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KAZ/322: Zur Lage der Energieversorgung in Deutschland, Teil 2


KAZ - Kommunistische Arbeiterzeitung, Nr. 370, Februar 2020
Proletarier aller Länder und unterdrückte Völker vereinigt euch!

Rückwärts stolpern ist auch Bewegung
Zur Lage der Energieversorgung in Deutschland - Teil 2

von Rolf Fürst


In der letzten KAZ, Nr. 369, wurde Teil 1 dieses Artikels veröffentlicht:
kaz-online.de/artikel/rueckwaerts-stolpern-ist-auch-bewegung (*)

Hier wurde erläutert, dass der Gesamtenergieverbrauch in Deutschland weiter von Mineralöl und Gas bestimmt wird und der Endenergieverbrauch hauptsächlich durch Industrie und anderes Gewerbe erfolgt. Die sogenannte "erneuerbare" Energie hat einen geringen Anteil, obwohl hier die Verbrennung von Holz, Müll oder Biomasse mitgerechnet ist. Um den wesentlichen Energieträger Gas tobt ein besonders heftiger Kampf, aktuell insbesondere durch die Konflikte um die neue Gasleitung "Nordstream 2" dokumentiert[1]. Auch haben wir Siemens als nicht zuletzt Energietechnikkonzern und größten Produzenten von Windrädern (auf See) berücksichtigt. Im nachfolgenden zweiten Teil wird es um die Wirkungen der "Energiewende" und den Zustand der Stromnetze in dieser Situation gehen, sowie die Lage der verbliebenen deutschen Energiemonopole. Schlussendlich blicken wir auf die nötige Lösung des Chaos der Energieversorgung, die nur durch gesellschaftliche Umwälzung möglich werden wird.

Warum steht Strom im Mittelpunkt der Auseinandersetzung?

Hinsichtlich der verbrauchten Energiemenge in Kilowattstunden (kWh) liegt Strom hinter anderen Energieträgern zurück. Dennoch bestimmt diese Energieform klar die Diskussion. Strom kann flexibel eingesetzt werden, Strom scheint geradezu universell und wird überall benötigt: ohne Strom keine maschinelle Produktion, keine Heizungssteuerung, kein Wasser aus der Leitung, kein Licht, keine Kommunikationsverbindung, nichts läuft ohne Strom. Dies rührt auch an Ängsten und lädt emotional auf, was beispielsweise der Roman "BLACKOUT"[2] aufgreift.

Die klassischen Stromanwendungen im Haushalt machen weniger als 15% der Energienutzung in Deutschland aus. Erinnert man sich beispielsweise an das vor einigen Jahren hochgekochte Thema des Verbots der Glühbirnen und deren Austausch durch quecksilberhaltige "Energiesparleuchten", bestätigt sich: Ein Thema beherrscht die Republik, dabei ging es gerade mal um 1% des Gesamtenergieverbrauches im Haushalt. Es konnte nicht auf die technische Reife der weit verbrauchsärmeren LED-Leuchte gewartet werden: Alte Leuchte raus, Quecksilber rein, wer nicht mitmacht, ist Umweltsau und Schuld am Untergang der Menschheit! Potential zur Verbrauchsreduzierung gerade in den Arbeiterhaushalten (Mieterhaushalten) besteht dabei an anderer Stelle: Heizung und Warmwasser (also Nutzung von Wärmeenergie) machen zusammen über die Hälfte des Energieverbrauchs aus. Dieser von den Energieträgern Gas und Heizöl bestimmte Sektor liegt zumindest bei allen Mietern[3] nicht in ihrer Hand: Vermieter sind Kapitalisten und zögern die auf ihre Kosten gehende Erneuerung einer Heizung bis zum letzten Moment und halten so den Heizenergieverbrauch unnötig hoch. Dieser wiederum ist von den Mietern zu zahlen. Ein AAA++Kühlschrank ist im Vergleich zur Heizung ein ähnlich unwichtiges Gerät wie die Glühbirne. Hier aber steht der Schutz des Eigentums vor der Umweltrettung: Nur über 30 Jahre alte Heizkessel müssen ersetzt werden, dabei gibt es zusätzlich noch verschiedene Ausnahmeregelungen.[4]

Von A nach B - Wege, Netze und Speicherung

Die Versorgung mit Strom, Gas und Wasser (in Teilen des Landes auch mit Fernwärme) erfolgt über den Anschluss an ein entsprechendes Netz, während zum Beispiel Mineralöl (oder Benzin) in Schiffen und Lkw ohne Netz zu seinem Verbrauchsort befördert wird. Netze sind übergreifend und die Strom- oder Gasnetze[5] sind jeweils auch überregional über mehrere Stufen verbunden. Die Nutzung dieser Energien besteht somit zwingend aus den Schritten: Produktion (oder Förderung), dann Transport durchs Netz und letztlich Abnahme, also Verbrauch (Umwandlung) beim industriellen, sonstigen gewerblichen oder privaten Verbraucher. Der Teil des Transports, die Bedeutung der Netze wird dabei oft übersehen, bzw. ausgeblendet. Dabei sind solche flächendeckenden Netze fortschrittlich und beschreiben einen technischen Stand der Produktivkräfte, eine konkrete Vergesellschaftung der Produktion, die hervorzuheben ist. Ein Energienetz weist - wie auch das Bahn-, Telefon- oder Datennetz - unabhängig von den heutigen Eigentumsverhältnissen über diese Gesellschaft bereits hinaus. Ein Netz erschließt und verbindet viele Stellen, Menschen, Fabriken und Gebäude zu einer Gesamtstruktur, die in zentraler und systematischer Planung effektiv funktioniert. Auch in der kommunistischen Gesellschaft brauchen wir solche Netze (natürlich noch viel besser und weiter entwickelt). Unter kapitalistischen Bedingungen bleiben diese Netze zwangsläufig mehr oder weniger uneffektiv, da die Eigentumsverhältnisse der Vollendung des Charakters widersprechen. Der fortschrittliche Charakter an sich ist jedoch unbestreitbar und deshalb zeigt sich hier besonders deutlich, in welche irrigen und falschen Entwicklungen der Privatbesitz dieser Netze führt, welche unter anderen Bedingungen vergleichsweise leicht lösbaren Widersprüche durch den kapitalistischen Raubbau und der Zerfledderung entstehen.

Bei Strom- oder Gasnetzen stellen die Energieträger unterschiedliche Anforderungen. Der Energieträger Gas ist vergleichsweise flexibel und gut speicherbar. Mit rund 50 Gasspeichern in Deutschland kann bei voller Auslastung mehr als ein Viertel des Jahresverbrauches gespeichert werden, Gas kann je nach Bedarf auch problemlos komprimiert oder ausgedehnt werden. Das Gasnetz hat nationale und internationale Transportfunktion und dient gleichzeitig als Speicher bei Schwankungen bzw. Differenzen zwischen der Einspeisemenge und der gleichzeitigen Ausspeisung (Verbrauch). Der Energieträger Gas erfordert keine Gleichzeitigkeit zwischen Produktion, Transport und Abnahme.

