausende amerikanischer Leben seien zu beklagen, sondern auch jene Hunderttausende in der islamischen Welt, die in den nachfolgenden Kriegen umgekommen seien. In Anbetracht der weitreichenden Konsequenzen, die dieses singuläre Ereignis zur Folge gehabt hätten und in Anbetracht der Tatsache, dass die Hintergründe bis heute nicht aufgeklärt seien, vielmehr drei verschiedene Erklärungsansätze, alle lückenhaft, existierten, fordert er eine UN-Untersuchungskommission zu den Ereignissen des 9/11, um mehr Licht in das Dunkel noch ungeklärter Fragen zu tragen. Damit trägt er mit Sicherheit den Wünschen von Millionen Erdenbürgern und auch denen einiger Staaten Rechnung.

Weiter fordert er das Jahr 2011 zum "Jahr der nuklearen Abrüstung" zu erklären. Er besteht allerdings auf dem Recht aller Signatar-Staaten des Atomwaffensperrvertrages auf friedlicher Nutzung der Kernenergie. Weiter betont er die Bereitschaft seines Landes zu fairen und ernsthaften Verhandlungen mit den USA und der UN. Um die Ernsthaftigkeit seines Angebots zu unterstreichen, weist er auf den mit Brasilien und der Türkei kürzlich abgeschlossenen Teheran-Vertrag.

Außerdem fordert er wie viele UN-Mitgliedstaaten eine UN-Reform, die Abschaffung des Veto-Rechts im UN-Sicherheitsrat und die Stärkung der UN-Vollversammlung.

Alle seine Erwägungen erscheinen mir also basial im Sinne einer angemessenen Haltung, die gegenüber den gravierenden Weltproblemen einzunehmen ist und denen sich der Post-Milleniums-Gipfel anzunehmen hätte.

Ich möchte meine Betrachtungen enden mit einem Hinweis auf einen religiösen Text eines bedeutenden französischen Schriftstellers der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Es handelt sich um das Jesus-Poem des großen Pazifisten Henri Barbusse aus dem Jahre 1927, das auf dem Studium antiker Quellen basiert. Um diese Zeit herum wandte sich Barbusse dem Kommunismus zu.

Wir müssen zurück "ad fontes", wenn wir menschheitlich vorankommen wollen.

In Liebe und Respekt vor allen Wesen.

Edith David, Berlin


Anmerkung

(93) Die Simultan-Übertragungsanlage funktionierte im New Yorker UN-Palast just nicht mehr, als Ahmadinedjad seine Rede vortrug, wie in Genf im April 2009. Allerdings wurde die Rede auf Web-Cam aufgezeichnet und mit der Simultanübertragung ins Netz gestellt (z.B. auf You Tube in englischer Sprache zu hören) und kursiert weltweit. Die Dolmetscherin spricht ein klar verständliches, gutes Englisch.

Raute

Bündnis "Rechtspopulismus stoppen": Elsässer mit Rassisten und Rechtspopulisten gegen das Finanzkapital

Ein Bündnis mit der NPD ging Elsässer bisher noch zu weit. Kein Problem hat er aber damit, mit Rassisten und Rechtspopulisten, die er extra aus dem Ausland eingeladen hat, unter eine Decke zu kriechen. Scheinbar ist dies sein Beitrag zur europaweiten Vernetzung sowie Etablierung rechter Kräfte und zur Legitimierung von Rassismus. Und so rührte er ganz im Sinne seiner bräunlichen "Volksinitiative" am 25. September 2010 in Berlin eine illustre Mischung reichlich gewürzt mit Rassisten, Rechtspopulisten und Rechtsökologen zu einer Konferenz mit dem Thema "Der Euro vor dem Zusammenbruch - Wege aus der Gefahr" zusammen.

Dass Elsässer mit Nigel Farage, Europaabgeordneter der rechtspopulistischen United Kingdom Independent Party (UKIP) den braunen Schulterschluss sucht, wird niemanden verwundern. Doch dass sich - sich selbst als links definierende - ehemalige Funktionsträger der DDR wie Klaus Blessing, ehemaliger Staatssekretär im DDR-Wirtschaftsministerium, dafür hergeben, Rassisten und Rechtspopulisten mit ihrer Teilnahme salonfähig zu machen, hinterlässt mehr als einen faden Beigeschmack. Würden sie sich auch mit der NPD an einen Tisch setzen? Denn die UKIP, die die heutige EU mit der Sowjetunion vergleicht, der angeblich ein Europa der "freien Völker" entgegengesetzt werden muss, tarnen ihren Rassismus gegen Migranten analog zu Wilders und Sarrazin hinter Floskeln wie "schleichende Islamisierung" und "Kolonisierung durch die Geburtenraten der Muslime".

Wer sich mit Farage an einen Tisch setzt, lässt sich auch auf die rassistische "Lega Nord" aus Italien, die rechtsextreme griechische Partei "LAOS", die "Dansk Folkeparti", die "Wahren Finnen" und die "Slowakische Nationalpartei" ein. Allesamt bekannt durch ihre Hetze gegen Roma, Migranten sowie Homo- und Transsexuelle. Diese Parteien gehören zur Fraktion "Europa der Freiheit und der Demokratie" im Europaparlament - und dessen Fraktionsvorsitzende sind Nigel Farage und Francesco Speroni (Lega Nord).

Bündnis "Rechtspopulismus stoppen"

Raute

Rudolf Vanek: Das Gespenst der Angst geht um in der Tschechischen Republik

Das Gespenst der Angst geht um in unserem Land. Es geht schleichend, feige, aber unerbittlich von Mensch zu Mensch, von Familie zu Familie. Es ist ähnlich, wie wir es zur Zeit der Nazi-Besetzung kannten oder auch aus den dunklen Zeiten der kirchlichen Inquisitionsprozesse.

Die Angst geht unter dem Namen Demokratie und Freiheit vom rechten Flügel aus und erfasst das Leben der einfachen Bürger, sie verbreitet sich wie ein Krebsgeschwür in der ganzen Gesellschaft.

Nach dem Sozialismus kam der bisher unbekannte Zustand der Arbeitslosigkeit mit all seinen psychischen Belastungen auf die Menschen zu. Die Familien leiden unter ständigem Geldmangel. Die Menschen haben Angst vor der Zukunft, weil die Lebenssicherheit verloren gegangen ist. Die Menschen fürchten den Verlust ihrer Wohnung, es wächst das Heer der Wohnungslosen. Alle haben Angst davor, krank zu werden und Angst vor der allgegenwärtigen, hohen Kriminalität.

Wir fürchten den Verlust unserer staatlichen Selbstständigkeit in der Europäischen Union.

Viele naive, gläubige Menschen fürchten die Strafe Gottes, von der die Pfaffen in ihren Predigten sprechen. Wenn wir dann noch die alltäglichen Tragödien in den Familien hinzunehmen, die Krankheiten der Verwandten und die eigenen Misserfolge in Beruf und Unternehmen, kann man wirklich das Fürchten bekommen. Nicht zuletzt bleibt die ständige Sorge vor Krieg, vor politischem Rassismus und davor, bei eventuellen Naturkatastrophen allein gelassen zu werde.

Es bedarf wirklich starker Nerven, dass man als Einzelner dem Gespenst der Angst widersteht.

Tausende Menschen wurden wegen ihrer sozialistischen Haltung registriert, sie werden ständig kontrolliert und müssen erdulden, dass ihre Aktivitäten ständig politischen Ermittlungen unterzogen werden. Sie sind psychisch und physisch erschöpft und enden nicht selten bei Alkohol und Drogen. In unseren Städten sehen wir immer häufiger diese hoffnungslosen menschlichen Schicksale, Kandidaten für Selbstmord aus Not - psychischer wie materieller Art.

Viele Frauen versuchen, ihre materiellen Zukunftssorgen mittels Prostitution zu lösen. Verschiedene Mafiastrukturen nutzen diese Existenznot der Menschen aus. Die rechte politische Repräsentanz ermöglicht vielen dieser mafiösen Gauner die Straffreiheit.

Mafiawesen und Geld beherrschen alles in unserem Land. Die Rechten verfügen über die Mittel, korrupte Menschen in Funktionen zu bestechen. Hingegen werden Unschuldige mit Strafgebühren gepeinigt. Und so begleitet uns die Angst in unserem Lebensalltag, verbiegt die Charaktere der Menschen und stürzt sie ins Unglück.

Es bleibt die Frage: Gibt es eine Möglichkeit, diese hoffnungslose Angstspirale zu beenden? Ja, aber nur durch die Veränderung der kapitalistischen Gesellschaftsordnung zu einer sozialistischen Gesellschaftsordnung. Wann das sein wird, hängt von uns allen ab.

Rudolf Vanek, Cheb

Raute

Rote Reporter e.V.: Ehrenfriedhof für Soldaten der Waffen-SS eingeweiht

Am 11. September 2010 wurde in Cheb (Eger) ein Ehrenfriedhof für 7.500 gefallene Soldaten der faschistischen deutschen Wehrmacht und der Waffen-SS eingeweiht. Wir, die "Roten Reporter e.V." führten mit dem Bürger R. Vanek auf dem Friedhof in Cheb (Eger) folgendes Interview.

Herr Vanek, was sagen die Menschen in Cheb dazu, dass heute die Möglichkeit geschaffen ist, einen Ehrenfriedhof für Soldaten der Waffen-SS und der Wehrmacht einzuweihen?

Dieses Problem besteht nun schon 65 Jahre. Die "Sudentendeutschen Landsmannschaften" wollten in unserem Land schon immer einen Ehrenfriedhof für die 7.500 Angehörigen der faschistischen Wehrmacht und der Waffen-SS haben. Sie erheben damit einen Gebietsanspruch auf das Territorium der Tschechischen Republik.

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die sterblichen Überreste der 400 gefallenen Soldaten der US-Armee, die bei der Befreiung der Tschechoslowakei vom Hitlerfaschismus ihr Leben ließen, schon lange in ihre Heimat, die USA, überführt wurden.

Auch die Überreste der französischen Kriegsgefangenen, die durch die unmenschliche Behandlung und Ausbeutung, Hunger und Krankheit verstarben, sind nach Frankreich überführt worden.

Die italienischen Soldaten, die unter Mussolini erst mit der faschistischen Armee gegen die Völker gekämpft haben, sich jedoch nach der Erkenntnis der verbrecherischen Zielsetzung des Faschismus gegen ihn wandten, wurden von den Hitlerfaschisten gefangen genommen und mussten für das so genannte Dritte Reich arbeiten. Sie sind sehr jung durch Ausbeutung und Unterernährung gestorben. Auch ihre sterblichen Überreste wurden in ihre Heimat Italien überführt.

