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GEFANGENEN INFO/100: Ausgabe 363, Juli/August 2011


Gefangenen Info

Hervorgegangen aus dem Angehörigen Info. Das Angehörigen Info entstand im Hungerstreik der politischen Gefangenen 1989.

Nr. 363, Juli/August 2011


Inhalt dieser Ausgabe

Seite 3

- Aktivitäten zum Tag der revolutionären Gefangenen Schwerpunkt

Schwerpunkt

- Drei Genossen sind nun im Knast

Inland

- Bericht zur Innenministerkonferenz
- Repression gegen Prozessbeobachter
- Zum Mord an Slieman Hamade
- Razzien in Braunschweig
- "Todesnacht in Stammheim"
- Werner siegt im Hungerstreik

International

- Savvas Xiros bleibt im Knast
- Zur Situation von Brendan Lillis
- Tierrechtsprozess in Österreich
- Prozess gegen Billy, Costa und Silvia
- Leonard Peltier totalisoliert
- Hungerstreik in Pelican Bay
- Repression gegen Tierrechtler

Gefangene

- Briefe von Sadi Özpolat und Thomas Meyer Falk
- Brief von Werner Braeuner
- Briefe von Andre Borris M. A. Moussa Schmitz, Günther Finneisen, Faruk Ereren und Tommy Tank

Feuilleton


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Vorwort

Liebe Leserinnen und Leser,

leider haben sich erneut auch in der letzten Ausgabe des Gefangenen Infos ein paar Fehler eingeschlichen. Für einen möchten wir uns gleich zu Anfang entschuldigen: Wir haben im Inhaltsverzeichnis der letzten Ausgabe den Brief von Andre Borris M.A. Moussa Schmitz angekündigt und dann aus Platzgründen doch nicht abgedruckt. Dafür möchten wir uns an erster Stelle bei dir, Andre, entschuldigen. Wir haben das jetzt nachgeholt.

Nun zur aktuellen Ausgabe:

Den Schwerpunkt dieser Ausgabe bildet ein Überblick zu dem Haftantritt der Verurteilten im mg Prozess. Die Revision im Verfahren gegen Axel, Florian und Oliver wurde Anfang Juli vom Bundesgerichtshof verworfen und die drei kurz darauf zum Haftantritt geladen. Mit dem Beitrag möchten wir gleich die Chance nutzen um auf die geplanten Soliaktivitäten hinzuweisen: In den nächsten Wochen sollen die Gefangenen verlegt und im Zuge dessen soll entschieden werden, ob sie in den offenen oder in den geschlossenen Vollzug kommen - dazu ruft das Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen zu Soli-Aktionen auf. Darüber hinaus sind Mitte Oktober weitere Aktionen geplant, die auch anlässlich des 2. Jahrestages der Urteilsverkündung stattfinden werden.

Informiert euch, beteiligt euch und zeigt euch solidarisch!

Auch darüber hinaus ist seit der letzten Ausgabe: (die wie wir selbstkritisch feststellen ja nun auch schon eine Weile her ist) viel passiert: Der Genosse Werner Braeuner hat nach 54 Tagen seinen Hungerstreik erfolgreich abgebrochen. Der Prozess gegen Billy, Costa und Silvia ist in der Schweiz zu Ende gegangen und es gab insgesamt drei weitere Verhaftungen mittels § 129b in der BRD. Zwei nun auch das erste Mal aufgrund angeblicher Mitgliedschaft in der PKK.

Von den GenossInnen der antirep2008 aus Österreich erreichte uns außerdem eine erste Einschätzung zu dem mit einem Freispruch geendeten § 278a Prozess gegen Tierrechtsaktivisten den wir ebenfalls in dieser Ausgabe abdrucken.

Ausserdem möchten wir im internationalen Teil besonders auf die Situation von Leonard Peltier, Brendan Lillis und Savvas Xiros verweisen die alle schwersten Isolationsbedingungen ausgesetzt den Knast nicht verlassen dürfen.

Weitere Beiträge beschäftigen sich mit dem Knastkampf von über 6000 Gefangenen in Pelican Bay, der Repression gegen spanische Tierrechtler, dem Mord an Sliman Hamade in Berlin, der Innenministerkonferenz in Frankfurt, der Repression gegen ProzessbeobachterInnen im § 129b Prozess in Düsseldorf und Razzien in Braunschweig.

In der Rubrik der Gefangenen veröffentlichen wir in dieser Ausgabe ausserdem Teile der Prozesserklärung des § 129b Gefangenen Sadi Özpolat.

Wir verbleiben an euch mit herzlichen Grüßen,

Weder Reue noch Kapitulation!
Freiheit für alle sozialen und politischen Gefangenen!

Die Redaktion


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Seite 3

Überblick zu den Aktivitäten in Deutschland, Italien und der Schweiz zum 19.06. - Tag der revolutionären Gefangenen

www.political-prisoners.net

Am diesjährigen 19.06 - dem Tag der revolutionären Gefangenen - kam es zu Aktionen und Aktivitäten in Solidarität mit den Militanten der Roten Hilfe International, die zunehmend mit Repression konfrontiert werden. Doch auch darüber hinaus kam es zu solidarischen Aktivitäten:

Veranstaltungen zur Geschichte der Kämpfenden Kommunistischen Zellen (CCC)

In Berlin, Magdeburg und Stuttgart organisierten das Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen (and friends), Zusammen Kämpfen [Berlin] und Zusammen Kämpfen [Magdeburg] auch anlässlich des 19.06. vom 16. bis zum 18. Juni eine Veranstaltungsrundreise mit einem ehemaligen Militanten der CCC, der in Stuttgart, Magdeburg und Berlin Halt machte. Die Veranstaltungen wurden von 25-50 Personen besucht.


Berlin: Kundgebung vor der belgischen Botschaft

Am Freitag, den 17.06., organisierte das Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen Berlin gemeinsam mit Zusammen Kämpfen [Berlin] mit 40 TeilnehmerInnen eine Kundgebung vor der belgischen Botschaft. In Redebeiträgen wurde auf die Repression gegen die Rote Hilfe International und insbesondere auf Repression gegen Angehörige der Secours Rouge Belgique eingegangen. Die Kundgebung endete mit der Parole: "Ich war, ich bin, ich werde sein! Die Revolution wird die Menschheit befreien!".


Magdeburg: Soli-Transparent für die Militanten der RHI

Im Rahmen eines Sommerfestes wurde im Zuge eines Graffiti-Workshops ein sechs Meter langes Transparent in Solidarität mit der Roten Hilfe International mit der Aufschrift "RHI - Rote Hilfe International - Ein Angriff gegen eineN von uns, ist ein Angriff gegen alle! 19. Juni - Tag des revolutionären Gefangenen!" gemalt. Das Transparent wurde anschließend am 19. Juni am Sozialen Zentrum aufgehangen.


Stuttgart: Unangemeldete Demonstration

Am 19.06. selbst fand in Stuttgart eine unangemeldete Demonstration unter dem Motto "Die Militanten der RHI verteidigen! Internationale Klassensolidarität aufbauen! Kapitalismus zerschlagen!" statt. Die Demo zog mit Parolen wie "Freiheit für alle politischen Gefangenen", "Hoch die internationale Solidarität", "129 - das kennen wir schon - Feuer und Flamme der Repression" und "Krieg dem Krieg - Klasse gegen Klasse" durch die Einkaufspassage des Stadtteils. An der Demo beteiligten sich rund 20 Personen.


Heilbronn: Soli-Graffitis

In der Nacht zum 19. Juni wurden in Heilbronn an mehreren Orten die Parolen "Die Militanten der Roten Hilfe International verteidigen!", "19.06. - Tag der politischen revolutionären Gefangenen" und "Kapitalismus angreifen" gesprüht.


Bruchsal: Kundgebung für Thomas Meyer-Falk

20 GenossInnen versammelten sich am 19.06. vor den Toren der JVA Bruschal, um dem Gefangenen Thomas Meyer-Falk ihre solidarischen Grüße zukommen zu lassen. Mit einem Redebeitrag, Sprechchören und einem Feuerwerk drückten die AktivistInnen ihre Solidarität aus. Ihre Aktion steht "für eine grenzenlose Solidarität mit allen revolutionären Gefangenen weltweit! Gerade die aufkommenden Prozesse gegen die Militanten der Roten Hilfe International (RHI) machen eine weitergehende und vor allem umfassende Solidaritäts- und Aufklärungsarbeit unvermeidlich! Denn: ein Angriff gegen eineN ist ein Angiff gegen uns alle!"


Schweiz: Wandbilder

In Basel, Winterthur und Zürich wurden ein große Wandbilder mit der Aufschrift: "Spiess umdrehen: Dem Kapitalismus den Prozess machen" verklebt und damit auf den kommenden Prozess gegen eine Genossin des Revolutionären Aufbaus bzw. der Roten Hilfe International aufmerksam gemacht.

Die Wandbilder stehen im Zusammenhang mit dem 19.06. und war der Auftakt der Kampagne gegen den kommenden Prozess, der am 29. September vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona beginnt.


Italien: Demonstration in L'Aquila

In L'Aquila fand am 18.06. eine Demonstration gegen Repression und insbesondere gegen den "Antiterrorparagraph" 41 bis, der für die Gefangenen besonders harte Isolation und Haftbedingungen bedeutet. Konkreter Anlass darüber hinaus bot die Verurteilung von 11 GenossInnen (darunter 2 GenossInnen der CCPSRI) wegen dem Rufen der Parole: "Die Fabrik tötet uns, der Staat steckt uns in den Knast, Biagi und D'Antona sind uns scheissegal", die Bezug nimmt auf Aktionen der Roten Brigaden. Sie wurden zu 2 Jahren Haft verurteilt. Dazu wurden 10 anarchistische GenossInnen zu 7 Monaten verurteilt, weil sie den Zaun eines Knastes durchgeschnitten hatten und auf das Vor-Gelände des Gefängnisses eingedrungen waren.

An der Demonstration nahmen 150 Personen teil.

(red.)


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Schwerpunkt

Drei Genossen sind nun im Knast - Aktuelles zu den Verurteilten im mg-Prozess

www.political-prisoners.net

Axel, Oliver und Florian - die drei Verurteilten aus dem mg-Verfahren - befinden sich seit dem 8. bzw. 20. Juli im Knast. Die Solidarität mit unseren Genossen muss nach dem Haftantritt fortgesetzt werden.

Am 8. und 20. Juli haben Axel, Oliver und Florian ihre Haftstrafen von 3 und 3,5 Jahren angetreten. Sie befinden sich momentan in der Offenen JVA Hakenfelde bzw. in den Außenstellen Düppel-Süd und Heiligensee. In den kommenden Wochen soll sich herausstellen, ob die Genossen in den offenen Vollzugsanstalten bleiben werden oder in geschlossene JVA's verlegt werden.

Gegen die Verlegung in den geschlossenen Vollzug

Die Berliner Sektion des Netzwerks Freiheit für alle politischen Gefangenen hat bereits im Falle der Verlegung in den geschlossenen Vollzug Solidaritätsaktionen angekündigt und ruft dazu auf, am Tag der möglichen Verlegungen Kundgebungen vor den Knästen durchzuführen und kontinuierlich Solidaritätsaktionen zu entfalten. Begründen tut sie ihren Aufruf damit, dass es falsch wäre, in dieser Situation passiv zu bleiben, sondern Initiative ergriffen werden müsse. In dem Aufruf heißt es dazu: "Hiermit rufen wir dazu auf, an die bisher gelaufenen Initiativen für die Genossen anzuknüpfen und Solidaritätsaktionen zu entfalten. Im Falle einer Verlegung in den geschlossenen Vollzug kündigen wir hiermit Aktionen und Kundgebungen vor den Knästen an. Die erste Kundgebung werden wir am Tag der möglichen Verlegungen durchführen und rufen hiermit alle solidarischen Gruppen und Personen zu zahlreicher Beteiligung und Unterstützung auf." Um die Genossen in dieser Situation zu unterstützen, ist es unbedingt notwendig, dem Aufruf auch außerhalb Berlins nachzukommen und nach Möglichkeit in diesem Rahmen eigene Akzente zu setzen.

Die Bewegung muss auch im Knast über sie wachen

Wir benötigen einen politischen Umgang mit der momentanen Situation. Dieser kann nur damit beginnen, Axel, Oliver und Florian nun (nach Ende des Prozesses, der Verwerfung der Revision, der Bestätigung der Urteile und dem Haftantritt) nicht alleine zu lassen. Für die drei bedeutet es jetzt, dass sie sich bis zum Ende ihrer Haftstrafen in den Händen des Feindes befinden werden. So lang und zehrend die Phase seit dem 31. Juli 2007 auch gewesen ist; die staatliche Repression ist nicht beendet, sondern manifestiert sich nun im langjährigen Wegsperren von drei Aktivisten aus unserer Bewegung. Dieses unkommentiert hinzunehmen, käme einer politischen Bankrotterklärung gleich! Das dem nicht so ist und unsere Gefangenen den solidarischen Rückhalt der Bewegung genießen, werden wir demonstrieren müssen. Sie befinden sich zwar in staatlichen Knästen, doch sind sie ein Teil unserer Bewegung draußen.

Das Gefangenen Info begreift sie als politische Gefangene, die von draußen breite Unterstützung erhalten müssen. Unsere Zeitung wird ihnen eine Plattform bieten, über sie wachen, sich für sie einsetzen und ihre Stimme nach draußen tragen.

Linke Politik verteidigen

Ein politischer Umgang bedeutet aber auch, dass die von staatlicher Seite her kriminalisierte, linke Politik geschlossen verteidigt werden muss. Die Verurteilung der drei Genossen ist politisch motiviert und bedeutet die Verurteilung linker Politik. Wie bereits in der letzten Erklärung des Einstellungsbündnisses zitiert wurde, bleibt "Widerstand, der sich gegen die Gewalt des Krieges, die Kriegswirtschaft sowie das Militär richtet, um eine Situation der Besatzung, die Ermordung von Zivilisten und Zivilistinnen und die Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen zu unterbinden, bleibt nach wie vor legitim." (Oliver R., einer der Betroffenen) Somit kann sich ein politischer Umgang mit dieser Angelegenheit nur über die Thematisierung und Verteidigung der kriminalisierten Politik definieren. Wenn es gelten soll, die staatlichen Angriffe ins Leere laufen zu lassen, so kann dies nur dadurch geschehen, dass sich die Bewegung keine Schranken setzen lässt und ihre Politik jenseits der Regeln des kapitalistischen Staates selbst bestimmt.

Mobilisierung zum 2. Jahrestag der Urteilsverkündung

Zum 2. Jahrestag der Urteilsverkündung im mg-Prozess (16. Oktober 2009) mobilisieren verschiedene Solidaritätsstrukturen für eine Demonstration nach Berlin, welche am 15. Oktober 2011 stattfinden soll (Achtet auf Ankündigungen!).

Als Redaktion dieser Zeitung betrachten wir dieses Vorhaben als wichtig, um die Solidarität mit den Genossen auch nach ihrem Haftantritt auf- und auszubauen und eben jenem politischen Anspruch der Solidaritätsarbeit gerecht zu werden.

Abschließend grüßen wir an dieser Stelle unsere eingesperrten Genossen und wünschen ihnen viel Kraft und Ausdauer!

(red.)