Ganz anders beim Energieträger Strom. Dieser erlaubt nur recht geringe Schwankungsbreiten und fordert somit die Gleichzeitigkeit von Produktion, Transport und Verbrauch (Abnahme). Wird mehr oder weniger produziert (und damit in Netz eingespeist) als im gleichen Moment verbraucht wird, gerät das Netz als Transportebene schnell in Schwierigkeiten. Bei Über- oder Unterbelastung droht schlimmstenfalls der Crash. Wird beispielsweise tagsüber bei Sonnenschein und Windstärke viel Strom produziert und eingespeist, müssten dadurch größere Kraftwerke vom Netz genommen werden. Da die Sonne nachts nicht scheint, kommt es dann zur umgekehrten Wirkung. Die technischen Voraussetzungen bestehen jedoch überwiegend so nicht, ein Kohle- oder gar Kernkraftwerk kann nicht kurzfristig hoch- oder runtergefahren werden. Trotz mancher Versuche und kleinerer Einrichtungen wie Pumpspeicherwerke bestehen im deutschen Stromnetz keine nennenswerten Speicher. Die technischen Voraussetzungen passen somit überwiegend nicht zu Schwankungssituationen im Netz. Dabei war der Verbrauch von jeher schwankend und auch jahreszeitlich unterschiedlich. Der höhere Verbrauch erfolgt tagsüber, weil dann die Produktion stärker läuft und auch die Arbeiter in ihren Haushalten mehr verbrauchen als in der Nacht. Durch die Erhöhung der "erneuerbaren" Produktionsanlagen ist die Thematik deutlich größer geworden, weil nun auch auf der Produktionsseite stärkere Schwankungen erfolgen. Dabei ist nach politischer Vorgabe gerade der unregelmäßig erzeugte Strom aus "erneuerbaren" Anlagen wie Wind- oder Solaranlagen bevorrechtigt. Das Stromnetz hat aber keine Überholspur wie die Autobahn, hier gibt es nur eine Spur und Stau ist nicht erlaubt. Im Ergebnis wird die politisch beschlossene Bevorrechtigung des "grünen" Stroms - die technisch gesehen eine unrealistische Wunschvorstellung ist - regelmäßig unterlaufen. Statt Kohlekraftwerken werden Windräder vom Netz genommen. Da aber die von den Stromverbrauchern zu leistende Förderung rechtlich fest zugesagt ist, wird auch für den nicht im Netz aufgenommen und folglich nicht verbrauchten Strom die Förderung[6] weiter gezahlt. Regelmäßig erhalten Firmen mit großen Stromverbräuchen auch Zahlungen dafür, dass sie sich bereit erklären, sich im Notfall vom Netz nehmen zu lassen und auf eigene Kraftwerke zurück zu greifen. Die Kosten für nicht verwendeten Strom gehen mittlerweile in die Milliarden. Diese Widersprüche beschäftigen auch staatliche Stellen: In einer vom Bundeswirtschaftsministerium beauftragten Studie empfehlen Branchenexperten die Bevorrechtigung des "Grünstroms" einzuschränken.[7]

Dunkel wars, der Mond schien helle ...

Aufgrund der genannten Veränderungen wird die Stabilität im deutschen Stromnetz fraglicher. Die enge Bandbreite, um die notwendige Netzfrequenz von 50 Hertz[8] zu halten, wird zunehmend schwieriger. Nach Wettervorhersagen wird ständig abgeschätzt, wie viel Strom aus Wind- oder Solaranlagen zu erwarten ist. Das führt zu skurrilen Situationen, beispielsweise dass bei Schneefall eine Annahme getroffen werden muss, wie viel Hausbesitzer auf ihr Dach steigen und den Schnee von den Anlagen fegen, um keinen Ausfall aufgrund von Produktionsunterbrechung zu haben. Bei der letzten größeren Sonnenfinsternis im März 2015 wurden Krisenstäbe eingerichtet, die für die Situation des zum Ende der Sonnenfinsternis wieder schlagartig eingespeisten Solarstroms umfangreiche Maßnahmen durchführten. 2018 wurden Alu- und Stahlhütten bis zu 100 Mal gegen Entschädigung vom Netz genommen, als Grund wurden "fehlerhafte Wetterprognosen genannt"[9]. Sich in diesem Umfang vom Wetter abhängig zu machen, zeigt den technischen Rückschritt dieser Art der Stromproduktion. Die Hitze im Sommer 2018 führte zu einem erhöhten Aufkommen von Solarenergie, bewirkte aber gleichzeitig weniger Wind. Da die 30.000 Windräder in Deutschland eine größere Strommenge produzieren als die Solaranlagen, war die "erneuerbare" Produktionsmenge im Sommer 2018 unterdurchschnittlich. Im Ergebnis wurde in den drei Monaten Juni bis August 2018 über 10% mehr Strom aus Kohle produziert als in den entsprechenden Vorjahresmonaten.[10] Mehr Sonne führte zu mehr Kohlestrom.

Im Juni 2019 kam es an drei Tagen zu den wohl bisher kritischsten Situationen im deutschen Stromnetz. Dabei fehlte Strom im Netz (Unterspannung), was ebenso wie zu viel Strom (Überspannung) zu einem großflächigen Ausfall führen kann. Die vier Betreiber der obersten Netzebene erklärten: "Die Lage war sehr angespannt und konnte nur mit Unterstützung der europäischen Partner gemeistert werden."[11] Übersetzt: Es war Zufall, dass aus den Netzen der Nachbarländer ungeplant Strom importiert werden konnte, vermutlich "Atomstrom". Die Preise an der Strombörse explodierten: Von rund 50 Euro ging es für einige, besondere Stunden hoch bis zu 37.856 Euro. Zeigt: Es war in dem Moment absolut kein weiterer Strom mehr verfügbar. Die konkreten Ursachen für diese Situationen sind bis zur Erstellung dieses Artikels nicht eindeutig öffentlich gemacht worden. Es besteht der Verdacht, dass einige Lieferanten sich völlig verspekuliert haben, möglich sind aber auch falsche Wetterprognosen. Es ist auch unklar, wie nah das deutsche Stromnetz an einem flächendeckenden Ausfall war, vermutlich aber so nah wie seit Jahrzehnten nicht.

Der zeitweilig überschüssige Strom hat noch eine weitere, sehr chauvinistische Komponente: Da die Netze punktuell grenzübergreifend verknüpft sind, überflutet dieser Strom zeitweilig die Netze insbesondere in Polen und der Tschechischen Republik, was dort wiederum zur Gefährdung der Netzstabilität führt. Dagegen haben diese Länder teilweise für hohe Millionenbeträge Vorrichtungen eingebaut, um ihre Netzseite gegebenenfalls abriegeln und vor der Destabilisierung durch "Grünstrom" aus Deutschland schützen zu können.[12]

Ich bau ein Kraftwerk, was nicht produzieren soll

Da Windstärken und Sonnenschein nicht planbar sind, werden die konventionellen Kraftwerke weiter benötigt. Nachdem in den letzten Jahren etliche Kraftwerke aufgrund vorübergehend gesunkener Stromproduktionspreise[13] für die Energiekonzerne nicht mehr rentabel waren, wollten diese einige Kraftwerke stilllegen. Aufgrund der Wirkungen auf das Netz müssen auch private Eigentümer die Stilllegung eines Produktionsbetriebes (hier: Stromkraftwerk) beantragen und staatlich genehmigen lassen. Dies zeigt besonders deutlich den gesellschaftlichen Charakter der Stromversorgung und seine Widersprüche unter privatkapitalistischen Verhältnissen. Aktuell[14] existieren in Deutschland 24 Kraftwerke, die zur Stilllegung angemeldet sind, die Umsetzung der Stilllegung wird jedoch von der Bundesnetzagentur untersagt, weil es sich um sogenannte systemrelevante Kraftwerke handelt.[15] Die Folge dieses Verfahrens ist, dass auch für die Aufrechterhaltung der reinen Betriebsbereitschaft dieser Kraftwerke als Reserve, nochmals gezahlt wird.

Die Krönung der absurden Situation ist das geplante Gaskraftwerk Irsching 6 in Bayern. Dieses soll neu gebaut und mit einer leistungsfähigen Gasturbine ausgestattet werden. Und zwar zu dem einzigen Zweck ausschließlich in Notsituationen zum Einsatz zu kommen. Es steht an letzter Stelle der Rangfolge der Netzreserve und soll - wenn alles glatt läuft - möglichst nie Strom produzieren! Die Eigentümer haben sich vertraglich verpflichtet, es nicht zur normalen Stromproduktion einzusetzen, in normaler Netzsituation darf es keinen Strom produzieren. Die Anlage wird nur durch ein großes Öllager (!) gelegentlich befeuert, um die technische Betriebsbereitschaft aufrecht zu erhalten.[16] Es "könnte die absurde Situation entstehen, dass das neue Kraftwerk nie zum Einsatz kommt" sagt Josef Hasler, Vorstandschef des Nürnberger Versorgers N-Ergie. Die Kosten dieses neuesten, nicht zur Stromproduktion vorgesehenen Gaskraftwerks werden über die Netzentgelte finanziert und somit wieder der Allgemeinheit der Stromverbraucher auferlegt. Zusätzlich absurd ist, dass die daneben stehenden Gaskraftwerke Irsching 4 und 5 derzeit auch nur selten genutzt werden, Verluste einfahren und zur Stilllegung angemeldet wurden, nun aber aufgrund festgestellter Systemrelevanz ebenfalls Prämien für die Fortführung im stand-by-Betrieb erhalten. Dabei ist das Kraftwerk Irsching 6 nur das erste von vier seiner Art, drei weitere nicht für Normalbetrieb vorgesehene Gaskraftwerke sind geplant, das nächste in Marbach/Baden-Württemberg.