Wer von den tschechischen Politikern hat so intensive Verbindungen zu den "Sudetendeutschen Landsmannschaften" und wer hat die Bewilligung für die Errichtung des Ehrenfriedhofes gegeben? Und sagen Sie uns bitte auch, wie die Finanzierung ermöglicht wurde!

Das alles haben die rechten Politiker im Stadtparlament von Cheb (Eger) bewirkt, an ihrer Spitze der Bürgermeister von Cheb, Herr Jiri Swoboda, Mitglied der rechten Partei ODS. Er hat diese Verbindungen zu den "Sudetendeutschen Landsmannschaften". Man muss aber auch erwähnen, dass fünf Städte aus der grenznahen Region die Errichtung des Ehrenfriedhofs abgelehnt haben. 75 % der Bevölkerung waren dagegen.

Der Ehrenfriedhof in Cheb hat 40 Millionen Kronen gekostet, davon wurden von den Deutschen aus der BRD 25 Millionen gesponsert, das Parlament von Cheb hat 15 Millionen Kronen aus Steuergeldern beigesteuert.

Diese Gelder fehlen jetzt für die Bildung, im Gesundheitswesen, für die Kultur und in allen sozialen bereichen.

Herr Vanek, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

Die Roten Reporter e.V.

Raute

Herman Jacobs: Thesen über den Sozialismus der KKE, eine Initiative der DKP-Berlin - und was daraus ... nicht wurde. / Eine Erinnerung

Ja, es sollte wohl mehr aus dieser Reaktion der DKP-Berlin auf ein Grundsatzdokument der Kommunistischen Partei Griechenlands (KKE) werden, denn die DKP-Berlin hatte in einem Vorwort zu diesem Dokument (wir werden gleich sagen, welches) noch geschrieben, es "lege Vorstellungen vor, aus denen Schlüsse für eine künftige Orientierung gezogen werden" können, es "setze auch neue Akzente", "unterziehe politökonomischen Weichenstellungen beim Aufbau des Sozialismus einer gründlichen Kritik", aus der "eine Orientierung auf eine kommunistische Planwirtschaft abgeleitet werde", die "eine klare Absage an jegliche Form eines 'Marktsozialismus' enthält". Und abschließend hieß es: "Wir sind davon überzeugt, dass der hier vorgelegte Beitrag unserer Bruderpartei auch der Diskussion innerhalb der DKP neue Impulse verleihen wird." Gezeichnet: Sekretariat des Landesvorstandes der DKP-Berlin.

Bei dem Dokument handelt es sich um die "Thesen über den Sozialismus", die vom 18. Parteitag der KKE im Februar 2008 beschlossen und der internationalen kommunistischen Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt worden sind. Der Landesverband Berlin der DKP hat diese Thesen in einem Sonderdruck innerhalb seiner Schriftenreihe zur "Marxistisch-leninistischen Theorie und revolutionären Praxis" Ausgabe 2/2009 als deutsche Übersetzung veröffentlicht, und damit diese griechische in eine deutsche Initiative erweitert.

Und was ist nun seitdem geschehen? Hat sich die Hoffnung der DKP-Berlin erfüllt? Ist ihre Initiative in den Rahmen wenigstens der Gesamtpartei DKP eingegangen (von einem Darüberhinaus noch ganz zu schweigen)?

Nun, nichts ist geschehen, keine Hoffnung hat sich erfüllt. Seitens der DKP im Gesamten ist nichts von dem aufgegriffen worden, was der Landesverband Berlin angeregt hat.

Es ist keine Debatte eröffnet, niemandem ist ein "neuer Impuls verliehen" worden. Ja - das muss auch gesagt werden - auch vom Landesverband Berlin ist keine weitergehende Initiative bekannt.

Es ist also bei einer guten Absicht geblieben.

Die KKE erntete - Schweigen ... Verschweigen?

Ist denn ein so großes Problem mit den Auffassungen der KKE verbunden? Sagen wir es rundheraus: Ja.

Die KKE hat ein Dokument veröffentlicht, das an eine Position anknüpft, die vor 60 Jahren noch in der kommunistischen Orientierung der gesellschaftlichen Geschichte der Menschen gang und gäbe war, Anerkennung fand, eine Position bestimmte; die aber ab dann mehr und mehr aus den Debatten verschwand, kaum noch markiert wurde und schließlich in einer anderen Position "aufgehoben" wurde: Ich meine die Frage einer Warenproduktion im Sozialismus, der ersten Phase des Kommunismus, ob es bereits in dieser ersten Phase zu einer Aufhebung der Warenproduktion kommen soll und wie es dazu in der Praxis der Sowjetunion gekommen ist, - und wie es in der Geschichte des sozialistischen Aufbaus weiter gehen würde: Weiter in Richtung Kommunismus, weiter in der Frage eben der Aufhebung der bürgerlichen Form der Produktion - oder nicht?

Ich betone: Dies war die erste theoretische wie praktische Position, die sich die den Kommunismus aufbauende Gesellschaft verschaffte. Sie galt ab Marx, sie galt bei Lenin, in einer erst politisch sein könnenden Periode des Sozialismus, und sie galt auch beim Übergang zum ökonomischen Aufbau der ersten sozialistischen Gesellschaft der Welt, sie galt bei Stalin, d.h. sie galt bis zum Jahr 1953. Sie galt bis Lenin theoretisch, ab Stalin praktisch.

Aber die Revision dieser Position, die dann ab 1954 einsetzte, bestand darin, dass es umgekehrt im Sozialismus noch einmal zu einer Entwicklung der Warenproduktion kommen müsse, der Sozialismus selbst eine spezifische/besondere Form - dritte Form hieß es zuletzt - der Warenproduktion wäre. Und es hieß auch, bezogen auf die frühere, erste Position (Marx, Lenin, Stalin), die für den Aufbau des Sozialismus gefunden war, dass sie eine "dogmatische Position" gewesen sei, die dem Sozialismus nicht dienlich war, ihn sogar gehemmt habe (Chruschtschow, Kossygin, Gorbatschow). Wer der Autor dieses Dogmatismus wäre, wurde auch gesagt: Stalin.

In der Tat setzt nach Stalins Tod eine Wende in der Sowjetunion und auch in den Diskussionen der kommunistischen Weltbewegung in der Frage des Verhältnisses zur bürgerlichen Ökonomie am Beginn des Aufbaus des Sozialismus ein: Warenproduktion - Nein oder Ja? Stalin also Nein, die Abkehr von ihm hieß Ja. Sagen wir so: Erst Jein, allmählich immer mehr Ja, und schließlich ein Ja in aller Konsequenz - bis zur Katastrophe.

Und nun, im Jahr 2008, kehrt die KKE zum Nein zurück. Die KKE kehrt zu diesem Nein zurück unter der Bedingung, dass sich die kommunistische Weltbewegung im allgemeinen die allmählich - ausgehend von der Sowjetunion und der KPdSU, aber auch von weiteren Ländern und KP'en des Sozialismus - um sich greifende "neue Position" einer Bejahung der Warenproduktion zu eigen gemacht hat. Und sogar ziemlich weitgehend, weitgehender noch als die KPdSU selbst im Laufe ihrer geschichtlichen Praxis. Der Sowjetunion wird (heute) zur Last gelegt, dass sie gerade wegen so "mancher Inkonsequenz" in der Frage der Einführung der Marktwirtschaft letztlich einen Grund dafür gelegt habe, dass sie und der Sozialismus (mindestens in Europa) sich zunächst aus der Geschichte verabschieden musste. "Mit Warenproduktion und Wertgesetz" wäre der Sozialismus effektiver gewesen, und eben nicht "zusammengebrochen", lautet der aktuelle Glaubenssatz.

Die KKE behauptet nun allerdings, dass es genau umgekehrt gewesen wäre.

Und die DKP-Berlin scheint sich dieser Position, jedenfalls in einer ersten Reaktion, angeschlossen zu haben: Siehe ihre positive Erwähnung der "klaren Ablehnung einer jeglichen Form des 'Marktsozialismus'" durch die KKE. Wie soll man denn "jegliche Form" anders auffassen als allgemein, d.h. alle Experimente meinend, die im Sozialismus in dieser Hinsicht gestartet worden sind (ich nenne nur Kossygin-Reform, NÖS der DDR, Ungarische marktwirtschaftliche Reform; den "Prager Frühling" (ausgerechnet Frühling!! - den hat man wohl noch etwas anders zu sehen denn nur als Versuch einer lediglich inneren Reform).

Aber es ist ja nicht zu mehr als zum Abdruck der "Thesen über den Sozialismus" durch die DKP-Berlin gekommen. Über die "gute Absicht" kam man nicht hinaus. Das allgemeine Schweigen/Verschweigen geht weiter.

Und man kann unschwer verstehen, warum das Thema schließlich doch gemieden wird:

Eine positive Aufnahme der griechischen Position würde einem Bruch mit jenen revisionistischen Auffassungen gleichkommen, die sich in den letzten sechs Jahrzehnten des Kommunismus im Allgemeinen bemächtigt haben, sie würde eine Neubestimmung der kommunistischen Position bedeuten, quasi nach dem Nein (zur Warenproduktion im Sozialismus), dann dem (revisionistischen) Ja nun wieder ein Nein und damit die Lehre aus der Geschichte der ökonomischen Entwicklung der bisherigen sozialistischen Praxis. Der Kommunismus hätte einen überflüssigen Kreislauf beendet.

Ich will es klar und deutlich sagen, was zur Debatte steht: Die Stalinsche Position (ich will sie mal so nennen) steht in Kontinuität zu den Auffassungen von Marx und Engels, was aber danach kam, ab sagen wir 1954, war ein Bruch mit dieser Kontinuität; der Kommunismus brach mit der Kontinuität und schien eine neue zu begründen. Da dieser Neubeginn von der KPdSU ausging, besaß er auch die Autorität einer erfolgreichen Partei; es ist den kommunistischen Parteien dieser Welt nicht unbedingt anzukreiden, dass sie nahezu geschlossen zu dieser "neuen" Position übergegangen sind.

Und um die Tragweite dieser Entscheidung anzudeuten, sei angefügt: Es war dann auch unvermeidlich, dass sich mit einer Veränderung der Kommunisten im Sozialismus zur Frage der Warenproduktion auch das Verhältnis der Kommunisten im Kapitalismus zur bürgerlichen Ökonomie änderte. Warum soll man, ja, kann man denn noch die bürgerliche Ökonomie - in ihrer Grundlage - der Kritik aussetzen, wenn der Sozialismus sie zu neuem Leben erwecken will, wenn sie damit auch (zumindest zum Teil) eine ... kommunistische, na, mindestens eine "sozialistische" Ökonomie ist?

