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GLEICHHEIT/4468: Syrische "Rebellen" auf Konferenz in Katar uneins


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Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Syrische "Rebellen" auf Konferenz in Katar uneins

Von Bill Van Auken
7. November 2012



Ein viertägiges Treffen vom Westen unterstützter Elemente in der katarischen Hauptstadt Doha, die die syrische Regierung stürzen wollen, begann am Sonntag im Streit, nachdem US-Außenministerin Hillary Clinton letzte Woche eine Umgruppierung der syrischen Rebellenführung gefordert hatte.

Clinton ließ die syrischen Opposition letzte Woche unmissverständlich wissen, dass der Syrische Nationalrat (SNC), der vor knapp einem Jahr gegründet wurde und von Washington als "rechtmäßige Vertretung" des syrischen Volkes anerkannt wurde, die Unterstützung der USA verloren habe. Sie kanzelte die Führung, die die USA bisher unterstützt hatten, als eine Bande unbedeutender Exilanten ab, die seit Jahrzehnten keinen Fuß nach Syrien gesetzt hätten, und betonte, Washington wolle Kontakt mit denjenigen, die in dem verheerenden Bürgerkrieg in dem Land im Nahen Osten "kämpfen und sterben."

Tatsächlich ist klar geworden, dass die USA entschlossen sind, eine "respektable" Führung mit Vertretern der diversen religiösen und ethnischen Gruppen der syrischen Bevölkerung aufzubauen, um den erbitterten sektiererischen Charakter des Konfliktes, den Washington antreibt, und die zunehmend wichtigere Rolle von islamistischen Milizen mit Beziehungen zu Al Qaida zu vertuschen.

Die Konferenz in Doha begann mit einem Treffen des SNC, das von der Arabischen Liga und der sunnitischen Monarchie von Katar gesponsert wurde, und sollte neue Mitglieder einführen, um den Versuch der USA abzuwehren, ihnen ihren Status als von den Imperialisten unterstützte Opposition zu nehmen. Der SNC, der größtenteils vom syrischen Arm der Moslembrüder dominiert wird, deutete an, dass er das Vorgehen der USA ablehne, stellte aber nicht klar, ob er es rundheraus ablehne oder um ein besseres Geschäft mit Washington feilschen wolle.

Das US-Außenministerium hat angedeutet, dass es bereit ist, dem SNC fünfzehn von 50 Sitzen in der neuen Führung zu geben, die von Washington zusammengeschustert wird. Diese neue Führung, die Syrische Nationalinitiative (SNI), soll am Mittwoch und Donnerstag in Doha tagen.

Laut Presseberichten hat SNC-Chef Abdelbaset Sieda den Vorschlag der USA zurückgewiesen und erklärt, der Syrische Nationalrat müsse mindestens 40 Prozent der Sitze in der neuen SNI haben.

Clinton kündigte die politische Wende der USA auf einer Pressekonferenz letzte Woche in Kroatien an und stellte klar, dass Washington sich selbst aussuchen werde, welche Führung es in Syrien als Übergangsregierung und Marionette einsetze. Sie verriet auch, dass das Außenministerium "Namen und Organisationen empfohlen hat, die unserer Meinung nach Teil einer Führungsstruktur sein sollten."

Diese Ankündigung traf Washingtons Verbündete wie es aussieht unvorbereitet. "Die US-Regierung hat vorher nichts von ihrer Absicht gesagt, den Rat als führende Dachorganisation abzulösen, erklärten Diplomaten aus drei Ländern", meldete McClatchy Newspapers am Montag. "Sie sagten, ihre Regierungen hätten von der Initiative aus den Nachrichten erfahren."

McClatchy zitierte einen westlichen Diplomaten, der auf die Frage, ob Clintons Bemerkungen wirklich intelligent gewesen seien, dass sie die Personen und Organisationen auswählen werde, die die neue Führung darstellen solle, antwortete: "Die Syrer werden behaupten, die Amerikaner würden die Namen vorgeben... Und ich bin mir nicht einmal sicher, dass die Amerikaner die richtigen Leute vorschlagen werden."

Die Türkei, die bisher die Hauptrolle darin gespielt hat, die sogenannten Rebellen mit Waffen, Ausbildung, Stützpunkten und anderweitig zu versorgen, beeilte sich, auf die amerikanische Wende zu reagieren und berief am Freitag ein zweistündiges Treffen zwischen Außenminister Ahmet Davutoglu und der SNC-Führung in Ankara ein.

Es ist nicht klar, ob die sunnitisch islamistische Regierung in Ankara und die sunnitische Monarchie in Katar, die bekanntlich große Mengen von Waffen an islamistische Milizen in Syrien geliefert hat, mit dem Vorgehen der USA einverstanden sind.