Grün frisst grün

So ist der Wind einmal zu stark und die Windräder müssen vom Netz (um Überlastung zu vermeiden) und dann ist es wieder windstill und die Reserve muss vorgehalten werden, darf aber im Normalbetrieb nicht eingesetzt werden. Daneben bestanden Windräder auf See (offshore), die über Jahre gar nicht ans Netz angeschlossen waren.[17] Selbstverständlich wurden auch diese für ihre Nichtlieferung vergütet.[18] Eine solche Verschwendung und ökonomische Anarchie schafft nur der Kapitalismus und offensichtlich der deutsche Imperialismus im Besonderen. Um dem zumindest etwas abzuhelfen und den in Norddeutschland überschüssigen Windstrom nach Süden zu transportieren, sollen mehrere starke Überlandleitungen gebaut werden, die sogenannten Stromautobahnen "Südlink" und "Südostlink". Deren Fertigstellung wird nunmehr für 2025 beabsichtigt, gute 15 Jahre nach der Errichtung der ersten Windkrafträder auf See. Die Missachtung der physikalischen Bedingungen eines Stromnetzes zeigt sich hier besonders krass. Es ist vergleichbar mit dem Bau eines exklusiven Autos, nach dessen Fertigstellung man bemerkt, dass keine Straße existiert, auf welchem dies fahren kann. An etlichen Stellen wurden in den letzten Jahren somit Produktionsanlagen wie beispielsweise Windräder gebaut, ohne die erforderliche Netzstruktur zu berücksichtigen. Überdies musste lange Zeit kein Produzent "erneuerbarer Energie" berücksichtigen, ob der produzierte Strom an dem Ort oder zu der Zeit benötigt wurde.[19] Eine gewisse - wenn auch nochmal sehr teure - Veränderung an diesem Punkt könnten die Stromautobahnen bringen, bisher läuft aber alles im Schneckentempo.[20] Dies auch, weil trotz der Entscheidung weitgehender Erdverkabelung in vielen Orten entlang der vorgesehenen Trassen kleinbürgerlich geprägter Protest gegen die Leitungen besteht. Manche Hauseigentümer haben Sorge um den Wert ihres Eigenheimes und mögen Windstrom nicht, auch wenn sie schon lange und gleichzeitig gegen die Kernkraft oder Kohleverstromung sind. Der Umgang mit der Windkraft ist situationsabhängig. So erfolgte die Rodung großer Waldflächen nicht weit vom Hambacher Forst völlig ohne Proteste, da diese Waldflächen zur Aufstellung großer Windräder beseitigt wurden.

Es zeigen sich die Widersprüche, wenn man in einem industriell hoch entwickelten Land die Entwicklung von der zentralen Großproduktion zurückzerrt zur dezentralen Kleinproduktion: 30.000 Windräder brauchen Platz. Die angeblich "grüne" Stromproduktion frisst das "Grün". Rund ein Viertel aller Windkraftanlagen in Deutschland steht in Artenschutzgebieten, die Präsidentin des Bundesamt für Naturschutz (Jessel) formuliert alarmiert: "Die Energiewende muss natur- und umweltverträglich erfolgen".[21] In einem umfangreichen Report spitzt das BfN zu: "Aufgrund ihres dezentralen Charakters sind damit eine erhebliche Flächeninanspruchnahme und Veränderung des Landschaftsbildes verbunden. Zudem kann es zu erheblichen Auswirkungen auf die Arten und Lebensräume kommen."[22] Wir wollen dabei hier zu der Abwägung zwischen Windrädern und Artenschutz keine Position einnehmen, sondern auf die Widersprüche hinweisen, die deutlich machen, dass die Nutzung der Windkraft aufgrund der nicht-nbarkeit und des Platzbedarfes keine fortschrittliche Technologie sein kann.

SIEMENS - weltweit größter Windradhersteller

Der uneffektive Umgang mit der heimischen Windenergie hindert die deutschen Stromakteure nicht daran, Windkraftanlagen in alle Welt zu exportieren und auch selbst zu errichten. Siemens Gamesa hatte in 2018 einen Weltmarktanteil bei Windkraftanlagen auf See (Offshore) von 57%[23] und lag damit weit vor Vestas aus Dänemark und chinesischen Herstellern. Allein dies zeigt, dass das Gejammer von SIEMENS, der Konzernumbau mit massiven Stellenstreichungen sei auch notwendig wegen der Folgen der Energiewende, nur eine der üblichen Behauptungen ist, um die ohnehin beschlossenen Maßnahmen gegen die Arbeiter zu begründen.

Die im staatlichen Eigentum befindliche EnBW betreibt über Tochtergesellschaften und Partner Windparks in Dänemark, Schweden und der Türkei, das Geschäft soll ausgebaut werden in Frankreich, Taiwan und den USA.[24] Auch das Energiemonopol RWE setzt auf Expansion. Während der RWE-Chef Schmitz im Oktober 2018 noch verkündete: "Der Hambacher Forst muss so oder so weg",[25] betont er ein paar Monate später im August 2019: In den USA "sind große Windparks im Bau, die RWE künftig betreiben will. Die erneuerbaren Energien, seien ein globales Geschäft, in dem Geld dorthin fließe, wo sich die beste Profitabilität biete."[26] Man wird den Eindruck nicht los, es geht auch hier immer nur ums Geld. EnBw und RWE sind zwei große Beispiele, aber auch größere Stadtwerke investieren im Ausland in Windenergie und Solarparks, die "Erneuerbaren" sind ein Exportschlager, die Anderen sollen also dem deutschen Weg folgen und das deutsche Kapital verdienen lassen an ihrer "erneuerbaren" Energie. Erneuerbar heißt auch neues Exportgeschäft, Erneuerung des Exportweltmeisters Deutschland ...[27]

Die Begeisterung von Teilen des deutschen Kapitals für die "erneuerbare" Energieproduktion hat natürlich auch den schlichten Grund der Überproduktion im stagnierenden Kapitalismus, Kapitalismus in seinem imperialistischen Stadium. Es kann weit mehr produziert werden, als es zahlungskräftige Nachfrage für die Waren gibt. Die Fabriken sind überwiegend nicht voll ausgelastet, die Grenze des Absatzes auf dem Markt lähmt und lässt die Produktionsausweitung nur zu Lasten von Konkurrenten zu. Jede technische Neuerung, jede "Innovation" wird dann begeistert und mit Euphorie des Kapitals aufgenommen, gibt Hoffnung, die engen Grenzen des Marktes zumindest hier sprengen zu können. Wenn Solar- und Windkraftanlagen plötzlich massiv nachgefragt werden, muss man schnell sein, um den "neuen Markt" zu erobern. Man hofft in diesem Sektor endlich wieder mal große Sprünge machen zu können, dem Zustand der Überproduktion partiell zu entkommen. Auch wenn dies maximal vorübergehend gelingt und nach einigen Wirren auch dieser "neue Markt" weitgehend aufgeteilt ist, es bleibt eine Triebkraft des Systems. Überproduktion fördert "erneuerbare Energie", gerade auch beim deutschen Kapital.

Ich steig aus! - wer zahlt fürs Netz?

Der falsche und anarchische Umgang mit dem Stromnetz verdeutlicht sich auch an der Rückwirkung durch die dezentrale Eigenerzeugung von Strom. Das Stromnetz wird finanziert durch Netzentgelte. In jeder Stromrechnung wird Netzentgelt für die Nutzung des Netzes mit abgerechnet, ungefähr ein Viertel des Strompreises resultiert aus Netzentgelten.[28] Wenn nun jemand eine Solaranlage auf dem Dach hat und einen Teil seines Stromes auf diese Weise selbst erzeugt, zahlt er auf diesen Teil kein Netzentgelt. Klingt logisch (weil er ja das Netz in dem Moment nicht benutzt), ist es aber nicht. Denn die Kosten des Stromnetzes werden nicht (oder nur sehr bedingt) dadurch bestimmt, dass Strom durchfließt. Die Kosten sind ganz überwiegend fixe oder feststehende Kosten, die schon dadurch entstehen, dass das Netz vorhanden ist und genutzt werden kann. Sobald die Sonne nicht mehr scheint, schaltet der Solarbetreiber wieder auf Strom aus dem Netz. Dann soll das Netz für ihn da sein und dann zahlt er auch, aber im Hinblick auf die feststehenden Kosten trägt er eben nur einen Teil, da er nichts beiträgt, sobald er selbst erzeugten Strom verwendet. Im Ergebnis steigt er aus der Finanzierung des Netzes teilweise aus.

