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ARBEITERSTIMME/273: Warum hat die DDR-Arbeiterschaft 1989/90 ihr Volkseigentum nicht verteidigt?


Arbeiterstimme Nr. 180 - Sommer 2013
Zeitschrift für die marxistische Theorie und Praxis
Die Befreiung der Arbeiterklasse muß das Werk der Arbeiter selbst sein!

Zur Diskussion

Warum hat die DDR-Arbeiterschaft 1989/90 ihr Volkseigentum nicht verteidigt?



Einleitung zur Diskussion des Beitrages "Warum hat die DDR-Arbeiterschaft 1989/90 ihr Volkseigentum nicht verteidigt?" (überarbeitet) ARSTI-Tagung am 1./2. Juni 2013

Derzeit braucht die deutsche Bourgeoisie nicht mehr auf eine konkurrierende gesellschaftliche Perspektive Rücksicht zu nehmen. Sie kann auf den globalen Konkurrenzkampf verweisen. Mit Merkels Worten heißt das: "Wir müssen die Nase vorn haben". Bei allen negativen Begleiterscheinungen, die die Profitproduktion hervorbringt - der bessere Lebensstandard gegenüber anderen Ländern lässt die deutschen Lohnabhängigen die Profitproduktion z. Zt. hinnehmen und nach individuellen Lösungen suchen - und die Bessergestellten sehen unsere Verhältnisse als verteidigenswert an.

Wir wissen, dass die Krisenentwicklung zum Wesen des Kapitalismus gehört. Deshalb wissen wir auch, dass mit der weiteren Entwicklung Fragen auf uns zukommen, zusammengefasst in: Wie kann die Krisenentwicklung überwunden werden? Und dabei spielen dann die Erfahrungen mit der DDR keine nebensächliche Rolle.

Auf den Erfahrungen der Menschen Mit der DDR kocht noch heute die deutsche Bourgeoisie ihr propagandistisches Süppchen - wenn z. B. im Fernsehen Filme mit geschichtlichem DDR-Hintergrund gezeigt werden. In den neuen Bundesländern soll einer "Ostalgie" entgegengewirkt werden. Und hier im Westen soll aufgewärmt werden, dass der Sozialismus kein erstrebenswertes Ziel sein könne.

Wenn wir uns heute mit der DDR intensiv befassen, so ist das im Wesentlichen eine Vorbereitung auf kommende Diskussionen, die die kapitalistische Krisenentwicklung uns aufdrängt.

Hatten die klassenbewussten Arbeiter vor hundert Jahren den Traum vom Sozialismus im Kopf, so müssen wir heute erklären, warum der Aufbau des Sozialismus in einem Teil Deutschlands - und im Hintergrund auch in der Sowjetunion - gescheitert ist. Der bisherige Weg der Arbeiterbewegung ist gepflastert mit Niederlagen. Für den weiteren Weg konnten die Niederlagen immer nur genutzt werden, wenn sie aufgearbeitet wurden.

Bevor wir den Entwurf diskutieren ein paar Worte zur Auseinandersetzung unserer politischen Vater und Großväter um die SBZ und die DDR in den fünfziger Jahren. Die Bevölkerung der DDR ist von der Arbeiterpolitik (ARPO) immer als ein Teil der Klasse der deutschen Arbeiterklasse angesehen worden.

Bei aller Solidarität zur Sowjetunion war den ehemaligen Mitgliedern der Kommunistischen Partei Opposition (KPO) in der SBZ bewusst, dass nur ein eigenständiger Aufbau des Sozialismus nachhaltig sein konnte. Sie sahen die Gefahr, dass sich Kommunisten in den Augen der Arbeiterklasse kompromittierten, wenn sie sich in irgendeiner Form einer der Besatzungsmächte zur Verfügung stellen würden. Denn dann könnten sie nicht mehr die Interessen der arbeitenden Bevölkerung vertreten, sondern im Wesentlichen nur die der Besatzungsmächte. Im Bewusstsein dieser Problematik verhielten sich ehemalige KPO-Mitglieder unterschiedlich, Robert Siewert, Alfred Schmidt, Paul Elflein und so viele nicht genannte. Nicht nur Jakob Walcher sah vor allem - und das war für ihn bei seiner Rückkehr aus dem Exil entscheidend - dass die gesellschaftliche Grundlage geändert worden war, indem der Großgrundbesitz in eine Form des Gemeinbesitzes überführt worden war und die Unterstützer der NSDAP aus dem Großbürgertum (Kapitaleigner) enteignet wurden. Damit war die Voraussetzung geschaffen, um zu einer sozialistischen Gesellschaft verstoßen zu können.

Viele ehemalige KPO-Mitglieder stellten sich in der Hoffnung, bestehende Mängel allmählich überwinden zu können, dem Aufbau sozialistischer Grundlagen unter den Vorgaben der SU zur Verfügung. Besonders in Thüringen waren es 1945 ehemalige KPO-Mitglieder, die an vielen Orten den Wiederaufbau von KPD-Zellen initiierten. Sie wollten dazu beitragen, dass die arbeitende Bevölkerung so schnell wie möglich aus dem Schlamassel, den die Nazis bereitet hatten, herauskommen konnte. Anfangs war es ihnen auch möglich, Kritik an dem zu üben, was sie als falsch ansahen.

Auch im Westen gab es unterschiedliches Verhalten. Unterschiedliche Versuche aus den Erfahrungen zu lernen gab es mehr als genug: Die KPD einerseits, die SPD andererseits konnten von ihrer Vergangenheit leben und von der Unterstützung, die sie von ihren jeweiligen Hintermännern erhielten. Insgesamt konnten sich Kommunisten sich nicht durchsetzen, u. a. weil das "Wirtschaftswunder" ab etwa 1953 die unmittelbaren Bedürfnisse der Arbeiter befriedigen konnte und dann noch zusätzlich etwas gab. Das geht aus dem Studium der schriftlichen Zeugnisse, die seit 1945 vorliegen hervor.

Schon die alten Diskussionen innerhalb der Gruppe über den Weg der DDR zeigen, dass es in Gesprächen mit Kolleg(inn)en, die vom Klassenstandpunkt der Lohnabhängigen ausgehen, notwendig ist, nicht oberflächlich zu argumentieren, sondern sich mit den Ursachen des Scheiterns der DDR auseinanderzusetzen. Dabei können wir uns nicht auf eine geschlossene Analyse und Stellungnahme unserer politischen Väter und Großväter stützen. Zu den einzelnen Gesichtspunkten dieser Problematik ist an verschiedenen Stellen etwas ausgesagt worden.

Die Artikel in den ersten ARPO-Jahrgängen ab 1948 spiegelten den Widerspruch zur konkreten Politik der sozialistischen Besatzungsmacht wie zur KPD/SED wider, in den unsere politischen Freunde gerieten. Ihre konkreten Darstellungen sind wertvoll. Viele Artikel sind besonders Hermann Jahn zu verdanken, der - wie Paul Elflein aus der SBZ 'rüberkommen musste. Über die Bodenreform - die Enteignung der Großgrundbesitzer - schrieb Paul, der damals damit zu tun hatte.