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Schwerpunkt

Axel, Florian und Oliver - Verurteilte im mg-Prozess

Zum Hintergrund

Die Drei wurden im Juli 2007 in Brandenburg / Havel von einem Sondereinsatzkommando aus dem Auto heraus festgenommen. Sie sollen dabei beobachtet worden sein Brandsätze an Bundeswehrfahrzeugen angebracht zu haben. Darüber hinaus wurden sie mit Hilfe des § 129a beschuldigt, "Mitglied einer terroristischen Vereinigung", der mg - militante gruppe zu sein.

Nach ihrer Verhaftung befanden sie sich knapp 4 Monate hinweg über in Untersuchungshaft. Nachdem der Bundesgerichtshof entschieden hat, dass die mg "nur" als kriminelle Vereinigung nach § 129 zu werten sei, wurden Axel, Florian und Oliver auf Kaution (von jeweils 30.000 Euro) entlassen.

Die drei beteiligten sich nach ihren Verhaftungen im Juli und ihrer Freilassung im September 2007 an einer umfangreichen Infotour zu dem Prozess und verfassten zahlreiche Grußwörter für antimilitaristische Mobilisierungen.

Mit dem Vorwurf der Mitgliedschaft in der militanten Gruppe hatten sich die Ermittlungsbehörden ein Konstrukt aufgebaut, dass ihnen einerseits die Möglichkeit gab umfangreiche Ermittlungen anzustellen und andererseits zum ersten Mal strafrechtlich gegen die mg vorzugehen.

Zur Erinnerung: Die mg trat 2001 zum ersten Mal aufs politische Tablett, initiierte und trug maßgeblich die Militanzdebatte, die bis 2009 fortgesetzt wurde. Praktisch trat die mg auf mit nächtlichen Brand- und Farbbeutelanschlägen auf staatliche Behörden und Fahrzeuge zu den Themen Sozialabbau, staatlicher Rassismus, Krieg, Militarisierung, Sicherheitswahn, Überwachung, politische Repression. Die mg hat sich zu über 20 Aktionen bekannt.

Im September 2008 begann der Prozess gegen die drei, der sich bis Oktober 2009 hinziehen sollte.

Im Prozess selbst gaben sie zu Beginn eine gemeinsame Prozesserklärung ab, die mit den Worten begann: "Hier sitzen die falschen auf der Anklagebank". Sie klagten damit den Militarismus und die imperialistischen Kriege an.

Letztlich wurden Oliver und Axel zu je 3 ½ Jahren Haftstrafe ohne Bewährung und Florian zu 3 Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt. Im Juli 2011 mussten sie ihre Haft antreten.

Die Drei sind seit einigen Jahren, neben den Gefangenen aus dem 129a Verfahren in Magdeburg, die ersten Gefangenen, die aufgrund eines Organisationsdelikts innerhalb der radikalen Linken der BRD verurteilt wurden.

(red.)

weiteres Hintergrundmaterial wie Broschüren, alle Prozessanträge und Erklärungen, sowie die zu dem Prozess erschienenen Zeitungen findet ihr unter: www.einstellung.so36.net

- Schreibt den Gefangenen!

Oliver Rast
JVA Hakenfelde
Niederneuendorfer Allee 140-150
13587 Berlin


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Inland

Bericht zur Innenministerkonferenz in Frankfurt

www.political-prisoners.net

Innenministerkonferenz in Frankfurt - Hausdurchsuchung und Festnahme von zwei linken Aktivisten

In der Nacht vom 25. auf den 26. Mai 2011 wurden in Frankfurt am Main zwei Personen vorübergehend festgenommen mit dem Vorwurf Parolen gegen die Innenministerkonferenz gesprüht zu haben. Die Polizei nutzte die Gelegenheit und durchsuchte in diesem Zusammenhang die Wohngemeinschaft, in welcher die zwei Festgenommenen und eine weitere Person leben. Bei der Durchsuchung wurde angeblich neben Silvesterknallern Benzin, "das für Generatoren, Rasenmäher oder Zweiräder gebraucht wird", sichergestellt. "Gegen die zwei Festgenommenen wurden Verfahren wegen Sachbeschädigung, Verstößen gegen das Waffen- und Sprengstoffgesetz sowie wegen Verdachts der Verabredung zu einem Verbrechen eingeleitet. Bis auf die Sachbeschädigung richten sich die Vorwürfe auch gegen den 28-jährigen Frankfurter (Anm: der dritte Mitbewohner)." (PM 27.05.2011 von Polizeipräsidium Frankfurt am Main)

Es folgte eine widerliche Hetze der bürgerlichen Medien mit dem Tenor "Geplante Anschläge - Linksextremisten mit Sprengsätzen festgenommen". Hintergrund ist dabei die jährliche Innenministerkonferenz, bei der sich alle Innenminister der Bundesländer treffen, um über neue Methoden und Mittel der Steuerung und Kontrolle der Menschen zu beraten und diese schließlich zu beschließen. Es geht um Themen, wie Asylgesetzgebung, "innere Sicherheit", Kriminalitätsbekämpfung, Verfassungsschutz. Verschiedene linke Bündnisse mobilisierten gegen das Schweinetreffen. Neben vielen Aktionen im Vorfeld der IMK, demonstrierten am Tag der Konferenz 2000 Menschen unter dem Motto "Wir kommen um zu stören! IMK auflösen".

Das "Bündnis gegen die Innenministerkonferenz 2011 (IMK auflösen)" zur Repression gegen linke Aktivisten:

"1. Einer der beiden Verhafteten wurde vorsätzlich von einem Polizei-PKW angefahren, wobei schwere Verletzungen billigend in Kauf genommen wurden. Im Anschluss wurde der Kopf des Verhafteten mehrfach auf den Boden geschlagen, wobei seine Brille zerstört wurde. Eine offene Wunde an der Hand und einen gebrochenen Finger ließen die Beamten über eine Stunde unversorgt.

2. Bei der anschließenden Hausdurchsuchung wurden auch Zimmer von Mitbewohnern durchsucht, gegen die keine Vorwürfe erhoben waren. Hierfür reichten den Beamten Plakate im Flur zur Begründung. "Eine Durchsuchung der Zimmer unbeteiligter Personen im Rahmen einer solchen polizeilichen Maßnahme ist vermutlich rechtswidrig", sagte eine Anwältin der Betroffenen.

Das Vorgehen der Polizei und die Berichterstattung der FAZ zeigen vor allem eins: Bei einem Anlass wie der Innenministerkonferenz, die sich gerade um die repressive Verteidigung des Staates und der gesellschaftlichen Verhältnisse gegen vermeintliche Bedrohungen dreht, nutzt die Exekutive jede Gelegenheit, um den legitimen Widerstand dagegen zu kriminalisieren.

Solidarität ist eine Waffe! Lasst euch nicht Einschüchtern! Jetzt erst recht: Wir kommen um zu stören - IMK auflösen!"

(red.)


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Repression gegen ProzessbeobachterInnen im § 129b Prozess

www.political-prisoners.net

Am 26. Mai wollte Sadi seine Prozesserklärung verlesen. Bevor er damit beginnen konnte, wurden Mobile Eingreiftruppen im Gericht zusammengezogen. Zusätzlich drohte die Vorsitzende Richterin Barbara Havlitza die ZuhörerInnen auch noch damit, dass es im Falle von Parolen und Applaus zu Ordnungsstrafen und sogar Verhaftungen kommen könnte. Damit zeigt die Klassenjustiz erneut, dass sie solidarische Prozessöffentlichkeit von 60 Personen fürchtet. Sie reagiert mit verschärfter Einschüchterung und Kriminalisierung des überwiegend aus der Türkei stammenden Publikums. Die ProzessbeobachterInnen standen nach der Erklärung von Sadi auf und machten das Siegeszeichen, als würden sie sagen, "diesen Worten ist nichts hinzuzufügen" und bewegten sich auf den Ausgang zu. Der Staatsschutzsenat nahm das Parolenrufen einer Person zum Vorwand, der Polizei den Befehl zu erteilen, den Saal zu räumen. Sowohl die Gefangenen, als auch die BeobachterInnen leisteten passiven Widerstand, indem sie ebenfalls Parolen riefen.

Die Polizei, welche drei Personen festnahm, versperrte die Türe zum Hof, ließ die Leute nicht hinaus und kesselte sie ein. Daraufhin begannen die BesucherInnen einen Sitzstreik, riefen Parolen und sangen revolutionäre Lieder. Nachdem zwei der drei festgenommenen Personen freigelassen wurden, wurden endlich die Türen geöffnet und die ProzessbeobachterInnen verließen das Gebäude mit Applaus und Parolen. Die dritte festgenommene Person wurde wegen "Widerstands gegen die Staatsgewalt" zum Polizeipräsidium gebracht und am folgenden Tag freigelassen. Am 27. Mai ergriff Sadi erneut das Wort und sagte zu den Übergriffen vom Vortag:

"Ich möchte mitteilen, dass ich den gestern durchgeführten Angriff verurteile und dagegen protestiere. Mit eurem Angriff habt ihr gezeigt, wie demokratisch ihr seid, wie viel Wert ihr auf Meinungen legt und wie sehr ihr Menschenrechte verteidigt. Das ist euer wahres Gesicht. Ihr könnt nicht einmal tolerieren, dass Menschen ihre Meinung zum Ausdruck bringen und greift an. Wenn es das ist, was ihr von Demokratie versteht, dann kenne ich den Begriff Demokratie nicht"...

Während seiner Rede wurde Sadi das Mikrofon abgeschaltet. Nachdem der Staatsanwalt mitteilte, dass von nun an, bei Grüßen oder Winken der Gefangenen gegen die ZuschauerInnen ein Ermittlungsverfahren nach § 129a wegen "Unterstützung einer terroristischen Vereinigung" eingeleitet wird, legte ein Rechtsanwalt sofort Widerspruch gegen dieses Vorgehen ein mit den Worten:

"Sie wissen nicht, was Sie tun. Selbst wenn die Gefangenen aus Ihrer Sicht in einem Terrorprozess angeklagt sind, so sind sie immer noch respektable Menschen, die ein Ansehen haben. Die ZuschauerInnen bezeichnen sie als ihre Würde. Wie wollen sie das verhindern?"

(red.)


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Inland

Tödliche Polizeigewalt - Aufklärung ausgeschlossen?

www.nojusticenopeace.blogsport.eu

Am frühen Morgen des 24.02.2010 wird die Polizei in Schöneberg gerufen. Slieman fühlt sich durch die laute Musik seiner Nachbarn gestört und ist wütend. Seine Familie will verhindern, dass es zum Streit mit den Nachbarn kommt. Die anrückende Polizei stempelt Slieman sofort als Störer ab und will ihn des Hauses verweisen. Slieman möchte aber wieder zurück in die Wohnung, woraufhin die Polizei ihn festnehmen will. 3 Polizisten kommen als Verstärkung dazu und greifen ohne Vorwarnung zum Pfefferspray und sprühen damit den kompletten Hausflur ein. Slieman wird auf dem Boden von der Polizei fixiert, er ringt nach Luft und verliert immer wieder kurz das Bewusstsein. Familienangehörige berichten später, dass Slieman auch als er schon am Boden lag, von den Cops geschlagen wurde. Ein Sanitäter, welcher später eintraf, beschäftigte sich erst mal mit dem Ausspülen der Augen eines Polizisten, anstatt sich um den mittlerweile bewusstlosen Slieman zu kümmern. Spätere Wiederbelebungsversuche führen dazu das Sliemans Herz wieder schwach schlägt. Aber leider ist es zu diesem Zeitpunkt zu spät. Slieman stirbt mit 32 Jahren.

Die Ermittlungen
2 Monate später, am 30.04.2010 passierte das was in den meisten Fällen tödlicher Polizeigewalt geschieht, die Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft werden eingestellt. Ein Aufklärungswillen der Staatsanwaltschaft ist wie bei vielen anderen Fällen nicht erkennbar. Es wurden zahlreiche Hinweise unberücksichtigt gelassen. Erstaunlich dabei ist es, wie selbst eindeutige Zeugenaussagen nicht nachgegangen wurde. So hatte eine Polizeibeamtin ihre Kollegen darauf aufmerksam gemacht, dass bei der angewendeten Fixierung die Gefahr besteht, dass Slieman erstickt.

Die Beschwerde
Die Familie von Slieman gibt sich damit nicht zufrieden und legt mit Hilfe ihrer Anwältin am 24.01.2011 Beschwerde ein. Dies führt dazu das die Ermittlungen erst einmal wieder aufgenommen wird. Doch auch diesmal hält sich der Arbeitseifer der Staatsanwaltschaft in Grenzen. Wieder werden zahlreichen Anhaltspunkten nicht nachgegangen und so kommt es am 25.04.2011 zur erneuten Einstellung.

Gemeinsam gegen Polizeigewalt
Die Familie organisiert sich mit anderen Betroffenen tödlicher Polizeigewalt um ihre Forderungen nach Aufklärung und Gerechtigkeit nach außen zu tragen. So wird mit einer Demonstration am 05.03.2011, durch Schöneberg, ein erstes öffentliches Zeichen gesetzt. Gleichzeitig wird eine Veranstaltung vorbereitet, welche am 17.06.2011 in Schöneberg stattfand und knapp 100 interessierte BesucherInnen über den aktuellen Stand aufklärt. Mit dabei war die Oury Jalloh Initiative, die Familie des Silvester 2008 getöteten Dennis "Jockel", und der Anwalt der die Nebenklage im Rattay Prozess führte. Auf der Veranstaltung kündigte die Anwältin der Familie an, ein Klageerzwingungsverfahren anzustreben. Auch wollen sich die Beteiligten der Veranstaltung weiter vernetzten, um auch auf der Straße Gerechtigkeit gegen jegliche Polizeigewalt zu fordern und eine kritische Gegenöffentlichkeit zu schaffen.

(no justice no peace)

www.nojusticenopeace.blogsport.eu
www.kop-berlin.de


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Inland

Braunschweig: Mehrere Ingewahrsamnahmen und eine Hausdurchsuchung

www.antifacafe.de.vu

In den Abendstunden zum Mittwoch den 22.06, beobachtete eine Person, die in Braunschweig zu Besuch war eine Personalienkontrolle 2er Jugendlicher. Er tat das, was leider viel zu selten geschieht. Er schritt ein und fragte nach der Begründung für eine derartige Maßnahme. Eine Antwort bekam er nicht, sondern Handschellen angelegt.

Da sich der Betroffene nicht ausweisen konnte, machten sich die Polizisten mit ihm auf den Weg in die Gefangenensammelstelle (Gesa). Die Polizisten fanden den Wohnungschlüssel samt Adresse seiner Gastgeberin. Daraufhin durchsuchten sie, mit der Begründung den Personalausweis und die Schuhe des Betroffenen holen zu müssen, die Wohnung.

Während dessen musste sich der Betroffene auf der Polizeiwache entkleiden und es wurde gedroht ihm "den Arm zu brechen" so wie "einen Hoden abzuschneiden" sofern er nicht kooperieren würde. Während dessen versammelten sich einige UnterstützerInnen auf und vor dem Gelände der Gesa, auch sie wurden festgenommen.

Teilweise mit der Begründung dass sie auf den Gehweg vor der Polizeiwache die Parole "Polizeistaat" mit Kreide gemalt haben sollen.

Auch ihnen gegenüber verhielten sich die Polizisten menschenverachtend, auch sie mussten sich vollständig entkleiden, wurden geschlagen und bedroht. Eine Woche nach den Ereignissen gab es vor der Polizeiwache eine Kundgebung, die auch überregional durch die Medien begleitet wurde.