Im großen Stil geschieht dieser Ausstieg aus der Netzfinanzierung insbesondere durch die stromintensiven Industrien wie Chemie (Gummi- und Kunststoffproduktion), Metallverarbeitung oder auch Papierproduktion, in deren Produktionsprozessen große Hitze und Druck benötigt wird. Diese nutzen dabei zumeist Kraft-Wärme-Kopplung, also insbesondere Gasturbinen (und selbstverständlich nicht die unplanbaren Techniken wie Solaranlagen). Die Gasturbine erzeugt in einem thermodynamischen Prozess die für die Produktion nötige, hohe Prozesswärme, gleichzeitig entsteht Strom als mechanische Energie, die abgenommen und verwendet wird. Da der eigenerzeugte Strom keine Netzkosten verursacht, werden die letztlich unveränderten Kosten des Netzes auf die Allgemeinheit umgelegt, die Arbeiter zahlen wie immer den größten Teil. Gleichwohl auch hier: Wenn die Turbine ausfällt, soll das Netz funktionieren, aber nur in diesem Moment der Nutzung zahlt die Industrie. Eine Grundgebühr im Netz, also quasi eine Versicherungsprämie für diesen Fall ist nicht vorgesehen. Im Gegenteil erhält der Turbinenbetreiber für den Einsatz der Kraft-Wärme-Kopplung noch eine Zulage, die zuvor wieder einmal von allen Netznutzern eingesammelt wird.[29] So fördert die hochgelobte dezentrale Erzeugung für den Eigenverbrauch von Industrie und Haushalt die weitere Zergliederung des Netzes und wirkt der fortschrittlichen Bedeutung des Netzes entgegen. Der selbst produzierte Strom der Industrie ist in den letzten 10 Jahren um 40% gestiegen. Dabei sank der Anteil "erneuerbarer" Energieträger am Gesamtverbrauch der Industrie von 5% auf 4%,[30] "erneuerbare" Energie wird industriell kaum verwendet.

"Ich rette die Welt!": Häuslebauer und andere Erzeuger

Das Chaos in der Energieversorgung ist durch die Vielzahl von Kleinproduzenten verschärft worden. Weit über eine Million Hauseigentümer haben eine Solaranlage auf ihrem Dach, finanziert durch Förderung, bzw. Umlage. Hauseigentümer gehören überwiegend zu den reicheren Teilen der Gesellschaft, sind also vielfach Kleinbürger. Die Arbeiterklasse wohnt überwiegend zur Miete und kann kein solches Kleingewerbe betreiben, wird hingegen durch die Umlage zusätzlich belastet. Mehrere zehntausend Personen sind Eigentümer von Windkraftanlagen (oder Teilen davon). Die anderen "erneuerbaren" Produktionsformen erfordern größere Flächen, jetzt so klassifizierte "Energiepflanzen" stehen auf 2,4 Millionen Hektar Ackerland. "Damit war ein Fünftel der Landwirtschaftlichen Fläche für die Produktion von Biogas oder Biosprit blockiert."[31] Das wirft auch Fragen und Widersprüche nicht nur zum Artenschutz auf, weshalb nun das Bundesamt für Naturschutz feststellt: "Für Bioenergie ergeben sich keine ausbaufähigen naturverträglichen Handlungsoptionen."[32] Nun dürfte es fraglos auch in der hiesigen Landwirtschaft noch erhebliche Potentiale zur Fortentwicklung der Produktivkräfte geben, doch ein nennenswerter Teil der Einnahmen der Landwirte entfällt auf die verschiedenen Förderformen aus der "Energiewende". So hat nun mitten im faulenden Zeitalter des Imperialismus die Kleinproduktion in der Energieproduktion gut geförderte Nischen gefunden. Auf der Netzebene grassiert das Schlagwort der Re-Kommunalisierung, örtliche oder regionale Stadtwerke übernehmen Netze oder Netzteile von den Energiemonopolen wie E.ON, RWE oder Vattenfall. Städte wie Hamburg kaufen Netze für viel Geld und schüren damit die Emotion oder Hoffnung, dass der Staat die Dinge nun endlich selbst in die Hand nimmt und zum Erfolg führt. Dies wird aber - wenn überhaupt - oftmals nur die Phase der technischen Sanierung sein, um dann in einigen Jahren die runderneuerten Netze wieder privatisieren zu können. Die Frage der technischen Gestaltung wird in keinster Weise durch örtliche Netze entschieden.

Neben den genannten Massen von Kleinproduktion in Wind und Solar gibt es etwa 1.000 sogenannte konventionelle Kraftwerksbesitzer und rund 800 örtliche Strom- und Gasnetzbetreiber in Deutschland. Diese in Teilen extreme Zersplitterung erkennt man auch daran, dass es in der gesamten EU etwa 2.500 Netzbetreiber gibt, also fast jeder dritte aus Deutschland kommt. Ein Wirrwarr verschiedener Einzelakteure und ihrer Interessen neben den unverändert existierenden Monopolen aus dem Finanzkapital,[33] die sich in der Energieversorgung tummeln.

Was tun die deutschen Monopole in dem Chaos?

Wir wissen, dass im Zeitalter des Imperialismus die Monopole bestimmen und regieren. Sie machen sich den Staat untertan, sie sind miteinander verflochten, schließen Bündnisse und lösen diese wieder auf. Sie streben nach Monopolprofit, also einem Profit, der höher ist als der Durchschnittsprofit, weil sie sich Anteile des Profits der kleineren und mittleren Kapitalisten einverleiben. Das wissen wir und das ist so. Wie passt dies nun aber mit der Lage der Energieversorgung zusammen, in welcher die Anzahl der Klein- und Kleinstakteure zugenommen hat und die drei größten deutschen Energiemonopole E.ON, RWE und EnBW seit Jahren in der Krise sind. Die Aktienkurse von E.ON und RWE lagen vor Beginn der letzten großen Krise Mitte 2008 jeweils etwa bei dem Fünffachen der heutigen Werte, in den letzten Jahren standen sie zeitweise sogar noch niedriger. Siehe Tabelle.

Aktienkurs
1998
2008
2019
E.ON
22,30 EUR
 50,93 EUR
10,07 EUR
RWE
56,47 EUR
100,32 EUR
28,70 EUR


Ihre Profite (und damit der Wert des Kapitals) haben sich drastisch reduziert. Das beschriebene Streben der Monopole nach Monopolprofit ist immer da, die Erreichung des Monopolprofits ist aber kein Automatismus, keine Gelddruckmaschine, wo man nur den Knopf betätigen muss. Die im Verlauf größer werdenden und in Konzentrationsprozessen befindlichen Monopole schwächen die Konkurrenz in ihrem Heimatmarkt ab. In ausländischen oder neuen Märkten tragen sie im Regelfall zur Verschärfung der Konkurrenz bei, sobald sie versuchen, dort Marktanteile zu gewinnen. Im Hinblick auf die Energieversorgung war die 1998 begonnene "Liberalisierung" der Märkte ein entscheidender Schritt. Hier wurde die im technischen Sinne künstliche Trennung zwischen Netz und Vertrieb "beschlossen". Entgegen den Bedingungen der Physik wird seitdem so getan, als wäre der in den Netzen fließende Strom abgetrennt und kann bei verschiedenen "Lieferanten" bestellt werden. Mal liefert E.ON oder Yello, dann wieder Greenpeace oder das örtliche Stadtwerk. Selbstverständlich erhält man jeweils den Strom, der gerade im Netz ist, aber dieser wird eben gehandelt und irgendwo lässt der Lieferant den von ihm gekauften Strom einspeisen, bildlich spricht man von einem Stromsee, wo alles reingekippt wird. So kaufen die Lieferanten Strom (oder produzieren selber) und lassen diesen in dem umfangreichen Verrechnungsmodell an ihre Verbraucher "liefern". Technisch ist die Trennung von Netz und Lieferung eine Fiktion, im Kapitalismus wird sie aber juristische, absurde Realität.