In der Einschätzung des 17. Juni 1953 tat sich zwischen dem ARPO-Redakteur Rudi Hanke und Heinrich Brandler ein Gegensatz auf, der dazu führte, dass in ein und derselben ARPO-Ausgabe Brandler den Hintergrund der Ereignisse erläuterte, während Hanke im Leitartikel polemisierte. Seine Polemik gegen die Politik der Besatzungsmacht sowie gegen die SED-Führung gipfelte in seiner (allgemein bürgerlichen) Forderung "Der Spitzbart muss weg" - also Ulbricht. Brandler hingegen sagte über Ulbricht, den er selber in die KPD aufgenommen hatte: "Er vertritt die höheren Interessen der deutschen Arbeiterklasse. "

Brandler bezog ebenso wie Thalheimer in seinen analytischen Betrachtungen den internationalen Klassengegensatz, also die internationalen Kräfteverhältnisse und die historischen Erfahrungen mit ein, ohne die die Politik der SU und die Entwicklung in der DDR nicht zu verstehen sind. Rudi Hankes Argumentation können in den entsprechenden Artikeln in der ARPO der fünfziger Jahre nachgelesen werden. In diesem Zusammenhang ist für uns die Aussage Ursula Herrmanns (frühere Mitarbeiterin am Institut für Marxismus-Leninismus in Berlin) auf einer Konferenz mehrerer linker Organisationen im Februar 2013 interessant. Sie sagte u. a.: "Der größte Widerspruch zwischen beiden [nämlich der SED und der Sozialdemokratie vor 1914] war die Auflassung und Handhabung von Demokratie, das Vertrauensverhältnis zu den Parteimitgliedern und in die Volksmassen, die Selbständigkeit der Basis. Die revolutionäre Sozialdemokratie war durch und durch demokratisch gestaltet. Sie lebte durch die Eigeninitiative der Mitglieder und örtlichen Parteiorganisationen, orientiert an zentralen Festlegungen. An dieser Selbständigkeit der Basis zerbrach z. B. das Sozialistengesetz" (Marxistische Blätter Heft 3/2013, S. 77/78).

Während Rudi Hanke ganz einfach die "Arbeiterdemokratie" als ultima Ratio, als Gegenmodell zur bestehenden Machtausübung forderte, konnte Heinrich Brandler die von Ursula Hermann beschriebene Erfahrung aus der Zeit der Vorkriegssozialdemokratie und die Erfahrung der deutschen Revolution 1918/19 in die Diskussion der Gruppe Arbeiterpolitik einbringen: In einem Brief schreibt er: "Frage doch mal euren Delegierten, ob auf der Jahreskonferenz eine Diskussion über die Haltung der ARPO zu der Art der abstrakten Diskussion der 'Arbeiterdemokratie' stattgefunden hat. Sie war Rudis Allheilmittel in der DDR gegen den Ulbrichtkurs, und bei der Stellungnahme der ARPO zu Polen und Ungarn diente sie als Ersatz jeder konkreten Analyse. ... Ich wandte mich 1953 gegen die Arbeiterdemokratie als Phrase, als er sie in der DDR als Allheilmittel empfahl. Hätten Räte 1953 in der DDR nicht notwendig gegenrevolutionäre, antisozialistische Mehrheiten zur Folge gehabt? ... Räte können immer nur in der Bewegung vorhandenem oder nicht vorhandenem sozialistischem Bewusstsein zum Ausdruck verhelfen, wie das Thermometer nur die wirkliche Temperatur anzeigen kann."

In einem Brief Brandlers vom 12.6.1958 kommt zum Ausdruck, dass nicht nur Rudi Hanke, der abstrakten Forderung nach Arbeiterdemokratie anhing: Er schrieb: "In einem meinem Ausscheiden vorhergehenden Diskussionsversuch stellte ich fest (in Bremen), dass ich außerstande war, in den paar Stunden den Freunden begreiflich zu machen, um was es eigentlich geht." (Brief vom 12.6.1958, Archiv Nr. 2.11)

Als entscheidende Voraussetzung für eine notwendige Demokratie unter denen, die den Sozialismus anstrebten, war für Heinz Brandler, den Arbeitern ihre Aufgabenstellung beim Aufbau des Sozialismus unter den weltpolitischen Kräfteverhältnissen aufzuzeigen und damit auch die notwendigen Opfer für die Arbeiterklasse zu erklären.

Nachdem der Redakteur Rudi Hanke 1959 das Erscheinen der Zeitschrift Arbeiterpolitik eingestellt hatte, brachte die Bremer Gruppe Arbeiterpolitik ab 1960 als Nachfolgezeitschrift die Briefe an unsere Leser und etwas später die neue Arbeiterpolitik heraus. Heinz Brandler unterstützte diese Arbeit mit seinen Artikeln zur Weltpolitik, in denen er dann auch zu verschiedenen Aspekten der Problematik DDR Stellung nahm.

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ZUR DISKUSSION

Warum hat die DDR-Arbeiterschaft 1989/90 ihr Volkseigentum nicht verteidigt?

Es entspricht guter Tradition in der Arbeiterbewegung, Erfahrungen und Probleme zu diskutieren. Das Scheitern der Sowjetunion und der DDR sind tiefgehende negative Erfahrungen nicht nur der deutschen Lohnabhängigen. Gesellschaftliche Klassen lernen aus ihren Erfahrungen. Negative Erfahrungen zwingen geradezu zur Aufarbeitung in der offenen Diskussion. Nachstehend ein erster Diskussionsbeitrag von Arbeiterpolitik und Arbeiterstimme hierzu.


Vom Kapitalismus zur Zeit des Systemgegensatzes zum globalisierten Kapitalismus

Mit dem Zerfall der Sowjetunion haben sich die Kräfteverhältnisse in der Welt verändert, in Europa besonders deutlich mit dem Anschluss der DDR an die BRD. Einen Konkurrenzkampf der Gesellschaftssysteme gibt es nicht mehr. Die kapitalistische Produktionsweise ist weltweit vorherrschend. Die herrschenden Klassen sehen es deshalb nicht mehr als notwendig an, die Lohnabhängigen mit Zugeständnissen gegen den Kommunismus zu immunisieren. Die Funktion, als Schaufenster auf den Osten zu wirken, ist weggefallen. Diese Ausprägung des Kapitalismus während des Systemgegensatzes ist durch globalisierten Konkurrenzkampf abgelöst worden.

Auch mehr als zwanzig Jahre nach dem Anschluss an die BRD konnten sich deshalb die Wohlstandserwartungen für die große Mehrheit der Ostdeutschen nicht erfüllen. Zwar gibt es Gewinner, gibt es volle Regale in den Geschäften, Reisefreiheit und sagen kann man auch so vieles. Doch Arbeitslosigkeit, unsichere Beschäftigung, durch niedrigere Löhne als im Westen Arbeiter zweiter Klasse zu sein, die schlechteren Arbeitsbedingungen der Frauen, das stand nicht auf dem Wunschzettel.

Dass die Voraussetzungen für Zugeständnisse der herrschenden Klasse in Deutschland - wie die Mittel- und Westeuropas - an die Lohnabhängigen weggefallen sind, bekommen natürlich auch die westdeutschen Lohnabhängigen zu spüren. Ein Baustein aus dem Schaufenster zum Osten war z. B. das 1957 vom Bundestag beschlossene Umlageverfahren für die Rente und die Rentenanpassung an die allgemeine Entwicklung der Bruttolöhne. 2002 wurde die sichere Rente" (Norbert Blüm 1986: "Denn eins ist sicher: die Rente.") deutlich abgesenkt und damit die Altersarmut vorgezeichnet. Ein Teil der Altersvorsorge wurde privatisiert und dient den Banken und Versicherungen als Profitquelle. Die inzwischen verbreitete prekäre Beschäftigung lässt für viele jetzt die Altersarmut sicher werden, denn mit den Hartz-Gesetzen wurde (unter Mitwirkung der Gewerkschaften) in Deutschland ein Niedriglohnsektor durchgesetzt. Hatte der Gegensatz der gesellschaftlichen Systeme es in Westdeutschland bis dahin möglich gemacht, die materiellen Bedürfnisse der Menschen überwiegend zu befriedigen, so gehört heute für immer mehr abhängig arbeitende Menschen die soziale Sicherheit der Vergangenheit an.