Die neue Syrische Nationalinitiative wird auch "Riad Seif-Plan" genannt, nach dem wichtigsten Anwärter auf die Führung, den das Außenministerium ausgewählt hat.

Seif ist ein syrischer Kapitalist, der als Textilfabrikant begann, bevor er Ende der 1990er für Adidas die Geschäfte in Syrien übernahm. Er versuchte, eine bürgerliche Partei als Alternative zur herrschenden Baath-Partei aufzubauen und geriet in Konflikt mit dem Assad-Regime, als er gegen eine Abmachung protestierte, durch die der größte Hersteller von Mobiltelefonen im Land zum Eigentum eines Familienmitgliedes von Assad wurde.

Vertrauliche Botschaftstelegramme, die von WikiLeaks veröffentlicht wurden, zeigen, dass Seif sich regelmäßig mit Beamten der amerikanischen Botschaft in Damaskus traf, um sie über seine eigenen Aktivitäten und seine Auswertungen der Entwicklungen im Assad-Regime zu informieren. Mit anderen Worten, er ist Washingtons Mann.

Clinton sprach letzte Woche in ihrer Stellungnahme ihr Ultimatum an den SNC aus: Er könne "nicht länger als die sichtbare Führung der Opposition angesehen werden."

Diese seltsame Wortwahl deutet darauf hin, dass eine "sichtbare" Führung benötigt wird, die säkular, völlig bürgerlich und am Westen orientiert ist, die als Front für die wirklichen Kräfte dient, die in Syrien einen Krieg für einen Regimewechsel führen. Diese Kräfte werden zunehmend sektiererisch und islamistisch; zu ihnen gehören viele ausländische Kämpfer mit Beziehungen zu Al Qaida, die aus dem Irak, Libyen, Saudi-Arabien, Algerien, Tschetschenien und anderen Ländern nach Syrien geströmt sind.

Diese "sichtbare" Führung würde es Washington politisch einfacher machen, direkter in den Krieg in Syrien einzugreifen, sobald die amerikanischen Präsidentschaftswahlen vorbei sind.

Die Regierung Russlands verurteilte die Konferenz der neuen Oppositionsführung in Doha und erklärte, Washington verletze ein Abkommen, das im letzten Sommer in Genf ausgehandelt worden war und alle Parteien verpflichtete, ein Ende der Kämpfe und einen verhandelten Übergang zu einer neuen syrischen Regierung anzustreben.

Das russische Außenministerium warf dem US-Außenministerium am Montag in einer Stellungnahme vor, es habe "direkte Befehle erteilt, was die syrische Opposition tun solle, um eine 'Exilregierung' zu gründen, und wer an einer solchen Regierung beteiligt sein sollte."

Während Washington daran arbeitet, eine neue Oppositionsführung in Doha aufzustellen, straft der brutale Bürgerkrieg, der in Syrien tobt, weiterhin alles Gerede von humanitären Beweggründen und demokratischem Übergang Lügen.

Am Montag explodierte in einer dicht bevölkerten Gegend von Damaskus eine Autobombe, elf Menschen starben, weitere zwei Dutzend wurden verletzt, viele von ihnen schwer. Zu den Opfern gehörten Frauen und Kinder. Ein weiteres Selbstmordattentat ereignete sich in Hama. Die offizielle staatliche Nachrichtenagentur SANA berichtete, dass zwei Zivilisten bei der Explosion getötet und zehn weitere bei einem Anschlag auf eine staatliche Entwicklungsagentur verwundet wurden. Die Opposition hat nach eigenen Angaben einen Vorposten der syrischen Sicherheitskräfte angegriffen, wobei es 50 Tote gab.

Bei einem dritten Anschlag nahe Damaskus wurden zwei Menschen durch eine Bombe am Straßenrand getötet.

Diese Welle von Anschlägen wäre von Washington als Terrorismus verurteilt worden, wenn sie anderswo in der Region stattgefunden hätte, aber in Syrien unterstützt Washington sie.

Zuvor waren am Donnerstag bei einem Massaker mindestens ein Dutzend gefangene syrische Soldaten von islamistischen Milizionären vor Saraqeb im Nordwesten Syriens gefangen und getötet worden. Ein Video des Massakers, das am selben Tag auf sozialen Netzwerken hochgeladen wurde, zeigte, wie Milizionäre verwundete Soldaten, die um ihr Leben betteln, schlagen und treten. Sie nannten sie "Assads Hunde", zwangen sie, sich unbewaffnet auf einen Haufen zu legen und töteten sie mit automatischen Gewehren.

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Quelle:
World Socialist Web Site, 07.11.2012
Syrische "Rebellen" auf Konferenz in Katar uneins
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. November 2012