Das Ganze erfolgte durch Umsetzung entsprechender EU-Richtlinien in nationales Recht. Die deutschen Monopole verloren dabei einen Teil ihrer übermächtigen, inländischen Position, zielten aber gleichzeitig darauf ab, in die Märkte der anderen EU-Länder zu expandieren, die vorher für sie weitgehend verschlossen waren. Die Energiemonopole in Deutschland waren bis dahin auf allen Ebenen (Produktion, Transport/Netze und Lieferung an die Endkunden) beherrschend. Mit der sogenannten Marktliberalisierung wurde ihnen der Zugriff auf die oberste Netzebene (Übertragungsnetz) tatsächlich entzogen, mittlerweile haben sie auch etliche nachgelagerte Netzteile abgeben müssen.

Grundsätzlich gibt es auch Konkurrenz und heftige Widersprüche innerhalb der Monopole und Monopolgruppen, aber auch zwischen den Monopolen eines Landes. Dieser Aspekt hat die Entwicklung der Energiemonopole maßgeblich mitbestimmt: Die anderen, insbesondere Industriemonopole zielten auf ihre Zurücksetzung. Sie hatten deren massive Macht und ihre Abhängigkeit schlicht satt und nutzen die Gelegenheit für sich, Vorteile, auch Preisvorteile zu Lasten der Energieriesen zu erreichen. Eine Ursache des Niedergangs der Energiemonopole liegt somit augenscheinlich in der Konkurrenz zwischen den verschiedenen Monopolen in Deutschland.

Es zeigt sich, dass die Hoffnung der nicht-Energiemonopole auf niedrigere Preise mit der sogenannten Liberalisierung zunächst durchaus aufging. Von 1998 bis 2000 minderten sie ihre Stromkosten um ein Drittel. Aufgrund des Anstiegs der Netzentgelte und vor allem der Umlage für die sogenannten erneuerbaren Energieformen wurde dieser Effekt aber wieder aufgezehrt, bzw. sogar umgekehrt. Auch die Rechnung der Industriemonopole ging an der Stelle auf Dauer nicht auf. Ihre - gegenüber den Privathaushalten weiterhin niedrigeren Strompreise - haben sich gegenüber der "Liberalisierung" auch fast verdoppelt. Auch bei dem wichtigen Preisbestandteil der Netzentgelte tobt der Kampf und die Industriemonopole wollen den Strompreis auf dem Weg weiter drücken. So gibt es verschiedene Sonderregeln, die insbesondere für das Monopolkapital zu niedrigen Netzkosten führen. 2013 wurde eingeführt, dass die größten Verbraucher, die ganzjährig kontinuierlich viel Strom verwenden, nur noch ein Fünftel der allgemeinen Netzentgelte zahlen. Im Sommer 2019 wurden durch ein Urteil des Bundesgerichtshofes die genehmigten Profite der Netzbetreiber deutlich begrenzt. Dies trifft die wenigen großen Netzbetreiber, insbesondere E.ON, EnBW und TenneT, aber auch die vielen kleineren Stadtwerke. Je geringer der Profit der Netzbetreiber, desto günstiger der Strompreis für die Industriemonopole, der Staat entschied hier zu Ihren Gunsten.[34]


Tabelle - Quelle de.statista.com/statistik/daten/studie/252029/umfrage/industriestrompreise-inkl-stromsteuer-in-deutschland/

Entwicklung der Strompreise der Industrie in Deutschland 1998-2018
Quelle de.statista.com/statistik/daten/studie/252029/umfrage/industriestrompreise-inkl-stromsteuer-in-deutschland/


Expansion kam nicht ins Laufen

Zweitens ist die beabsichtigte Expansion der deutschen Energiemonopole durch Europa deutlich kleiner ausgefallen, als zunächst erwartet. Die Übernahme von Energienetzen in anderen Ländern ist zäher und schwieriger als fremde Märkte mit seinen Produkten zu überschwemmen. Man muss diese Netze anderen direkt wegnehmen und man muss eine Vielzahl von Kunden in der Belieferung gewinnen. E.ON und RWE zusammen haben dabei nennenswert nur die schwedischen Energienetze und den Vertrieb in Großbritannien übernommen, daneben Beteiligungen in der Türkei und Südosteuropa. Gemessen an den Ausgangszielen ist die Expansion deutlich kleiner und weniger ertragreich ausgefallen als angestrebt.

Dritte Hauptursache für den vorläufigen Niedergang von E.ON und RWE ist tatsächlich die inländische Entwicklung mit der durch die "erneuerbare" Stromproduktion insgesamt erhöhte Produktionsmenge. Die konventionellen Kohle- und Kernkraftwerke wurden durch politischen Beschluss zurückgesetzt, der "grüne" Strom bevorrechtigt mit der Folge, dass die Konventionellen ihre Menge reduzierten. Dennoch erfolgte durch den umfangreichen Zubau des "Grünstrom" insgesamt Überproduktion[35] und die Preise fielen deutlich. Die Betreiber der "erneuerbaren" Produktionsanlagen störte dies nicht, da ihre Vergütung durch die EEG-Umlage fest auf 20 Jahre gesichert ist, bei den Monopolen führte dies aber zu Verlusten.[36] Wie passt dies mit der Macht der Monopole zusammen, regiert nun doch das Kleinbürgertum mit Wind- und Solarstrom? Die politische Wucht kleinbürgerlicher Kräfte war tatsächlich enorm, insbesondere die GRÜNEN ziehen ihre Berechtigung aus dem "Kampf gegen Atomkraft" und erlangten hier die Meinungsführerschaft. Das allein hätte jedoch nicht gereicht. Auf der anderen Seite standen wieder die anderen Monopole, bzw. das deutsche Monopolkapital als Ganzes. Dieses hadert mit der Versorgungslage und sucht nach Veränderung des Zustandes, dass es in der Energiefrage von jeher massiv abhängig ist von Importen, abhängig von der ausländischen Konkurrenz. Und so fügten sich offensichtlich diese beiden Kräfte zusammen: Einerseits die kleinbürgerlichen Bewegungen, die in ihrem Kampf gegen einzelne Erscheinungen des Raubbaus an Natur und Mensch durch die Monopole keine Alternativen haben, die über dieses System hinausweisen. Sie kleben an ihrer kleinbürgerlichen Existenz fest, kämpfen gegen die Technik statt gegen die Eigentumsverhältnisse und landen so bei der romantischen Idylle durch Strom von Mutti Erde und Sonne. Andererseits das Monopolkapital in seinem Wunsch nach Unabhängigkeit in Energiefragen. Dieses unausgesprochene Bündnis der Wünsche besteht fort, auch wenn alle technischen Fakten dagegen sprechen. Man kann im Inland aus solarer Strahlungsenergie, Windkraft und vergärender Biomasse unabhängig Strom und Gas herstellen, es reicht aber keinesfalls für die hohen Versorgungsanforderungen, das Kapital bleibt importabhängig.

Was E.ON und RWE betrifft, haben die genannten Ursachen beide in eine tiefe Krise gestürzt. Ausdruck der Krise ist nunmehr, dass in komplexen Transaktionen von Ausgliederungen, gegenseitigem Tausch von Aktien und Aktivitäten und letztlich Neuordnung ein enges Zusammengehen erfolgen soll. E.ON erhält dabei sämtliche Energienetze und die Lieferung an die Kunden, RWE wird reiner Produzent, aber sowohl bei "erneuerbaren" Energien, als auch konventionell mit Kohle- und - zumindest für die letzten Jahre - Kernkraftwerken. RWE stellt dabei seine "grüne" Stromproduktion jetzt auffällig heraus. Heller und freundlicher soll alles werden, nach weit über 100 Jahren wird die RWE neu und grün erfunden. Nach der Tauschtransaktion seien sie für Wind- und Solarstrom in Europa die Nummer drei, bei Meeres-Windkraft sogar die zwei. Hier schreiten Siemens und RWE somit Hand in Hand zur "grünen" Rendite, der RWE-Ökostrom soll künftig 60% des Konzerngewinns bringen.[37] Da die getauschten Werte der Aktivitäten von RWE höher bewertet werden, bekommt RWE noch rund ein Sechstel der E.ON-Aktien. Was letztlich auch genau bei diesem Riesendeal herauskommt, der Umfang und die Tatsache, dass riesige Geschäftssparten am Verhandlungstisch verschoben werden, belegt einmal mehr die Macht der Monopole und die Lächerlichkeit der sonst propagierten Markt- und Konkurrenzideologie. Daneben verstärkt es den Eindruck, dass dies der letzte Versuch vor der staatlichen Zwangsrettung von E.ON und RWE ist!