Der weltweite kapitalistische Konkurrenzkampf hat zur Erhöhung der Ausbeutung der Lohnabhängigen geführt, deren Denken im Westen noch bestimmt ist von der langen sozialpartnerschaftlichen Phase, in der Gewerkschaftsfunktionäre stellvertretend für die Lohnabhängigen Löhne und Arbeitsbedingungen aushandelten. Parallel dazu ist die arbeitende Bevölkerung in den neuen Bundesländern geprägt durch die Gewohnheit, dass die Obrigkeit alles regelt. Während heute der radikale Sozialabbau besonders in den südlichen Staaten der Eurozone die Gewerkschaften zu Abwehrkämpfen zwingt, entwickelt sich bisher weder im Westen noch im Osten eigenständiger Widerstand der Lohnabhängigen gegen den Sozialabbau. Die ökonomische Stärke Deutschlands und die Prägung durch gemachte Erfahrungen lassen hier kaum Solidarität mit den kämpfenden Lohnabhängigen in Europa aufkommen.

Mit der Deindustrialisierung der neuen Bundesländer zerstörten die westdeutschen Kapitalisten die von den ostdeutschen Arbeitern geschaffenen Produktionsmittel, entledigten sich möglicher Konkurrenz und lasteten die eigenen Kapazitäten voll aus. Die Lohnabhängigen in den neuen Bundesländern - viele arbeitslos geworden - wurden zum Einfallstor für die Offensive der Unternehmer zur Aufweichung der Flächentarifverträge in ganz Deutschland. Ostdeutsche Frauen, die in der DDR gleichberechtigte Arbeitskräfte waren, wurden wieder an den Herd gedrängt.

Die Bevölkerung der DDR, die Wohlstand und Reisefreiheit wollte und in ihrer Republik keine Perspektive mehr sah, kam in einem völlig veränderten Gesamtdeutschland an. Sie hatte durch Familienkontakte, Fernsehen und Radio das Bild einer besonderen Phase des Kapitalismus im Kopf, das allerdings mit dem Anschluss der DDR an die BRD und der Auflösung der Sowjetunion Geschichte ist. Angst vor dem sozialen Abstieg ließ Fremdenfeindlichkeit aufkommen und gibt Neonazis Raum für Propaganda. Allerdings sagt die eigene Lebenserfahrung vielen etwas anderes, gibt ihnen ein differenzierteres Bild als das, was die bürgerliche Propaganda in den Medien ihnen aufdrängen will. Das Schul- und Gesundheitssystem, der Wohnungsbau und die Mieten, sowie die soziale Sicherheit in der ehemaligen DDR werden immer noch überwiegend positiv gesehen. Ein Zurück in die DDR will die große Masse der ostdeutschen Lohnabhängigen nicht, aber die Unzufriedenheit über die jetzige soziale Lage ist verbreitet.

In mehreren Städten konnten Teile der jungen Generation, die nicht die DDR-Sozialisation erfahren haben, inzwischen initiativ werden, sich selber organisieren und z.B. erfolgreich Neonazi-Aufmärsche verhindern. In Dresden wurde gegen Obrigkeit, Justiz und Polizei in der Stadt verhindert, dass die NPD die Zerstörung Dresdens 1945 durch alliierte Bomber für ihre Propaganda nutzen konnte.(1)

Dass der Kapitalismus den Menschen keine Perspektive mehr bieten kann, erkannten in der Wirtschaftskrise 2008/2009 selbst bürgerliche Schreiber. Dass wir es nicht mit einer schnell vorübergehenden Phase des Kapitalismus zu tun haben, bemerkte im November 2011 auch Frank Schirrmacher, Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: "Es wird immer klarer, dass das, was Europa im Augenblick erlebt, keine Episode ist, ...". Besondere Aufmerksamkeit erregte die Occupy-Bewegung mit ihrer Besetzung der Wallstreet in New York. Sie trug auf ihren Spruchbändern "Die Krise heißt Kapitalismus" und forderte u. a. die Verstaatlichung der Banken. Aber alle bisherige Kritik an der gegenwärtigen Krise, die in der Öffentlichkeit Beachtung fand, rüttelte nicht an der bürgerlichen Gesellschaft, nicht am Kapitalismus.

Obwohl Menschen erfahren, dass die Krise einfach zur Marktwirtschaft gehört, dass die Banken mit ihren Steuergeldern gerettet wurden, die nun im Sozialbereich fehlen, dass die Ursache weltweiter Umweltprobleme, die Gefährdung unserer Gesundheit z. B. durch Fleisch aus Massentierhaltung ihre Ursache im Profitstreben haben, werden die Lohnabhängigen noch nicht zu der Erkenntnis gedrängt, dass die Profitproduktion überwunden, durch eine bedarfsdeckende Wirtschaft ersetzt werden muss.

Im weltweiten Konkurrenzkampf auf der Jagd nach dem höchsten Profit, getrieben von Krise und Konkurrenzdruck, greift das Kapital weiter die kargen sozialen Besitzstände der Lohnabhängigen an. Und die sehen: Ein Teil der Lohnabhängigen kann seinen Lebensunterhalt nicht mehr durch den Verdienst aus Lohnarbeit bestreiten, ein weiterer Teil wird - bedingt durch die technologische Entwicklung - für die Profitproduktion einfach nicht mehr gebraucht und wird auf Dauer arbeitslos. Dabei ist Deutschland noch verhältnismäßig gut gestellt: Bis zu 25 Prozent der arbeitenden Bevölkerung ist in der Industrie beschäftigt. Die Konkurrenz um die Arbeitsplätze und die wachsende prekäre Arbeit macht Kollegen in festen Arbeitsverträgen gefügig, lässt sie so vieles hinnehmen: Durch verlängerte Arbeitszeiten und die Verdichtung ihrer Arbeit werden sie bis an ihre Grenzen belastet. Staatsbedienstete werden durch Haushaltskürzungen unter Druck gesetzt. Frauen müssen immer noch eine Ungleichbehandlung hinnehmen: Indem sie die Hauptlast der Familienarbeit tragen, ist ihnen eine Gleichstellung in der Arbeitswelt versperrt. Ausgelernten werden zunehmend überwiegend Zeitverträge angeboten.

Das Kapital schafft veränderte Verhältnisse. Die entstehenden Widersprüche können nicht durch Tarifverhandlungen der Gewerkschaften aufgehoben werden, denn Gewerkschaften vertreten die Interessen der Lohnabhängigen nur in dem Rahmen, wie die Profite nicht beeinträchtigt werden, also im Rahmen dieser Gesellschaftsordnung. Die heutige Generation ist damit letztlich gezwungen sich mit den veränderten Verhältnissen auseinander zu setzen. Dabei fehlen den Lohnabhängigen heute Kampferfahrung und Klassenbewusstsein, was in der Nachkriegsgeneration bei Teilen der Arbeiterschaft noch vorhanden war - wenn auch ausgerichtet auf Reformen innerhalb dieser Gesellschaftsordnung.

