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GLEICHHEIT/4645: Fernsehinterview - Präsident Hollande verspricht Sparpolitik und Krieg


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Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Fernsehinterview:
Präsident Hollande verspricht Sparpolitik und Krieg

Von Alex Lantier
30. März 2013



In einem einstündigen Fernsehinterview versuchte Frankreichs Präsident François Hollande am 28. März auf France 2, angesichts wachsender Wut der Bevölkerung seine Politik zu erläutern.

Hollandes Interview zielte darauf ab, der herrschenden Klasse zu versichern, dass er und die amtierende Sozialistische Partei (PS) ihre Kriege und Sozialkürzungen trotz der ablehnenden öffentlichen Meinung fortsetzen werde.

Seit Hollande vor zehn Monaten an die Macht gekommen ist, hat er den Staatshaushalt um Milliarden Euro gekürzt und Massenentlassungen in der Autoindustrie durchgesetzt. Unter anderem wurde das PSA-Werk in Aulnay geschlossen, nachdem die Gewerkschaftsbürokratie kurz zuvor ihr Einverständnis dazu gegeben hatte, und ein Krieg in Mali begonnen. Die französische Wirtschaft stagniert, die Arbeitslosenquote steigt auf über zehn Prozent.

Hollande liegt in Umfragen bei unter 30 Prozent Zustimmung - so tief wie noch kein anderer französischer Präsident seit Beginn der Umfragen. Sogar unter Wählern einer eigenen Partei verliert er an Rückhalt. Nur 30 Prozent der Jugendlichen und 32 Prozent der Arbeiter unterstützen seine Regierung.

In Diskussionen mit der Presse über Hollandes Rede bezeichneten Vertreter der PS die Lage als "nicht gut". Einer von Hollandes Beratern sagte gegenüber Le Monde: "Er muss für einen klaren Überblick über die Situation sorgen, ohne dabei den Eindruck zu erwecken, es sei alles ruiniert."

Hollande deutete in dem Interview an, dass, die Kriege in Mali und Syrien eskalieren werden und weitere Angriffe auf Renten und Sozialprogramme, wie auch auf die demokratischen Rechte von Moslems und Homosexuellen bevorstehen, wodurch die Arbeiterklasse gespalten werden soll.

Er erklärte: "Meine Priorität ist, Arbeitsplätze und Wachstum zu schaffen." Er forderte die "Vereinfachung" von Regulierungen, denen Unternehmen bei der Einstellung von Arbeitern unterworfen sind. Er äußerte sich lobend über die Deregulierung des Arbeitsrechtes, die er letztes Jahr in Zusammenarbeit mit der Gewerkschaftsbürokratie und Arbeitgeberverbänden durchgesetzt hatte, durch die Entlassungen und die Einstellung von Niedriglöhnern erleichtern sollen.

Im Lauf seiner Rede konzentrierte er sich größtenteils auf die Wirtschaft, erwähnte jedoch nicht das wirtschaftlich wichtigste Ereignis des Monats: Das Rettungspaket, das die Europäische Union (EU) Zypern mit der Unterstützung durch Hollandes Regierung aufgezwungen hat. Der Grund dafür ist, dass eine ehrliche Darstellung der Politik der EU gegenüber Zypern die Lüge entlarven würde, die europäische Bourgeoisie wolle für Arbeitsplätze und Wirtschaftswachstum sorgen. Tatsächlich zielt ihre Politik darauf ab, in dem gnadenlosen Krieg zwischen den konkurrierenden Sektionen des Finanzkapitals die Ausbeutung der Arbeiterklasse zu verschärfen.

Die EU zwingt Zypern ein Rettungspaket auf, das laut Vorhersagen den Bankensektor des Landes zerstören, die Arbeitslosigkeit verdoppeln und zehn bis 25 Prozent der Wirtschaft des Landes zerstören wird.

Hollande beschrieb in dem Interview eine Reihe von Sozialkürzungen, die die Kaufkraft der französischen Arbeiter noch weiter senken und so der Wirtschaft schaden werden.

Hollande deutete weitere Rentenkürzungen an, die er mit der Gewerkschaftsbürokratie aushandeln wolle. Er erklärte: "Wir leben länger, da die Lebenserwartung steigt. Wir werden daher länger in die Rentenkassen einzahlen müssen. Das werden wir mit den Sozialpartnern [Gewerkschaften und Unternehmen] diskutieren müssen... Es wird über alles diskutiert werden: über die eingezahlten Summen, die Lebenskostenangleichung und die Verlängerung des Einzahlungszeitraums."

Er schlug außerdem vor, ein Defizit im Sozialsystem in Höhe von zwei Milliarden Euro abzubauen, indem die Zahlungen an besser verdienende Familien reduziert werden. Für die herrschende Klasse ist das ein Schritt, diese Programme ausschließlich auf Arme zu begrenzen, um die Unterstützung der Mittelschichten dafür zu schwächen und ihre restlose Abschaffung vorzubereiten.