Aber die Erklärung der KKE schafft nun natürlich eine neue Lage für die kommunistische Bewegung in ihrer Gesamtheit. Sie stellt die alte Lage wieder her. Es geht um einen Bruch mit dem Bruch!

Das ist also zu sagen.

Indem wir mit dem Bruch brechen, vollziehen wir nichts anderes als die Rückkehr an den Ursprung des wissenschaftlichen Kommunismus, d.h. die Rückkehr zur theoretischen Orientierung durch Marx und Engels und zu den ersten Erfahrungen und Lehren der Sowjetunion und der KPdSU. Von da ausgehend können wir den Faden der Erkenntnis von neuem knüpfen.

Damit würde die Zeit, in der sich die kommunistische Weltbewegung von dieser ersten Erkenntnis löste, in eine bloße Zwischenperiode der revisionistischen Abweichung umqualifiziert werden, und die heutige wie zukünftige kommunistische Bewegung müsste sich in der Frage eben dieser Warenproduktion theoretisch wie praktisch vertieft, geläutert (belehrt) noch einmal konstituieren. Sie würde theoretisch wieder das werden, was sie einst war: Eine kommunistische Bewegung entgegen der Warenproduktion. Oder historisch direkter: Ein Sozialismus/Kommunismus wirklich entgegen dem Kapitalismus.

Daran, an eine Initiative der KKE und ihre Aufnahme durch eine Landesorganisation der DKP, an die Art ihrer Aufnahme - und an ihre möglichen Konsequenzen wollte ich erinnern.

Hermann Jacobs, Berlin


PS. Stalin bezeichnete die innerhalb des Volkseigentums verteilten Produktionsmittel nicht mehr als Waren (weil kein Eigentumswechsel vorliegt). Innerhalb des Volkseigentums also keine Warenform der Produkte mehr - außerhalb jedoch noch Waren. Wegen dieses "Doppelcharakters" kam es nun zu der Annahme, auch die an die Bevölkerung abgegebenen Konsumtionsmittel wären noch Waren (eine Position, die auch die KKE in ihren Thesen teilt). Begründung: weil gegen Geld getauscht. Diese Begründung ist falsch, weil das Geld, welches die Mitglieder der Gesellschaft in der sozialistischen Gesellschaft für ihre Arbeit oder als Rente bekommen, eine andere Funktion hat als in der bürgerlichen Gesellschaft. Im Sozialismus, im volkseigenen, planwirtschaftlichen Sektor, ist dieses Geld nicht mehr Wertausdruck der Waren, sondern Zuweisungsmittel für Güter aus dem volkswirtschaftlichen Konsumtionsfonds.

Aber die falsche Position war von Konsequenz, und so nahm das ewige Hin und Her seinen Anfang.

Dem Marxismus bzw. dem Kommunismus fehlt die Erkenntnis, dass ein Geld, das ausschließlich zum Kauf von Gütern ausgegeben wird, formell nicht mehr zum Gegenstand erhobene Arbeitszeit sein muss. Dieses Geld löst sich von seiner Wertfunktion.

Dass Geld im Sozialismus zunächst, wahrscheinlich auf eine lange Zeit, erhalten bleibt, ist die Quelle aller Irrtümer, die in der politischen Ökonomie des Sozialismus über den Erhalt auch der Warenproduktion, d.h. der Wertform der Produkte, in Schwang kamen. Um diesen Irrtümern nicht zu verfallen, ist diese Wende im Geld zu erkennen. Sie hebt die Ware bzw. ihre Wertform, ihre relative wie ihre äquivalente Form, auf. Trotz Geld also keine Warenproduktion mehr, dies gilt für alle Güter des volkseigenen Sektors einer Planwirtschaft.

Hier gibt es auch Inkonsequenzen bei den Auffassungen der KKE, obwohl das revolutionäre Anknüpfen an die wissenschaftliche Lehre des Marxismus mir das wichtigste bei der KKE ist.


*


Hannoversche Allgemeine Zeitung: Reichtum und Armut in China

Wir bringen hier Auszüge aus der bürgerlichen Presse.

Natürlich hat die bürgerliche Presse ein Interesse daran, die KP Chinas schlecht zu machen. Das merkt man bis in die einzelne Formulierung hinein.

Wir bringen diese Auszüge trotzdem. Das tun wir selbstverständlich nicht, um das Klasseninteresse der Bourgeoisie, das sich in der bürgerlichen Presse spiegelt, zu bedienen, sondern wegen der Fakten, die dort vermittelt werden. (Red. offen-siv)

China hat eines der größten Einkommensgefälle der Welt. Nach Angaben des US-Magazins "Forbes" gibt es 64 Dollar-Milliardäre. Die Zahl der Millionäre wird auf mehrere Hunderttausend geschätzt. Die Kluft zwischen Arm und Reich gilt als eines der größten sozialen Probleme des Landes. Die Superreichen sind dabei nur die Spitze des Eisbergs.

Vor allem zwischen Stadt und Land werden die Unterschiede immer größer: 2009 verdiente der durchschnittliche Stadtbewohner im Jahr 17.174 Yuan, während es im Hinterland nur 5.153 Yuan waren.

Die Ungleichheit hatte in den Fabriken Südchinas wiederholt zu Protesten und Streiks geführt.

Um einkommensschwache Schichten zu stützen, will Peking bis 2015 den Mindestlohn verdoppeln.

Viele der erfolgreichsten chinesischen Kapitalisten stammen aus Familien ranghoher Kader der Kommunistischen Partei. ... Familiäre Banden sind in China ohnehin ein beliebtes Thema.

Besonders häufig taucht dabei der Name von Staats- und Parteichef Hu Jintao auf, dessen Sohn 2009 in einen Bestechungsskandal verwickelt war.

Nicht weniger prominent sind die Geschäfte der Familie von Premierminister Wen Jiabao. ... Seine Frau Zhang Peili ist Vorsitzende von Chinas Diamantenverband. Wens Sohn Wen Yungson arbeitet für die chinesische Kapitalbeteiligungsfirma "New Horizont Capital". Das Unternehmen verwaltet mehr als eine Milliarde Dollar großer institutioneller Anleger wie etwa der Deutschen Bank.

Die Familie des Regierungschefs ist damit in guter Tradition. Die Kinder von Wens Vorgänger Zhu Rongji, einem der Architekten der Wirtschaftsreformen, sind beide im Finanzgeschäft: sein Sohn Zhu Yunlai, genannt Levin, der an der University of Wisconsin-Madison in Meteorologie promovierte, arbeitete zunächst für "Credit Suisse First Boston" in New York, bevor er in China bei der "China International Capital Corp" anheuerte. Seine Schwester, Zhu Yanlai ist stellvertretende Geschäftsführerin der "Bank of China" in Hongkong.

Die Familie von Zhus Amtsvorgänger Li Peng kontrolliert derweil einen großen Teil des chinesischen Elektrizitätsmarktes, der unter ihrem Vater restrukturiert wurde. ...

Hannoversche Allgemeine Zeitung, 30. September 2010

Raute

CUBA

Frank Flegel: Ist ein 1989 nicht genug?

Kann es wirklich sein, dass Cuba sich selbst aufgibt? Ist es möglich, dass 20 Jahre nach der Katastrophe des Sozialismus in Europa, die ausgelöst wurde durch die Erosion der KPdSU, dieser Partei Lenins, dieses "Urgesteins der sozialistischen Revolution" (Kurt Gossweiler), die nach Jahrzehnten innerer Zersetzung schließlich von einem Pizza-Hut-Vertreter und einem Alkoholiker aufgelöst wurde, dass also 20 Jahre nach dieser Katastrophe die KP Cubas den gleichen Weg geht wie die KPdSU bis zum bitteren Ende namens Gorbatschow?

Die aktuellen Dokumente geben zu höchster Sorge Anlass, denn Cuba gibt die ökonomische Grundlage des Sozialismus auf.

Interessant ist die Argumentationslinie: man argumentiert nicht mit einer akuten Notlage (Lenin: NÖP, Fidel Castro: periodo especial), sondern ideologisch. "Es geht außerdem darum, ... uns von jenen Konzeptionen zu entfernen, die die selbständige Gewerbetätigkeit fast zum Aussterben verurteilten und diejenigen stigmatisierten, die in den 90er Jahren beschlossen, diese Arbeit legal aufzunehmen." (Leticia Martinez Hernandez; siehe unten). "Der Erfolg dieses Prozesses wird in hohem Maße von der politischen Absicherung abhängen, die wir unter der Leitung der Partei und mit der aktiven Beteiligung der CTC und der einzelnen Gewerkschaftsorganisationen leisten müssen. Es kommt darauf an, ein Klima der Transparenz und des Dialoges zu erzeugen,... . (Raul Castro Ruz; siehe unten).

Zur ideologischen Begründung gehört selbstverständlich auch, die Zerstörung des Zentrums des Sozialismus, die Zerstörung der Planwirtschaft als einen annähernd natürlichen Prozess, als kaum der Rede wert, als gemeinschaftlich gewollt und als ganz harmonisch darzustellen. So erklärte Raul Castro Ruz, dass manche Berichterstatter "in schriller Übertriebenheit die Bekanntgabe mutmaßlicher Reformen in unserem ökonomischen und sozialen System, sowie die Anwendung von kapitalistischen Rezepten zur Neuordnung der Wirtschaft vorwegnahmen; wobei einige sich sogar soweit vorwagten, die Existenz eines Kampfes zwischen verschiedenen Linien in der Führung der Revolution zu beschreiben..." (siehe unten).

Aber nochmals zurück zur Ökonomie: "Die neue Regelung erlaubt es, Arbeitskräfte unter Vertrag zu nehmen und weitere selbständige Tätigkeiten auszuführen." (Leticia Martinez Hernandez; siehe unten). Und die nächsten Schritte stehen an: Es wurde erklärt, "dass die Erteilung neuer Genehmigungen für die Gewerbeausübung vorläufig in neun Tätigkeiten eingeschränkt bleibt, weil es keinen zulässigen Markt für den Erwerb der Rohstoffe gibt, obwohl Alternativen untersucht werden, die ihn möglich machen." (Leticia Martinez Hernande; siehe unten). (Alle Hervorhebungen: F.F.)

Produktionsmittel und Rohstoffe als Waren im Sozialismus!? Wann fällt das Außenhandelsmonopol, schon nächstes Jahr oder erst übernächstes?

Wer solche Maßnahmen heute im Sozialismus einleitet, der kann das - 20 Jahre nach der Konterrevolution in Europa - nicht aus Dummheit machen.