Diese Nacht zeigt aber nur die Spitze des Eisberges Braunschweiger Polizeiübergriffe.

So löste die Polizei erst im April ein Punkertreffen auf und nahm einige von ihnen in Gewahrsam. Auch hier berichten die Betroffenen, dass sie misshandelt und gedemütigt wurden.

Im Dezember 2010 wurde eine Person auf einem Straßenübergang am Braunschweiger Hauptbahnhof von einem Polizeiauto [ange]fahren, nachdem er zuvor den Polizisten den Mittelfinger gezeigt haben soll. [...] Der Betroffene verbrachte mehrere Tage im Krankenhaus und musste ins künstliche Koma versetzt werden.

Darüber hinaus werden Betroffene von derartigen Übergriffen aufgefordert, sich bei der Rote Hilfe Ortsgruppe zu melden, um Polizeigewalt öffentlich zu machen.

(Antifaschistisches Plenum & Jugend Antifa Aktion (JAA) Braunschweig)

www.antifacafe.de.vu

Anmerkung der Redaktion-Schattenblick:
[] In Klammern gesetzte Wort- oder Satzteile kennzeichnen Änderungen bzw. Auslassungen der Redaktion-Schattenblick.


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Inland

"Todesnacht in Stammheim"

von Helge Lehmann

www.political-prisoners.net

Aus dem Vorwort:

"Auf Veranlassung des damaligen Bonner Krisenstabes verschickte die Deutsche Presseagentur am 18. Oktober 1977, um 8.53 Uhr folgende Eilmeldung: »Baader und Ensslin haben Selbstmord begangen.« Diese Mitteilung über den Tod von RAFHäftlingen im Hochsicherheitsbereich der JVA Stuttgart-Stammheim legte noch vor Beginn der kriminaltechnischen und gerichtsmedizinischen Ermittlungen die Richtung fest, der die Ermittler und die meisten Medien folgten. Der »kollektive Selbstmord der Häftlinge« scheint demnach bis heute die in Stein gemeißelte Wahrheit über die damaligen Ereignisse zu sein.

Dieses Buch stellt die offizielle Darstellung auf den Prüfstand. Nach jahrelanger Recherche aller zugänglichen Materialien, Auswertung neuer, da erstmals freigegebener, Dokumente sowie mit Hilfe praktischer Versuchsaufbauten entwickelte der Autor eine Art Indizienprozess. Er kommt dabei einer Vielzahl von Unterlassungen, Mängeln und einander widersprechenden Schlussfolgerungen in den amtlichen Untersuchungen auf die Spur. Konnten Anwälte Waffen und Sprengstoff in das »sicherste Gefängnis der Welt« schmuggeln? Hatten die Gefangenen ein funktionierendes Kommunikationssystem? Entsprachen die Obduktionsergebnisse und Tatortermittlungen dem damaligen Stand der Wissenschaft, sind sie umfassend und in sich widerspruchsfrei? Welche Rolle spielten Kronzeugen für die Richtung der Ermittlungen? Waren die Waffen- und Sprengstoffverstecke so möglich wie dargestellt? Was hatte es mit den in jener Nacht im Gefängnishof beobachteten Autos auf sich? Dies sind nur einige der Fragen, denen in dieser Untersuchung akribisch nachgegangen wird."

Auf 240 Seiten, 765 Fußnoten einschließlich Dokumenten-CD gelingt es dem Autor Helge Lehmann, die staatlich verordnete Selbstmordtheorie, die besagt, in der Nacht zum 18. Oktober 1977 hätten sich die Gefangenen aus der RAF, Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe selbst getötet und Irmgard Möller sich selbst schwer verletzt, mit Bravour zu widerlegen.

Helge Lehmann ist 1964 geboren, IT-Spezialist, Betriebsrat und Mitglied der Linkspartei. Er selbst war unpolitisch und ist per Zufall über Stefan Austs Buch "Baader-Meinhof - Komplex" 1976 auf diese Thematik gestoßen.

Der Autor hat seit 2007 bisherige gesperrte Akten ausgewertet, allerdings waren ihm nicht alle zugänglich, denn wesentliche amtliche Bestände werden auch noch heute, nach 33 Jahren, aus Gründen der "Sicherheit der BRD" dem Autor verwehrt.

Helge hat also alles - ihm zur Verfügung stehende - Material sondiert sowie eigene Tests durchgeführt:

Er rekonstruierte die "Aktencontainer", die dem Waffenschmuggel gedient haben sollen, baute die angebliche Kommunikationsanlage nach, überprüfte die Möglichkeit eines Waffenversteckes im Plattenspieler von Andreas anhand eines baugleichen Modells, nahm Schussvergleiche zur Bestimmung von Schüssen in einem vergleichbaren Gebäude vor und präzisierte mit neuen Methoden die sehr vagen amtlichen Angaben über die Todeszeitpunkte von Andreas und Gudrun.

Helge belegt auch, dass nur der Kronzeuge Volker Speitel den angeblichen Waffenschmuggel stützt.

Speitel behauptet einer der Anwälte, Arndt Müller, hätte in präparierten Akten, dafür gesorgt, dass die Waffen und andere Gegenstände über die Mehrzweckgebäude in die Zellen von Andreas und Jan gelangten. Damit ist Speitel nicht nur der Hauptzeuge für diese Selbtmordtheorie, sondern sorgte durch seine Lügen auch dafür, dass neben Arndt Müller ein weiterer Anwalt, Armin Nerwerla, zu hohen Haftstrafen sowie Berufsverbot verurteilt worden sind. Der Kronzeuge selbst ist neben einer geringen Strafe mit einer neuen Identität im Ausland und einer hohen Geldsumme für seinen Deal belohnt worden.

Gut ist auch, dass sich in dem Buch mit Karl-Heinz Dellwo auseinandergesetzt wird. Dellwo, ist einer der wenigen Ehemaligen aus der RAF, die die Version eines Selbstmord der Stammheimer Gefangenen vertreten. "K. H. Dellwo stützt sich u. a. auf die Aussagen des Kronzeugen Volker Speitel. Nur wurden von JuristInnen.... nachgewiesen, dass z.B. Waffen nicht in der behaupteten Art und Weise in die JVA Stammheim gelangen konnten." (Seite 145)

Kritik

Gewisse Begrifflichkeiten würden wir nicht verwenden, einige Fakten sind falsch und einige politische Bewertungen teilen wir nicht. Verena Becker und Rolf Heißler haben sich erst nach der Befreiung durch die Bewegung 2. Juni der RAF angeschlossen und nicht wie es in der Lektüre behauptet wurde, vorher. Ob unbedingt die Aktion gegen den Generalbundesanwalt im April 1977 als "Mord an S. Buback" bezeichnet werden soll (Seite 194)? Oder ob es darum geht, zu beweisen, wer sich an den diversen Aktionen der RAF beteiligt hat. (ebenda) Viele Mitglieder werden als "erste RAF-Generation" oder "führende Köpfe" bezeichnet. Die RAF verstand sich drinnen und draußen als Kollektiv und hat bis zum Ende ihrer Existenz 1998 trotz vieler Verhaftungen und Toten weiter agieren können. Die RAF "war nicht im Kern gescheitert" 1977 (Seite 197), sondern organisierte sich danach neu (Frontkonzept von Mai 1982). Die RAF war deshalb bis Ende der achtziger Jahre durch politische und militante Aktionen ein bedeutender Faktor im In- und Ausland.

Wer Authentisches über die Guerilla erfahren will, sollte sich das Buch von Irmgard Möller "RAF - das war für uns Befreiung" besorgen. Oder auf die Seiten labourhistory.net und nullaefinito.jimdo.com schauen.

Trotz dieser Einwände, reiht sich Helges Buch in die Arbeiten von den Anwälten Bakker-Shut "Stammheim" und Karl-Heinz Weidenhammers "Selbstmord oder Mord" ein, die sich ebenfalls gegen diese in "Stein gemeißelte Wahrheit" des Staates vor 30 Jahren gewendet hatten. Allerdings sagt Lehmann nur, so kann es nicht gewesen sein, wie es die offiziellen Stellen seit 33 Jahren vertreten, er behauptet nicht, das es Fremdtötung gewesen ist. Er meinte sinngemäß, ein Urteil sollen sich die LeserInnen selbst bilden.

"Todesnacht in Stammheim" Eine Untersuchung Indizienprozess gegen die staatsoffizielle Darstellung und das Todesermittlungsverfahren
von Helge Lehmann
Pahl-Rugenstein Mit Dokumenten CD, 237 Seiten, 68 Abbildungen, broschiert, 19,90 Euro
ISBN 978-3-89144-437-5

(red.)

Irmgard Möller - RAF - das war für uns Befreiung
ISBN 978-3894581497 - 17 Euro

Karl-Heinz Weidenhammer - Selbstmord oder Mord
ISBN-13: 978-3890290331

www.labourhistory.net
www.nullaefinito.jimdo.com


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Inland

Werner Braeuner siegt im Hungerstreik!

Berliner Soligruppe Werner Braeuner

Der politische und soziale Gefangenene Werner Braeuner, derzeit in der Justizvollzugsanstalt Sehnde (bei Hannover), hat siegreich seinen Hungerstreik (HS) beendet. Der Grund hierfür war verunreinigtes Essen im Gefängnis. Werner sitzt bereits seit 10 Jahren weil er den Chef des örtlichen Arbeitsamtes in Verden erstach. Schikanen in der Justizvollzugsanstalt sind an der Tagesordnung, besonders wenn die Arbeit verweigert wird.

Während des HS schrieb er: "Aufgrund des im Februar handfest gewordenen unüberwindlichen Ekels gegen von der Knastküche zubereitete Speisen und weil die zum Abendbrot gereichten fabrikverpackten oder abwaschbaren frischen Nahrungsmittel bei weitem nicht zur Ernährung ausreichen, hätte ich ohne den HS in den noch verleibenden 24 Monaten Haft still, leise und langsam immer schärfer auszehren müssen; durch Mangelernährung würde ich zum Entlassungstermin im Februar 2013 absehbar an Leib und Seele krank geworden sein. Daher ist es folgerichtig gewesen, in den Angriff zu gehen, der HS war alternativlos." Er begann nach einiger Vorbereitung mit dem HS am 8. Mai 2011 und er wählte dabei bewusst den "Tag der Befreiung vom deutschen Faschismus". Das "Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen" unterstützte in mehreren Städten Werners HS. Ein Bündnis verschiedener linksradikaler Strömungen gründete die "Berliner Soligruppe Werner Braeuner" und versuchte durch Aktionen, Öffentlichkeitsarbeit und Medien Werners Hungerstreik bekannter zu machen. Werner hatte angekündigt ein Todesfasten zu machen und sich umzubringen würde er zwangsernährt. In seinem Gefängnis gab es schon mehrere Hungerstreiks, z.B. von Roland Wenzel, die unmöglich gemacht wurden da ihnen einfach das Wasser abgedreht wurde. Offensichtlich wollte Werner soetwas vermeiden. Da also nicht so viel Zeit war organisierten wir in Berlin: Kundgebungen z.B. vor dem Job-Center in Neukölln, eine Demonstration zur Niedersächsischen Landesvertretung, eine Infoveranstaltung über Hintergründe im Gefängniswesen, Repression durch die Arbeitsagenturen und Gefangene im Allgemeinen. Außerdem wurden durch die Gruppe mehrere Zeitungsartikel und Radio-Interviews angeregt. Von Berlin aus gab es auch einen regen Kontakt zu anderen Solidaritätsgruppen von Werner. Andere Gruppen machten z.B. spontane Soldaritätsversammlungen in Sehnde am Knast, riefen dort Parolen und die Gefangenen antworteten mit Beifall, Freiheitsrufen und Freudenschreien. Ebenfalls gab es in anderen Städten u.a. Hannover Infoveranstaltungen zu Werner Braeuner und auch eine Kundgebung vor dem Justizministerium. Es gab regelmäßige Interviews mit Werner "aus der Haftanstalt" bei Radio-Flora (Hannover) und es wurde Kontakt zu anderen Gefangenen hergestellt wie Thomas Meyer-Falk, Peter Scherzl (Interessenvertretung Inhaftierter), Tommy Tank und Devrim Güler, die sich allesamt soldarisch erklärten. Teile der linksradikalen und anarchistischen Anti-Repressionsbewegung verfolgten zwar "kritisch" die Solidaritätsarbeit zu dem Gefangenen Werner Braeuner, verhielten sich aber nicht wirklich solidarisch zu diesem Fall. Werner Braeuner als früherer Erwerbslosenaktivist erhielt auch keine Unterstützung aus der Erwerbslosen-Bewegung (ausser vereinzelt in Berlin). Das Labournet (virtueller "Treffpunkt der gewerkschaftlichen Linken mit und ohne Job im weitesten Sinne") änderte sogar die Rubrik "Solidarität mit Werner Braeuner" in "Der Fall Werner Braeuner". Einige hatten wohl auch Probleme ihn zu unterstützen weil er nicht nur "klassenkämpferischer Anarchist", sondern auch noch Nihilist sei. Zumindest in Berlin gab es nicht wenige Genoss_Innen, die nicht viel Erfahrung mit "Gefangenen-Unterstützung" hatten und ins kalte Wasser gesprungen sind. So gab es manchmal auch in der konkreten Zusammenarbeit gegensätzliche Positionen wo sich aber in der "Praxis" an Sachfragen orientiert wurde. So konnten auch fehlende Kompetenzen immer wieder durch neue Leute ergänzt werden. Bürgerliche und Liberale Gruppen reagierten oft gar nicht oder nur sehr spät auf Werner Braeuners Aktion. Obwohl der Umgang im Strafvollzug lokal durchaus unterschiedlich ist, so hat doch der Kampf im Knast gegen die schlechten Zustände vordergründig erstmal gar nichts damit zu tun warum Mensch dort sitzt. In der konkreten Solidaritätsarbeit kam immerwieder die Argumentation, Werner sei doch ein Mörder und Mensch dürfe ihn deshalb nicht unterstützen. Was oft nach einiger Diskussion verworfen wurde. Anders als Mensch denken könnte gab es bei Aktionen in aller Öffentlichkeit nie einen Widerspruch, im Gegenteil. In Berlin äußerten Erwerbslose sogar "Verständnis" für solch eine Tat. Eine andere Betroffene, die auch wegen Ordnungswidrigkeiten inhaftiert war bestätigte unter Tränen, dass Werner Braeuner mit seinen Anschuldigungen gegen Gefängniskost und Strafvollzug Recht hat. Es wurde auch durch andere Gefangene, die sich mit Werner solidarisierten klar, dass die gezielte Verunreinigung und die Schikanen nicht nur "Ausrutscher" einer einzigen JVA seien, sondern weit verbreiteter fest eingeplanter Bestandteil der "Gefängnis-Industrie" zu sein scheint.

Das wichtigste jedoch in der Solidaritätsarbeit "auf gleicher Augenhöhe" drinnen wie draussen war jedoch die direkte Kommunikation mit dem Gefangenen selber, per Brief und Telefon sowie die Besuche in der Anstalt. Schon während des Hungerstreiks verbesserte sich die "Ernährung" der anderen Gefangenen, so gab es durch einen "individuellen Klassenkampf" Errungenschaften für auch nicht kämpfende Mithäftlinge. Durch die öffentliche Solidaritätsarbeit im Allgemeinen gab es auch nicht die sonst üblichen Schikanen durch die Schließer oder die Gefängnisleitung.