Die Frage der Verstaatlichung zur Absicherung der Netzfunktionalität ist dabei mittlerweile durchaus präsent. Ausgelöst davon, dass der chinesische staatliche Netzbetreiber SGCC im Sommer 2018 einen Kapitalanteil von 20% an dem nordostdeutschen Netzbetreiber der obersten Netzebene (Übertragungsnetzbetreiber), 50 Hertz, kaufen wollte, flackerte dies auf. Der Anteil von 20% stand dabei öffentlich zum Verkauf, aber wenn chinesische Staatskonzerne kaufen wollen, ist bekanntlich nicht selten Ende mit freier Marktwirtschaft in Deutschland. So übernahm die staatseigene KfW-Bank erst mal die Anteile, bis eine strategische Lösung gefunden wird. In der Folge plädierten unter Anderem der Chef der Nürnberger N-Energie für die Verstaatlichung der Netzbetreiber der oberen Netzebene, "weil er den "deutschen Sonderweg von privatisierten Übertragungsnetzen nämlich für gescheitert"[38] hält. So endet das vor 20 Jahren mit der Öffnung der Strommärkte geschmetterte hohe Lied von privater Initiative und der Konkurrenz, die angeblich das Geschäft belebt. Verstaatlichung zur Rettung der Funktionalität und der verbliebenen Rendite der untergeordneten Netzbetreiber ...

Technischer Ausblick zu Speicherung und Anderem

Angesichts des ganzen Chaos in der Energieversorgung in Deutschland stellt sich die Frage nach der weiteren Entwicklung. Solange die Arbeiterklasse nicht deutlich ihre Stimme erhebt und gesellschaftliche Lösungen verlangt, wird das Umherstolpern weitergehen. Eine wichtige Entwicklung, die unmittelbar mit der Energiefrage zusammenhängt ist dabei die künftige Autoantriebstechnik. Wir können dies hier nur streifen, da eine ausführliche Behandlung einen eigenen Artikel erfordern würde. Daher wird hier auch nicht auf den Widersinn eines Verkehrswesens eingegangen, dessen Grundlage die individuelle Blechkiste mit eigenem Tank ist und bei dessen Benutzung mehr Wärme als Bewegung entsteht. Elektromobilität wird bisher in der Öffentlichkeit als Auto mit elektrischem Batterieantrieb betrachtet. Sollte sich diese Antriebsart tatsächlich flächendeckend durchsetzen,[39] hätte dies erhebliche Folgen insbesondere auf die Stromnetzinfrastruktur. Das ohnehin in den beschriebenen Situationen schon an seiner Leistungsgrenze befindliche Netz wird zusätzlich belastet, bzw. müsste in Teilen zusätzlich ausgebaut werden.

Die Alternative eines Elektroantriebes über die technisch ausgereifte Brennstoffzelle mit dem Kraftstoff Wasserstoff wurde die letzten Jahre ignoriert, wird nun aber seit einigen Monaten wieder massiv diskutiert.[40] Wirtschaftsminister Altmaier fordert: "Deutschland soll bei Wasserstofftechnologien die Nummer 1 in der Welt werden".[41] Dabei zeigen sich zwischen den deutschen Automonopolen heftige Auseinandersetzungen. VW will nach Jahren des Zögerns verstärkt Modelle mit Batterie-Elektroantrieb rausbringen, Mercedes und BMW sind abwartender, BOSCH will dagegen keine Batterien für Elektroautos entwickeln[42] und stattdessen die Brennstoffzelle voranbringen, Japan setzt flächendeckend auf Wasserstoff. Antrieb durch Wasserstoff ist auch in Flugzeugen, Schiffen oder großen Lkw denkbar, wo der Batterieantrieb ausgeschlossen scheint. Möglicherweise ist die auffällige Zurückhaltung der deutschen Automonopole bei der Batterieproduktion der Versuch, eine Entwicklung zu überspringen und bald auf Wasserstoff zu setzen. Eine ernstzunehmende Verbindung zu dem Gedanken zeigt sich in Pilotanlagen, wo überschüssiger Strom in Wasserstoff gewandelt und in das bestehende Gasnetz eingespeist wird. Diese als "power to gas" bezeichneten Verfahren erscheinen derzeit als die Speichertechnik mit dem größten Potential.

Daneben führen Druckluftspeicher oder Pumpspeicherkraftwerke (als Teil der Nutzung von Wasserkraft) ein Nischendasein. Ebenso ist die Geothermie eine interessante, aber vermutlich nur in bestimmten Regionen praktikable Möglichkeit der Energiegewinnung. Die technischen Fragen und Probleme der aktuellen Situation führen zu einer Menge Versuchen und teils Sumpfblüten, die derzeit probiert werden. An der TU Darmstadt versucht man aus neuartigen Solarzellen die Energie direkt in Wasserstoff zu wandeln, der Oldenburger Energieversorger EWE will eine unterirdische Riesenbatterie, einen Flüssigkeitsspeicher in einem ausgedienten Gasspeicher betreiben. Andere wiederum versuchen Flüssigsalzspeicher zu entwickeln, in denen Elektroenergie in Wärme gewandelt und später zurückverstromt werden soll. Dies, um nur einige Beispiele aktueller Versuche neuartiger Speichertechnik zu nennen. Bisher ist nichts erkennbar, was flächendeckend und in ausreichender Leistungsstärke in nächster Zeit verwendet werden könnte. Mehr Speicher werden kommen, aber sie lösen das Grundproblem des chaotischen Zustandes und der fehlenden zentralen Planung und Steuerung nicht.

Für Sozialismus und Fortschritt!

Es drängt sich zum Chaos der Energieversorgung die bekannte Beschreibung auf: Der Versuch Aller bestmöglich von den Änderungen zu profitieren, führt in der Energiewirtschaft in Deutschland zu einem Ergebnis, das so niemand der Akteure gewollt hat und was folglich auch mit keinem Einzigen der geäußerten Einzelinteressen direkt übereinstimmt! Ein Zustand, der insbesondere im imperialistischen Stadium des Kapitalismus nicht selten auftritt. Energieversorgung zeigt deutlich den Widerspruch der kapitalistischen Entwicklung: Der Rahmen wird zu eng, die Energiewirtschaft mit Kraftwerken, Leitungen und Transformatoren in privaten Händen kann die Versorgung nicht sichern,[43] geschweige denn die Entwicklung der Produktivkräfte so weitertreiben, dass steigender Energiebedarf nicht gleichzeitig Raubbau an Mensch und Natur bedeutet. Das sind gesellschaftliche Aufgaben, die planmäßig entwickelt werden müssen. Sie zeigen die Grenzen der kapitalistischen Ordnung.

Dabei dürfen wir nicht vergessen: Technische Fragen der Produktivkraftentwicklung können nicht ohne Klassenbezug betrachtet werden. Ohne Klassenbezug auch in diesen Fragen hängen wir sofort am Rockzipfel der Monopolbourgeoisie bzw. eines ihrer Teile. Das gilt auch und besonders dann, wenn das zugrundeliegende Problem als Menschheitsfrage daherkommt. Damit verzetteln wir uns und vergeuden unsere Energie, die wir für die entscheidende Frage benötigen: Die Frage, die wir letztlich lösen können und - insbesondere im Bezug auf Menschheitsfragen - auch lösen müssen, nämlich die Macht der ganzen Bourgeoisie zu beenden!