Um den Unterschied der aktuellen Situation mit der der Neuen Ökonomische Politik Lenins zu verdeutlichen, dokumentieren wir im Folgenden nicht nur die Ansprache von Raul Castro Ruz vor der Nationalversammlung der Poder Popular, den Artikel von Leticia Martinez Hernandez in der Granma und die Erklärung des Cubanischen Gewerkschaftsbundes, sondern danach Auszüge aus Lenins Reden zur Neuen Ökonomischen Politik bei der VII. Moskauer Gouvernements-Parteikonferenz und beim II. Gesamtrussischen Kongress der Ausschüsse für politisch-kulturelle Aufklärung.

Frank Flegel, Hannover

Raute

Raúl Castro Ruz: "52. Jahr der Revolution". Text der Rede vor der Nationalversammlung der Poder Popular (Volksmacht) am 1. August 2010,

Liebe Genossinnen und Genossen:

Diese Sitzung der Nationalversammlung hat zwei wichtige juristische Dokumente verabschiedet, das Änderungsgesetz der aktuellen verwaltungspolitischen Gliederung (des Landes) und das Gesetz zur Verkehrssicherheit.

Die Veränderungen der verwaltungspolitischen Gliederung sind ausführlich in unserer Presse verbreitet und während der vergangenen Monate in den betroffenen Gebieten, sowie in den entsprechenden Instanzen von Partei, Regierung und Staat diskutiert worden, was es mir erlaubt hier nicht weiter in die Einzelheiten zu gehen, sondern nur zu unterstreichen, dass die Hauptabsicht dieses Vorhabens darin liegt, den Anliegen der Bevölkerung mittels einer funktionaleren und rationaleren Organisation von Verwaltung und Regierung in verbesserter Weise Rechnung zu tragen. Damit erfüllen wir außerdem auch die von mehreren aufeinander folgenden Parteitagen angenommenen Vereinbarungen über die Notwendigkeit, nach Ablauf eines angemessenen Zeitraumes die verwaltungspolitische Ordnung einer Analyse zu unterwerfen, um sie den bestehenden Bedingungen anzupassen.

Die neuen Provinzen Artemisa und Mayabeque werden am 1. Januar 2011 entstehen, ohne die Irrtümer zu wiederholen, welche die Arbeit der örtlichen Gremien der Poder Popular bisher begleitet haben, sowie unter Maßgabe einer Konzeption der Sparsamkeit und des rationalen Gebrauchs aller Ressourcen, insbesondere mit ihren jeweiligen Aufgaben angepassten Personalbeständen und einer klaren Abgrenzung von Befugnissen in den Wechselbeziehungen mit den Gremien der zentralen Verwaltung des Staates, den Staatsbetrieben und den politischen Organisationen, sowie den Massenorganisationen.

Das Gesetz zur Verkehrssicherheit wiederum, dessen Verabschiedung wir in der vorhergehenden Sitzung verschoben haben, um es in seinem Gehalt zu vertiefen, damals noch bestehende Unstimmigkeiten auszuräumen und in der Ausarbeitung der Ergänzungsvorschriften voran zu kommen, stellt einen Beitrag zur Anhebung der sozialen Disziplin und zum Schutz des menschlichen Lebens, wie auch zur Verminderung erheblicher wirtschaftlicher Verluste dar.

Um zu weiteren Angelegenheiten überzugehen, so sind mir die Erwartungen nicht fremd, die logischerweise von den Reden aus Anlass des 26. Juli und im Parlament geweckt werden. Einige waren davon überrascht, dass der zentrale Wortbeitrag in Santa Clara vom Genossen Machado Ventura gehalten wurde, übrigens eine ausgezeichnete Rede.

Es stimmt, dass seit dem Sieg der Revolution, diese Aufgabe immer dem Genossen Fidel zukam und bei seltenen Gelegenheiten auch mir, wichtig aber ist nicht der Redner, sondern der Inhalt des entsprechenden Beitrages, der die gemeinsame Meinung der Führung von Partei und Staat über die bedeutendsten Fragen der nationalen Obliegenheiten zum Ausdruck bringt.

Verschiedene Presseagenturen und selbsternannte "Analysten" des Themas Kuba haben in den Tagen vor und nach dem Festakt zum 26. Juli unzählige Berichte und Artikel verfasst, in denen sie in Verfälschung unserer Realität und in schriller Übertriebenheit die Bekanntgabe mutmaßlicher Reformen in unserem ökonomischen und sozialen System, sowie die Anwendung von kapitalistischen Rezepten zur Neuordnung der Wirtschaft vorwegnahmen; wobei einige sich sogar soweit vorwagten, die Existenz eines Kampfes zwischen verschiedenen Linien in der Führung der Revolution zu beschreiben und alle darin übereinstimmen, schnellere und tiefer gehende Veränderungen in Richtung auf einen Abbau des Sozialismus von uns zu fordern.

Wenn man nun diese Pressekampagnen einmal ganz kühl betrachtet, dann wird offensichtlich, dass sich fast alle Agenturen von ein und demselben Leitfaden lenken lassen. Dabei beziehe ich mich nicht auf die Journalisten, die dazu gezwungen sind, sich der Verlagslinie zu unterwerfen, die ihnen vorgegeben wird und die die Medienkonzerne bezüglich Kuba von ihnen verlangen, obwohl sie zuweilen die selben vorfabrizierten Sätze und Begriffe verwenden. Nicht selten findet man da vollständig identische Absätze, ganz unabhängig davon, ob sie aus der einen oder der anderen Weltgegend stammen.

Angesichts der in mehr als 55 Jahren revolutionären Kampfes angesammelten Erfahrung scheint es, dass wir gar nicht so schlecht dastehen und weder Mutlosigkeit noch Enttäuschung unsere Reisebegleiter zu sein haben. Würde man uns lobpreisen, dann hätten wir Gründe uns Sorgen zu machen.

Es ist wie der Genosse Machado am vergangenen 26. Juli bekräftigt hat, ich zitiere: "wir fahren mit Sinn für Verantwortung, Schritt für Schritt und in einem Rhythmus fort, den wir selbst bestimmen, ohne Improvisationen oder Voreiligkeiten, um nicht falsch zu handeln und um Irrtümer oder Maßnahmen hinter uns zu lassen, die nicht mit den aktuellen Bedingungen in Einklang stehen" (Ende des Zitats).

Die Einigkeit unter den Revolutionären und zwischen der Führung der Revolution und der Mehrheit des Volkes unsere wichtigste strategische Waffe, die es uns ermöglicht hat bis hierher zu kommen und in Zukunft fort zu fahren, den Sozialismus zu perfektionieren.

Auch wenn es die Feinde schmerzen mag, ist unsere Einheit heute gefestigter als je zuvor, ist kein Ergebnis falscher Einmütigkeit oder opportunistischer Vortäuschung, die Einheit schließt ehrliche Meinungsverschiedenheiten nicht aus, sondern ist Voraussetzung für die Diskussion unterschiedlicher Vorstellungen, steht aber unter den gleichen Zielvorstellungen von sozialer Gerechtigkeit und nationaler Souveränität, was uns immer gestatten wird, zu den besten Entscheidungen zu gelangen.

Die Einheit fördert und erzielt man durch breiteste sozialistische Demokratie und in der offenen Diskussion aller Angelegenheiten, so sensibel diese auch seien, mit dem Volk.

Um von sensiblen Themen zu sprechen, muss ich Euch darüber informieren, dass, nach Monaten der Untersuchungen im Rahmen der Aktualisierung des kubanischen Wirtschaftsmodells, der Ministerrat bei seinem letzten Zusammentreffen am 16. und 17. Juli unter Beteiligung der Vizepräsidenten des Staatsrates, weiterer Mitglieder des Politbüros und des Sekretariats des Zentralkomitees, der ersten Sekretäre der Provinzkomitees der Partei und der Präsidenten der provinzialen Verwaltungsräte, sowie der zentralen Kader der CTC (Kubanischer Gewerkschaftsbund), der übrigen Massenorganisationen, des Kommunistischen Jugendverbandes UJC und hoher Funktionäre der entsprechenden Gremien ein Bündel von Maßnahmen verabschiedet hat, um etappenweise die Reduzierung der im staatlichen Sektor beträchtlich aufgeschwemmten Personalbestände in Angriff zu nehmen.

In einer ersten Phase, die wir im ersten Quartal des nächsten Jahres abzuschließen planen, wird die arbeits- und entlohnungsmäßige Behandlung der verfügbaren und beurlaubten Werktätigen einer Reihe von Organismen der zentralen Staatsverwaltung modifiziert, um die paternalistischen Einstellungen zu beseitigen, die sich gegen die Notwendigkeit richten, zu arbeiten um zu leben und damit die unproduktiven Ausgaben zu senken, die durch die egalitäre Bezahlung bewirkt werden und die, unabhängig von den Jahren der Beschäftigung, über lange Zeiträume hinweg Leuten, die nicht arbeiten, eine Gehaltsgarantie geben.

Der Erfolg dieses Prozesses wird in hohem Maße von der politischen Absicherung abhängen, die wir unter der Leitung der Partei und mit der aktiven Beteiligung der CTC und der einzelnen Gewerkschaftsorganisationen leisten müssen. Es kommt darauf an, ein Klima der Transparenz und des Dialoges zu erzeugen, in dem die angemessene und durchsichtige Information der Werktätigen vorherrschend ist und in dem die Entscheidungen auf geeignete Weise gemeinschaftlich getroffen werden und die erforderlichen organisatorischen Bedingungen geschaffen werden sollen.

Die strikte Einhaltung des Prinzips der nachweislichen Eignung zum Zeitpunkt der Entscheidung darüber, wer am ehesten dazu berechtigt ist, eine Stelle einzunehmen, muss dafür sorgen, jede Erscheinungsform von Begünstigung wie auch von Diskriminierungen auf Grund der Geschlechtes oder aus anderen Gründen zu vermeiden, denen mit aller Entschlossenheit entgegen getreten werden muss.

Der Ministerrat kam ebenfalls überein, die Arbeitsausübung auf eigene Rechnung auszuweiten und deren Nutzbarmachung als eine weitere Alternative der Beschäftigung überzähliger Werktätiger anzusehen, wobei verschiedene gültige Verbote im Hinblick auf die Ausgabe neuer Lizenzen und die Vermarktung einiger Produktionslinien aufgehoben werden, um die Anstellung von Arbeitskräften zu flexibilisieren.

