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AUFBAU/353: Drohnenkrieg und Cyberwar


aufbau Nr. 73, mai / juni 2013
klassenkampf - frauenkampf - kommunismus

Drohnenkrieg und Cyberwar



KRIEG - Kampfdrohnen und Cyberwar prägen die neue Kriegsführung. Neue Technologien erlauben verdeckte Kriege ohne Kriegserklärung. Der US-Imperialismus setzt auf diese Strategie.


(rabs) Bereits 1849 setzte die reaktionäre Habsburgermonarchie einen Vorläufer der Drohne gegen den Volksaufstand in Venedig ein. Mit unbemannten Ballonen bombardierten die österreichischen Herrscher die aufmüpfigen Untertanen. Die ersten unbemannten Flugzeuge wurden während des ersten Weltkrieges entwickelt und im zweiten Weltkrieg eingesetzt. Die Entwicklung der Aufklärungsdrohnen geht auf die 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts zurück. Insbesondere die USA setzten diese Spionage-Drohnen im Vietnamkrieg und gegen die sozialistischen Länder im grossen Stil ein.

Einen Quantensprung erlebt die Entwicklung der militärischen Kampfdrohnen Mitte der 90er-Jahre mit der US-Drohne "Predator", die seither in Afghanistan, Pakistan, Bosnien, Serbien, Irak, Libyen und dem Jemen eingesetzt wird. Nebst den USA gehört Israel zu den wichtigsten Drohnen-Produzenten. Derzeit verhandelt die deutsche Bundeswehr mit dem israelischen Hersteller über den Ankauf von Heron-Kampfdrohnen, einem Konkurrenzprodukt zur amerikanischen Tötungsmaschine "Predator". Ganz im Sinne des neuen Leitbildes der Deutschen Bundeswehr, die sich als Kampftruppe, und nicht als Brunnenbauer sehen will. Mit der israelischen Rüstungsindustrie verhandelt auch die Schweizer Armee. Sie will ihren veralteten Bestand von 28 Aufklärungsdrohnen des Typs ADS 95 mit modernen israelischen Flugkörpern ersetzen.

Als der Iran 2010 eine Kampfdrohne vorstellte, ging das übliche hysterische Raunen durch den bürgerlichen Blätterwald. Vergessen wurde dabei, dass iranische Ingenieure bereits 1980 im Krieg gegen den Irak mit Panzerfäusten bestückte Modellflugzeuge einsetzten. Der damalige irakische Präsident Saddam Hussein, damals noch ein Intimus des US-Imperialismus, stürzte mit seinem Angriff auf den Irak die Region in einen 8-jährigen Krieg. Mit Wissen und Unterstützung der USA setzte der Irak auch Giftgas gegen die iranischen Truppen ein. Saddam Hussein gehörte damals zu den Guten und die bürgerlichen Medien störten sich wenig an diesem Kriegsverbrechen.


Die Kriegsstrategie des Friedensnobelpreisträgers

Unter US-Präsident Barack Obama hat sich die Kriegsführung nachhaltig verändert. Weg von teuren Boden- und Interventionstruppen, hin zum Cyberkrieg und Drohneneinsatz. Eine Kriegsführung, die von der breiten Öffentlichkeit nur in Ausnahmefällen wahrgenommen wird. Von einer friedlicheren Aussenpolitik der imperialistischen Macht USA kann aber deswegen keine Rede sein. Allein in Pakistan töteten die unbemannten Kampfflugzeuge in den letzten Jahren rund 3000 Menschen. Dass diese Zahlen der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt sind, macht den Charakter des Drohnenkrieges deutlich. Es gibt keine Kriegserklärung, es werden keine Truppen geschickt, schon gar nicht teure Kampfflugzeuge mit Piloten, die abgeschossen werden könnten. Etwas naiv erscheint in diesem Zusammenhang das oft gehörte Argument, das Töten werde erleichtert, wenn der Knopfdruck aus grosser Entfernung ausgeführt wird. Bekanntlich werden auch Bomberpiloten selten von Gewissensbissen geplagt.

Die jüngsten Enthüllungen der Existenz geheimer Drohnen-Basen der USA in Saudi-Arabien erstaunen wenig angesichts der engen Zusammenarbeit mit dem ultrareaktionären Gottesstaat. Im Zuge des französischen Einmarsches in Mali plante die US-Armee einen weiteren Drohnenstützpunkt auf dem afrikanischen Kontinent, vermutlich in Niger. Auch die Schweiz beteiligt sich am Krieg in Mali und schickt im Rahmen der EU-Ausbildungsmission Soldaten ins Land. Schöngeredet wird dieser Kriegseinsatz mit der Ausbildung der malischen Truppen in "humanitärem Völkerrecht und in den Menschenrechten". Darunter fallen in der Neusprache bekanntlich militärische Überfälle wie im Irak, in Libyen oder die Bewaffnung der "Rebellen" in Syrien (siehe aufbau Nr. 70).


Der Cyberwar

Wenn es um Krieg geht, hält die USA so ziemlich alles unter Verschluss. Selbst Gesetztestexte werden als top secret definiert und der Öffentlichkeit vorenthalten. Bereits 2002 unterzeichnete der damalige US-Präsident George W. Bush einen Erlass zum Cyberkrieg. Vom Gesetzestext durchgesickert ist lediglich der Wille der USA, ausländische Computernetze angreifen zu können.

Die Anfänge des Computerkrieges gehen auf die 80er Jahre zurück. Im April 1982 explodierte in der Sowjetunion die transsibirische Gaspipeline. Es war die bisher grösste nichtatomare Explosion. Ausgelöst wurde die Detonation durch von den USA eingeschleuste Schadsoftware in das Computersystem.(1) In seinem 2004 erschienen Buch "Am Abgrund: Die Geschichte eines Insiders des Kalten Krieges" beschreibt der ehemalige Berater von US-Präsident Reagan und Mitglied des National Security Council diesen Angriff.

Als erster Grossangriff im Rahmen des Cyberwar gilt die DOS-Attacke in Estland. Im April 2007 wurden praktisch alle Computer von Banken, Medien und Behörden des Landes lahmgelegt. Vermutlich war dies die Antwort auf den Abtransport des Denkmals für den "unbekannten Soldaten", die an die Verdienste der Sowjetunion bei der Vertreibung der deutschen Nazi-Besatzer stand.

Beim Cyberwar geht es aber nicht nur um das Lahmlegen von Computernetzen. Durch das Eindringen auf die sogenannte SPS (Speicherprogrammierte Steuerung) kann die Kontrolle über eine beliebige Maschine übernommen werden. Ganze Kraftwerke können zur Überhitzung und zur Explosion gebracht werden. Erstmals wurde dies durch die US-Heimatschutzbehörde im Rahmen des Experimentes "Aurora" durchgeführt.

Die Umsetzung in die Praxis liess nicht auf sich warten. Im Jahre 2010 wurde mit dem Computerwurm "Stuxnet" die iranische Urananreicherungsanlage in Natanz angegriffen, der die Zentrifugen zum Erliegen brachte. Die Handschrift der USA und Israels trägt auch die seit 2010 anhaltende Mordserie gegen iranische Atomwissenschaftler, welche mit Terroranschlägen hingerichtet wurden. Als Mitarbeiter der iranischen Atomindustrie gehören die vier Iraner zu den Bösen. Die Morde erregen hierzulande entsprechend wenig Aufsehen.


Anmerkung:

(1) CIA lieferte Hightech mit kleinen Fehlern, Spiegel 27.02.2004

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Redaktion

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Quelle:
aufbau Nr. 73, mai / juni 2013, Seite 3
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Mai 2013