Besonders in Deutschland kommt ein Problem hinzu: Stand in Deutschland die massenhafte politische Organisierung der Arbeiter vor mehr als hundert Jahren unter dem Zeichen des sozialistischen Marxismus (Sozialismus war vor dem 1. Weltkrieg der Traum breiter Arbeiterschichten und 1918/19 waren die revolutionären Massen nicht nur Partei- und Gewerkschaftsmitglieder)(2), so hat die Klasse der Lohnabhängigen heute nicht nur zu verarbeiten, dass der erste Versuch, den Sozialismus aufzubauen, gescheitert ist. 1914 hatten die deutschen Arbeiter einen Lebensstandard erreicht, der für sie verteidigenswert war. Die Forderungen der Masse der Arbeiter blieben immer konkret; so war dann in der revolutionären Phase nach dem 1. Weltkrieg mit dem Zugeständnis des 8-Stunden-Tages eine ihrer zentralen Forderungen erfüllt. Die deutsche Arbeiterklasse schaffte es nicht, den Weg vom Kampf um Reformen zum Kampf zur Überwindung des Kapitalismus zu finden. Deshalb konnte sie die von den russischen Arbeitern erhoffte Hilfestellung beim Aufbau ihrer sozialistischen Wirtschaft nicht geben. In der Sowjetunion führte die Hunger- und Kriegsgefahr 1927/28 zur Zwangskollektivierung und Industrialisierung, die unter Stalin mit brutalen Methoden durchgeführt wurden. Diese Methoden der sozialistischen Akkumulation stießen die westeuropäischen Arbeiter ab und trugen entscheidend zur Enttäuschung über die SU bei. Die Industrialisierung war jedoch eine Voraussetzung für den Sieg der Roten Armee über die faschistische deutsche Wehrmacht im zweiten Weltkrieg.

Die sowjetischen Methoden des Aufbaus waren abschreckend. Unter diesem Eindruck bildete sich die weit verbreitete Meinung heraus: Der Sozialismus ist kein Ausweg. Und die bürgerliche Propaganda in den Medien ist darauf abgestellt, dieses stark ablehnende Gefühl wach zu halten. Im "Weser Kurier"vom 9. Januar 2012 wurde die Situation so beschrieben: "Eine Renaissance von Karl Marx etwa ist nicht zu erkennen. Immerhin hat er vor mehr als 150 Jahren die Krisenhaftigkeit des kapitalistischen Systems analysiert. Doch von einer linken Alternative, dem Sozialismus graut auch 22 Jahre nach dem Ende der DDR und der Sowjetunion noch immer den allermeisten." Hier ist also eine Quelle entstanden, aus der das bürgerliche Lager für den Kampf gegen die Klasseninteressen der Lohnabhängigen schöpfen kann.

Bei der Weiterentwicklung der Krise ist die Masse der Lohnabhängigen gezwungen, für konkrete Ziele zu kämpfen. Damit diese Kämpfe nicht vereinzelt nebeneinander stehen bleiben, ist es notwendig, die Ursachen der Krise zu verstehen, die in den kapitalistischen Produktionsverhältnissen liegen, und eine Perspektive zu entwickeln, die über den armseligen Rahmen der Ausbeutung und Verwertung menschlicher Arbeitskraft und der natürlichen Quellen allen Reichtums hinausweist. Für Menschen, die unter den Lohnabhängigen vom Klassenstandpunkt aus wirken wollen, ist es deshalb notwendig, sich mit Fragen der sozialistischen Perspektive auseinander zu setzen: In Deutschland heißt das, der Ursache des Scheiterns der DDR und des ersten Versuchs, eine sozialistische Gesellschaft zu errichten, auf den Grund zu gehen. Und da heißt die Frage: Warum hat die Arbeiterklasse der DDR 1989/1990 ihr Volksvermögen nicht verteidigt und die Vernichtung der DDR-Industrie, was für sie Arbeitslosigkeit bedeutete, nicht verhindert?

In Deutschland erfordern die unmittelbaren Erfahrungen mit der DDR, die objektiven Voraussetzungen herauszuarbeiten, unter denen in der SBZ/DDR versucht wurde, eine sozialistische Gesellschaft aufzubauen. Bei dieser Untersuchung ist es wichtig, die Entwicklung in der SBZ/DDR nicht isoliert zu betrachten. Sie muss Vielmehr im Zusammenhang mit dem ersten Versuch, in der Sowjetunion eine sozialistische Gesellschaft aufzubauen, gesehen werden, also im dadurch entstehenden weltpolitischen Gegensatz zweier Gesellschaftssysteme und in den historisch gewachsenen Voraussetzungen. Wir können hier nur Grundzüge aufzeigen.



Die Wahrnehmung der DDR in Westdeutschland

Unter den westdeutschen Arbeitern hatte sich nach und nach die Meinung herausgebildet, dass der Sozialismus für sie kein gesellschaftliches Ziel sein könne. Zwölf Millionen Flüchtlinge und Vertriebene aus den an Polen und die SU abgetretenen Reichsgebieten östlich von Oder/Neiße sowie aus der Tschechoslowakei und Südosteuropa waren besonders zugänglich für eine revanchistische Politik. Ca. 1,7 Millionen Menschen, Vielfach qualifizierte Fachkräfte, verließen in der Zeit von 1945 bis 1961 die sowjetisch besetzte Zone, bzw. die DDR in Richtung Westen. Sie wurden durch den höheren Lebensstandard, die vermutete persönliche Freiheit in Bezug auf bürgerliche Grundrechte, Demokratie und durch die Erwartung einer besseren individuellen Lebensperspektive angezogen. Das war eine deutliche Abstimmung gegen den Versuch, auf deutschem Boden den Sozialismus aufzubauen und wirkt in der BRD nach. Zwar gab es auch Westdeutsche, die es vorzogen, in die DDR zu gehen. Diese Abwanderung ist zahlenmäßig jedoch nicht mit der nach Westen zu vergleichen.

Heute wird die DDR von den bürgerlichen Parteien und den Medien verteufelt, um so das Suchen nach einem Weg zur Überwindung des Kapitalismus zu erschweren. Auch zu diesem Zweck ist die wirtschaftliche Entwicklung der DDR konsequent schwarz gemalt worden.

War die DDR-Wirtschaft auch nicht so produktiv wie die der BRD, die weltweit mit an der Spitze stand, so war die DDR im Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) industriell am höchsten entwickelt. Mit der Einführung der D-Mark Mitte 1991 rissen die Wirtschaftsbeziehungen zu den ehemaligen RGW-Staaten ab, denn die benötigten nun zur Bezahlung Devisen, an denen es mangelte. Im RGW war die DDR mit vom westlichen Kapitalmarkt unabhängigen Verrechnungsformen eingebettet. Auch der damalige "DDR-Binnenmarkt" hörte auf zu bestehen: Die Menschen wollten nur noch Westprodukte. Selbst Lebensmittel aus eigener Produktion wurden nicht mehr gekauft.

Über die Treuhand wurde dann die DDR, deren bisherige Wirtschaftsbeziehungen nun gekappt waren, quasi de-industrialisiert. Hunderttausende Arbeitsplätze wurden vernichtet. Die Wirtschaft der "alten" Bundesländer erreichte dadurch einen vorübergehenden Aufschwung. Ein unliebsamer Konkurrent für die westlichen Unternehmen wurde effektiv ausgeschaltet und sozialistische Wirtschaftsmethoden diskreditiert.