Zur gleichen Zeit wurde bei dem zitierten Zusammentreffen an den erwähnten Tagen des 16. und 17. Juli die Anwendung eines Steuersystems für die Arbeit auf eigene Rechnung beschlossen, die dem neuen wirtschaftlichen Szenarium entspricht und die sicherstellt, dass diejenigen, die diesem Tätigkeitsbereich angehören, zur Sozialversicherung beitragen, Steuern auf ihre persönlichen Einkünfte und Verkäufe abführen und diejenigen, die Arbeiter einstellen, entsprechende Abgaben für die Inanspruchnahme der Arbeitskraft entrichten.

Demnächst wird eine erweiterte Vollversammlung des Nationalrates der CTC abgehalten, auf der wir mit den wesentlichen Arbeiterführern diese wichtigen Beschlüsse im Einzelnen behandeln werden, die in sich einen strukturellen und konzeptuellen Wandel im Interesse der Bewahrung und Entwicklung unseres sozialen Systems begründen und es für die Zukunft nachhaltig machen, damit wir somit den Auftrag des kubanischen Volkes erfüllen, der in der Verfassung der Republik erfasst ist und dahin geht, dass ihr sozialistischer Charakter und das in ihr enthaltene politische und gesellschaftliche System unwiderruflich sind (Applaus).

Wir hegen keine Zweifel, dass wir bei der Verwirklichung dieser Maßnahmen über die entscheidende Unterstützung der Arbeiterklasse verfügen, die zusammen mit der Bauernschaft und den übrigen Sektoren der Gesellschaft begreift, dass es ohne die Steigerung der Effizienz und der Produktivität unmöglich ist, die Löhne anzuheben, die Exporte zu vermehren und Importe zu ersetzen, die Produktion von Nahrungsmitteln zu steigern und schließlich die enormen sozialen Kosten zu tragen, die unserem sozialistischen System zu eigen sind, ein Bereich, in dem wir ebenfalls in der Pflicht stehen, uns rational zu verhalten, in dem wir sehr viel mehr einsparen, ohne jedoch an Qualität zu opfern.

Andererseits denke ich, dass niemandem der übergreifende Beitrag zur Verbesserung der sozialen und arbeitsmäßigen Disziplin entgehen kann, der von der Anwendung dieser Maßnahmen ausgeht.

Bei der Annahme dieser Übereinkünfte gehen wir davon aus, dass niemand seinem Schicksal überlassen wird, der Sozialistische Staat bietet mittels des Systems der sozialen Hilfe denjenigen die notwendige Unterstützung für eine würdiges Leben, die tatsächlich nicht zu arbeiten in der Lage sind und für ihre Familien den einzigen Unterhalt darstellen. Es muss für immer mit der Vorstellung aufgeräumt werden, dass Kuba das einzige Land der Welt ist, in dem man leben kann ohne zu arbeiten.

Ebenso sind wir mit den Untersuchungen vorangeschritten, mit denen die Kommission für Wirtschaftspolitik des Sechsten Parteitages beauftragt ist, während gleichzeitig ununterbrochen die verschiedenen Arbeitsgruppen tätig sind, die zur Ausarbeitung von Vorschlägen geschaffen wurden, die wir dann vorher mit den Parteimitgliedern und der gesamten Bevölkerung analysieren werden.

In Mitten der Widrigkeiten der internationalen Wirtschaftskonjunktur und ihrer unvermeidlichen Auswirkungen auf unser Land, zeichnen sich, trotz der Nichterfüllung des Planes beim Zucker und in anderen landwirtschaftlichen Produktionszweigen auf Grund von Fehlern in der Leitungstätigkeit und den Auswirkungen der Trockenheit, in den Einschätzungen des ersten Halbjahres ermutigende Ergebnisse für die nationale Wirtschaft ab.

Die Ankünfte ausländischer Besucher nehmen zu, die Ölproduktion liegt im Plan; das interne monetäre Gleichgewicht wird gehalten und verbessert sich sogar, die Arbeitsproduktivität spiegelt einen Rhythmus wieder, der das mittlere Einkommen übersteigt, ein Ziel das seit mehreren Jahren nicht mehr erreicht wurde, die Exporte steigen in bescheidenem Maße und der Energieverbrauch geht ausgehend von der Neuordnung des Transportwesens und weiterer Einsparungsmaßnahmen zurück.

Der Elektrizitätsverbrauch spiegelt im staatlichen Sektor positive Resultate wieder, während er im Unterschied dazu im Wohnungsbereich in stärkerem Maße steigt als vorgesehen.

Vor genau einem Jahr nahm ich Bezug auf die äußeren Finanzrestriktionen, denen wir uns auf Grund der Anhäufung von Zahlungsverpflichtungen und der Notwendigkeit der Durchführung von Neuverhandlungen von Schulden ausgesetzt sahen. Heute kann ich Euch darüber informieren, dass es uns dank des Vertrauens und des Verständnisses der Mehrheit unserer Schuldner gelungen ist, einige Fortschritte beim Aufschub von Verpflichtungen zu erzielen, denen wir bezüglich der neu vereinbarten Fristen verbindlichst Rechnung tragen wollen. Ebenso beträgt die Ansammlung der bis dato zurückgehaltenen Überweisungen an Lieferanten im Ausland heutzutage kaum ein Drittel derer von vor einem Jahr und als Beweis der Sicherheit hier im Land haben sich die ausländischen Einlagen bei den kubanischen Banken erhöht.

Ich muss mich noch auf ein weiteres aktuelles Thema beziehen. Durch souveräne Entscheidung und in strikter Einhaltung unserer Gesetze ist in den letzten Tagen die Haftentlassung und die Ausreise der ersten 21 konterrevolutionären Häftlinge vollzogen worden, die zu den 53 gehörten, die im Jahre 2003 wegen Vergehen gehen die Sicherheit des Staates verurteilt worden waren.

Schon vorher war seit dem Jahr 2004 weiteren 22 in der gleichen Rechtssache Verurteilten die Erlaubnis zur Haftentlassung gewährt worden.

Es darf daran erinnert werden, dass kein Einziger dieser Bürger wegen seiner Ideen verurteilt worden ist, wie es die brutalen Diskreditierungskampagnen gegen Kuba in verschiedenen Regionen der Welt darzustellen versucht haben.

Wie auf unwiderlegbare Weise bei der mündlichen Gerichtsverhandlung nachgewiesen, hatten alle Delikte begangen, die in unseren Gesetzen vorgesehen und mit Strafe belegt sind, indem sie im Dienste der Regierung der Vereinigten Staaten und ihrer Politik der Blockade und des Umsturzes gehandelt haben.

Man darf nicht vergessen, dass zu jener Zeit - im Jahr 2003 - der damalige Präsident George W. Bush, trunken von den scheinbaren Siegen in den Kriegen im Irak und in Afghanistan, zum "Regimewechsel" in Kuba aufrief und in direkter Weise unsere nationale Sicherheit bedrohte, wobei er sogar so weit ging, öffentlich einen Bevollmächtigten zu ernennen, der das Land, ähnlich wie gerade im Irak geschehen, nach seiner Besetzung verwalten sollte. In der Folge wurden Dutzende von Plänen zur internen Destabilisierung und zur Entführung von Flugzeugen und Schiffen geschmiedet, denen wir unter strikter Respektierung unserer Gesetze mit aller Entschiedenheit entgegen treten mussten.

Die Revolution kann großzügig sein, weil sie stark ist, ihre Kraft liegt in der mehrheitlichen Unterstützung des Volkes, das es verstanden hat, so viele Jahre der Aggressionen und Opfer durchzustehen, von daher erweist es sich nicht als müßig zu wiederholen, dass es für die Feinde des Vaterlandes, die versuchen sollten, unsere Unabhängigkeit in Gefahr zu bringen, keine Straflosigkeit geben wird (Applaus).

Niemand sollte sich täuschen. Die Verteidigung unserer geheiligten Errungenschaften, unserer Straßen und Plätze, wird weiterhin die erste Pflicht der Revolutionäre sein, denen wir dieses Recht nicht nehmen können (Anhaltender Applaus).

Nebenbei können wir noch erwähnen, dass der arme, von George W. Bush ernannte Bevollmächtigte arbeitslos geblieben ist (Gelächter).

Was Kuba und die Vereinigten Staaten angeht, hat sich im Wesentlichen nichts geändert; unsere tapferen Fünf Helden erleiden weiterhin ungerechte Haft und missbräuchliche Behandlung von Art der Grausamkeit, wie sie zurzeit gegen den Genossen Gerardo Hernández Nordelo angewandt wird und die von dieser Versammlung verurteilt wurde. Auch wenn es weniger Rhetorik gibt und gelegentliche bilaterale Gespräche über besondere und begrenzte Themen stattfinden, wird die Blockade nach wie vor angewendet, und wir werden weiterhin mit der Gelassenheit und Geduld handeln, die wir in mehr als einem halben Jahrhundert gelernt haben.

Uns, den kubanischen Revolutionären, rauben die Schwierigkeiten nicht den Schlaf, unser einziger Weg besteht darin, den Kampf mit Optimismus und dem unerschütterlichen Glauben an den Sieg fortzusetzen.

Vielen Dank (Ovation)

Raúl Castro Ruz, 01. August 2010

Raute

Leticia Martínez Hernández: Gewerbetätigkeit - Viel mehr als eine Alternative

Am 1. August verkündete Armeegeneral Raúl Castro Ruz in der Nationalversammlung den Beschluss, die Gewerbetätigkeit auszuweiten und sie als eine weitere Alternative der Beschäftigung für diejenigen zu benutzen, die nach dem Prozess der Reduzierung der aufgeblähten Stellenpläne verfügbar sind, den das Land durchführen muss, um ein angemessenes Verhältnis zwischen Gehältern und Arbeitsproduktivität zu finden. Es wurde ebenfalls Flexibilität bei der Anstellung von Arbeitskräften in bestimmten Tätigkeitsbereichen angekündigt.

Die selbständige Gewerbetätigkeit wird eine Erweiterung des Angebots von Gütern und Leistungen ermöglichen.

Seitdem haben viele eine Lösung erwartet, die, entfernt von Improvisation und Flüchtigkeit, das Anwachsen des Güter- und Dienstleistungsangebots ermöglichen und dabei gleichzeitig denjenigen Einkommen sichern wird, die sich entschließen, sie auszuüben. Sie wird auch dazu beitragen, dass der Staat einen großen Teil der übermäßigen Subventionslast abstreifen kann, wenn er Angebote in nichtstaatlichen Händen belässt, die er trotz der schwierigen Wirtschaftslage jahrelang übernommen hatte.

