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GLEICHHEIT/3948: Obama fordert China heraus


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Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Obama fordert China heraus

Von Peter Symonds
22. November 2011


Die Rede, die US-Präsident Barack Obama am 17. November im australischen Parlament hielt, bedeutet eine verstärkte diplomatische, wirtschaftliche und strategische Offensive, um Amerikas Vorherrschaft über den asiatischen Pazifik gegen den wachsenden Einfluss Chinas zu verteidigen. Seit dem Treffen des Wirtschaftsforums "Asiatisch-Pazifische wirtschaftliche Zusammenarbeit" in Honolulu am letzten Wochenende konzentriert sich Obama auf Asien. Der Besuch in Australien war Teil dieser Bemühungen, ebenso wie der Besuch des Ostasiengipfels in Bali am 19. November.

Obama schickte eine unverhüllte Botschaft an Peking: "Die Vereinigten Staaten sind eine Pazifikmacht, und sie werden es bleiben." Obwohl seine Regierung riesige Haushaltskürzungen vorbereitet, erklärt er die US-Militärpräsenz in Asien zur "obersten Priorität" und betont: "Kürzungen des amerikanischen Haushalts werden nicht - ich wiederhole, sie werden nicht - auf Kosten der Ausgaben für den asiatischen Pazifik gehen."

Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit der australischen Premierministerin Julia Gillard am Mittwoch kündigte Obama Pläne für die Stationierung von US-Marines in Nordaustralien und eine erhöhte amerikanische Nutzung von australischen Häfen und Luftwaffenstützpunkten an. Weiter sind gemeinsame Militärmanöver und Ausbildungseinsätze zwischen dem amerikanischen und australischen Militär geplant.

Bei einer Rede vor australischen Truppen in der nordaustralischen Stadt Darwin, kurz vor seinem Abflug nach Bali, erklärte Obama, durch die erhöhte Präsenz solle die amerikanische Militärmacht in Südostasien gezeigt werden. "In dieser Region sind einige der wichtigsten Schifffahrtsrouten der Welt, die für alle unsere Wirtschaften wichtig sind", sagte er. "In Zeiten der Krise... war Darwin ein Knotenpunkt," erklärte Obama. Damit spielte er auf die Funktion der Stadt als wichtige amerikanische Militärbasis während des Zweiten Weltkriegs an.

In seiner Rede im australischen Parlament erläuterte Obama die "allgemeine Wende" des Schwerpunktes der amerikanischen Politik weg vom Nahen Osten nach Asien. Stärkere militärische Verbindungen mit Australien sind nur Teil einer "bewussten strategischen Entscheidung... eine größere und längerfristige Rolle bei der Gestaltung dieser Region zu spielen." Der Grund für diese "Wende" zur Konfrontation mit China sind Befürchtungen in den herrschenden Kreisen Amerikas, dass Präsident George W. Bushs Konzentration auf den Irak und Afghanistan es China ermöglicht hat, seinen Einfluss in Asien auf Kosten Amerikas zu vergrößern.

Washington behauptet, es sei nicht sein Ziel, "China einzudämmen", aber Obamas Rede, in der er verstärkte Beziehungen zu einer asiatischen Regierung nach der anderen verkündete, kann nur zu dieser Schlussfolgerung führen. Er hob die Allianz mit Japan hervor, die ein Eckpunkt der regionalen Stabilität sei, betonte Indiens Entschlossenheit,"sich dem Osten zuzuwenden" und "eine größere Rolle als asiatischen Macht zu spielen", erwähnte die Stationierung amerikanischer Kriegsschiffe in Singapur und die verstärkten Besuche amerikanischer Kriegsschiffe in den Philippinen und die Zusammenarbeit bei der militärischen Ausbildung, sowie die amerikanische Garantie der Sicherheit Südkoreas.

Vor dem Ostasiengipfel signalisierte Obama, dass er die Fragen der "Ausdehnung und Sicherheit" ansprechen werde, "auch die Zusammenarbeit im Südchinesischen Meer." China wehrt sich erbittert gegen multilaterale Diskussionen über territoriale Ansprüche im Südchinesischen Meer. Der stellvertretende Außenminister Liu Zhenmin warnte diese Woche: "Die Intervention außenstehender Mächte ist bei der Klärung dieser Fragen nicht sehr hilfreich."

Die Obama-Regierung schürt die Spannungen um das Südchinesische Meer, um einen Keil zwischen China und die Mitglieder des Verbandes Südostasiatischer Nationen (ASEAN) zu treiben. Die USA haben Vietnam und die Philippinen ermutigt, eine entschlossenere Position einzunehmen, was zu Zwischenfällen mit China in umstrittenen Gewässern führte. US-Außenministerin Hillary Clinton erklärte letzte Woche bei einem Besuch auf den Philippinen, deren Regierung auf aggressive Weise ihren Anspruch auf das "Westphilippinische Meer", wie sie es jetzt nennt, erklärt hat: "Ich möchte sagen, die Vereinigten Staaten werden immer an der Seite der Philippinen sein, und wir werden mit ihnen gemeinsam kämpfen."