Er hat erreicht dass er morgens und mittags Sonderkost und abends abgepackte Lebensmittel erhält. Er schreibt: "All den vielen solidarischen GenossInnen, die draußen mobilisiert und unterstützt haben, sage ich nun: Das ist zwar ein Sieg für mich, aber es ist EUER Sieg! Feiert für mich mit, bitte!"

("Berliner Soligruppe Werner Braeuner")


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Kurzmeldungen bundesweit

BRD: Das Antirepressionsstandardwerk "Ratgeber für Gefangene mit medizinischen und juristischen Hinweisen" wurde 1989 das letzte Mal aufgelegt. Ab diesem Jahr soll nun eine Neuauflage erscheinen. Der Ratgeber soll Gefangenen das Überleben innerhalb des Knastes erleichtern, aber auch Unterstützung für Angehörige bieten. Da das Buch sehr umfangreich ist und die Aktualisierung eines hohen Maßes an Fachwissen bedarf, rufen die Initiatoren zur Mitarbeit auf.

Das Arbeitswiki findet ihr unter: fsi.spline.de/gefangenenratgeber   (red.)


Berlin: Das Berliner Antifa-Portal www.antifa-berlin.de ist seit dem 15. Juli vom Netz. Dies begründet sich darin, dass von Seiten der Repressionsbehörden derartig Druck auf den Provider ausgeübt wurde, dass dieser die Seite nun aus dem Netz nahm. Auf diesem Portal waren unter anderem die Seiten von aktuellen Berliner Antifa-Kampagnen und Informationen zu Nazi-Aktivitäten der letzten Zeit in Berlin. Alle Inhalte sind von nun an unter unter www.antifa-berlin. info wieder zugänglich.

Das Portal wurde im Zuge der Gegenmobilisierung zum Naziaufmarsch am 1. Mai 2010 in Berlin gegründet.   (red.)


Berlin: Seit dem 15. Juni befindet sich Det in Untersuchungshaft in der JVA Moabit. Ihm wird vorgeworfen am 10. Juni Autos angezündet zu haben. Nachdem kurzzeitig der Haftbefehl mit der Auflage sich zwei mal wöchentlich bei der Polizei zu melden ausgesetzt worden war, musste Det aufgrund Widerspruchs der Staatsanwaltschaft wieder in Untersuchungshaft. Mit Demos und Kundgebungen, sowie einem Farbangriff auf eine Polizeiwache in Hamburg gab es bereits einige Soli-Aktionen. Die mit ihm festgenommene Person wurde nach kurzer Zeit wegen fehlender Beweise wieder freigelassen.   (red.)


Köln: Am 13. Juli 2011 wurde Erol G. mit dem Vorwurf der Mitgliedschaft in der DHKP-C mit Hilfe des § 129a und des § 129b festgenommen. Ihm wird vorgeworfen für die Beschaffung von Geldmitteln verantwortlich und spätestens seit Februar 2007 Mitglied der Organisation gewesen zu sein. Mit seiner Verhaftung wird der bereits fünfte § 129b-Prozess gegen angebliche Mitglieder der DHKP-C vorbereitet. Er befindet sich in U-Haft   (red.)


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International

Savvas Xiros bleibt im Knast

(Aktion für die Freiheit)

Savvas Xiros wird nicht zur Behandlung in ein Krankenhaus verlegt. Mit 2 zu 1 Stimmen lehnte das zuständige Gericht in Piräus Anfang Juni einen entsprechenden Antrag auf Haftverschonung für maximal 5 Monate ab.

Trotz den anderslautenden Voten der Zeugen und einem wegweisenden Beschluss des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in dem die Ablehnung eines bereits vor Jahren gestellten Antrags von Savvas Xiros als menschenrechtsverletzend gerügt worden war, plädierte die Staatsanwältin auf Ablehnung des Antrags. Zwei der drei Richterinnen schlossen sich diesem Votum an. Eine Begründung des Urteils wird erst in etwa einem Monat vorliegen.

Wir dokumentieren im Folgenden eine Erklärung der "Aktion für die Freiheit", einer Solidaritätsinitiative für politische Gefangen, die sich aus verschiedenen Gruppen und Einzelpersonen in Griechenland zusammensetzt:

Die Justiz verweigert Savvas Xiros das Recht auf Behandlung

Die Ablehnung des Antrags von Savvas Xiros auf eine Unterbrechung seiner Strafe, damit er ins staatliche Krankenhaus AHEPA in Thessaloniki verlegt wird, um seine gesundheitlichen Probleme behandeln zu lassen, die durch den langjährigen Verbleib im Gefängnis von Korydallos schlimmer geworden sind, entspricht einer Verurteilung zu permanenter Folter, die in eine Verschlechterung seiner Gesundheit und in eine Gefahr für sein Leben münden.

Das heuchlerische Gesicht der Justiz zeigte sich in den beiden Prozessen, die zur Prüfung seines Antrages auf Strafaussetzung geführt wurden.

Im ersten Prozess, der am 2. Mai stattfand, war der Vorwand für die Vertagung des Prozesses, dass keine schriftliche Bestätigung des "Krankenhauses" vom Gefängnis in Korydallos über die Unmöglichkeit einer Behandlung von S. Xiros vorlag, obwohl die entsprechenden Zeugen und insbesondere der Abteilungsleiter in der Gerichtsmedizin ausgesagt hatten, dass dieses Krankenhaus nicht einmal als Erholungsstation bezeichnet werden könne. Natürlich wurde der Prozess vertagt und dies sogar auf einen Tag, an dem der zuständige Gerichtsmediziner nicht anwesend sein konnte. Dieser Gerichtsmediziner hatte im ersten Prozess unmissverständlich die Unmöglichkeit einer Behandlung und Heilung im Gefängnis von Korydallos oder durch kurzfristige Besuche in Krankenhäusern und die Notwendigkeit einer Verlegung und Behandlung in einem geeigneten Krankenhaus dargelegt.

Für den zweiten Prozess wurde von der Staatsanwaltschaft statt der schriftlichen Bestätigung, die das Gesetz vorsieht, eine schriftliche Aussage und die Präsenz der den Gesundheitsproblemen von S. Xiros entsprechenden Fachärzte aus dem Gefängniskrankenhaus von Korydallos verlangt. Die entsprechenden Ärzte beantworteten die Frage nach der Unmöglichkeit einer Behandlung im "Krankenhaus" von Korydallos nicht kategorisch, obwohl sie die unzureichenden Behandlungsmöglichkeiten in Bezug auf die Gesundheitsschäden von Savvas und die Probleme eines kurzfristigen Transportes in ein anderes Krankenhaus zugaben. Sie erklärten allerdings auch nicht, dass sie ihn behandeln könnten.

Die Richterbank aber verweilte nicht im Geringsten bei diesem Problem und zeigte damit die juristischen Schwächen der Argumentation des vorherigen Prozesses auf, die Strafaussetzung nicht zu gewähren. Sie tat etwas Schlimmeres: Die Staatsanwältin konstruierte eine unlogische und provozierende Argumentation, die vertrat, dass es an Details in Bezug auf die Behandlung von S. Xiros im Krankenhaus AHEPA mangele. Etwas, das natürlich unmöglich vor der Untersuchung der Gefangenen in dem entsprechenden Krankenhaus und der Einschätzung seiner Situation zu leisten ist. Allerdings wurde, wie zu erwarten war, das ablehnende Votum der Staatsanwältin von der dreiköpfigen Richterbank übernommen.

Mit dieser provozierenden Entscheidung zeigte die Justiz ein weiteres Mal ihr rächendes Gesicht gegenüber Savvas Xiros, der neun Jahre nach seinen schwersten Verletzungen, seinen vielfältigen körperlichen Schäden und Gesundheitsproblemen unter denen er leidet, weiterhin im Gefängnis von Korydallos gehalten wird. Diese Barbarei zeigt auch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EuGHMR) in Straßburg vom September 2010 auf, wo Griechenland wegen Verletzung des Artikels 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention verurteilt wurde, mit anderen Worten für die entwürdigende Behandlung von Savvas Xiros durch die unzureichende Pflege seiner unheilbaren Gesundheitsprobleme.

Wir glauben, dass diese unvertretbare Ablehnung des Antrags auf Strafunterbrechung von S. Xiros von anderswo vorgegeben wurde und eine der vielen Vorgehensweisen der "Justiz" ist, die ihr wahres Gesicht enthüllen. Das Gesicht der vollständigen Einordnung und Zusammenspiels mit dem Repressionsapparat des Staates, das Gesicht der auf Befehl vollständigen Übertretung der Gesetze. Der Verweigerung auch noch der grundlegendsten Menschenrechte nach Pflege und Zugang zum Gesundheitswesen. Das Gesicht des Versuchs der Vernichtung der politischen Gegner des Staates.

Nein zur Vernichtung von Savvas Xiros - sofortige Entlassung aus dem Gefängnis - Aktion für die Freiheit."

Die Entwicklungen im Fall Savvas Xiros werden seit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte von einem Komitee der zuständigen Ministerien Griechenlands verfolgt. An dieses Komitee wird sich die Anwältin von Savvas mit einer Beschwerde richten, da das neue Urteil sich nicht an die von Griechenland umzusetzenden Vorgaben des EuGHMR gehalten hat, nach denen es eine Verletzung der Menschenrechte darstellt, wenn ein Gefangener keinen Zugang zum Gesundheitssystem hat. Auch ein Antrag auf eine einstweilige Verfügung zur Haftaussetzung und Verlegung des Gefangenen in ein Krankenhaus beim EuGHMR wird erwogen.
http://actionforliberty.wordpress.com/


Weitere Nachrichten aus Korydallos

Beide Brüder von Savvas Xiros sind mittlerweile nicht mehr im unterirdischen Isoknast von Korydallos eingesperrt. Sein jüngerer Bruder Vassilis wurde bereits im Februar nach Nordgriechenland in einen Agrarknast verlegt und kann überdies im Juli mit einer Entlassung rechnen, da er die vom Gesetz erforderlichen 3/5 seiner 25jähringen Gefängnisstrafe mit 9 Jahren Gefängnis und der Anrechnung von Arbeitstagen hinter sich gebracht hat.

Der älteste der eingeknasteten Xiros Brüder Christodoulos wurde ebenfalls im Februar verlegt. Er befindet sich jetzt in einem anderen Flügel des Gefängnisses von Korydallos. Christodoulos leidet seit Jahren unter einer unerklärlichen Allergie, die ihn bereits mehrmals mit einem allergischen Schock in lebensgefährlichem Zustand ins Krankenhaus gebracht hat. Nachdem der Gefangene seine ihm jahrelang ohne positives Ergebnis verordnete Cortison-Behandlung abgebrochen hat und sich sein Zustand ohne jede Medikamentengabe allein durch die Verlegung aus dem Kellerknast auf die Krankenstation wesentlich verbesserte, konnte er - mithilfe des Inbrandsetzens seiner Zelle - endlich durchsetzen, dauerhaft in einen oberirdischen Trakt verlegt zu werden.

Anfang Juli wurde auch Iraklis Kostaris verlegt und zwar in den halboffenen Vollzug. Er arbeitet in der Gefängnisbäckerei, die auch außerhalb des Gefängnisses beliefert.

Außer Savvas Xiros weiterhin im unteridischen Kleingruppenisotrakt eingesperrt sind Dimitris Koufontinas und in einem abgetrennten Bereich im selben Trakt Vassilis Tsortsatos und Alexandros Giotopoulos. Von den beiden Kronzeugen befindet sich Patrokolos Tselentis im halboffenen Vollzug (er arbeitet auch in der Gefängnisbäckerei, die auch außerhalb des Gefängnisses beliefert) und Kostas Tellios im Normalvollzug, wo er als Pfleger im Gefängniskrankenhaus arbeitet.

(Aktion für die Freiheit)


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International

Zur Situation von Brendan Lillis

www.political-prisoners.net

2009 wurde Brendan Lillis mit dem Vorwurf an einem versuchten, bewaffneten Raubüberfall beteiligt gewesen zu sein inhaftiert. Lillis saß bereits 16 Jahre wegen Waffen und Sprengstoffbesitzes in Long Kesh inhaftiert und wurde 1994 - wie viele andere während des "Nordirischen Friedensprozesses" - nur unter Auflagen entlassen. Brendan Lillis war in den 70er Jahren in der Provisional IRA organisiert und beteiligte sich an sogenannten Decken- und Schmutzstreiks, bei dem die republikanischen Gefangenen versuchten ihren Status als Kriegsgefangene wieder zu bekommen.

2011 wurde gegen ihn die Anzeige wegen des versuchten Raubüberfalls zwar fallengelassen, jedoch befindet er sich weiterhin in Haft, da seine Verurteilung zu lebenslanger Haft wieder in Kraft getreten war. Somit ist Lillis seit 2009 ohne Anzeige oder Urteil, also ohne jede rechtliche Grundlage, weggesperrt.

Erschwerend für seine Situation ist sein seltenes Wirbelsäulenleiden "Spondylitis ankylosans" (oder "Morbus Bechterew"), was es ihm unmöglich macht aufzustehen oder zu gehen. Er muss täglich 40 Tabletten einnehmen, ist bereits seit 600 Tagen ans Bett gefesselt und ist auf ca. 35 Kilogramm abgemagert. Durch die Knastsituation ist es unmöglich ihn auf richtige Art und Weise medizinisch zu versorgen.

Seine Lebenspartnerin hat die Befürchtung geäußert, dass er in den nächsten Tagen sterben könnte. Trotz (oder gerade wegen dieser Umstände?) versucht die für ihn zuständige "Komission für lebenslange Haftstrafen" die Anhörung zu seinem Fall immer weiter nach hinten zu schieben und ihn noch länger im Gefängnis zu behalten, um an ihm ein Exempel zu statuieren. Lillis soll den Knast nicht verlassen bevor er in den Zuständigkeitsbereich des Leichenbestatters fällt.

Freunde, Familie, ehemalige Mitgefangene und irisch-republikanische Gruppen fordern seine sofortige Freilassung und organisierten einen Hungerstreik vor der einstigen Armeekaserne in Anderstown/Westbelfast.

Diese Kaserne ist für die irische Freiheitsbewegung ein symbolträchtiger Ort, da Anderstown in den 70er Jahren Hauptschauplatz der sogenannten "Troubles" war. Der Hungerstreik war vom 21. bis zum 27. Juli 2011. Zusätzlich fanden zahlreiche Veranstaltungen und Solidaritäts Kungebungen statt. Bereits 7 mal besuchten Vertreter der Sinn Fein das Gefängnis, jedoch wurden diese Besuche dazu benutzt die Haftbedingungen von Lillis weiter zuzuspitzen. Da die Partei anscheinend nichts getan hat außer das Gefängnis zu besuchen und keinerlei wirkliche Versuche unternahm Lillis freizubekommen, beziehungsweise dessen Haftbedingungen zu verbessern.

Der Fall von Brendan Lillis stellt zwar aufgrund seiner Krankheit und seines dramatischen Gesundheitszustandes eine Besonderheit dar, reiht sich aber ein in eine Repressionswelle gegen ehemalige Militante der Provisional IRA, die immer wieder inhaftiert werden: Wie zum Beispiel auch Marion McGlinchey. Auch sie saß bereits viele Jahre in britischen Gefängnissen da ihr vorgeworfen wird an einem Autobombenanschlag der IRA in London beteiligt gewesen zu sein. Ebenfalls 2009 wurde sie nun wieder eingekerkert, nachdem zwei britische Soldaten, kurz vor deren Abflug nach Afghanistan, von der Real IRA erschossen wurden. Die Vorwürfe, dass sie etwas mit dem Attentat zu tun habe waren zwar völlig haltlos, trotzdem blieb sie weiter inhaftiert, da sie angeblich bei einer Osterparade neben einem vermummten Real IRA Militanten stand. Das reichte aus, dass sie erst im Mai 2011 aus dem Knast entlassen wurde.