Die Unterschiede zwischen Ost und West hatten ihre Ursachen

Während die Länder der westlichen Alliierten von Zerstörungen im 2. Weltkrieg relativ geringfügig betroffen waren, wurde der europäische Teil der Sowjetunion von den deutschen Truppen so verwüstet, dass die sowjetische Bevölkerung ein Jahrzehnt brauchte, um die verbrannte Erde wieder bewohnbar zu machen. Und stets im Bewusstsein war seit den Interventionskriegen 1918-20 die Bedrohung der Sowjetunion durch die industriell hochentwickelten kapitalistischen Staaten. Im Sommer 1919 standen die Truppen von 14 Staaten auf sowjetischen Gebiet, ohne dass eine Kriegserklärung erfolgt war, u. a. von Großbritannien, Frankreich, den USA, Japan und Deutschland. Die Armeen der weißgardistischen Generäle sollten gemeinsam mit den Interventionstruppen von allen vier Himmelsrichtungen konzentrisch auf Moskau Vorrücken.

Von Kriegsschäden verschont geblieben, konnten die USA nach 1945 als Kreditgeber und Waren- bzw. Waffenlieferant das Geschäft des Siegers machen. Zwar verlangten alle Siegermächte Wiedergutmachung, doch aufgrund der ungeheuren Zerstörungen forderte die SU entsprechend hohe Reparationen von Deutschland. Die USA, deren Industrie brummte, waren hauptsächlich an den deutschen Spezialisten (u.a. um Wernher von Braun) und Patenten interessiert.

Da die Westmächte der SU als ihrem internationalen Klassenfeind Wiedergutmachungen aus ihren Besatzungszonen verweigerten, sah sie sich gezwungen, ihre Forderungen aus ihrer Besatzungszone herauszuholen. (Wie von Amo Peters in einer Berechnung verdeutlicht wurde, hätte die DDR daher ein Guthaben bei der BRD. (Siehe Kasten S. 7))


Ziele der Westalliierten nach dem 2. Weltkrieg ...

Die Politik der "bedingungslosen Kapitulation" und die "Kollektivschuldthese" der Alliierten hatten dazu beigetragen, dass sich in der deutschen Bevölkerung keine eigenständige Kraft gegen die Nazidiktatur herausgebildet hatte. Der Bombenkrieg gegen die städtische Bevölkerung drängte die Menschen dichter an die Seite der Nazis.

Mit der Niederringung des faschistischen Deutschlands und Japans waren die Widersprüche im kapitalistischen Lager aufgehoben. Auch die Allianz zwischen den demokratischen kapitalistischen Staaten und der Sowjetunion hatte ihren Zweck erfüllt. Der gesellschaftliche Hauptwiderspruch zwischen Sozialismus und Kapitalismus trat im Weltmaßstab wieder in den Vordergrund. Mitten durch Deutschland verlief nach dem 2. Weltkrieg die Frontlinie zwischen den weltpolitischen Lagern der internationalen Klassengegner. Während die Sowjetunion aufgrund ihrer ökonomischen Schwäche versuchte, das Bündnis mit den Westmächten aufrechtzuerhalten um eine gemeinsame Besatzungspolitik durchzuführen, brauchten die USA das wirtschaftliche und militärische Potential der Westzonen für eine Front gegen die Sowjetunion. Der amerikanische Historiker John Gimbel fasste die Besatzungspolitik der USA in den Jahren 1945 bis 1949 so zusammen: "Die Amerikaner ... waren auch im Interesse der Wahrung der eigenen Sicherheit darauf bedacht, Deutschland und Europa wieder wirtschaftlich gesunden zu lassen und den Bestand des freien Unternehmertums zu gewährleisten. Sie wollten den Sozialismus verhindern, dem Kommunismus zuvorkommen, das Geld des amerikanischen Steuerzahlers sparen, französische Pläne zur Zerstückelung Deutschlands vereiteln und die Sowjetunion in Mitteleuropa in Schranken halten." (Zitiert nach Andersen/Kiupel, IG Metall in Bremen, die ersten 100 Jahre, Hrsg. IGM Bremen, 1991, S. 44)

Zu diesem Zweck sollten Westdeutschland und Westberlin auch zum Schaufenster des Kapitalismus gegen den Sozialismus werden. Unter der Führung der USA schonten die westlichen Besatzungsmächte deshalb in ihren Zonen viele Sachwerte der Kapitalisten. An die Stelle der Reparationen und Demontagen stellten die USA bald den Marshallplan. Besonders Westberlin wurde mit enormen Milliarden-DM-Beträgen über Bundes- und Länderhilfe, sowie Steuerbegünstigungen zur Frontstadt ausgestattet.



Marshallplan
Die USA sahen nach 1945 die Gefahr, dass Westeuropa kommunistisch werden könnte: Aufgrund ihrer Rolle im Widerstand gegen die faschistische deutsche Besatzung war in Frankreich die KPF bei den Wahlen als stärkste Partei an einer Koalitionsregierung beteiligt. Ähnlich war die Lage in Italien. In Griechenland, das aufgrund von Absprachen der Alliierten zum britischen Einflussgebiet gehörte, drohten kommunistische Partisanen die Macht zu übernehmen.
Vor dem Hintergrund ihrer gelungenen Umstellung der Rüstungs- auf zivile Produktion entwickelten die USA einen Plan zur amerikanischen Wirtschafts- und Finanzhilfe, dessen Umsetzung durch Lieferungen von Energieträgern, Industrieausrüstungen und Lebensmitteln auch zur Auslastung der US-Wirtschaft beitrug.
Vorfinanziert wurden die Lieferungen durch amerikanische Kredite in Höhe von ca. 7,5 Milliarden Dollar. Dieser Marshallplan war die Ergänzung zur Politik des internationalen Klassengegensatzes, die bereits im Mai 1946 mit der Unterbindung der ursprünglich im Potsdamer Abkommen zugesicherten Reparationen für die Sowjetunion aus den Westzonen (bes. Ruhrgebiet) zum Ausdruck kam.


Die deutsche Bourgeoisie warf sich den Besatzern in die Arme, denn zwischen den besiegten deutschen Imperialisten und den amerikanischen Siegern herrschte Übereinstimmung über die antibolschewistischen Ziele. Die westlichen Zonen wurden dem politischen System ihrer Besatzer, der bürgerlichen Demokratie, angepasst.

In ihrer Propaganda konnten sich die Westmächte, die das Anwachsen des Faschismus in Europa wohlwollend begleitet hatten, als die wahren Vertreter von Freiheit und Demokratie aufspielen: Sie brauchten nur auf die Unterdrückung der Großgrundbesitzer, Unternehmer und der mit ihnen sympathisierenden Kleinbürger in der SBZ durch die Sowjetunion hinweisen. Waren diese Unterdrückungsmaßnahmen als revolutionäre Akte einer zur Macht gelangten Arbeiterklasse zu rechtfertigen, so konnten sie nicht als demokratische Beschönigung von Besatzungspolitik dienen.

Indem die Imperialisten auf Fehleinschätzungen beruhende Maßnahmen der sowjetischen Politik ausnutzten, konnten sie im Westen die deutschen Arbeiter zu Feinden der Sowjetunion machen.