Die Maßnahme, die selbständige Arbeit zu flexibilisieren, ist eine der Entscheidungen, die das Land treffen muss (und trifft) in der Umgestaltung seiner Wirtschaftspolitik, um das Niveau der Produktivität und der Effizienz zu erhöhen. Es geht außerdem darum, dem Werktätigen noch eine weitere Möglichkeit zu bieten, sich durch persönliche Anstrengungen nützlich zu fühlen, und uns von jenen Konzeptionen zu entfernen, die die selbständige Gewerbetätigkeit fast zum Aussterben verurteilten und diejenigen stigmatisierten, die in den 90er Jahren beschlossen, diese Arbeit legal aufzunehmen.

Am 1. August wurde auch die Annahme einer Steuerregelung für die Gewerbetätigkeit bekannt gegeben, die dem neuen wirtschaftlichen Szenario des Landes entspricht. Dass der mehr abführt, der mehr einnimmt, ist das Prinzip der neuen Steuerregelung, die helfen wird, die Einnahmequellen des Staatshaushaltes zu vergrößern und eine angemessene Umverteilung dieser im gesellschaftlichen Maßstab zu erreichen.

Die selbständige Gewerbetätigkeit wird in 178 Tätigkeiten ausgeführt werden können.

Aber wie wird die Gewerbetätigkeit erweitert? Welche Tätigkeiten werden neu aufgenommen? Welche Verbote werden aufgehoben? Wie wird sie organisiert und kontrolliert werden? Welche Steuern werden bezahlt werden? Granma ging diesen und anderen Fragen nach und beriet sich mit Spezialisten der Ministerien für Wirtschaft und Planung, Finanzen und Preise und Arbeit und Soziale Sicherheit, die die Regelungen der Gewerbetätigkeit bereitstellen, deren Anwendung im Oktober beginnen soll.

Admi Valhuerdi Cepero, erste Vizeministerin des Ministeriums für Arbeit und Sozial Sicherheit, erklärte, dass das Kleingewerbe in 178 Tätigkeiten ausgeübt werden kann, wobei in 83 von ihnen Arbeitskräfte angestellt werden können, ohne dass sie Mitbewohner oder Angehörige des Inhabers sein müssen. "Es werden in 29 Tätigkeiten neue Genehmigungen erteilt, die gegenwärtig zwar ausgeübt werden, für die aber seit einigen Jahren keine neuen Genehmigungen gegeben wurden." Darunter erwähnte sie die Hersteller und Verkäufer von Nahrungsmitteln verschiedener Modalitäten, den Weinhersteller, den Holzsäger, den Steinmetz, den Aufwickler von Motoren, Spulen und anderen Geräten, den Hersteller und Verkäufer von Blumenkränzen und Blumen, den Spengler, den Sportübungsleiter (außer Kampfsport), den Sammler und Verkäufer von Sekundärrohstoffen, den Masseur...

Es wird auf das Erfordernis verzichtet, in Rente zu sein oder ein Arbeitsverhältnis zu haben, um Zugang zu selbständiger Gewerbetätigkeit zu haben. Zu den Tätigkeiten, die es gab, kommen sieben neue dazu, darunter Buchhalter, mit Ausnahme von denen mit Hoch- oder Fachschulabschluss, die ein Arbeitsverhältnis in der Spezialität haben; der Wärter von öffentlichen Toiletten und Parks; der Nachhilfelehrer, mit Ausnahme von Lehrern im aktiven Dienst; der Gelegenheits-Landarbeiter; der Verkäufer von Agrarerzeugnissen an Verkaufsstellen und Kiosken an Landstraßen und Autobahnen; und der Passagiervermittler, womit die Personen gemeint sind, die auf den Bahnhöfen Passagiere an die privaten Taxis vermitteln.

Valhuerdi erklärte ebenfalls, dass die Erteilung neuer Genehmigungen für die Gewerbeausübung vorläufig in neun Tätigkeiten eingeschränkt bleibt, weil es keinen zulässigen Markt für den Erwerb der Rohstoffe gibt, obwohl Alternativen untersucht werden, die ihn möglich machen. Das sind: Autoschlosser; Hersteller und Verkäufer von Gegenständen aus Granit und Marmor; Hersteller und Verkäufer von Seife, Schuhcreme, Tinten, Seilen und ähnlichem; Gießer; Schmied; Brennschneider; Hersteller und Verkäufer von Gegenständen aus Aluminium; Fußbodenpolierer; und Hersteller und Verkäufer von nicht metallischen Gusserzeugnissen.

Zu dem notwendigen Markt für diese Tätigkeiten erklärte Marino Murillo Jorge, Vizepräsident des Ministerrats und Wirtschaftsminister: "Wir sind dabei zu analysieren, was wir im Wirtschaftsplan des nächsten Jahres einbeziehen müssen in Anbetracht der neuen Transformationen, die Eisenwaren anfordern, gastronomische Geräte erforderlich machen werden, die heute nicht verkauft werden. Wir müssen den Plan so gestalten, dass wir eine Übereinstimmung mit den geschaffenen Tatsachen erreichen. Das Optimale ist ein Großhandel mit anderen Preisen für sie. Aber das werden wir in den nächsten Jahren nicht machen können. Wir müssen jetzt einen Markt schaffen, wo sie das Notwendige kaufen können, auch wenn es zu den Einzelhandelspreisen ist."

Valhuerdi bemerkte, dass nachdem die Resolution in Kraft tritt, in den Privatgaststätten, den "Paladares", bis zu 20 Plätze benutzt werden können, wo es früher 12 waren; und dass erlaubt wird, in ihnen Nahrungsmittelprodukte zu verkaufen, die mit Kartoffeln, Meeresfrüchten und Rindfleisch zubereitet sind. Es wird auch von der Bedingung abgesehen, Rentner zu sein oder ein Arbeitsverhältnis zu haben, um einer Beschäftigung dieser Art aufzunehmen.

Mit diesen Regelungen wird die Weiterführung der Gewerbetätigkeit der Universitätsabsolventen und Fachkräfte von vor 1964 ratifiziert. So wird die Arbeit respektiert, die seit über vier Jahrzehnten eine kleine Gruppe von Personen ausführt, die im Register der Gewerbesteuerzahler eingeschrieben sind.

Und bei der Flexibilisierung der Gewerbetätigkeit wurde auch die Erweiterung im Bereich der Wohnungsvermietung berücksichtigt. Sie hebt frühere Verbote auf, mit denen ein "gut sichtbares" Geflecht von Illegalitäten verbunden war. Solche Verbote, die zu einem bestimmten Zeitpunkt ihre Funktion erfüllten, bilden heute ein Hindernis bei der Bewältigung des schwierigen Wohnungsproblems. So wird den Personen die Vermietung erlaubt, die eine Wohngenehmigung im Ausland (PRE) haben oder in Kuba leben und für mehr als drei Monate das Land verlassen. Ebenso, und um die Gewerbetätigkeit zu unterstützen, wird die Möglichkeit gegeben, Wohnungen, Zimmer oder Räume für deren Ausübung zu mieten.

Es ist darauf hinzuweisen, dass der Inhaber der Wohnung einen Vertreter ernennen kann, um die Lizenz zur Vermietung zu beantragen, was eine Verfahrenserleichterung für die ist, die sich nicht im Land aufhalten und ihre Wohnung vermieten wollen. Die Genehmigung vergibt in jedem Fall der Direktor der Wohnungsverwaltung des Stadtbezirks. Gleiches geschieht mit den Fahrzeugbesitzern, die sich entschließen, eine Gewerbetätigkeit aufzunehmen. Diejenigen, die im Ausland wohnen oder länger als drei Monate reisen, können auch einen Vertreter ernennen, um ihre Fahrzeuge zu vermieten.

Wenn die neuen Regelungen in Kraft treten, werden diejenigen, die bereits Gewerbetreibende sind, und die, die diese Tätigkeit neu aufnehmen, die Pflicht haben, Steuern auf das persönliche Einkommen, auf den Ertrag, die öffentlichen Dienste und die Nutzung von Arbeitskräften zahlen und außerdem einen Sozialversicherungsbeitrag.

Besondere Erwähnung gebührt wegen seiner Tragweite dem Beitrag des Gewerbetreibenden zur Sozialversicherung. Mit dem Ziel, ihm Schutz zu bieten im Alter, bei totaler Invalidität, bei der Mutterschaft, und im Todesfall seiner Familie, wurde für ihn ein besonderes System geschaffen, dem er als unerlässliche Voraussetzung für die Ausübung selbständiger Arbeit beitreten muss. Ausgenommen sind die, die auch im staatlichen Sektor arbeiten, Rentner sind oder Nutznießer eines anderen Sozialversicherungssystems.

All diese Maßnahmen in Verbindung mit der Gewerbetätigkeit, die Granma in nächsten Berichten detaillieren wird, werden dazu beitragen, dass diese Beschäftigungsform eine weitere Alternative sein wird, um unter dem wachsamen Auge des Staates, als Vertreter des Volkes, dazu zu dienen, Lösungen zu suchen, um das Lebensniveau der Kubaner zu erhöhen, wobei immer die in unserer Verfassung verankerten sozialistischen Prinzipien respektiert werden. Wie der Armeegeneral am auf der 3. ordentlichen Sitzungsperiode der 7. Legislatur des Parlaments am 1. August 2009 sagte, ist es das Ziel, den Sozialismus zu verteidigen, zu erhalten und weiter zu vervollkommnen, nicht, ihn zu zerstören. Auf diesen Wegen befindet sich unser Kuba.

Die Regelung des Ministeriums für Arbeit und Soziale Sicherheit über die Erweiterung der Ausübung von Gewerbetätigkeit führt aus, dass, wer sich ihr anschließt, mehr als eine Tätigkeit verrichten kann, sowohl in der Herkunftsgemeinde als auch an jedem anderen Ort des Landes, sofern die vom Verwaltungsrat festgelegten Regelungen erfüllt werden. So werden sie die Möglichkeit haben, der Arbeit in ihrer Wohnung oder in jeder anderen gemieteten Räumlichkeit oder an jedem gemieteten Platz nachzugehen. Das Dokument sieht vor, dass die Gewerbetreibenden ihre Produkte und Leistungen innerhalb der finanziellen Beschränkungen, die diese haben, staatlichen Einrichtungen verkaufen können.

In diesem Moment wird mit der Zentralbank Kubas darüber beraten, auf welchem Wege die Möglichkeit geboten werden kann, denjenigen, die sich entscheiden, Gewerbetätigkeit auszuführen, einen Bankkredit zu erteilen, damit sie mit der gewählten Tätigkeit beginnen können.

Die Beamten des Nationalinstituts für Wohnraum gaben bekannt, dass ab Oktober das Verbot aufgehoben wird, gesamte Wohnungen für CUC(94) zu vermieten; stundenweise zu vermieten; vom Staat nach dem Jahr 2001 übergebene Immobilien zu vermieten oder diejenigen, an denen in den letzten Jahren gebaut wurde. Diese Maßnahmen werden ohne Ausnahme für das gesamte Landesgebiet angenommen. Die neue Regelung erlaubt es, Arbeitskräfte unter Vertrag zu nehmen und weitere selbständige Tätigkeiten auszuführen.