In Deutschland sehen wir in der Frage ungewöhnliche Übereinstimmungen zwischen Monopolkapital und kleinbürgerlichen Interessen. Grüne Kleinbürger und Bauern profitieren, Siemens baut Windräder, RWE tut grün angestrichen. Deutschland ist Anti-Kernkraftgebiet und zeigt auf die "Atom-Gefährder" rundherum, die beim Engpass aber gerne liefern dürfen. Die Arbeiterklasse zahlt wieder einmal die Zeche und bleibt abgesehen von der Beschwerde über die hohen Preise bisher ohne vernehmbare Position. Dabei kann die Lösung, die Vorschläge zur Ordnung des Chaos nur von ihr kommen: Schluss mit der profitorientierten Murkserei, durchgängige Planung von Bedarf, Versorgungssicherheit und den Produktionsverfahren! Und Schluss mit der Verwirrung und Ablenkung, von der vorwurfsvollen Belehrung, wonach die Arbeiter noch weniger verbrauchen sollen, weiter sparen müssen zur Rettung von Klima, Gewissen und Weltgeist. Die Arbeiter müssen wie immer sparen, weil sonst der Lohn nicht reicht, aber sie sind nicht verantwortlich für das Chaos und schon gar nicht zuständig, für die Begrüßung rückständiger Technik. Sie sind zuständig die Stimme zu erheben und den Weg zu suchen zu technischem Fortschritt und Einsatz der gesellschaftlichen Mittel, die sie durch die Sprengung dieser Gesellschaft in ihre Händen bringen.

Auch wenn er grün angestrichen ist, es bleibt die Erkenntnis: Der Hauptfeind steht im eigenen Land und heißt deutscher Imperialismus. Er ist nicht erneuerbar, er muss weg!


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Was ähnlich klingt ist trotzdem das Gegenteil - die AfD zur Energie

Wir sind uns bewusst, dass unsere Sicht auf die Fragen und Widersprüche der Energieversorgung und "Energiewende" in Deutschland momentan innerhalb der linken Kräfte oder auch in den Parteien DIE LINKE und DKP keine Mehrheit darstellt. Für umso wichtiger halten wir unseren streitbaren Beitrag. Im Gegenteil gibt es bei oberflächlicher Betrachtung in Teilen der Frage leider mehr Überschneidung zu unseren Feinden, beispielsweise der faschistischen AfD. Diese lehnt unter Anderem die "erneuerbaren" Energien ab und plädiert für eine ergebnisoffene Prüfung der Kernenergie. Das Herangehen der AfD in der Energiefrage ist geprägt von einer blindwütigen Abgrenzung zum demokratischen Kleinbürgertum, was parteimäßig in Deutschland durch die GRÜNEN repräsentiert wird. Die faschistische AfD hat und hatte ebenfalls einen Kern, der aus der kleinbürgerlichen Zwischenschicht entspringt, und insofern mit entgegengesetzten Positionen auch um dieselbe soziale Basis ringt.

Daneben ist immer zu beachten, dass die inhaltlichen Positionen faschistischer Kräfte - von wenigen Kernaussagen abgesehen - grundsätzlich flexibel und oft beliebig sein können. Die NSDAP hat lange Jahre versucht, Arbeiter und Kleinbürger zu locken mit pseudo-sozialistischen Parolen von Enteignung der Konzerne und Monopole, um letztlich im Auftrag genau dieser zu handeln, deren offene Diktatur auszuführen und in den Krieg zu ziehen. Die AfD plakatierte im Bundestagswahlkampf zeitgleich im Osten "Thälmann würde AfD wählen" und im Westen "Strauß würde AfD wählen", beim Thema Mindestlohn änderte sie innerhalb eines Tages ihr Programm von Ablehnung auf Zustimmung. Zur Rente gibt es bisher gar kein Programm (auch nicht ob sie die gesetzliche Rente beibehalten will), aber Teile der AfD mobilisieren mit "Fridays gegen Altersarmut", um auch diese Frage für ihre rassistische Propaganda zu nutzen. Kleine Beispiele für die benannte Flexibilität der Faschisten. Es geht dabei immer nur darum, irgendwelche Stimmen einzusammeln und in möglichst breite Teile des Kleinbürgertums und daneben auch der Arbeiterklasse einzudringen. Die Erfüllung der Punkte steht nicht an und taktische Änderungen sind jederzeit möglich. Insofern ist ein Umschwenken in der Energiepolitik auf eine romantisch-kleinbürgerliche Selbstversorgung jederzeit möglich.

Der wesentliche Unterschied bei den scheinbaren Überschneidungen zur AfD in der Energiefrage ist natürlich wie immer die Klassenfrage. Während die AfD damit Teile des Monopolkapitals und des Kleinbürgertums bedienen will, steht für uns die Umwälzung der Eigentumsverhältnisse und die Lösung von Versorgung weltweit im Raum. Wir sehen die Notwendigkeit für die Arbeiterklasse und die unterdrückten Völker, nicht die Rettung der kapitalistischen Profite.
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Anmerkungen:

[1] Hier ist aktuell durch die Sanktionen des US-Imperialismus gegen die Betreiber der Spezialschiffe, die die Leitungen verlegen, eine weitere Verzögerung zu erwarten. So wird die Fertigstellung möglicherweise erst 2021 erfolgen, von der Fertigstellung ist aber weiter auszugehen. Der US-Imperialismus drängt weiter stark auf den Bau von Terminals zur Entladung von per Schiff ankommendem Flüssiggas in Deutschland. Gleichzeitig hat er die Sanktionen bei "Nordstream 2" nur gegen die Firmen der Bauschiffe verhängt. Die neben Gazprom tätigen Geldgeber von "Nordstream 2": uniper, Wintershall Dea, Shell, OMV und ENGIE sind von Sanktionen ausgenommen. Dies deutet darauf, dass am Ende ein Kompromiss stehen wird.

[2] BLACKOUT - Morgen ist es zu spät; Roman; Marc Elsberg; 2013.

[3] Arbeiter sind überwiegend Mieter. So besitzen die oberen 20% in Deutschland 75% der Immobilien, die folgenden 80% (also die im Wesentlichen Arbeiterklasse) nur ein Viertel der Immobilien.

[4] www.verbraucherzentrale.de/heizen-und-warmwasser/austauschpflicht-fuer-heizkessel-11902

[5] Das Gasnetz besteht in Deutschland dabei nicht flächendeckend. Viele Dörfer oder kleinere Ortschaften sind nicht an ein Gasnetz angeschlossen. Aufgrund der Unklarheiten über die weitere Nutzung von Gas und der bestehenden Alternativen in der Wärmeversorgung werden bundesweit seit Jahren keine Neuanschlüsse von Dörfern oder Ortschaften an das Gasnetz vorgenommen. Im Wesentlichen ist diesbezüglich der Versorgungsstand der Jahrtausendwende eingefroren, eine weitere Form von Stillstand.

[6] Insbesondere die Einspeisevergütung nach dem Energiebare-Energien-Gesetz, die durch die EEG-Umlage auf den Stromverbrauch erhoben und über den Strompreis abgerechnet wird. Dabei werden derzeit 20% des Stromverbrauches von der EEG-Umlage befreit oder nur reduziert erhoben, diese 20% sind der Verbrauch der großen, stromintensiven Industrie (Chemie, Metall etc.,). Wer also besonders viel verbraucht muss keine Umlage zahlen.

[7] Studie: "Entwicklung von Maßnahmen zur effizienten Gewährleistung der Systemsicherheit im deutschen Stromnetz", gemeinsam erstellt durch consentec, bbh und ECOFYS im Auftrag des BMWi, Endbericht vom 27.04.2018.

[8] bedeutet 50 Spannungswellen pro Sekunde.

[9] FAZ 02.07.2019

[10] Daten der Bundesnetzagentur, nach FAZ 29.08.2018: "Wie die Kohle den Sommer gerettet hat"

[11] FAZ 02.07.2019

[12] www.welt.de/wirtschaft/article112279952/Polen-macht-die-Grenze-fuer-deutschen-Strom-dicht.html

Fachlich ist hierzu anzumerken: Die genannten Phasenschieber-Transformatoren dienen nicht der "Abriegelung" oder "Blockade". Ein Strom-Hochspannungsnetz kann man nicht einfach abschalten oder abtrennen, wie einen Stecker aus der Steckdose ziehen. Wenn Netzteile nicht abgestimmt mit dem (europäischen) Netz runtergefahren werden, kann ein chaotischer Zusammenbruch mit weiträumigen Auswirkungen folgen. Wahrscheinlich ist es daher so, dass für die vielen Millionen Euro zusätzliche, aufwendige Phasenschieber eingebaut werden mussten, um plötzliche große Stromeinspeisungen handhaben zu können.