...und die Bevölkerung der Westzonen

Direkt nach dem Krieg versuchten in vielen Orten Antifaschisten sofort eine Nazi-freie Verwaltung aufzubauen. Das wurde nicht nur von den Siegermächten verhindert, die nicht auf die "Erfahrung" der Nazi-Fachleute verzichten wollten. Auch Sozialdemokraten, die von den Besatzungsmächten als neue Verantwortliche vor Ort ausgewählt wurden, verhielten sich so. In vielen Orten, besonders im Ruhrgebiet, nahmen Arbeiter zerstörte, bzw. stillgelegte Produktionsanlagen wieder in Betrieb. Sie organisierten die Versorgung der Restbelegschaften und ihrer Familien. Auch in Bremen organisierten antifaschistische Kollegen nach der Kapitulation in vielen Betrieben den Wiederbeginn der Produktion. Gewerkschafter, Sozialdemokraten und Kommunisten, die nach der kampflosen Kapitulation der deutschen Arbeiterklasse erkannt hatten, dass der "Bruderkampf" den Nazis erst ermöglicht hatte an die Macht zu kommen, sammelten sich hier in der "Kampfgemeinschaft gegen den Faschismus" (KGF). Sie gründeten Betriebsräte und sorgten für die Entfernung nationalsozialistischer Betriebsleiter. Die Besatzungsmacht behinderte diese Arbeit und stellte sich dem Ziel einer Einheitsgewerkschaft in den Weg. Die Gründung der Parteien bedeutete das Aus für die KGF als Einheitsorganisation. Beispielhaft für die westliche Besatzungspolitik war auch das Eingreifen der Besatzer gegen den Versuch Hamburger Arbeiter, sozialistische Gewerkschaften zu gründen. Unter der Besatzungsmacht gab es nur für diejenigen eine Zukunft, die sich mit ihr arrangierten: Nur sie erhielten eine Lizenz zur Gründung von Gewerkschaften.

Gegen die Versorgungsnotlage und die Erfüllung der wirtschaftlichen Forderungen der Besatzungsmächte wehrten sich die Arbeiter bald mit Streiks und Demonstrationen gegen Preiswucher. Individuelle Wege zum Überleben wurden mit Kohlenklau, Schwarzmarkt und Überfällen auf Proviantzüge der Besatzer gesucht. Die Streiks und Demonstrationen gegen den Preiswucher nach der Währungsreform(3) gipfelten dann 1948 in Generalstreiks, im Sommer in Südwürttemberg-Hohenzollern und im November in der Bi-Zone. In Südwürttemberg wurden auch Betriebe, die der französischen Besatzungsmacht unterstanden, bestreikt. Der Generalstreik in der Bi-Zone war der umfassendste Streik seit dem Kapp-Putsch. Doch mit der Absprache einer Befristung der Arbeitsniederlegung auf einen Tag durch Gewerkschaftsführung und Besatzungsmacht war von Anfang der Druck auf das Kapital eingeschränkt.

Mit der Einführung der "Mitbestimmung"(4) wurden die Arbeiter der Eisen- und Stahlindustrie unter aktiver Unterstützung der von den westlichen Alliierten lizenzierten Gewerkschaften von ihrem Ziel "Sozialisierung der Schwerindustrie" abgelenkt, wurde die antikapitalistische Stimmung unter der arbeitenden Bevölkerung abgefangen. Die SPD gebärdete sich verbal sozialistisch und die nordrhein-westfälische CDU trug mit ihrem christlich-sozialen Wirtschafts- und Sozialprogramm, dem "Ahlener Programm"(5) der sozialistischen Stimmung im aktiven Teil der arbeitenden Bevölkerung Rechnung; denn Nationalsozialismus und Kapitalismus waren in den Augen weiter Kreise der Arbeiterschaft diskreditiert. Wiederaufbau und der Koreakrieg ließen die Wirtschaft wachsen. Arbeitskräfte wurden gebraucht und Millionen Arbeitslose nach und nach in das "Wirtschaftswunder" einbezogen. Die dadurch bedingten Verbesserungen der Lebenshaltung sollten sie immun machen gegen ein "sozialistisches Virus" um stattdessen ihre Unterstützung für eine aggressive Politik gegenüber der SU zu gewinnen. Im Westen genügte also - aufgrund der ökonomischen Stärke der USA und den geringeren Zerstörungen - für eine schnelle Erholung von den Kriegsschäden die politische Passivität der Bevölkerung.

Der so erzielte Gegensatz der Westzonen/BRD zur Ostzone/DDR verfehlte seine politische Wirkung nicht. Viele Enttäuschungen seit dem Ende des 1. Weltkrieges, besonders die Niederlage der Arbeiterbewegung vor dem Faschismus, hatten zu einer Abwendung der deutschen Arbeiter vom politischen Kampf geführt: Sie begnügten sich mit dem Erreichen kleinbürgerlicher Lebensverhältnisse. Für viele Arbeiter war das, was sie sich nach und nach leisten konnten, das, was sie sich in der Weimarer Zeit als Sozialismus erträumt hatten. Schon unter diesen Umständen konnte die lohnabhängige Bevölkerung der Westzonen/BRD nicht zu einem Bündnisgenossen jenes Teils der Arbeiter in der SBZ/DDR werden, die einen Sozialismus aufbauen wollten. Grundlage für die Ablehnung des Sozialismus war für die Masse der westdeutschen Bevölkerung der einfache Vergleich des Lebensstandards zwischen dem Westen und dem Osten Deutschlands.

Das war auch der Boden, auf dem die SPD im "Godesberger Programm"(6) 1959 vom verbal proklamierten programmatischen Ziel des Sozialismus Abschied nahm. Die sozialpartnerschaftliche Politik der Gewerkschaften gedieh im Westen auf dieser Grundlage und wirkt noch immer.

Wie alle kommunistischen Parteien, so war auch die KPD unfähig, den Arbeitern die Zwangslage der SU zu erklären. So blieb der arbeitenden Bevölkerung der imperialistische Charakter des Krieges seitens der Angloamerikaner verschleiert. Die KPD analysierte nach dem Krieg auch nicht die neuen Bedingungen. Ihre Unterstützung der Ziele der sowjetischen Außenpolitik führte dazu, dass sie die Politik aller Besatzungsmächte trotz gegensätzlicher Machtgrundlagen gleich bewertete(7). Sie unterschied nicht zwischen bürgerlicher und proletarischer Demokratie und beteiligte sich an Regierungen unter den Besatzungsmächten. Sie betonte die Kollektivschuld der Deutschen, sprach von der "Vollendung der bürgerlichen Revolution von 1848", anerkannte den Kapitalismus als die gewünschte Wirtschaftsform für Deutschland und pries das Privateigentum als Quelle der Initiative - bis zum Ausbruch des Kalten Krieges.

Gewerkschafts- und Betriebsarbeit versuchte sie mit alten Rezepten, in einer Konfrontationspolitik gegenüber der Gewerkschaftsführung zu etablieren. In der "These 37" (Parteitag der KPD München März 1951) warf sie "rechten Gewerkschaftsführern" vor, sie würden "im Auftrag und im Interesse des amerikanischen Imperialismus und im Einklang mit den deutschen Monopolisten" die Gewerkschaftsorganisation "in den Dienst der Kriegsvorbereitungen" zu stellen versuchen. Daraufhin verlangten verschiedene Gewerkschaften von gewählten kommunistischen Vertrauensleuten eine schriftliche Distanzierung von dieser Aussage: Ihnen wurde ein Revers zur Unterschrift vorgelegt, den die KPD ihren Mitgliedern wiederum untersagte zu unterschreiben. Die Folge war, dass die KPD entweder ihre Mitglieder verlor oder ihre Funktionen in den Gewerkschaften (Arbeiterpolitik, Stuttgart 4. Jg. 1951 Nr. 5 und 6; 6. Jg. 1953 Nr. 5). Ihr Einfluss ging schneller zurück als der ihrer Bruderparteien in den anderen westlichen Ländern. 1956, bei ihrem Verbot war sie schon isoliert.

