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GLEICHHEIT/3088: Israels Massaker auf See


World Socialist Web Site
Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Israels Massaker auf See

Von Bill Van Auken
4. Juni 2010
aus dem Englischen (3. Juni 2010)


Die Tötung von neun Zivilisten und die Verwundung Dutzender weiterer durch das israelische Militär war kaltblütiger Mord und stellt ein Kriegsverbrechen dar. Die Menschen befanden sich in internationalen Gewässern an Bord eines Schiffs, das humanitäre Hilfslieferungen für die Palästinenser in den Gazastreifen bringen wollte.

Dieser militärische Angriff auf einen Hilfskonvoi führt Millionen Menschen in aller Welt vor Augen, welche Rolle Israel und sein Gönner, die Vereinigten Staaten, in der Weltpolitik spielen. Der Hilfskonvoi hatte Rollstühle, Zement, Wasseraufbereitungsanlagen, Spielzeug und Druckerpapier geladen - alles Gegenstände, die von der israelischen Blockade des Autonomiegebietes betroffen sind.

Wie nach solchen Gräueltaten üblich, macht die israelische Regierung die Opfer selbst für ihr Schicksal verantwortlich. In einer Fernsehansprache nannte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu den Hilfskonvoi eine "Flotte von Terrorhelfern" und lobte das Massaker auf hoher See als einen Akt der Selbstverteidigung einer belagerten israelischen Kommandoeinheit.

In Wirklichkeit haben die Passagiere auf den Schiffen in Selbstverteidigung gehandelt, und sie hatten dazu jedes Recht. Dass neun von ihnen getötet wurden, während die israelischen Soldaten kein einziges Opfer zu beklagen haben, beweist zur Genüge, wer der Aggressor war.

Das Schema ist altbekannt. Erst vor anderthalb Jahren entfesselte das israelische Regime die Operation Gegossenes Blei, ein noch weit größeres Massaker gegen die leidende Bevölkerung des Gazastreifens. Genau wie heute war es angeblich ein Akt der "Selbstverteidigung", als Israel mit Bomben, Raketen, Panzern und Maschinengewehrfeuer im Gaza einfiel und über 1.400 Palästinenser tötete, die zum größten Teil wehrlose Männer, Frauen und Kinder waren. Dieser einseitige Krieg einer weltmächtigen Militärmaschine gegen eine nur schwach verteidigte Zivilbevölkerung forderte nur dreizehn Tote auf israelischer Seite, von denen gerade mal drei Soldaten waren.

Der Hilfskonvoi war eine Antwort auf die barbarische Blockade, die eine Bevölkerung von 1,5 Millionen Menschen im Gazastreifen zu Hunger, Krankheit und Not verurteilt. Nach Angabe der UN Relief and Works Agency (UNRWA) hat sich seit Verhängung der Blockade 2007 die Zahl der Gazaflüchtlinge, die in schlimmster Armut leben, verdreifacht.

Die UN berichtete Ende 2009: "Die Nahrungsmittel und Medikamente, die zu den Menschen im Gaza gelangen, reichen nicht aus. Dadurch hat sich die mentale und physische Gesundheit der gesamten Zivilbevölkerung seit Israels Operation Gegossenes Blei noch einmal verschlechtert." 65 Prozent der Säuglinge zwischen neun und zwölf Monaten leiden an Anämie [Blutarmut], wie die Food and Agriculture Organization letztes Jahr herausfand. Das ist nur ein besonders drastisches Beispiel dafür, dass Israel eine ganze Bevölkerung bewusst dem Hunger preisgibt.

Israel kann diese Art mittelalterlicher Belagerung, wie auch Piraterie und Mord, nicht etwa deshalb praktizieren, weil es selbst militärisch so stark wäre. Das verdankt es nur der unerschütterlichen Protektion und Finanzierung, die aus Washington kommt. Wie die jüngsten Massenmorde - und zahlreiche weitere Beispiele - unterstreichen, hat sich die US-Politik mit Obamas Einzug im Weißen Haus nicht geändert.

Während die Obama-Regierung heuchlerisch ihr "tiefes Bedauern über den Verlust an Leben" äußert, tut sie alles Menschenmögliche, um sicherzustellen, dass Israel weder die Schuld an diesen Morden noch ihre Konsequenzen zu tragen hat. Im UN-Sicherheitsrat haben die USA jede Kritik am Vorgehen Israels unterdrückt und die Rechtfertigung des Zionistenstaats für das Massaker stillschweigend übernommen.