Mit diesen Verhaftungen wird das Karfreitagsabkommen von 1998 selektiv zurückgenommen, das unter anderem die Freilassung der IRA Gefangenen garantieren sollte. Denn Brendan und Marion wurden beide nicht auf Grund aktueller Begebenheiten eingeknastet, sondern weil sie in der Provisional IRA organisiert waren.


Informationen zu aktuellen Gefangenenkämpfen in Nordirland: republicanprisonersmaghaberry.com, www.republicannetwork.ie (unter Cogús POWs), irpwa.blogspot.com

Aktuelle Presseartikel zu Nordirland: saoirse32.blogsome.com


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Kurzmeldungen bundesweit

Frankfurt: Die ehemalige Militante der RAF Birgit Hogefeld wurde nach 18 Jahren aus der Haft entlassen.

Das OLG Frankfurt/Main hatte Anfang Juni entschieden, den Rest ihrer Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen. Entscheidend war für die Richter, "dass sich die Verurteilte in deutlicher Form von der RAF losgesagt und ihrerseits die persönliche Verantwortung für die von der damaligen RAF begangenen Straftaten übernommen hat" Hogefeld wurde 1993 von der GSG 9 in Bad Kleinen festgenommen, dabei wurde Wolfgang Grams getötet.   (red.)


Karlsruhe: Wie bereits berichtet wurde im Prozess gegen Verena Becker gegen Roland Mayer und Siegfried Haag Beugehaft verhängt. Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe wies diese Entscheidung des OLG nun zurück, nachdem beide Einspruch erhoben hatten. Begründet wurde dies damit, dass sie sich selbst belasten könnten, auch wenn sie bereits 1976 in Haft waren. Somit stand ihnen das Recht zur Aussageverweigerung zu. Neben den beiden wurden 9 weitere ehemalige Militante im Prozess, in dem über die Tötung Bubacks verhandelt wird, vorgeladen.   (red.)


Düsseldorf/Freiburg: Unter dem Vorwurf "Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung" wurden am 17. Juli zwei Männer in Freiburg und in Düsseldorf verhaftet. Beide sollen Mitglieder der PKK sein. Bislang wurde die PKK als kriminelle Vereinigung geführt, nun ist es das erste Mal das mutmaßliche PKK-Mitglieder mit dem § 129b belangt werden. Grund hierfür ist eine Entscheidung des BGH, dass die PKK als terroristisch einzustufen sei. Konkret wird beiden vorgeworfen die Jugendorganisation der PKK geleitet zu haben. Beide befinden sich in Untersuchungshaft.   (red.)


Düsseldorf: Der im andauernden 129b-Prozess in Düsseldorf vor Gericht stehende Faruk Ereren wird nun doch nicht abgeschoben. Das Oberlandesgericht Düsseldorf folgte hierbei einem Beschluss der Bundesregierung Ereren nicht an die Türkei auszuliefern. Der bereits 2007 inhaftierte, steht seit Januar 2009 unter dem Vorwurf der Mitgliedschaft und Rädelsführerschaft in einer ausländischen terroristischen Organisation § 129b vor Gericht. Der Prozess wurde nach Unterbrechung am 12. Juli fortgesetzt. Weitere Informationen unter www.no129.info   (red.)


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International

Der Tierrechtsprozess in Österreich (k)ein Happy End

www.antirep2008.tk

Anfang Mai ging in Österreich der Prozess gegen dreizehn Tierrechtsaktivist_innen mit einem (nicht rechtskräftigen) Freispruch zu Ende. Der Hauptvorwurf dabei war die Mitgliedschaft in einer "kriminellen Organisation" (§278a ÖStGB). Diese Organisation wäre - so die Sicht des Staatsanwalts - für Kampagnen gegen Unternehmen, die zum Beispiel Pelz verkaufen, verantwortlich und stünde gleichermaßen hinter öffentlichen Aktivitäten wie Kundgebungen oder Protest-Emails und Direkten Aktionen, beispielsweise dem Einschlagen von Schaufensterscheiben. Die Anklage hatte sich dabei stark an dem Vorgehen der Repressionsbehörden in anderen Ländern, vor allem in Großbritannien gegen SHAC, orientiert. Dem Prozess war die Ermittlungstätigkeit einer eigens gegründeten polizeilichen Sonderkommission (Soko) vorausgegangen, die unter anderem Telefonate mitgehört, Personen observiert und Spitzel in die Tierrechtsszene eingeschleust hatte. Im Mai 2008 schlug die Polizei mit Hausdurchsuchungen und Verhaftungen zu, zehn der späteren Angeklagten mussten über drei Monate in U-Haft verbringen.

Der Prozess hatte knapp über ein Jahr gedauert. Als Wende, die letztlich zum Freispruch führt, wird die Enttarnung einer "Verdeckten Ermittlerin" (VE) nach acht Verhandlungsmonaten beurteilt: durch Zufall konnten Aktivist_innen aufdecken, dass eine VE unter dem Namen "Danielle Durand" über ein Jahr als Aktivistin beim Verein gegen Tierfabriken bei Demos, Treffen und Jagdsabotagen dabei war. Dass leitende Soko-Beamt_innen vor Gericht über den VE-Einsatz gelogen hatten und die (durchwegs entlastenden) VE-Berichte nicht bei den Akten waren, schien bei der Richterin Skepsis gegenüber dem gesamten Konstrukt der "Kriminellen Organisation" auszulösen. In ihrer Urteilsbegründung erteilte die den Vorwürfen des Staatsanwalts eine überraschend klare Absage.

Bei aller Erleichterung über den Freispruch hielt sich die Freude darüber bei vielen Beteiligten in Grenzen, zu massiv spürbar waren und sind die Auswirkungen der Repression der letzten drei Jahre: die psychische und finanzielle Belastung, die Verunmöglichung von beruflicher oder politischer Aktivität durch die monatelange Anwesenheitspflicht vor Gericht (ein "Prozess als Strafe" war ein oft gehörtes Schlagwort) - all das kann das Urteil nicht ungeschehen machen. Es ändert auch nichts daran, dass es nie zur Anklage hätte kommen dürfen. Das Urteil kann auch nicht, wie manche glauben möchten, als Beleg für einen "funktionierenden Rechtsstaat" aufgefasst werden, ist es doch vielmehr ein Beispiel dafür, wie leicht es für die Behörden ist, trotz nicht vorhandener Beweislage den Repressionsapparat hochzufahren, wenn der politische Wille zur Kriminalisierung vorhanden ist.

Das Urteil ändert auch nichts am System einer Gesellschaft, in der Gewalt gegen Tiere alltäglich und gesetzlich gedeckt ist. Einem System, in dem Polizei und Justiz zunehmend repressiver gegen all jene vorgehen, die sich der herrschenden Ordnung nicht widerspruchslos anpassen und in dem Gerichte vielmehr der Machtdemonstration als der neutralen "Wahrheitsfindung" dienen. So kann der Prozess, der vielfach mit skandalisierenden Attributen versehen wurde, auch nicht als "Ausrutscher" des Polizei- und Justizsystems gesehen werden, vielmehr gab er Einblicke in die Alltagspraxis der Behörden. Oft stellte sich dabei die Frage, wie es Angeklagten ergeht, die nicht der österreichischen Mittelschicht angehören und keine kritischen Prozessbeobachter_innen, informierte Anwält_innen, solidarische Unterstützer_innen und aufmerksame Medien hinter sich haben: ihre Verurteilung ist vorprogrammiert.

Ein "endlich ist es vorbei" kommt auch angesichts ähnlicher "Fälle" schwer über die Lippen. So sind in Österreich bereits die nächsten politischen Aktivist_innen ins Visier der Polizei und Justiz geraten: ein Video, dass eine Demo gegen Abschiebungen am Flughafen Wien dokumentiert, stelle laut Behörden eine Recherche zu "terroristischen" Zwecken (einem möglichen Anschlag auf den Flughafen) dar, ermittelt wurde nach § 278b, ob Anklage erhoben wird ist derzeit offen. Und in Spanien wurden vor wenigen Wochen Haftbefehle gegen zwölf Tierrechtsaktivist_innen erlassen, drei davon befinden sich nach wie vor in U-Haft, der Vorwurf auch hier: die Beteiligung an einer "Kriminellen Vereinigung", die für die Freilassung von Nerzen aus Zuchtbetrieben verantwortlich sein soll. Solidarität ist also weiterhin gefragt.

Trotzdem war die Urteilsverkündung für die Angeklagten und die Unterstützungsgruppe (für einen Teil der Beschuldigten war das Antirep 2008) auch ein Schlusspunkt nach drei Jahren Soli-Arbeit. Diese drei Jahre zu resümieren, zu reflektieren, zu versuchen, Erfahrungen für andere, zukünftige Betroffene, nutzbar zu machen, all das steht noch aus. Derzeit gönnen sich alle Beteiligten eine Auszeit und warten darauf, dass die Richterin ihr Urteil schriftlich ausfertigt. Dann wird der Staatsanwalt entscheiden, ob er Berufung einlegt.

In der Zwischenzeit bietet sich als Sommerlektüre das vor kurzem erschiene Buch zum Prozess "§ 278a - Gemeint sind wir alle" (herausgegeben von Christof Mackinger und Birgit Pack; Mandelbaum Verlag; 16,90 EUR) an. Auf knapp vierhundert Seiten werden zum einen die Ermittlungen, der Prozess und die Soli-Arbeit zusammengefasst. Darüber hinaus informieren Beiträge über internationale Aspekte der Repression gegen Tierrechtsaktivist_innen und über bisherige Anwendungsfälle des § 278 gegen politische Aktivist_innen in Österreich bzw. über die rassistische Dimension dieses Paragrafen. Der Text zur Soli-Arbeit schließt mit folgendender Einschätzung, die vielleicht als vorläufiges Fazit gelten kann: "Die Soli-Arbeit stellte für alle Beteiligten eine Herausforderung dar. Gleichzeitig gab gerade die gemeinsame politische Arbeit Kraft, Mut, und die Möglichkeit, über die eigene Paranoia auch mal zu lachen, und die Gewissheit, dass die Repressionsbehörden nicht so mächtig sind, wie sie gerne wären."

(www.antirep2008.tk)


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International

Berichte zu dem Prozess gegen Billy, Costa und Silvia in Bellinzona

Bereits am Montag, den 18.7.2011, einen Tag vor Prozessbeginn trafen an die 50 solidarische Menschen aus der Schweiz, Italien und Frankreich in Bellinzona ein. Am Abend gab es eine Infoveranstaltung zum Thema: Kampf gegen Atomkraft, wo es Beiträge zum militanten Anti-AKW-Kampf sowie auch Informationen zu Marco Camenisch gab. Dort wurde auch das Communique, welches Marco zum Prozess geschrieben hatte, vorgelesen. Am Abend wurden dann die drei politischen Gefangenen lautstark vor dem Gefängnis in Stampa/Lugano gegrüsst. Es wurde Musik gespielt und mit den Gefangenen kommuniziert.

Am Dienstag 19.7.2011 versammelten sich den ganzen Tag an die 70 AktivistInnen vor dem Bundesstrafgericht, in welcher der Prozess gegen die Drei stattfand. Die ganze Strasse hing voll mit Transparenten und den ganzen Tag wurden lautstark Parolen wie: IBM, Umweltzerstörung; Freiheit für Costa, Billy und Silvia! // Terrorist ist der Staat - Ökoterrorist ist IBM, // Magristraten, bürgerliche Journalisten und Polizisten, das ist die Scheiss-Demokratie!.

Die Wut der Leute draussen drang bis in den Gerichtssaal hinein! Kurz gab es ein Gerangel mit den Riot-cops, als sich die Leute genau vor die Kaserne stellten, damit die Gefangenen sie noch besser hören können.

Auch am zweiten Prozesstag ging es weiter mit solidarischen Leuten, die dem strömenden Regen trotzten und lauthals ihre Solidarität bekundeten. Zu einem Zwischenfall kam es, als die Polizei am Bahnhof, ein gutes Stück vom Gericht entfernt, ein Auto von UnterstützerInnen durchsuchen wollten. Sie wurden nach kurzer Zeit von mehreren Dutzend Personen daran gehindert und das beschlagnahmte Material wurde ihnen wieder abgenommen. Vor dem abendlichen Knastspaziergang in La Stampa gab es im Volkshaus einen Vortrag zu Nano- und Biotechnologie der thematisierte wie diese Technologien vom Staat zur Überwachung und Kriegsführung eingesetzt werden.

Am Donnerstag, 21.7. gab es eine Deonstration durch Lugano mit einer Rede vor einem Sitz der IBM. Auf dem Rückweg nach Bellinzona wurden nochmals die Gefangenen in La Stampa begrüsst, wo sich das erste Mal Riot-Cops vor den Eingang des Gefängnisses stellten. Am Abend fand eine weitere Infoveranstaltung statt, an der sich alle aus Italien und Schweiz Zugereisten einfanden: Beiträge zur Bedeutung der positionsübergreifenden Solidarität für die revolutionäre Bewegung. Marco's Stimme wurde abgespielt, als er sich in deutsch und italienisch zur Bedeutung der Solidarität mit revolutionären Gefangenen äusserte. Ausserdem wurde über den Prozess im September gegen eine kommunistische Genossin informiert.

Am Freitag, 22.7. dem Tag der Urteilsverkündigung fand eine starke und entschlossene Demonstration mit ca. 100 Personen vom Bahnhof in Bellinzona bis vor die Polizeikaserne statt, dort wurde dann das Urteil abgewartet. Als Schluss gab es nochmals eine Demonstration zurück zum Bahnhof!

Die ganze Woche war die Stimmung kämpferisch und entschlossen. Menschen aus der ganzen Schweiz und dem nahen Ausland waren angereist um den vor die Schranken der Justiz gezerrten politischen Gefangenen ihre Solidarität zu zeigen! AnarchistInnen, KommunistInnen und Autonome waren zusammen vor dem Gericht, auf der Strasse mit ihren Transparenten und vor dem Gefängnis!

Die andere "Seite der Barrikade" machte vom ersten Moment an deutlich, dass es hier um einen politischen Prozess geht: die Drei wurden als sehr formierte politisch motivierte Kriminaltouristen bezeichnet, ihre Isolationsbedingungen bis ins extremste verschärft (keine Uhr, kein Schreibzeugs, kein Radio oder Fernsehen, keine Post, beschränkter Anwaltsverkehr) und keine Übersetzung zugelassen (ausser bei 2 Zeugen der Anklage). Auch bei der Urteilsverkündung wurde kein Wort übersetzt. Als die Anwälte ihren Klienten danach in einer Abstandszelle den Inhalt erläutern wollten, stellten sich ihnen die Robocops entgegen. Es gab kein Durchkommen. Ein Militärhubschrauber begleitete im Tiefflug den überschnellen Abtransport der drei anarchistischen Gefangenen. Wohin sie gebracht werden sollen, wurde streng geheim gehalten!