Die Propaganda des Kalten Krieges bestimmte in der Adenauerzeit die öffentliche Meinung. Zwar gab es anfangs die "Ohne-mich-Bewegung" gegen die Remilitarisierung, dann die Anti-Atombewegung, bei der Belegschaften aus den Betrieben heraus zu Demonstrationen marschierten und in der 60er Jahren die Bewegung gegen die Notstandsgesetzgebung, doch Versandeten sie, weil die SPD, bzw. die Gewerkschaften die Führung übernahmen.

Zwar demonstrierte die organisierte Arbeiterschaft, doch die Auseinandersetzung um die politische Linie der Gewerkschaften in der frühen BRD war für die klassenkämpferischen Kräfte eine Kette von Niederlagen. Dies drückte sich auch in der grundsätzlichen Zustimmung zu den Verhältnissen in der BRD aus, wie es die Wahlsiege der CDU/CSU bis in die 1960er Jahre belegen. Unter diesen Verhältnissen ging der Einfluss aller linken Gruppen in der Arbeiterschaft stark zurück.



Die Ziele der Sowjetunion ...

Die Sowjetarmee war bei der Verteidigung der sozialistischen Grundlagen der Sowjetunion gegen den Versuch des deutschen Imperialismus, in der SU den Kapitalismus zu restaurieren, bis nach Berlin vorgedrungen - allerdings nicht wie mancher glaubte, um mit ihren Panzern den Deutschen den Sozialismus zu bringen.

Aufgrund ihrer Erfahrungen in den Interventionskriegen und während des 2. Weltkrieges strebte die SU-Führung danach, in Osteuropa einen Sicherheitsgürtel gegen imperialistische Angriffe zu errichten. Sie wollte verhindern, dass von dem Gebiet, das die Sowjetarmee mit ungeheuren Opfern erobert hatte, wieder ein Angriffskrieg gegen die SU geführt werden konnte. Nicht von ungefähr fehlten jahrzehntelang auf den Ost-West-Strecken der Eisenbahnen in Polen, Ungarn und der CSSR die zweiten Gleise: Ein zweigleisiges System hätte eine mögliche Eroberung erleichtert. Aufgrund ihres niedrigen industriellen Entwicklungsstandes waren die agrarischen osteuropäischen Staaten in ihrem Einflussgürtel für die SU allerdings eine ökonomische Belastung, z. T. dann auch eine politische.

In ihrer Deutschlandpolitik ging die Sowjetunion anfangs davon aus, dass ihre Besatzungszone nur zeitweilig zu ihrem Einflussgebiet gehörte. Ihre Außenpolitik zielte auf ein neutrales, entmilitarisiertes Gesamtdeutschland. Das spiegelte sich noch 1952 in der Note der Sowjetregierung an den Westen wider.

Die ungeheuren Verluste, die die SU durch den Überfall der deutschen Truppen zu erleiden hatte, ließen es nicht zu, auf die unmittelbaren Bedürfnisse der deutschen Arbeiter Rücksicht zu nehmen. Um die Verwüstungen in ihrem Lande möglichst bald zu überwinden, ließ sie in ihrer Besatzungszone viele Industrieanlagen demontieren. Auch Großbritannien und Frankreich demontierten in ihren Zonen Industrieanlagen. Demontagen sollten auch verhindern, dass diese Anlagen gegebenenfalls noch einmal für einen Angriff auf die SU genutzt werden könnten. Mehr als 200 zur Demontage vorgesehene Betriebe nahm die sowjetische Besatzungsmacht in ihren Besitz. Das war ein Viertel der Wirtschaftskapazität ihrer Zone. Insgesamt hatte die SU damit die Wirtschaftsstruktur ihrer Besatzungszone weitgehend den Bedürfnissen ihrer eigenen Wirtschaft angepasst - nicht aber den Bedürfnissen der deutschen Arbeiter. Diese Betriebe gingen später in den Besitz der DDR über. Die sowjetischen Aktien Gesellschaften (SAG) wurden 1947, 1950, 1952 und zum 1.1.1954 wieder in die ostdeutsche Industrie eingegliedert (Jörg Roesler, Geschichte der DDR, Köln 2012. S. 17)

Indem die SU Großgrundbesitz und die kriegsfähige Industrie enteignete, wurden die Bourgeoisie und die Feudalherren entmachtet. Das war eine Angleichung mit anderem Vorzeichen als die im Westen. Damit nahm die SU der kampfunfähigen deutschen Arbeiterklasse eine entscheidende Aufgabe ab, die diese aus eigener Kraft nicht vollbringen konnte. Wenn diese Enteignungen auch in der ostdeutschen Bevölkerung ein positives Echo fanden, sozialistische Errungenschaften waren das noch nicht, denn den deutschen Arbeitern in Ost und West fehlte die Kraft, diese Gleichschaltungsmaßnahmen zur Grundlage ihrer eigenen Tätigkeit zu machen.

Die Stärkung der ökonomischen und militärischen Macht der Sowjetunion war durchaus ein objektives Grundinteresse der deutschen Arbeiterklasse, da sie den gleichen internationalen Klassengegner hatten. Aber aus ihrer Schwächeposition heraus konnte die SU den Klassencharakter des Krieges, der in der Niederhaltung der deutschen Arbeiterklasse lag, nicht nutzen. So behandelte sie die deutschen Arbeiter nicht als Klassengenossen, sondern als "Schuldige des Hitlerkrieges". Das verbot sich eigentlich schon allein deshalb, weil die KPdSU die KPD-Politik des "Sozialfaschismus" nicht nur mitgetragen, sondern auch in der Kommunistischen Internationale mitbegründet hatte. Doch die Besatzungs- und Reparationspolitik der SU, die die Arbeiter in der SBZ besonders schwer traf, brauchte gegenüber der Bevölkerung eine Begründung.

Real war die Vertreibung der Großgrundbesitzer und die Entmachtung der Großbourgeoisie Klassenkampf, doch in den öffentlichen Bekundungen der SU demokratische Maßnahmen zur Bestrafung der Kriegsverbrecher - in getreuer Einhaltung des Potsdamer Abkommens. Die herrschenden Klassen des Westens ließen sich durch diese Erklärungen nicht täuschen. Unter den deutschen Arbeiter in Ost und West trugen sie jedoch zur Verwirrung bei. Wenn auch die Ausschaltung der Großgrundbesitzer objektiv ein revolutionärer Akt war, die von der SBZ zu leistenden Reparationen ließen nur eine Parzellierung der großen Güter zu: Für eine sozialistische Agrarwirtschaft notwendige große landwirtschaftliche Maschinen konnten nicht bereitgestellt werden. So musste ein kostspieliger, mit Reibungsverlusten versehener Umweg gegangen werden, der erst später zu landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften führte, die eine der zentralen Errungenschaften der DDR wurden.



Zum Hintergrund der Politik der SU

Eine Frage bestimmte schon in den zwanziger und dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts die Politik der kommunistischen Parteien Europas: Was können wir für die Sicherheit der Sowjetunion tun? Wie können wir die Sowjetunion schützen?