Sowohl der kriminelle Charakter Israels, als auch die Rolle der Washingtoner Regierung haben eine lange Geschichte. Es lohnt sich, an einen anderen israelischen Überfall auf ein Schiff in internationalen Gewässern zu erinnern, der vor 43 Jahren stattfand. Damals wurden an Bord der USS Liberty 34 Matrosen durch Napalm, Raketen und Maschinengewehrfeuer getötet und weitere 171 verletzt. Schlimmere Verluste hatte die US-Navy bei Feindberührung seit dem zweiten Weltkrieg nicht erlitten.

Es war im Sechstagekrieg, als ein Aufklärungsschiff, die Liberty, am 8. Juni 1967 vor der Sinai-Halbinsel aufgebracht wurde. Israel sprach von einem tragischen "Fehler", doch es zeigte sich, dass der zionistische Staat das Schiff angegriffen hatte, weil er Washington daran hindern wollte, seine Kommunikation abzuhören. Abgefangene Gespräche widerlegten die Behauptung aus Tel Aviv, es habe in Selbstverteidigung gehandelt. Stattdessen zeigte sich, dass Israel in Wirklichkeit Beweise für seine aggressiven Absichten unterdrücken wollte, als es den Gazastreifen, das Westjordanland und die Golanhöhen besetzte. Bis zum heutigen Tag sind all diese Gebiete illegal von Israel besetzt.

Die Kritik, die diese Woche am Angriff auf den Hilfskonvoi auch innerhalb Israels selbst laut wurde, bezieht sich großenteils darauf, dass dies eine "verpfuschte" Operation, eine übermäßige Gewaltanwendung und ein PR-Fiasko sei. Aber es geht nicht darum, dass hier eine Regierung den Kopf verloren hat. Netanyahus Politik richtet sich ganz bewusst an eine Schicht in der Bevölkerung, die aus religiösen Extremisten, rechten Siedlern und einem reaktionären Bodensatz besteht. Diese Schicht findet im Außenminister, Avigdor Lieberman, und dessen faschistischer Ideologie, Geschichte und Orientierung ihren Ausdruck.

Die reaktionäre israelische Regierung ist in einer tiefen Krise. Sie manövriert sich mehr und mehr in die Rolle eines globalen Pyromanen hinein. Sie droht mit neuen Kriegen gegen Syrien und den Libanon und plant laut einem Bericht der Londoner Times, nuklear bestückte Unterseeboote in die Gewässer vor dem Iran zu entsenden.

Die Washingtoner Regierung, die auch unter Obama ihre bedingungslose Unterstützung und Finanzhilfe für Israel - nahezu drei Milliarden Dollar pro Jahr - aufrechterhält, stellt eine tödliche Bedrohung für die ganze Welt dar.

Es handelt sich nicht um ein einzelnes, ungesetzliches Regime, sondern darum, dass das gesamte Weltgeschehen in die Kriminalität abrutscht und sich jeder Anschein von internationalem Recht verflüchtigt. Hierbei geht Israels wichtigster Gönner voran.

Die Obama-Administration setzt beide Aggressionskriege fort, die unter Bush begonnen wurden, und hält einen Polizeistaatsapparat aufrecht, der sich der illegalen Gefangennahme, Entführung und Folter bedient. Sie hat sich den schmachvollen Namen als wichtigster Anwender der "gezielten Tötungen" durch CIA-Drohnen erworben. Es sind schlicht Morde, mit denen laut einem UN-Bericht vom 2. Juni in Pakistan "viele Hunderte Menschen" getötet wurden. Der Bericht beschuldigt Washington, sich eine "Lizenz zum Töten ohne Rechenschaftspflicht" anzumaßen.

Die Art und Weise, wie sich die USA und andere Regierungen als Inkarnation der Mord GmbH aufführen, ihre Akte des Staatsterrorismus, wie die jüngst von Israel praktizierte Piraterie, und die ständige Androhung neuer Aggressionskriege schaffen weltweit ein Klima, das immer stärker an die Situation kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs erinnert.

Die Todeskrise des Weltkapitalismus treibt diese Entwicklung an, und weder Proteste noch Pazifismus können sie aufhalten. Nur eine geeinte Arbeiterklasse, die im Nahen Osten sowohl jüdische als auch arabische Arbeiter in ihre Reihen mit einschließt, kann das Profitsystem stürzen und einen neuen Weltenbrand verhindern.

Siehe auch:
Israel verstärkt Kriegstreiberei
(2. Juni 2010)
http://www.wsws.org/de/2010/jun2010/isra-j02.shtml

Empörung über israelisches Massaker an Gaza-Hilfskonvoi
(2. Juni 2010)
http://www.wsws.org/de/2010/jun2010/isr1-j02.shtml


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Quelle:
World Socialist Web Site, 04.06.2010
Israels Massaker auf See
http://wsws.org/de/2010/jun2010/gaza-j04.shtml
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Juni 2010