Doch es wartet bereits der nächste Prozess auf uns; zwischen dem 28.-30.9. findet der Prozess gegen eine GenossIn des revolutionären Aufbaus und der RHI statt! Kommt alle wieder nach Bellinzona - stellen wir der Klassenjustiz unsere Solidarität entgegen!

Freiheit für alle politischen Gefangenen!
Freiheit für alle revolutionären Gefangenen!
Für eine Gesellschaft ohne Knäste!

Drinnen und Draussen ein Kampf gegen Staat und Kapital!


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Kurzmeldungen international

Griechenland, Hellas: Am 9. Juli nach einem Konzert der Freien Radio Station 98 FM am Polytechnikum in Athen musste ein 22-Jähriger nach einer plötzlichen gewaltsamen Verhaftung ins Krankenhaus eingeliefert werden. Er wurde von ungefähr 10 Männern der Bereitschaftspolizei (MAT) angegriffen und halb ohnmächtig geschlagen. Trotz einer mehreren Zentimeter tiefen Kopfwunde und starken Blutungen wurde ihm zunächst das Krankenhaus verweigert und er dem Staatsanwalt vorgeführt. Jetzt werden ihm mehrere Straftaten vorgeworfen: Explosion, Besitz von Sprengstoff, Störung des Öffentlichen Friedens und Beleidigung.   (red.)


Griechenland: Im Prozess gegen neun mutmaßliche Mitglieder der Organisation "Verschwörung der Feuerzellen" wurden am 31. Juli die Urteile gefällt. Mit Haftstrafen zwischen 11 und 25 Jahren für die Angeklagten schlug die Justiz mit voller Härte zu. Die Anklage beläuft sich zwischen "Gründung und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung", die "Anstiftung zu drei Brandanschlägen" und die Herstellung und den Besitz von Sprengstoff, Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, die Beteiligung an Anschlägen und die Herstellung, sowie den Besitz von Sprengstoff. Zwei der Angeklagten wurden freigesprochen, eine Person wurde wegen Beteiligung an Diebstahl und Raub zu zwei Jahren und neun Monaten auf Bewährung verurteilt.   (red.)


Indien: Im Stadtteil Sonbhadra wurde ein Guerillero, Shivdas Paswan, verhaftet der von den Behörden verdächtigt wird an über 15 illegalen Aktionen beteiligt gewesen zu sein. Unter anderem auch für Bombenanschläge und die Zerstörung einer Polizeistation in Jharkhand vor einigen Jahren.   (red.)


Ägypten: Am Freitag den 08. Juli wurde erneut der Tahir Platz mit der Forderung nach Gerechtigkeit für die während des Aufstandes Ermordeten besetzt. Daraufhin hat die Armee mit Panzern und Hunderten von Polizisten im Einsatz den Platz brutal geräumt. Schüsse in die Luft und Schläge gegen die BesetzerInnen zeichneten das Bild. Ein lokaler Radiosender spricht von über 270 Verhafteten und Verletzten.   (red.)


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International

AIM-Aktivist Leonard Peltier totalisoliert

Internationales Verteidigungskomitee (IVK)

Der weltweit anerkannte Anführer des American Indian Movement (AIM) wird erneut von der Gefängnisleitung im Lewisburg Staatsgefängnis schikaniert. Seine Verteidiger haben ihn besucht und sind besorgt über seinen Gesundheitszustand. Protestschreiben an die US-Bundesgefängnisbehörde sollen helfen, öffentlichen Druck zu erzeugen. Am 27. Juni 2011 wurde Leonard Peltier im Lewisburg Staatsgefängnis im US-Bundesstaat Pennsylvania in Totalisolation verlegt. Wie seine Verteidiger am 6. Juli mitteilten, mußten sie nach einem Besuch bei ihrem Mandanten feststellen, daß er seit der Verlegung in einer winzigen Bunkerzelle isoliert wird, die nur über ein kleines Fenster unter der Zellendecke verfügt. Peltier bekomme keine frische Luft, vielmehr herrsche dort »eine Höllenhitze«, seine Haftsituation sei schlicht »miserabel«.

Als Grund für die Verlegung habe die Gefängnisleitung lapidar »Verstöße gegen die Anstaltsordnung« angegeben. Nach Aussage von Rechtsanwalt Robert R. Bryan handelt es sich dabei um Nichtigkeiten wie den Besitz einer Silbermünze und die Manipulation der Zellenbeleuchtung durch einen früheren Zellennachbarn. »Für Menschen außerhalb der Gefängnisse sind das törichte Gründe«, so Bryan gegenüber dem IVK, »aber die Gefängnisleitung nutzt sie als Vorwand, um meinen Mandanten zu schikanieren, weil er ein bekannter Aktivist der amerikanischen Indianerbewegung ist«, der wieder stärkere öffentliche Unterstützung genieße.

Rechtsanwalt Bryan ist nun vor allem wegen des schlechten Gesundheitszustands seines 66-jährigen Mandanten besorgt und hofft, daß in Kürze eine Anhörung angesetzt und Peltier wieder aus der Totalisolation des Hochsicherheitsgefängnisses in den allgemeinen Vollzug zurückverlegt wird. Öffentlicher Druck durch Protestschreiben Unterstützungskomitees in den USA und Europa rufen dazu auf, Protestschreiben an die zuständige Gefängnisbehörde zu richten.

Das Leonard Peltier Defense/Offense Committee aus den USA erklärt dazu:

»Unternehmt etwas. Fordert Transparenz. Die Öffentlichkeit hat ein Recht zu erfahren, welche Maßnahmen gegen Leonard Peltier ergriffen werden. Verlangt hundertprozentige Rechenschaft von den Gefängnisbehörden für ihr Handeln - und für Leonards gesundheitliche Situation und sein allgemeines Wohlbefinden.«

Wendet euch mit Bezug auf Leonard Peltiers Gefangenennummer #89637-132 (Gefangener im USP Lewisburg) an die US-Bundesgefängnisbehörde, vertreten durch Direktor Thomas Kane (er ist der stellvertretende Direktor, leitet das Amt aber derzeit kommissarisch):

Thomas Kane, Assistant Director
Federal Bureau of Prisons (BOP)
320 1st Street, NW
WASHINGTON, DC 20534, USA
E-Mail: info@bop.gov
Tel. 001 (202) 307-3250 (Direktor)
001 (202) 307-3123 (stellv. Direktor)
001 (202) 307-3198 (Zentrale)
Fax: 001 (202) 514-6620
Website: www.bop.gob

Vorschlag des IVK für das Schreiben an Kane:

Dear Mr. Kane:

It has come to my attention that on June 27, 2011 Leonard Peltier ­#89637-132, an inmate at the U.S. Penitentiary in Lewisburg, Pennsylvania, was removed from general population and placed in solitary confinement.
I believe that due to his age and health condition Mr. Peltier's medical needs are urgent. He needs to be seen by proper medical staff. Therefore, I respectfully request that Leonard Peltier immediately be transferred back to the prison's general population and to address his medical needs!

Sincerely,
Unterschrift

[Eine Kopie des Schreibens bitte an die nachfolgende E-Mail- oder Postfachadresse des IVK. Wir reichen die Kopien gesammelt weiter an die Verteidigung.
E-Mail: ivk(at)freedom-now(dot)de
Postadresse: IVK c/o Archiv 92 e.V.,
Postfach 150323, 29093 Bremen]


Email: ivk(at)freedom-now(dot)de

IVK
c/o Archiv 92 e.V.,
Postfach 150323,
29093 Bremen

Internationales Verteidigungskomitee (IVK)


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International

Hungerstreik in kalifornischen Knästen

www.political-prisoners.net

Am 22. Juli wurde der Hungerstreik im kalifornischen Pelican Bay Prison nach einem kollektiven Beschluss der beteiligten Gefangenen beendet. Die Knastleitung hatte in einigen Punkten Zugeständnisse gemacht. Die Nachricht vom Abbruch des Hungerstreiks erreichte uns erst kurz vor Redaktionsschluss, weshalb wir nicht näher auf den Abbruch eingehen konnten.

Ab dem 1. Juli befanden sich Gefangene der Pelican Bay State Prison's Security Housing Unit im Hungerstreik. Die Security Housing Unit (SHU) beschreibt die höchste Sicherheitsstufe in den Gefängnissen der USA und wird auch als "Knast im Knast" bezeichnet. Für die Gefangenen bedeutet das reglementierten Kontakt nach außen und zu anderen Gefangenen, 22 1/2 Stunden auf der Einzelzelle und in der restlichen Zeit Einzelhofgang. In einer aktuellen Grundsatzentscheidung des Obersten Gerichtes wurde festgestellt, dass die Bedingungen in den SHUs "nicht vereinbar sind mit dem Begriff der Menschenwürde".

Der Hungerstreik richtet sich gegen die Isolation, aber auch gegen ein System des Denunziantentums, das von Wärtern und Gefängnisleitung aufgebaut wurde und gegen willkürliche Bestrafung von Gefangenen(gruppen), die von der Gefängnisleitung zu "Gangmitgliedern" gemacht werden. Kurz gesagt: Sie kämpfen für bessere Haftbedingungen.

Bereits nach wenigen Tagen breitete sich der Hungerstreik auf andere Gefängnisse aus, so dass mittlerweile in 13 von 33 Gefängnissen in Kalifornien sich Gefangene im Hungerstreik befinden. Die Zahl der Hungerstreikenden ist schwer zu bestimmen, da kaum Informationen nach außen dringen und wenn, diese schwer zu überprüfen sind. Dennoch sickern gerade durch Familienangehörige, Freunde oder UnterstützerInnen immer wieder Nachrichten durch.

Laut California Department of Corrections and Rehabilitation haben über 6.600 Gefangene "zumindest zeitweise die Annahme ihrer Mahlzeiten verweigert". Viele der Gefangenen befinden sich zudem im Durststreik, was bei Temperaturen um die 40° schnell zur völligen Dehydrierung führt. So ist der gesundheitliche Zustand vieler Gefangenen angeschlagen. Eine "Quelle mit Zugang zu den aktuellen medizinischen Bedingungen, die es vorzieht unbenannt zu bleiben" sprach davon, dass bei einigen Gefangenen der Körper Fehlfunktionen von Organen nicht mehr ausgleichen kann, dass viele nichts mehr - nicht mal Wasser - bei sich behalten können, an Nierenversagen leiden oder Blutzuckerwerte haben, die zum Tod führen können. Mitte Juli wurde nach Verhandlungen den Gefangenen ein Angebot unterbreitet das sie ablehnten. Am Tag darauf wurde ein Aufruf zu einem Knastarbeiterstreik gestartet, wo die Gefangenen aller Gefängnisse des Staates Kalifornien dazu aufgefordert wurden "jede verfügbare Ressource" ins Spiel zu bringen und die Arbeit in den Knästen niederzulegen, um größeren Druck auf das Gefängnissystem auszuüben. Dabei sollen die Streiks auch mit eigenen Forderungen geführt werden, jedoch die Unterstützung der Forderungen der Hungerstreikenden immer "die erste Forderung sein".

Am 22. Juli ging die Knastleitung unter dem Druck der starken Streikbewegung innerhalb der Knäste auf einige Forderungen ein, weshalb der Streik beendet wurde. (red.)


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Herber Repressionsschlag gegen Spanische Tierbefreiungsaktivisten

www.political-prisoners.net

Am 22. Juni dieses Jahres kam es in Spanien zu einer großangelegten Serie von Razzien und Verhaftungen gegen vermeintliche Mitglieder der Gruppen Igualdad Animal/Animal Equality und Equanima. Zwölf Personen wurden in Zuge dessen von vermummten und schwer bewaffneten Polizeieinheiten verhaftet. Seiten der Behörden begründete sich diese Aktion darin, dass die Betroffenen an einer fast vier Jahre zurückliegenden Befreiungsaktion gegen Pelzfarmen beteiligt gewesen seien. Dabei wurden nach Angaben verschiedener Quellen bis zu 20.000 Nerze befreit. Die Festgenommen wurden in Santiago de Compostela dem Richter vorgeführt, wo ihnen grotesker Weise "Verbrechen gegen die Umwelt" vorgeworfen wurde, aber auch die "Stiftung öffentlicher Unruhe" und die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen Wurde. Wie auch schon in Österreich (§278a) wird nun auch in Spanien versucht Tierrechtsaktivisten ein Organisationsdelikt anzuhängen. In einem Statement der betroffenen Gruppen heißt es hierzu:

"Aufgrund der Tatsache, dass die Autoritäten keine konkreten Einzelpersonen für die Nerzbefreiung verantwortlich machen können werden Mitglieder von Igualdad Animal/Animal Equality und Equanima verhaftet, um zu versuchen die Tierrechtsbewegung in Spanien zu kriminalisieren, wie es schon in anderen europäischen Ländern passiert ist." Neben einem "transnationalen" Aktionstag am 24. Juni, Pressekonferenzen in Barcelona und Madrid, kam es weltweit mittlerweile zu über 40 Solidaritätsaktionen, unter anderem einem Anschlag auf die Pelzindustrie in Kanada mit 50.000$ Sachschaden. Aktuelle Informationen, Material in unterschiedlichsten Sprachen und Bilder der Aktionen gibt es unter:
http://thespanish12.wordpress.com

(red.)


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Kurzmeldungen international

Spanien: In Barcelona nahm sich am 26. April 2011 die junge Queeraktivistin Patricia Heras das Leben. Patricia Heras war eine der Beschuldigten im so genannten "4F-Verfahren" gegen vier junge Leute aus Barcelona. Patricia Heras war zweitweise inhaftiert und wartete auf einen Prozess. Zuletzt war sie Freigängerin und musste die Nacht im Knast verbringen.   (red.)


USA: Am 16 Juli wurde der 19 jährige Kenneth Harding in San Fransisco von Polizisten auf offener Straße, mit 10 Schüssen regelrecht hingerichtet. Er hatte lediglich versucht sich einer Fahrkartenkontrolle in der U-Bahn zu entziehen und war weggerannt. Passanten die versuchten die Beamten zu beruhigen und erste Hilfe zu leisten wurden ebenfalls mit der Waffe bedroht. Kenneth ist der Dritte der diesen Monat auf diese oder ähnliche Weise in San Fransisco starb.


Guatemala: Nach über 30 Jahren wurden jetzt erstmalig vier für Massaker während des Bürgerkrieges in Guatemala verantwortliche Soldaten verurteilt. Zwei von den insgesamt vier sind ehemalige Mitglieder der Eliteeinheit der Armee. Sie wurden beschuldigt im Dezember 1982 Massaker an über 201 Bauern verübt zu haben. Während des 36 Jahre andauernden Bürgerkriegs wurden mehr als 250.000 Menschen ermordet, 40.000 verschwunden gelassen und mehr als 100.000 Menschen flohen ins Exil. Dies war nun das erste mal das ehemalige Soldaten für die Massaker die sie während des Krieges begangen hatten verurteilt wurden. Sie wurden zu 30 jahren Freiheitsstrafe verurteilt.   (red.)


Italien: Am Montag hatten sich Hunderte von Asylbewerbern, die meisten ihnen geflohene Arbeiter aus Lybien, in der Nähe des Zentrums für Migranten in Italien versammelt, um ihren Flüchtlingsstatus zu verlangen. Sie blockierten die Straße und die Bahnlinie mit großen Steinen und zündeten Feuer an der Strecke. Die Polizei führte dreißig Festnahmen, mindestens 35 Personen wurden verletzt.   (red.)