Die ganze Woche über erklärte Obama immer wieder, China müsse sich "an die internationalen Regeln halten", wenn es eine Großmacht sein will. Diese "Regeln" werden allerdings in Washington gemacht und stellen sicher, dass die Welt vom US-Imperialismus dominiert wird und andere Nationen nur eine untergeordnete Rolle spielen. In seiner Rede im australischen Parlament erklärte Obama, die USA würden weiterhin darauf bestehen, dass China "internationale Normen aufrechterhält und die allgemeinen Menschenrechte des chinesischen Volkes respektiert."

"Die Menschenrechte" sind die ideologische Waffe, mit der Obama die Konfrontation mit China erzwingen will. Er erklärte demagogisch: "Die Geschichte ist auf der Seite der Freien - Freier Gesellschaften, freier Regierungen, freier Wirtschaften, freier Völker. Und die Zukunft gehört denen, die für diese Ideale einstehen, in dieser Region und auf der ganzen Welt."

Diese Behauptungen sind nichts als Zynismus. Während Obama vom "freien Handel" spricht, will er den asiatischen Staaten ein Handelsabkommen - die transpazifische Partnerschaft - aufzwingen, das ganz daraufhin ausgelegt ist, Amerikas Wirtschaftsinteressen zu befriedigen. Sein Gerede von "Meinungsfreiheit" und "Versammlungsfreiheit" erscheint besonders hohl, wenn gleichzeitig die Polizei mit brutaler Gewalt in einer Stadt nach der anderen die Zeltlager der Occupy-Bewegung auflöst.

Grundlegender gesagt war "Demokratie" schon das Schlagwort, unter dem der US-Imperialismus seine räuberischen Interessen seit Anfang des 20. Jahrhundert verfolgt, als US-Truppen die philippinische Revolution niederschlugen und dabei hunderttausende Bewohner der Philippinen töteten. Von 1941 bis 1945 kämpften die USA im Pazifik gegen den japanischen Imperialismus, um ihre Vorherrschaft über diese Region und besonders über China zu garantieren. Als der chinesische Diktator Tschiang Kai-Schek, der von den USA unterstützt wurde, im Jahr 1949 durch die chinesische Revolution gestürzt wurde, führten die USA einen Krieg, um die Diktatur in Südkorea zu unterstützen und das maoistische Regime in Peking zu destabilisieren. In den 1960er und 1970er Jahren führte Washington einen zweiten neokolonialen Krieg gegen Vietnam, um die Vorherrschaft der USA zu verteidigen und "den Kommunismus in Asien einzudämmen".

Obama verteidigte diese Bilanz von imperialistischer Barbarei und Plünderung und erklärte: "Bei den Luftangriffen auf Darwin, bei der Befreiung der Inseln des Pazifik, auf den Reisfeldern Südostasiens und auf der kalten koreanischen Halbinsel haben Generationen von Amerikanern gekämpft und sind gestorben, damit die Demokratie Wurzeln schlagen kann." In Wirklichkeit haben die USA einen Diktator nach dem anderen unterstützt, von dem berüchtigten Regime von Marcos in den Philippinen, bis zu Suhartos Junta in Indonesien, die bei ihrer Machtergreifung mindestens eine halbe Million Arbeiter, Bauern und Mitglieder der indonesischen KP umbrachte. Das einzig Wahre, was Obama sagte, war, dass alle australischen Regierungen - Labor und Liberale - den US-Imperialismus immer felsenfest unterstützt haben.

Man darf sich nicht von Obamas Gerede über "Menschenrechte" täuschen lassen. Obama hat die neokoloniale Besetzung des Irak, die sein Amtsvorgänger, George W. Bush, begonnen hat, weitergeführt, den Krieg in Afghanistan auf Pakistan ausgeweitet und zusammen mit den europäischen Verbündeten Libyen bombardieren lassen, um in Tripolis ein Marionettenregime an die Macht zu bringen. An diesem amerikanischen Militäraufgebot im asiatischen Pazifik ist nichts Gutes. Der US-Imperialismus hat nicht vor, China, oder einem anderen Rivalen, zu erlauben, die Vorherrschaft über den Pazifik anzufechten, um die er vor siebzig Jahren gekämpft hat.

Obamas außenpolitische "Wende" in Richtung des asiatischen Pazifik bedeutet nicht den Beginn einer neuen Ära von "Frieden, Wohlstand und Würde für die Völker der Region und der Welt," sondern eskalierende Spannungen und Konfrontation zwischen den USA und China, durch die der Menschheit ein weiterer Krieg droht.


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Quelle:
World Socialist Web Site, 22.11.2011
Obama fordert China heraus
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. November 2011