Diese Ankündigungen unterstreichen den reaktionären Charakter der PS-Regierung ebenso wie den Betrug an den Wählern durch pseudolinke Tendenzen wie die Kommunistische Partei Frankreichs (KPF) und die Neue Antikapitalistische Partei (NPA), die zur Wahl von Hollande aufgerufen hatten. Diese Kräfte hatten behauptet, Hollande ließe sich im Gegensatz zu den konservativen Kandidaten eher, durch Demonstrationen und Proteststreiks unter Druck setzen, linke Politik zu machen.

Tatsächlich verfolgt Hollande unerbittlich im Auftrag des Großkapitals eine Sparpolitik, die sich gegen die elementaren wirtschaftlichen Interessen der Arbeiterklasse richtet. Die pseudolinken Kräfte versuchen nicht einmal, Protestaktionen gegen die Angriffe Hollandes auf den Sozialstaat zu organisieren. Stattdessen unterstützen sie sie und helfen durch ihre Rolle in der Gewerkschaftsbürokratie dabei, sie zu verteidigen.

Im Rest seiner Rede beschrieb Hollande seine Pläne für weitere Angriffe auf demokratische Rechte und Frankreichs imperialistische Kriege in Afrika und dem Nahen Osten.

Hollande kritisierte ein Gerichtsurteil gegen die Kindertagesstätte Baby-Loup, die eine Angestellte entlassen hatte, weil sie ein muslimisches Kopftuch trug. Er deutete damit an, dass weitere Angriffe auf muslimische Einwohner bevorstehen. Er erklärte: "Ich glaube, das Gesetz muss hier eingreifen."

Er deutete an, dass das reaktionäre Kopftuchverbot in öffentlichen Schulen aus dem Jahr 2004 auch auf Kindertagesstätten ausgeweitet werden sollte: "Im öffentlichen Dienst für Kleinkinder, staatlich finanzierten Tagesstätten, sollte es ähnlich zugehen wie in Schulen."

Angesichts der rechten Proteste gegen seinen Vorschlag, Homosexuellen die Heirat zu ermöglichen, signalisierte Hollande auch ein feiges Einknicken vor den Rechten. Er erklärte, sein Gesetzesentwurf garantiere Homosexuellen nicht das Recht auf medizinische Unterstützung bei der Fortpflanzung; er werde sich auch jeder gerichtlichen Entscheidung dagegen fügen und versprach, während seiner Amtszeit das Verbot von Leihmüttern aufrecht zu erhalten.

Hollande versprach außerdem, die imperialistischen Kriege im Ausland fortzuführen. Da in herrschenden Kreisen die Befürchtung besteht, dass die Kriege unter den Haushaltskürzungen leiden könnten, erklärte er, die Militärausgaben würden weder 2013 noch 2014 gesenkt.

Vor dem Interview hatte Premierminister Marc Ayrault bereits versprochen, dass Frankreich sein Atomarsenal und seine Fähigkeit, im Ausland zu intervenieren, beibehalten werde. Er erklärte: "Wir sollten uns nicht mit Katastrophenszenarios Angst machen, die wir nie ernsthaft erwogen haben - jedenfalls der Präsident der Republik, ich oder der Verteidigungsminister nicht... Was Frankreich in Mali tut, wird es in fünf Jahren immer noch tun können."

Nachdem Hollande zynisch zur Frage des Kriegs in Mali erklärt hatte, Frankreich sei ein Land der "Rettung und Befreiung", umriss er eine Politik unbegrenzter neokolonialer Intervention in der Sahelzone. Er kündigte an, dass die französische Armee bis Juli 2000 Soldaten in Mali stationieren werde, im Dezember sollten es noch 1000 sein. Er fügte hinzu, dass Frankreich in Mali für immer Truppen stationieren werde.

In der Frage Syriens, in der Frankreich eine der treibenden europäischen Kräfte hinter dem amerikanischen Stellvertreterkrieg gegen Präsident Bashar al-Assad ist, wiederholte Hollande die Forderung nach einer direkten Bewaffnung der "Rebellen". Obwohl die syrische Opposition größtenteils aus Gruppen wie der Al-Nusra-Front und anderen rechten islamistischen Kräften besteht, die mit Al Qaida verbündet sind, erklärte Hollande, es bestehe keine Gefahr, dass diese Waffen islamistischen Terroristen in die Hände fallen könnten.

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Quelle:
World Socialist Web Site, 30.03.2013
Fernsehinterview:
Präsident Hollande verspricht Sparpolitik und Krieg
http://www.wsws.org/de/articles/2013/03/30/holl-m30.html
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. April 2013