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Gefangene

Aus der Prozesserklärung von Sadi Özpolat vom 26. Mai:

"Ich habe die gegen mich vorbereitete Anklageschrift gelesen. In der Anklageschrift heißt es, die DHKP-C sei eine extrem gefährliche Terrororganisation und dass ich Mitglied dieser Organisation sei. Diese Behauptung ist unwahr und unhaltbar. Bis heute habe ich für das Glück meiner Bevölkerung und für die Unabhängigkeit meines Landes gekämpft. Ich habe die Idee des Sozialismus verteidigt, die die einzige Hoffnung zur Befreiung der Völker ist. Dass die Revolutionäre Volksbefreiungspartei die gleichen Ideen verteidigt, bedeutet nicht, dass ich Mitglied bin, aber es ist nur zu meinem Glück, dass diese Anschuldigungen aufgrund dieser Ideen sind, die ich bis heute verteidige.

Wer ist Terrorist, wer eine Terrororganisation?

Die größte Terroristin ist die NATO, die als Verbrechensorganisation gegen die Völker gegründet wurde, Länder besetzt, Millionen Menschen ermordet und hinterhältige und niederträchtige Massaker begeht. Terroristen sind jene, die im ersten und zweiten Verteilungskrieg für die Interessen der Monopole ohne mit der Wimper zu zucken Millionen Menschen massakrierten. Die Revolutionäre kämpfen sowohl für die Freiheit und Unabhängigkeit ihrer eigenen Völker als auch für die der anderen Völker; es sind die SOZIALIST(INN)EN, die sich ein Ende des Hungers, der Armut, des Elends und der Kriege ersehnen und die wollen, dass alle Völker gleichberechtigt und glücklich leben.

Seit meiner Verhaftung werde ich unter massiven Isolationsbedingungen gehalten und diese Maßnahme wird immer noch fortgesetzt. Meine Briefe werden auf willkürliche Weise behindert und ich werde erst nach Monaten informiert, dass sie beschlagnahmt wurden. Meine Bücher werden mir nicht ausgehändigt, meine Besuche werden verhindert. Ich möchte eine Saz (Musikinstrument), aber die Saiten sind verboten, bis vor einer Woche wurde mir keine Rasierklinge zum Rasieren gegeben mit dem Vorwand ich würde Selbstmord begehen. ...

­... Das bedeutet also, ihr wisst ebenfalls, dass die Maßnahmen, die mit dem Paragraphen 129 eingeführt werden, zum Selbstmord führen! Aber ihr sagt "Nein, du darfst nicht sterben". Diesen Bedingungen kann außer den SozialistInnen ohnehin niemand standhalten und würde Selbstmord verüben. Euer Ziel ist es, uns zu isolieren, unsere Menschlichkeit zu rauben und uns auch zu verbieten zu sterben, die Idee des Sozialismus zu brechen, in den Gerichten mit der Absicht der Abschreckung zu denunzieren und die Idee des Sozialismus zu zerstören. Eine zwecklose Bemühung; IHR WERDET ES NICHT SCHAFFEN. Wir leisten gegen eure Isolationsbedingungen WIDERSTAND, mit der Kraft die wir von der Widerstandsfähigkeit der anatolischen Völker und von unseren Müttern und Vätern nehmen, sowie mit unserer Überzeugung vom Sozialismus. Solange auf der Welt Besatzungen, Ungerechtigkeit und Hunger existieren, wird es auch Menschen geben, die Widerstand leisten. Würdet ihr die unbegrenzte Befugnis, die ihr gegen uns anwendet zur Beendigung des Hungers und der Besatzungen in Afrika und im Nahen Osten einsetzen, so würdet ihr die Würde und die Sicherheit des deutschen Volkes retten. Alles andere ist HEUCHELEI.

- Schreibt den Gefangenen!

Sadi Özobolat
JVA Krümmede 3
44791 Bochum


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Freiheit oder Sicherungsverwahrung

Eine persönliche Erklärung von Thomas Meyer-Falk
10.06.11

Vor wenigen Wochen wurde in den deutschen Medien breitflächig über ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Sicherungsverwahrung berichtet (vgl. auch meine Besprechung http://de.indymedia.org/2011/05/307207.shtml).

Da ich auch selbst von der SV (Antrittstermin Juli 2013) bedroht bin, hatte ich - zugegebenermaßen - kurz die Phantasie, von dem Urteil unmittelbar zu profitieren und frei zu kommen. Nach fast 15 Jahren Knast mag das verständlich, verzeihlich erscheinen - ich beantragte deshalb bei dem zuständigen Gericht (Landgericht Karlsruhe, dort: Strafvollstreckungskammer) Freilassung.

Im Folgenden möchte ich erklären, weshalb ich am 07. Juni 2011 diesen Antrag zurückgenommen habe (a.) und wie sich deshalb voraussichtlich die nächste Zeit gestalten wird (b.).

a.) Antragsrücknahme vom 07. Juni 2011
In dem Schreiben an die Richter verwies ich auf die durchaus wesentliche Tatsache, dass die Gefangenen mit den Kosten für Pflichtverteidiger und Gutachter auch dann belastet würden, wenn die Entlassung versagt werde. In einem Nebensatz erwähnte ich die vergleichbare Praxis der Nationalsozialisten bei den zum Tode Verurteilten, bzw. deren Erben, die Kosten für die Exekution einzutreiben. Wer meint, dies sei ein vielleicht unpassendes Argument, den möchte ich darauf verweisen, dass die Sicherungsverwahrung 1933 von den Nationalsozialisten eingeführt wurde (auch die schon in der Weimarer Zeit erfolgte Vorarbeit ändert an diesem Faktum nicht das Geringste) und noch heute Sicherungsverwahrte im Gefängnisjargon "lebende Tote" genannt werden, in Anlehnung an die in den USA übliche Praxis, wenn Todeszellengefangene ihre Zelle verlassen, Wärter rufen zu lassen (als Warnung an ihre Kollegen) "Dead man walking".

Des weiteren schrieb ich an die Strafvollstreckungskammer, es lasse Rückschlüsse auf die Gesinnung von Richtern zu, welche "kritiklos ein Gesetz der Nationalsozialisten vollstrecken" würden; gerade diese Kammer, fuhr ich fort, zeichnet sich durch besonderes Desinteresse aus, da schon ein vor Jahren mal gestellter Antrag auf Freilassung letztlich über zwei Jahre herum gelegen sei.

Abschließend teilte ich mit, bei der von Amts wegen noch erfolgenden Prüfung 2013 (vgl. § 67 c StGB) würde ich weder mit den Richtern sprechen, noch mit einem Gutachter, man könne sich also diesbezügliche Anhörungen sparen.

b.) Wie sieht der weitere Vollzugsverlauf aus?
Bis Juli 2013 werde ich in der JVA Bruchsal einsitzen müssen, um dann in die JVA Freiburg verlegt zu werden, denn dort werden in Baden-Württemberg zentral alle Sicherungsverwahrten untergebracht.

Um den vielleicht auftauchenden Einwand oder auch Vorwurf, ich wolle eine Märtyrerrolle einnehmen gleich an dieser Stelle aufzugreifen: Ich bin kein Märtyrer und möchte auch keiner sein. Dazu liebe ich das Leben zu sehr. Aber ich sehe sie hier Tag für Tag, all die Inhaftierten, die sich verbiegen, verbeugen, alle Spiele der Vollzugsbeamtinnen und -beamten mitspielen, gehetzt von dem Funken Hoffnung, zu dem geringen Prozentsatz von Gefangenen zu gehören, der dann doch frei gelassen wird (nach Statistiken des Statistischen Bundesamtes werden nur 30 % der Gefangenen "vorzeitig" entlassen. Das heißt, 70 % verbüßten ihre Strafen bis zum letzten Tag. Und bei den Sicherungsverwahrten sehen die Zahlen noch schlechter aus.).

Diesem Prozedere entziehe und verweigere ich mich. Ich springe nicht über die Stöckchen, die man den Gefangenen hinhält, Jahr um Jahr, bis zur völligen Selbstaufgabe und des Verlustes des letzten Restes von Würde.

Aber ich igele mich andererseits auch nicht ein, sondern ich denke, es ist wichtig, über das zu berichten, was hinter den Mauern passiert, zumindest ein bisschen "Öffentlichkeit" zu erreichen, abseits von den Hochglanz-Internetauftritten der Knäste, die sich selbst loben (und mitunter im selben Atemzug die Gefangenen verhöhnen: Hierfür bietet der baden-württembergische Strafvollzug ein anschauliches Beispiel. Er bewirbt die von den Inhaftierten zu leistende Zwangsarbeit mit dem Slogan: "Wir lassen Sie nicht sitzen!". Zu finden auf Plastiktüten, Kalendern, Werbeflyern. Denn schließlich müssen Aufträge an Land gezogen werden).

Knastleben ist weder leicht noch erfreulich, meist ist es ziemlich beschissen, um es mal deutlich zu formulieren; aber es ist auch nicht derart unerträglich, als dass es schon aus Gründen des nackten Überlebens erforderlich wäre, die "Spielchen" der Anstalt mitzuspielen.

Wer weiß, möglicherweise könnte ich "draußen" mehr tun oder erreichen, als hier von Zelle 3113 aus, aber das sind Gedankenspiele, denn, und das schreibe ich seit Jahren, es kommt nicht nur darauf an, "raus zu kommen" aus dem Knast, sondern auch auf den Weg dort hin.

- Schreibt den Gefangenen!

Thomas Meyer-Falk,
c/o JVA - Z. 3113,
Schönbornstr. 32
D-76646 Bruchsal


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Werner Braeuner zum erfolgreichen Ende seines Hungerstreik

A.S.: Der gefürchtete Kater nach dem Sieg ist in Wahrheit bloß der Kater nach der Siegesfeier. HS-Berichtsbrief 7 (und vorerst letzter HS-Berichtsbrief)

Einen 12-fachen Salut aus dem Knast, aus dem innersten Heiligtum von Staat, Sozialdemokratie/Lohnarbeit und Kapital für das kämpfende Proletariat in Berlin und der restlichen Welt - wir haben gesiegt!

Es geht mir gut, offensichtlich bin ich bei bester Gesundheit; Heuschrecken und Raupen sind asketische Lebewesen, gestern abend wog ich bereits schon wieder 66,6 kg - ...weiß der Teufel!!! ProletarierInnen, die Angehörigen der zuletzt auf diesem Planeten übrigbleibenden Supermacht, sind unbeugsam und zäh. Der Klassenfeind nebst seinen Bütteln und Huren wird bald verstehen: Wir sind gekommen, um zu bleiben.

- Solidarität mit dem in unbefristete Hungerstreik getretenen Proletariern in Pelican Bay und anderen Hochsicherheitsknästen im US-Bundesstaat Kalifornien - Eure Würde ist unsere!

- Für das Leben und die Freiheit von Mumia Abu Jamal, von einem unserer besten Kämpfer - einer für alle, alle für einen!

- EIN HOCH AUF DAS WELTWEITE PROLETARIAT!

Ich möchte diesen vorerst letzten HS-Berichtsbrief nicht fortsetzen, ohne Euch zuvor zu bitten, gemeinsam eines am 10. November 2008 im US-Hochsicherheitsknast "West Tennessee State Penitenteary" im Klassenkampf gefallenen anarchistischen Kameraden und Freundes von mir zu gedenken mit Namen Herold H. Thompson. Herold war mir Vorbild an Entschlossenheit und Kampfesmut, er sei niemals vergessen! Soll er vielen anderen ebenfalls Vorbild sein und sie in ihren Kämpfen begleiten: Niemals aufgeben, kämpfen! Denn WIR sind das Proletariat.

Ja, natürlich hatte ich Angst. Im Hinterkopf hatte ich die Zahl 66. Bobby Sands (1959/-1981), proletarischer irischer Freiheitskämpfer, war am 66. Tag seines Hungerstreiks im nordirischen Knastleger Long Kesh gestorben (siehe "Gefangenen Info Nr. 362, Juni 2011, S. 14).

Am 30.6.2011, 17 Uhr hat sich die Anstaltsleitung der JVA Sehnde gegenüber RA Dündar Kelloglu und mir verpflichtet, zukünftig Ersatz für das zu stellen, was ich aus Ekel nicht essen kann. Obschon ich nicht selbst beim Anstaltskaufmann Nahrungsmittel einholen können werde, ist meine Ernährung mit der Selbstverpflichtung der JVA Sehnde sichergestellt. Der Anstalt obliegt, ihre Verpflichtung nun auf praktikable Weise umzusetzen.

Der Hungerstreik ist an seinem 54. Tag folgerichtig und um 17 Uhr beendet worden! Die erkämpfte Selbstverpflichtung der JVA Sehnde deckt meinen Bedarf an ausreichender Nahrung ab und ist daher als Sieg meiner Seite zu bewerten.

Daß dieser HS siegreich beendet werden würde, hat sich erstmals am Montag, dem 27.6., am Tag 51 des HS, durch Bewegung auf seiten der JVA Sehnde abgezeichnet, da diese mich bat, meinen Nahrungsbedarf schriftlich zu fixieren.

Und ich wurde selben Tags nachdrücklich gebeten, den HS zum darauffolgenden Tag, dem 28.6. (abzubrechen, um) am Mittagessen teilzunehmen, für das mir fabrikverpackte Nahrung in Aussicht gestellt wurde. Diese Bewegung der JVA Sehnde geht offenbar auf die für den 28.6., 15 Uhr terminiert gewesene Protestkundgebung zahlreicher solidarischer GenossInnen vor dem Gebäude des Ministeriums der Justiz des Landes Niedersachsen in Hannover zurück. Schon lange vor Beginn des HS (8.5.) hatte das Jutti schriftlich mitgeteilt, die Verhandlungsführung und Entscheidungsbefugnis läge allein bei der JVA Sehnde; diese sei das von mir anzusprechende Gegenüber. Die politische Ebene wollte ihre Verantwortung auf die Verwaltungsebene, hier auf die JVA Sehnde, abwälzen. Mit der Protestkundgebung vor dem Jumi am 28.6. ist jene Ausweichstrategie des Justizministers Bernd Busemann ausgehebelt gewesen. Allein deswegen hat die Justizbehörde sich am 27.6. erstmals bewegt !!! Und ich mich selbstverständlich nicht einen einzigen Zentimeter! Am 27.6. teilte ich der JVA Sehnde mit, den HS nicht beenden zu wollen, ohne daß RA Dündar Kelloglu mit der Justizbehörde eine bindende Vereinbarung zur Sicherstellung ausreichender Nahrungsversorgung für mich getroffen haben würde. Wie nun bekannt, ist eine solche bindende Vereinbarung am 30.6. um 17 Uhr abschließend zustande gekommen. Der entscheidende und ausschlaggebende Punkt der Mobilisierung unserer Seite war offenkundig die Hebung des Hungerstreiks von der Ebene der Verwaltung auf die Ebene der Politik. Denn von Beginn des HS an war der letztliche Entscheider auf seiten des gegenüber nie irgendjemand anderes als der Justizminister Bernd Busemann gewesen, letzterer der "Dienstherr" der JVA Sehnde!

All den vielen solidarischen GenossInnen, die draußen mobilisiert und unterstützt haben, sage ich nun: Das ist zwar ein Sieg für mich, aber es ist EUER Sieg! Feiert für mich mit, bitte!

- Schreibt den Gefangenen!