[13] Dies betrifft hinsichtlich des Gesamt-Strompreises den Teil, der nur auf die Produktion entfällt. Dies ist in Deutschland mittlerweile der kleinste von den drei Teilen: Der Hauptteil sind Umlagen und Steuern, danach kommt mit Abstand der Teil der Netztransportkosten und dann erst der Teil für die Produktion des Strom. Dieser ist ab Mitte 2018 wieder gestiegen und ist aktuell der Hauptgrund für die weitere Steigerung des Gesamtpreises, der aufgrund der Netzkosten und Umlagenerhöhungen schon seit Langem ansteigt.

[14] Stand Frühjahr 2019

[15] www.bundesnetzagentur.de/DE/Sachgebiete/ElektrizitaetundGas/Unternehmen_Institutionen/Versorgungssicherheit/Erzeugungskapazitaeten/KWSAL/KWSAL_node.html Stand 01.04.2019. Es ist dabei nicht bestimmbar, inwieweit die Kraftwerkseigentümer den Stilllegungsantrag nur deshalb stellen, um ggfls. die entsprechende Vergütung für die Aufrechterhaltung zu erhalten. Wir gehen aber nicht davon aus, dass dies in großem Umfang reine Kalkulation ist.

[16] Nach E&M daily; www.energie-management.de vom 10. und 11.01.2019.

[17] www.ingenieur.de/technik/fachbereiche/energie/so-windraeder-hoher-see-gingen-nie-ans-netz/

[18] Dabei sind die Windräder auf See durch den höheren Aufwand der Errichtung und der stärkeren Umwelteinflüsse (Salzwasser etc.) teurer, auf See ist die Anzahl der Windstunden jedoch zumindest doppelt so hoch wie an Land.

[19] Mittlerweile gibt es für größere Anlagen wie Windräder gewisse Regularien, nach denen berücksichtigt werden muss, wo sie gebaut werden können.

[20] Ein im Vergleich erstaunlich wenig beachtetes Projekt ist die länderübergreifende Leitung "Nordlink". Diese verläuft über 623 km von Wilster (Schleswig-Holstein) nach Tonstad in Norwegen, dabei zu 80% als Unterseekabel durchs Meer. Die Leitung soll 2020 in den Echtbetrieb gehen und in den Netzen beider Länder Schwankungen ausgleichen. Je nach Lage kann überschüssiger Windstrom aus Deutschland nach Norwegen oder überschüssiger Strom aus Wasserkraft von Norwegen nach Deutschland geleitet werden. Im Gegensatz zu "Südlink" und "Südostlink" soll dies in der Praxis keine Einbahnstraße werden. Die Kapazität der Leitung soll grob geschätzt - den Strombedarf einer Stadt mit 1-2 Millionen Einwohnern umfassen. Der Bau ist relativ weit fortgeschritten und die Inbetriebnahme scheint in absehbarer Zeit möglich. Siehe auch:
www.tennet.eu/de/unser-netz/internationale-verbindungen/nordlink/

[21] FAZ 14.02.2019

[22] Erneuerbare Energien Report: Die Energiewende naturverträglich gestalten! Seite 18:
www.bfn.de/fileadmin/BfN/erneuerbareenergien/Dokumente/BfNErneuerbareEnergienReport2019_barrierefrei.pdf

[23] Berechnet nach neu installierter Leistung weltweit, Energie & Management (E&M), 16.05.2019

[24] Geschäftsbericht 2018, S. 43 ff.:
www.enbw.com/media/bericht/bericht-2018/downloads/integrierter-geschaeftsbericht-2018.pdf

[25] FAZ 13.10.2018

[26] Münchener Merkur, aktualisiert 14.08.2019:
www.merkur.de/wirtschaft/rwe-setzt-auf-gruenen-strom-vor-allem-im-ausland-zr-12914579.html

[27] Ebenso ist das deutsche Kapital federführend in der Solarbranche. Nicht mehr bei der Produktion der Solarmodule, aber unverändert bei bestimmter Steuerungstechnik und in Projektenwicklung und Montage größerer Anlagen in anderen Ländern.

[28] Im Gasnetz erfolgt dies analog.

[29] www.netztransparenz.de/KWKG/KWKG-Umlagen-Uebersicht KWKG-Umlage umfasst derzeit etwas über 1% des Strompreises. Die Netzumlagen waren bis 2019 überwiegend auch so gestaffelt, das Großverbraucher deutlich weniger gezahlt haben. Dies ist nun in gewissem Umfang anders, die Verteilung wenigstens etwas gerechter, was jedoch nur aus verschiedenen, zum Teil halbherzigen Interventionen der EU resultiert.

[30] www.bdew.de/media/documents/EEV-Industrie-nach-ET-Vgl-10J_jaehrlich_28082018.pdf

[31] FAZ 14.02.2019

[32] ebenda

[33] Begriff wird hier nach Lenins Definition in "Der Imperialismus als höchste Stufe des Kapitalismus" verwandt. Das Finanzkapital beschreibt dabei das verschmolzene Bank- und Industriekapital. Monopole sind die größten Kapitalkonzentrationen, die beherrschende Stellung auf den Märkten einnehmen. Dabei ist es nicht notwendig, dass im Sinne der bürgerlichen Rechtslehre ein Monopol eine Alleinstellung hat. Im Sinne des leninschen Monopolbegriffes wären E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall Energiemonopole.

[34] Möglicherweise wird dieses Urteil zu einer zusätzlichen Verzögerung beim Netzausbau führen. Aufgrund der deutlich geringeren Renditen ist der Bau der Trassen wie "Südlink" aus rein kapitalistischer Renditeerwägung zusätzlich fraglich.

[35] Diese Überproduktion wird voraussichtlich spätestens mit Abschaltung der letzten Kernkraftwerke 2022 beendet sein, möglicherweise sind dann sogar Engpässe zu erwarten oder der Anteil der Kohlekraftwerke wird wieder ansteigen.

[36] Dieser Punkt betrifft hier wieder einmal nur Energieform Strom. Der Energieträger Gas ist hiervon nicht betroffen und hat zeitgleich als ertragreicher Zweig die Verluste abgemildert. Während sich alle über Strom in intensiver Auseinandersetzung befinden laufen die Profite im Gas relativ ungekürzt weiter.

[37] nach FAZ 01.10.2019

[38] E&Mdaily, herausgegeben von Energie&Management, 31.07.2018.

[39] Bisher ist der Anteil neu zugelassener Elektrofahrzeuge auch 2019 außer in Norwegen in allen wesentlichen Märkten (auch in der Volksrepublik China) weiter unterhalb von 10%;
www.focus.de/auto/elektroauto/automarkt-europa-zwischen-total-absturz-und-hoffnungsschimmer_id_10424974.html

[40] So bilden die deutschen Monopole Thyssen-Krupp, Siemens, BASF, DHL (Post) und RWE zusammen mit Anderen die Wasserstoffinitiative "GET H2", siehe auch: www.get-de/

[41] www.bmwi.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen/2019/20191009-altmaier-deutschland-soll-bei-wasserstofftechnologien-nummer-1-in-der-welt-werden.html

[42] Unabhängig davon ist Bosch dennoch an der Produktion verschiedener Batterien für Kfz beteiligt, beispielsweise zusammen mit der chinesischen CATL an Elektroantriebsteilen, die einen Verbrennungsmotor ergänzen und so nennenswert Kraftstoff einsparen sollen.

[43] Die Tatsache, dass in Deutschland gerade auf unterer Ebene viele Stadtwerke in der Energieversorgung tätig sind oder Kombinationen von öffentlichem und privatem Eigentum bestehen (wie bei RWE), ändert die Wirkung des Widerspruchs nicht. Gleiches gilt dafür, dass es in anderen Ländern teils große staatliche Akteure in der Energiewirtschaft gibt. Bestimmend bleibt aber die Seite des privaten Kapitals und die verschiedenen Monopole.


Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Im Schattenblick ist der erste Teil des Artikels zu finden unter:
www.schattenblick.de → Infopool → Medien → Alternativ-Presse:
KAZ/314: Zur Lage der Energieversorgung in Deutschland - Teil 1

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Quelle:
KAZ - Kommunistische Arbeiterzeitung, Nr. 370, Februar 2020, S. 4-13
Herausgeber und Verlag:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. März 2020

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