Leticia Martínez Hernández; www.granma.cu/aleman/kuba/


Anmerkung

(94) CUC = Konvertibler kubanischer Peso

Raute

Cubanischer Gewerkschaftsbund CTC: Das Prinzip der sozialistischen Verteilung wieder beleben

Kuba, Dienstag, den 14. September 2010 um 15:49 Uhr.

Der kubanische Gewerkschaftsbund CTC veröffentlichte am Montag (Ortszeit) in seiner Zeitung »Trabajadores« eine Erklärung zur bevorstehenden Streichung von einer halben Million Arbeitsplätzen im staatlichen Sektor des Landes.

Die kubanische Revolution vollendet 52 Jahre ihrer siegreichen Existenz, und heute mehr denn je sind in der Führung der Nation und in unserem Volk der Willen und die Entschlossenheit lebendig und unverrückbar, den Aufbau des Sozialismus fortzusetzen, bei der Entwicklung und der notwendigen Aktualisierung des Wirtschaftsmodells voranzuschreiten und so die erreichten Errungenschaften zu festigen.

Die Führung der Regierung hat eine Reihe von Maßnahmen erarbeitet, die die Veränderungen, deren Einführung in der Wirtschaft und Gesellschaft notwendig und unaufschiebbar sind, garantieren, um den gegenwärtigen Produktions- und Arbeitsprozess zu transformieren und effizienter zu machen.

Kuba steht der Dringlichkeit gegenüber, ökonomisch voranzukommen, die Produktion besser zu organisieren, die Produktivitätsreserven auszubauen, die Disziplin und Effizienz zu verbessern. Das wird nur durch die würdige und heilige Arbeit unseres Volkes möglich sein. Die Pflicht der Kubaner ist heute zu arbeiten, und dies gut, ernsthaft und verantwortlich zu tun und eine bessere Ausnutzung der Ressourcen, über die wir verfügen, zu erreichen, um so unsere Bedürfnisse zu befriedigen.

In Übereinstimmung mit dem Aktualisierungsprozess des Wirtschaftsmodells und den Wirtschaftsprognosen für die Zeit 2011 bis 2015 wird in den Vorgaben für das kommende Jahr der Abbau von mehr als 500.000 Arbeitern im staatlichen Sektor und parallel ihre Schaffung im nichtstaatlichen Sektor vorgesehen. Der Zeitplan für ihre Durchführung wird von den Organismen und Unternehmen bis zum ersten Quartal 2011 festgelegt.

Für die Gewerkschaftsbewegung und die Arbeiter ist es eine unvermeidbare Aufgabe, die größte Aufmerksamkeit auf den Abbau der Arbeitsplätze, den Prozess der Schaffung von Arbeits- und Beschäftigungsmöglichkeiten und das Erreichen einer angemessenen Nutzung der menschlichen Ressourcen zu lenken. Es ist bekannt, dass der Überhang an Plätzen die Zahl von einer Million Personen in den budgetierten und unternehmerischen Bereichen übersteigt.

Unser Staat kann und darf nicht weiter Unternehmen sowie budgetierte, produktive und Dienstleistungseinrichtungen mit einer aufgeblähten Zahl von Arbeitsplätzen unterhalten. Verluste, die die Wirtschaft belasten, sind kontraproduktiv, schaffen schlechte Verhaltensweisen und deformieren die Haltung der Arbeiter. Es ist notwendig, die Produktion und die Qualität der Dienstleistungen zu erhöhen, die aufgedunsenen Sozialabgaben zu reduzieren und unnötige Gratisleistungen, übermäßige Subventionen, das Studium als Arbeitsmöglichkeit und den vorzeitigen Ruhestand zu beseitigen.

Der Erfolg des jetzt beginnenden Prozesses wird von der politischen Absicherung abhängen, die wir Gewerkschaftsführer aus der Gewerkschaftsbewegung und unter der Führung der Partei vor der Durchführung der zu ergreifenden Maßnahmen geben werden, und von dem gesellschaftlichen Konsens, den wir über die wirtschaftliche und politische Bedeutung dieses Schritts erreichen müssen. Diese Maßnahmen zur Schaffung von Arbeitsmöglichkeiten zielen auf das Erkennen von nicht unverzichtbaren Plätzen und ihr Verschieben auf eine andere Stelle, wo sie notwendig und möglich sind, oder die Neuorientierung der Arbeiter, die diese Stellen besetzen.

Für den Umgang mit den Arbeitern, die sich in einer Einrichtung oder auf einem Arbeitsplatz als zur Disposition stehend herausstellen, erweitert und diversifiziert sich der gegenwärtige Horizont von Optionen durch neue Formen nichtstaatlicher Arbeitsbeziehungen als Alternative zur Beschäftigung. Dazu gehören Verpachtungen, Nutzungsrechte, Kooperativen und die Arbeit auf eigene Rechnung, wohin sich in den kommenden Jahren Hunderttausende Arbeiter bewegen werden.

Innerhalb des staatlichen Sektors wird es nur möglich sein, die unverzichtbaren Plätze in historisch unter Arbeitskräftemangel leidenden Bereichen wie der Landwirtschaft, dem Bauwesen, Lehrer, Polizisten, Industriearbeiter und anderen zu besetzen.

Das Land erlebt in verschiedenen Bereichen wie dem Erdöl, dem Bauwesen, der Biotechnologie, der pharmazeutischen Industrie und dem Tourismus einen wichtigen Investitionsprozess. Ebenso werden andere Güterproduktionen gefördert und der Export von Dienstleistungen ausgeweitet, was ebenfalls Arbeitsmöglichkeiten schaffen wird.

Diese Veränderungen in der Beschäftigungspolitik werden nach und nach angewendet, sie beginnen sofort und umfassen aufgrund ihres Umfangs alle Bereiche.

Dieser gesamte Prozess vollzieht sich auf neuen Grundlagen und Normen und wird die gegenwärtigen Arbeits- und Gehaltsregelungen für die zur Disposition stehenden und Unterbrochenen (Entlassenen, Anm. d. Übers.) verändern, denn es wird nicht mehr möglich sein, die Formel des unbegrenzten Schutzes und Zahlens von Gehältern für die Arbeiter beizubehalten. Bei der Identifizierung, Versetzung und Verlegung zu anderen Arbeiten wird das Verhalten und die persönliche Bereitschaft des Interessierten sehr wichtig sein.

Die Definition derjenigen, die zur Disposition stehende Plätze im jeweiligen Arbeitskollektiv besetzen, wird unter Berücksichtigung des Prinzips der gezeigten Eignung durchgeführt.

Eine Angelegenheit von einzigartiger Bedeutung stellt das Gehalt dar. Das Prinzip der sozialistischen Verteilung muss wiederbelebt werden, jeden nach dem Maß und der Qualität seiner geleisteten Arbeit zu bezahlen. Die Systeme der Zahlung nach Ergebnis, die in Zentren mit besser angepassten Plätzen angewandt werden, bleiben der Weg, um die Produktivität und damit das Einkommen der Arbeiter zu erhöhen.

Zu unterstützen, dass die Gewerkschaftsorganisation auf jeder Führungsebene zur Erfüllung dieser Politik beiträgt, wird die Fortsetzung des Aufbaus des kubanischen Sozialismus garantieren, indem das Konzept der Revolution vom richtigen historischen Augenblick angewandt und alles verändert wird, was verändert werden muss.

Als CTC und Gewerkschaften sind wird verpflichtet und sprechen uns aus für die strikteste Beachtung und Anwendung des Prinzips der gezeigten Eignung, um das beste Recht zur Besetzung eines Platzes festzustellen, sowie für die Transparenz, mit der dieses durchgeführt werden muss.

Es ist die Aufgabe der Gewerkschaft, in ihrem Bereich mit großem Einsatz zu handeln und die systematische Kontrolle des Verlaufs dieses Prozesses von seinem Beginn bis zu seinem Abschluss aufrechtzuerhalten, die angemessenen Maßnahmen zu ergreifen und ihre übergeordneten Organe und die CTC informiert zu halten.

Die Einheit der kubanischen Arbeiter und unseres Volkes war der Schlüssel, um die gigantische, von der Revolution geleistete Arbeit zu realisieren. In den Veränderungen, die wir nun unternehmen, bleibt sie unsere wichtigste strategische Waffe.

Nationales Sekretariat der CTC

Raute

W.I. Lenin: Textauszüge zur Neuen Ökonomischen Politik

Aus: Lenin: "Über die Neue Ökonomische Politik"; Referat am 29. Oktober 1921 bei der VII. Moskauer Gouvernements-Parteikonferenz

Im Frühjahr (1921; d.Red.) sagten wir, dass wir uns nicht scheuen werden, zum Staatskapitalismus zurückzukehren. ... Es wurde vorausgesetzt, dass im ganzen Staat die Industrieerzeugnisse gegen die landwirtschaftlichen Produkte mehr oder minder sozialistisch ausgetauscht werden und dass durch diesen Warenaustausch die Großindustrie als die einzige Grundlage der sozialistischen Organisation wiederaufgebaut wird. Was stellte sich indes heraus? Es stellte sich heraus - heute wissen Sie das alle sehr gut aus der Praxis, aber das geht auch aus unserer ganzen Presse hervor -, dass der Warenaustausch gescheitert ist, gescheitert in dem Sinne, dass er in Kauf und Verkauf einmündete. Und wir sind jetzt genötigt, das zu erkennen, wenn wir nicht den Kopf in den Sand stecken wollen, wenn wir uns nicht wie Leute gebärden wollen, die ihre Niederlage nicht sehen, wenn wir uns nicht scheuen, der Gefahr direkt ins Auge zu sehen.

Wir müssen erkennen, dass sich der Rückzug als unzureichend erwiesen hat, dass wir einen zusätzlichen Rückzug antreten müssen, noch weiter zurück, indem wir vom Staatskapitalismus zur staatlichen Regelung des Kaufs und Verkaufs und des Geldumlaufs übergehen. Der Warenaustausch war ein Fehlschlag, der Privatmarkt hat sich als stärker erwiesen als wir, und statt des Warenaustausches ist gewöhnlicher Kauf und Verkauf, ist Handel zustande gekommen.

Man muss sich dem Handel anpassen, sonst wird die Flutwelle des Kaufs und Verkaufs des Geldumlaufs über uns zusammenschlagen.

Das ist der Grund, warum wir uns in der Lage von Menschen befinden, die immer noch zum Rückzug gezwungen sind, um in der Folge schließlich zum Angriff überzugehen.