Werner Brauener
JVA Schnedebruch 8
31319 Sehnde


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Andre Borris Schmitz
M. A Moussa
- für meine Oma

Letzte Woche Mittwoch: Ich will bei meiner Familie anrufen da meine Eltern unsere Oma zum Sterben aus dem Krankenhaus holten, um ihr ein würdiges Sterben zu geben in ihrem Bett! Meine Oma will mich unbedingt sehen, doch sie versteht nicht, dass ich in Haft bin, so erklärt ihr meine Ma das ich auf Montage sei und anrufe. Ich stelle den Antrag an den Bereichsleiter, ich treffe ihn in der Freistunde und erkläre die Lage - er sagt mir "wende dich an die Abteilungsbeamten", was ich tat, Antwort vom Frühdienstbeamten war Keine Zeit - wende dich an den Spätdienst.

Durch einen Zufall treff ich auf dem Flur nen "netten" Bereichsleiter. Er meinte, ja Schmitz ruf eben an. Doch bei meinen Eltern klingelt das Telefon nur Viermal dann springt das Fax an. Der Bereichsleiter sagte dann, probieren wir es morgen früh, er hatte um 16.00 Feierabend, geh aber zu Abteilungsbeamtin, was ich auch tat, um meine Lage zu erklären, dass meine Oma auf dem Sterbebett liegt + bla bla... "Ist mir scheißegal" war ihre Antwort und auch was ihnen der Bereichsleiter versprochen hat - bei mir nicht -! Ich appellierte an ihr Herz, als ob sie eins hätte... Am Morgen holte man mich aus der Zelle und wies mich daraufhin "Ruhig zu bleiben", naja es war so: meine Großma verstarb in der Nacht auf Donnerstag, den 12.5. :-( Ich habe eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Beamtin eingelegt, Entscheidung steht noch aus!

Ich erfuhr aber, dass die Beerdigung am 20.5.11, also morgen ist, doch die Teilnahme an der Beerdigung wird mir abgelehnt! Ich denke jeder normal denkende Mensch kann nachvollziehen was ich zur Zeit fühle! Konnte mich weder telefonisch verabschieden, aber die Teilnahme "trotz richterlicher Erlaubnis" wird abgelehnt! Natürlich, wir Muslime haben andere Rituale fürs Gebet beim Tode usw. Doch hat die Justiz NRW nicht "solche" Rechte mit mir umzugehen. Natürlich bin ich hier in der JVA unbeliebt, bin eh auf Grund meines Klagens unbeliebt, ich schreibe für (fast) Alle die Beschwerden usw. Ich klage selbst gegen Zweimannzelle und beim Europäischen Gerichtshof wegen ungerechter Unterbringung von fast 5 Jahren im Maßregelvollzug nach § 63 STGB.

Schon bei der Verhandlung damals vor dem LG Wuppertal hielten sie mich mit sieben Justizbeamten fest und rissen mir die Kopfbedeckung runter! Da sie mit SV nicht durchkommen geben sie mir ein Unrechtsverfahren, Unrechtsgutachten usw. 4 Jahre, 9 Monate + § 63 STGB! Über 18 Monate U-Haft mit Fuß + Handketten usw. + Zwangsmedikation, ich hoffe, dass mein Rechtsanwalt Hr. Dr. Schneider und ich die Klage beim Europäischen Gerichtshof Straßburg durch bekommen! (...)

- Schreibt den Gefangenen!

Andre Borris M.A. Moussa Schmitz
JVA-Nordstrasse 158
47798 Krefeld

Anmerkung der Redaktion:
Hallo Andre, an dieser Stelle möchten wir uns aufrichtig bei dir dafür entschuldigen dass wir aufgrund von Fehlern unsererseits deinen Brief erst in dieser Ausgabe abdrucken. Wir grüßen dich solidarisch! (red.)


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Aus einem Brief von Faruk Ereren vom 10. Juli 2011

Danke für deine Post Nr. 41 vom 24. Juni, die ich am 8. Juli erhielt.

In letzter Zeit sind viele Briefe von mir 'verloren'-gegangen.

Ich habe in der "Jungen Welt" gelesen, dass Werner seinen Hungerstreik nach 54 Tagen abgebrochen hat. Er hat einen mutigen Kampf gegen den Kerker geführt.

Ebenso habe ich aus derselben Zeitung erfahren, dass im Bundesstaat Kalifornien der USA sich über 1000 Gefangene im Hungerstreik gegen die Isolationshaft befinden. Wie ich schon oft geschrieben habe, ist Isolation unmenschlich. Wichtig ist aber auch, dass Eingesperrte gerade in den USA sich wehren, denn das ist der Staat, der die Folter maßgeblich konzipiert, exportiert und forciert hat.

Ich hoffe, dass Finnis Isolation endgültig aufgehoben worden ist. Ich bewundere seinen Kampf gegen diese Bedingungen. Wer Widerstand leistet, kann nur gewinnen!

Hier im Düsseldorfer Knast brachte sich vor kurzem ein Gefangener um. Veliber aus Serbien wurde 63 Jahre alt. Er war auf derselben Abteilung wie ich. Wieder ein Gefangener, der Opfer dieser unmenschlichen Knastbedingungen wurde. Viele hier sind sehr traurig wegen seines Todes.

- Schreibt den Gefangenen!

Faruk Ereren
Ulmen Str. 95
40476 Düsseldorf


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Aus einem Brief von Finni vom 28.6.2011

Hallo,
wie du siehst, ist meiner Hirnrinde mal wieder solch Gekritzel entsprungen - eigentlich weil ich Thomas Meyer-Falks Text las, worin er kund tut, das er seinen Sicherungsverwahrungs-Überprüfungsantrag zurückzog und auch dann bei dem von Justizhandlangern Betriebenem später nicht mitmachen will - eine mutige und konsequente Entscheidung. Denn irgendwie ist ja auch wohl klar, dass im Trend der neuen Zeit fast jeder die verhängte SV auch antreten muss/soll, dass hier mit Gefangenen nur Geisel der Hoffnung genommen werden, um sie brav und folgsam im Vollzug 'mitspielen' zu lassen.

Aus der Abschaffung der 'nachträglichen' SV ist durch die fast schon serienmäßige Verurteilung mit der 'vorsorglichen' SV nun eine 'richtige' SV geworden.

Damit ist das Strafmaß um viele Jahre erhöht worden - bis hin zur unendlichen Geschichte oder der neuen Form der Todesstrafe, denn bis dahin kann die gehen, nämlich bis zum Tod der Gefangenen. Das wird doch auch schon praktiziert!

- Schreibt den Gefangenen!

Günter Finneisen
Am großen Sieke 8
37124 Rosdorf


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Aus einem Brief von Tommy Tank vom 19.05.2011

Heute erhielt ich Bescheid, dass ich als Kandidat als Mitglied in der Gefangenenmitverantwortung abgelehnt wurde. Die Ablehnung war pauschal. Es wurde nur auf die Möglichkeit der Ablehnung verwiesen, ohne dass aufgeführt wurde, welche der vielen möglichen Ablehnungsgründe bei mir konkret vorliegen.....

- Schreibt den Gefangenen!

Tommy Tank
JVA Am Fort Zinna 7
04860 Torgau


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Feuilleton

Bibliothek des Widerstands - BAND 14
Mumia Abu-Jamal - Der Kampf gegen die Todesstrafe und für die Freiheit der politischen Gefangenen
Laika Verlag - ISBN: 978-3-942281-84-3 Preis: 24,90 EUR

Zum Jahresende wird Mumia 30 Jahre im Gefängnis sein - über 28 dieser Jahre im Todestrakt - ein wahrhaft grausames Jubiläum.

Die unzähligen Skandale dieses Falles - Rassismus, Klassenjustiz und die geradezu automatisch eingebaute Ungerechtigkeit in fast allen Entscheidungen - sind vielfach beschrieben und untersucht worden und weltbekannt. Mumia ist zum weltweiten Gesicht des Kampfes gegen Todesstrafe geworden.

Gleichzeitig ermutigt er alle, dass man selbst unter vollkommen wahnsinnigen Bedingungen nicht nur geistig gesund bleiben, sondern auch die eigene Menschlichkeit in der "Maschine des Todes" bewahren kann. Und dass Widerstand gegen den Wahnsinn auch in der Hölle möglich ist.

In diesem Buch stellen zahlreiche Autor_innen ihren Umgang mit der nun schon beinahe drei Jahrzehnte währenden Freilassungskampagne vor. Als erstes hören wir Mumia selbst, der in einem Interview mit dem Redaktionskollektiv das "Leben im Todestrakt" beschreibt. In 17 Artikeln und 80 kurzen Statements kommen neben Alice Walker, Angela Davis oder Leonard Peltier auch zahlreiche Aktivist_innen aus verschiedenen Ländern, Hintergründen und Generationen zu Wort. Viele Fotos illustrieren den lebendigen Charakter der vermutlich längsten kontinuierlichen Solidaritätskampagne für einen politischen Gefangenen überhaupt. Das Buch beleuchtet alle Aspekte des skandalösen Unrechts in einzelnen Artikeln und komprimiert sie jeweils verständlich aufs Wesentliche. Die Bandbreite der Artikel und Interviews reicht vom Jahr 1982 bis heute, von sehr persönlichen Betrachtungen bis zu harten juristischen und forensischen Fakten, von der Black Panther Party und MOVE über die Verhaftung, die Mumias Leben auf den Kopf stellte, dem Todesurteil bis zur Perspektive seiner Familie und seiner Freund_innen. Es enthält zum ersten Mal eine Rekonstruktion der tatsächlichen Vorgänge in der Nacht des 9. Dezember 1981. Und weil es in dem Buch um den politischen Aktivisten Mumia Abu-Jamal geht, beschäftigt es sich konsequenterweise nicht nur mit seinem Fall, sondern mit dem Kampf gegen die Todesstrafe, gegen ein systematisches und rassistisches Unrechts-System und für die Rechte und die Freiheit aller anderen politischen Gefangenen in den USA.

Ob die bereits sprichwörtliche "Mumia-Ausnahme" in der US Justiz, ob unabhängiger Journalismus oder die bis heute anhaltende Polizeigewalt in Philadelphia - Mumia Abu-Jamals Kampf um Freiheit ist der Versuch, durch Kontinuität Gerechtigkeit und Freiheit gegen ein System der Gewalt und Unterdrückung zu erkämpfen. Überdies gibt es eine vollständige Liste der entscheidenden Ereignisse in diesem hochkomplexen Fall, die hilft, den Überblick zu behalten.

Der Inhalt des Buches kann viele Menschen dabei unterstützen, selbst aktiv zu werden und praktische Solidarität zu organiseren. Egal, ob langjährige Erfahrung oder frisch erwecktes Interesse - dies ist ein praktisches Arbeitsbuch. Wie immer in der Bibliothek des Widerstands sind in dem Buch drei Filme enthalten, die sehr gut für Veranstaltungen einsetzbar sind.

Lest es und arbeitet damit - FREE MUMIA!

Mumia Hörbuchgruppe Berlin


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MACKINGER, Christof / PACK, Birgit (Hg.)
§ 278a: Gemeint sind wir alle!
Der Prozess gegen die Tierbefreiungs-Bewegung und seine Hintergründe
408 Seiten Format 12 x 19
ISBN: 978385476-600-1
Preis: 16.90 EUR | 26.50 Chf

Exzessive Überwachung, monatelange U-Haft und offensichtlich konstruierte Vorwürfe: Wegen der "Mitgliedschaft in einer Kriminellen Organisation" standen 13 Tierrechtsaktivist_innen in einem der größten und kontroversesten Prozesse Österreichs vor Gericht.

Im Buch zum Prozess berichten Betroffene von ihren Erfahrungen, unter anderem während der U-Haft. Mit Beispielen aus den Akten und Gerichtsprotokollen werden die Arbeit der "Soko Pelztier" und der Prozess am Landesgericht Wiener Neustadt dargestellt. In einem zweiten Teil zeigen Journalist_innen sowie Wissenschaftler_innen die Hintergründe und den politischen Kontext der Repression gegen Kritiker_innen einer tiervernutzenden Industrie auf. Internationale Entwicklungen wie der "Green Scare" in den USA werden dabei ebenso beleuchtet, wie andere Fälle von Anwendungen von "Organisationsparagrafen" gegen politische Aktivist_innen in Österreich. Ein abschließender dokumentarischer Teil beinhaltet unter anderem Prozesserklärungen von Beschuldigten oder Solidaritäts-Statements.


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Aufruf an alle Gefangenen

Wie ihr sicherlich mitbekommen habt, dient diese letzte Seite des Gefangenen Infos neben der vierteljährlichen Veröffentlichung von Gefangenenadressen dazu, lesenswerte Bücher, Zeitungen und empfehlenswerte CD's wie DVD's vorzustellen. Ein weiterer wichtiger Aspekt, der hier seinen festen Platz finden soll, sind Zeichnungen und Gedichte von euch aus den Knästen. Wenn ihr ein Buch hier vorstellen möchtet dann schickt uns doch eure Rezension an unsere Redaktionsadressen. Weitere Ideen, Gedichte und Zeichnungen nehmen wir natürlich auch jederzeit gerne entgegen.


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radio flora - hannovers web-radio

"Wieviel sind hintern Gittern, die wir draußen brauchen!"
Politische Gefangene - Sendung zu Repression und Widerstand
Freundeskreis Lokal-Radio e.V.
Zur Bettfederfabrik 3, 30451 Hannover

Jeden ersten Dienstag im Monat von 18 bis 19 Uhr.
Zu empfangen per Livestream über: www.radioflora.de


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IMPRESSUM

Gefangenen Info
Juli/August, Nr. 363

Das Gefangenen Info ist aus dem Angehörigen Info hervorgegangen, welches im Hungerstreik der politischen Gefangenen 1989 entstand.

HerausgeberInnen:
Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen und FreundInnen

V.i.S.d.P.:
Wolfgang Lettow c/o Gefangenen Info,
c/o Soziales Zentrum, Alexander-Puschkin-Str. 20, 39108 Magdeburg

Nichtredaktionelle Texte spiegeln nicht unbedingt die
Meinung der Redaktion wider. Beiträge der Redaktion
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Redaktionsanschrift:
Gefangenen Info, c/o Soziales Zentrum,
Alexander-Puschkin-Str. 20, 39108 Magdeburg
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Internet: www.gefangenen.info

Bestellungen (Inland): Einzelpreis: 2 Euro. Ein Jahresabonnement kostet 25,20 Euro (Förderabo 28,00 Euro), Buchläden, Infoläden und sonstige Weiterverkäufer erhalten bei Bestellungen ab 3 Stück 30% Rabatt. Bei Bestellungen erhalten Sie eine Rechnung, die anschließend auf das Konto des Gefangenen Info zu überweisen ist.

Bestellungen (Ausland): Einzelpreis: 2,70 Euro. Ein Jahresabonnement kostet 28,40 Euro (Förderabo 31,20 Euro), Buchläden, Infoläden und sonstige Weiterverkäufer erhalten bei Bestellungen ab 3 Stück 30% Rabatt. Bei Bestellungen erhalten Sie eine Rechnung, die anschließend auf das Konto des Gefangenen Info zu überweisen ist.

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Gefangenen Info
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Postbank Hamburg

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Quelle:
Gefangenen Info Nr. 363, Juli/August 2011
Redaktionsanschrift: Gefangenen Info, c/o Soziales Zentrum,
Alexander-Puschkin-Str. 20, 39108 Magdeburg
E-Mail: redaktion@gefangenen.info
Internet: www.gefangenen.info


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. November 2011