Die Lage, die durch unsere Neue Ökonomische Politik geschaffen worden ist - Entwicklung kleiner Handwerksbetriebe, Verpachtung von Staatsbetrieben usw -, all dies bedeutet Entwicklung kapitalistischer Verhältnisse, und das nicht sehen zu wollen, würde bedeuten, völlig den Kopf zu verlieren. Selbstverständlich ist die Stärkung der kapitalistischen Verhältnisse schon an und für sich eine Verschärfung der Gefahr. ... Jeder Schritt in dieser Neuen Ökonomischen Politik bedeutet eine ganze Reihe von Gefahren.

Als wir im Frühjahr sagten, dass wir die Ablieferungspflicht durch die Naturalsteuer ersetzen, dass wir den freien Handel mit den nach Entrichtung der Naturalsteuer verbleibenden Überschüssen dekretieren, gaben wir damit dem Kapitalismus Entwicklungsfreiheit. Das nicht zu wissen, würde bedeuten, völlig das Verständnis für die grundlegenden ökonomischen Verhältnisse zu verlieren und sich der Möglichkeit zur Orientierung und zum richtigen Handeln zu berauben.

Gewiss, die Kampfmethoden haben sich geändert, es haben sich auch die Gefahrenmomente geändert. Als die Frage der Sowjetmacht, der Auseinanderjagung der Konstituante zur Entscheidung stand, drohte die Gefahr von Seiten der Politik. Diese Gefahr erwies sich als ganz geringfügig. Als aber die Epoche des Bürgerkriegs anbrach, der von den Kapitalisten der ganzen Welt unterstützt wurde, trat die militärische Gefahr in Erscheinung - sie war schon bedrohlicher. Und als wir unsere ökonomische Politik änderten, wurde die Gefahr noch größer, weil die Ökonomik, die sich aus einer Unmenge wirtschaftlicher, alltäglicher Kleinigkeiten zusammensetzt, an die man sich zu gewöhnen pflegt und die man leicht übersieht, von uns besondere Aufmerksamkeit und Anspannung verlangt und mit besonderer Bestimmtheit die Notwendigkeit in den Vordergrund rückt, die richtigen Methoden zu ihrer Bewältigung zu erlernen. Wiederherstellung des Kapitalismus, Entwicklung der Bourgeoisie, Entwicklung bürgerlicher Verhältnisse aus dem Handel heraus usw. - das ist eben die Gefahr, die unserem jetzigen ökonomischen Aufbau, unserem jetzigen allmählichen Herangehen an die Lösung einer Aufgabe, die weit schwieriger ist als die vorhergehenden, eigen ist. Hier darf es nicht den kleinsten Irrtum geben.


Aus: Lenin: "Die Neue Ökonomische Politik und die Aufgabe der Ausschüsse für politisch-kulturelle Aufklärung"; Referat am 17. Oktober 1921 beim II. Gesamtrussischen Kongress der Ausschüsse für politisch-kulturelle Aufklärung

Die Neue Ökonomische Politik... bedeutet den Übergang zur Wiederherstellung des Kapitalismus in beträchtlichem Ausmaß. In wie großem Ausmaß, das wissen wir nicht. Konzessionen an ausländische Kapitalisten, Verpachtung an Privatkapitalisten, - das ist eben eine direkte Wiederherstellung des Kapitalismus, und das ist mit den Wurzeln der Neuen Ökonomischen Politik verbunden. (...)

Wer wird siegen - der Kapitalist oder die Sowjetmacht?

Wer wird siegen, wer wird die Lage schneller ausnutzen - der Kapitalist, den wir selbst zur Tür hereinlassen, oder sogar durch mehrere Türen (und durch viele Türen, die wir selber nicht kennen und die ohne und gegen unsere Absicht aufgetan werden), oder die proletarische Staatsmacht? ...

Die ganze Frage ist die: Wer wird wem überflügeln? Gelingt es den Kapitalisten, sich früher zu organisieren, dann werden sie die Kommunisten zum Teufel jagen, darüber braucht man überhaupt kein Wort zu verlieren. Man muss diese Dinge nüchtern betrachten: Wer - wen? Oder wird die proletarische Staatsmacht imstande sein, gestützt auf die Bauernschaft, die Herren Kapitalisten gehörig im Zaum zu halten, um den Kapitalismus in das Fahrwasser des Staates zu leiten und einen Kapitalismus zuschaffen, der dem Staat untergeordnet ist und ihm dient? Man muss diese Frage nüchtern stellen. ...

Der Kern der Sache aber ist, dass der Kampf noch erbitterter, noch härter ist und sein wird als der Kampf gegen Koltschak und Denikin. Und zwar, weil jener Kampf ein militärischer war - das ist eine altgewohnte Sache. Jahrhunderte und Jahrtausende hindurch hat man immer Krieg geführt. In der Kunst, im Krieg Menschen umzubringen, sind ungeheure Fortschritte gemacht worden. Allerdings saßen in den Stäben fast aller Gutsbesitzer Sozialrevolutionäre und Menschewiki, die sich heiser schrieen über Volksrechte, über die Konstituante und darüber, dass die Bolschewiki alle Freiheiten verletzt hätten. Dennoch war es leichter, die militärische Aufgabe zu lösen als die, vor der wir jetzt stehen. Die militärische Aufgabe konnte man durch Ansturm, Angriff, Enthusiasmus lösen, geradezu durch die physische Kraft der Arbeiter und Bauern, die sahen, dass der Gutsbesitzer auf sie losging. Heute gibt es keine offenen Gutsbesitzer mehr. ...

Ein klares Bild davon, dass sich der Feind schon mitten unter uns befindet und dass es derselbe Feind ist, dass die Revolution vor einem Abgrund steht, auf den alle früheren Revolutionen gestoßen und vor dem sie zurückgescheut waren - diese Einsicht kann das Volk nicht haben, ­... Woher soll das Volk das Bewusstsein haben, dass sich an der Stelle von Koltschak, Wrangel und Denikin hier, mitten unter uns, der Feind befindet, der alle früheren Revolutionen zugrunde gerichtet hat? Denn wenn die Kapitalisten die Oberhand über uns gewinnen, so bedeutet das die Rückkehr zum Alten, was auch durch die Erfahrung aller früheren Revolutionen bestätigt wird.

Unsere Partei hat die Aufgabe, das Bewusstsein zu wecken, dass der Feind mitten unter uns der anarchische Kapitalismus und der anarchische Warenaustausch ist. Man muss dieses Wesen des Kampfes klar begreifen: "Wer - wen? Wer wird die Oberhand gewinnen?" Die Diktatur des Proletariats ist der härteste, der erbittertste Kampf, bei dem das Proletariat gegen die ganze Welt kämpfen muss, ...

Entweder die organisierte proletarische Macht - und die fortgeschrittenen Arbeiter wie der nicht große Teil der fortgeschrittenen Bauern werden diese Aufgabe begreifen und eine Volksbewegung um sich zu organisieren verstehen -, und dann werden wir als Sieger hervorgehen. Oder wir werden das nicht fertigbringen - und dann wird der Feind, der im Sinne der Technik über größere Kräfte verfügt, uns unweigerlich schlagen. ...

Lenin, Werke, Bd. 33, S. 40 ff

Raute

BUCHBESPRECHUNG

Helmut Timm: Hans Fricke: "Eine feine Gesellschaft"

Das Buch "Eine feine Gesellschaft" habe ich gelesen, ich würde sogar sagen durchgearbeitet. Und dennoch bin ich noch nicht in der Lage, eine abgeschlossene Wertung vorzunehmen. Man muss es mehrmals gelesen haben, um den Inhalt und auch die Tiefe voll zu erfassen. Soviel lässt sich aber schon mit Bestimmtheit sagen: Es ist ein sehr, sehr gutes Buch. Wer es nicht gelesen hat, der hat eine Menge versäumt. Der Autor hat viele wichtige Fakten zusammengetragen, die mir teilweise unbekannt waren, obwohl ich mich auf diesem Gebiet auskenne. Vieles in dem Buch hatte für mich Neuwert. Hans Fricke trifft glasklare Wertungen und verzichtet auf jede Übertreibung. Ich finde in dem Buch keine Aussage, die ich anzweifle, oder die ich nicht nicht unterschreiben könnte. Im Gegenteil, ich habe einiges dazu gelernt. Nicht nur, was Fakten oder Wertungen anbelangt, sondern auch im historischen und dialektischen Denken. Die Zusammenhänge, die der Autor aufzeigt, sind in vielerlei Hinsicht, auch von der Methodik her, überlegenswert. Eine weitere Stärke sehe ich in folgendem: Fricke spricht auch Dinge an, die nicht, oder besser: noch nicht bewiesen sind, aber immer mit dem ausdrücklichen Hinweis auf diesen Umstand. Einiges ist auch in Fragen gekleidet, was legitim und nützlich ist. Warum sollte man nicht fragen dürfen?

Wichtig ist nur keine Tatsachenbehauptung, wo der sichere Beweis fehlt. Ein solches Herangehen erhöht die Glaubwürdigkeit, wofür der Leser dankbar sein dürfte. Frickes Buch ist anspruchsvoll und deshalb nichts für "Bild"-Leser und Fans von Dieter Bohlens "Deutschland sucht den Superstar". Man braucht schon gesellschaftswissenschaftliches Interesse und zumindest auch Grundwissen, um das Anliegen des Buches verstehen zu können. Es ist eine alte Weißheit: Man kann gesellschaftliche Zusammenhänge nicht in jedem Fall einfach erklären. Wer aber Freude am Nachdenken und Entdecken hat, für den ist das vorliegende Buch gerade das Richtige. Es ist eine Herausforderung an den Leser, sich ein eigenes Urteil zu bilden, Positionen zu beziehen, Standpunkte zu vertreten oder auch abzulehnen. Dieser Herausforderung muss man sich stellen, wenn man nicht nur lesen, sondern auch verstehen will. Mit dem Buch "Eine feine Gesellschaft" liegt eine Arbeit vor, die auch über den Tag hinaus Bedeutung haben wird. Wer jüngste deutsche Geschichte verstehen will, wer wichtige Hintergründe und Zusammenhänge kennen lernen möchte, sollte es unbedingt zur Hand nehmen.

GNN-Verlag Schkeuditz, März 2010, 250 Seiten, ISBN 978-3-89819-341-2

Helmut Timm, Groß Nemerow

Raute

IMPRESSUM

offen-siv, Zeitschrift für Sozialismus und Frieden

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Quelle:
Offensiv Nr. 6/2010 - Zeitschrift für Sozialismus und Frieden
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. November 2010