Durch die Niederlage der proletarischen Revolution in Westeuropa nach dem 1. Weltkrieg standen in der Kommunistischen Internationale (KI) die innerrussischen Probleme der sozialistischen Akkumulation im Vordergrund. Die KPdSU hoffte vergebens auf eine siegreiche Revolution in Deutschland. Ihre Ungeduld war in Deutschland nicht hilfreich. Sie Verstand nicht, warum eine zahlenmäßig so starke Arbeiterklasse nicht siegte und somit die russische Revolution ohne Hilfe, also im Stich ließ.

Im bäuerlichen Russland stand die 1917 zur Macht gelangte zahlenmäßig kleine russische Arbeiterklasse vor einer ungewöhnlichen Aufgabe: Unter der Führung der KPdSU musste sie erst einmal die ökonomischen und kulturellen Bedingungen für den Sozialismus schaffen. In ihrem Lande fehlte sogar die handwerkliche Qualifikation und individuelles privatkapitalistisches Denken einer frühkapitalistischen Phase, auf denen der Kapitalismus aufgebaut werden konnte. Nachgeholt werden musste also das, was historisch gesehen die Aufgabe der Kapitalisten ist. Diese Aufgabe war voller Widersprüche. Deshalb konnte auch die Entwicklung der Sowjetunion nur widerspruchsvoll und ungewöhnlich sein. Der Aufbau der Wirtschaft in der SU war also weit schwieriger als der zuvor gelungene Sturz der Zarenherrschaft.

Das ist die Ursache aller Schwierigkeiten in der SU. Für den Aufbau von Industrie und Landwirtschaft, sowie für die Verteidigung gegen die imperialistische Bedrohung war die Verwendung jedes Arbeitsproduktes, das nicht zur Aufrechterhaltung primitiver menschlicher Existenz gebraucht wurde, notwendig. Das war oft nicht ohne Terror gegen Menschen, die sich dieser Politik widersetzten, möglich.

Für die Lösung dieser Aufgabe galt es, alle Kräfte zusammenzufassen. Außenpolitisch war es für die SU erforderlich, einer Isolierung entgegenzuwirken, sie nach Möglichkeit zu Verhindern. Da die KPdSU als einzige siegreiche Partei in der KI ein politisches Übergewicht hatte - sie musste ja "wissen wie es gemacht werden muss" - ordneten sich die kommunistischen Parteien den außenpolitischen Zielen der KPdSU unter. Das war für sie internationale Solidarität. Hineingezogen in die Fraktionskämpfe der KPdSU analysierten sie nicht selbständig die Voraussetzungen des politischen Kampfes in ihrem Lande. Das stellte sich als Verhängnisvoll heraus und führte in Deutschland zur Sozialfaschismus- und RGO-Politik und in der Folge zur Niederlage vor dem Faschismus.

Ohne revolutionäre Verbündete blieb der Sowjetunion nur, die Gegensätze im imperialistischen Lager auszunutzen. Die Führung der KPdSU wusste schon sehr früh: Faschismus bedeutet Krieg. Die Sowjetunion musste nun vermeiden, gleichzeitig gegen die gesamte kapitalistische Welt Krieg zu führen. Diese bedrängte Lage der SU war die Ursache für die Volksfrontpolitik nach 1935. Mit ihr stellte sie den Klassenkampf ein. Die fehlende Untersuchung der eigenen gesellschaftlichen Verhältnisse führte auch dazu, dass die französische KP es unterließ, beim Kampf gegen Hitlerdeutschland die eigene Bourgeoisie zu bekämpfen. Diese Politik hinderte die Kommunisten daran, ihre führende Rolle während der Widerstandsbewegung gegen die Naziwehrmacht in die Nachkriegszeit zu übertragen. Die Volksfrontpolitik machte die französische KP zu Untergebenen von General de Gaulle und führte die italienische KP zunächst zu faulen Kompromissen mit dem (von König Victor Emanuel III. 1944 als ersten Ministerpräsidenten) eingesetzten Marschall Badoglio durch, dass die Kommunistischen Parteien nach dem Krieg in bürgerliche Regierungen eintraten, trugen sie zur Restaurierung der bürgerlich-demokratischen kapitalistischen Staaten bei. In Folge der Volksfrontpolitik schafften es die westeuropäischen Arbeiterklassen nicht, so kampfstark aufzutreten, dass sie der SU Stütze in der Abwehr imperialistischer Aggression, im Aufbau und in der Überwindung der Bürokratie hätte sein können.

Der Wegfall revolutionärer Ziele im Krieg, der sich in der Bezeichnung "Großer Vaterländischer Krieg" ausdrückt, führte zwar zum siegreichen militärischen Bestehen der Sowjetunion und der Erweiterung des sozialistischen Einflussbereichs - dem stand jedoch die Kampfunfähigkeit des Kommunismus in den am weitesten entwickelten kapitalistischen Staaten entgegen. Das konnte nicht ohne Folgen bleiben. In der Fremdherrschaft in dem von der SU besetzten Teil Deutschlands zeigte sich dieser Widerspruch am deutlichsten.


... und die Bevölkerung in der Sowjetisch besetzten Zone (SBZ)

Das Bedürfnis nach Sicherheit und Wiederaufbau des Landes bestimmte die Politik der Sowjetunion beim Potsdamer Abkommen, mit dem die Aufteilung Deutschlands in vier Zonen, die Reparationen und Demontagen beschlossen wurden.

Als direktes Opfer der Potsdamer Verträge gerieten so die deutschen Lohnabhängigen in Gegensatz zur russischen Außenpolitik. Hatten sich die russischen Arbeiter in den Jahren des entbehrungsreichen sozialistischen Aufbaus von den deutschen Klassengenossen alleine gelassen und durch den Krieg des faschistischen Deutschlands um die Früchte dieser Arbeit betrogen gesehen, waren es nun die deutschen Arbeiter, die sich von der SU alleine gelassen sahen. Das war insgesamt Ausdruck der Schwäche der internationalen Arbeiterbewegung, der sich neben dem Eintritt der Kommunistischen Parteien Italiens und Frankreichs in die bürgerlichen Regierungen ihrer Länder dann auch in der Niederlage der griechischen revolutionären Bewegung zeigte.


Den Wiederaufbau in Angriff nehmen - und Widersprüche zur sozialistischen Besatzungsmacht

Das Denken der deutschen Arbeiter war nicht a priori internationalistisch. Grundlage ihres Denkens war ein hundertjähriger Kampf um bessere Lebensbedingungen, der ihnen im Kapitalismus einen weitaus höheren Lebensstandard eingebracht hatte, als ihn die Arbeiter in der sozialistischen Sowjetunion hatten. In einer zwanzigjährigen Isolierung hatte die russische Führung nach dem Tod Lenins die Fähigkeit zur marxistischen Analyse westeuropäischer Bedingungen verloren und konnte diesen Punkt deshalb nicht erfassen. Dabei überwog nach dem 2. Weltkrieg in der arbeitenden Bevölkerung Gesamtdeutschlands eine antikapitalistische Stimmung. Doch da ihre Organisationen vom Faschismus zerschlagen worden waren, gingen die Arbeiter als Individuen in die Nachkriegsphase. Die deutsche Arbeiterklasse hat sich nicht selber vom Faschismus befreien können. Die überlebenden klassenbewussten Kerne mussten sich erst wieder zusammenfinden.

Die deutschen Arbeiter sind seit 1919 durch ihre Niederlagen geprägt. Im Osten Deutschlands standen sie objektiv vor der Aufgabe den Sozialismus unter den gegebenen Umständen aufzubauen. Dafür fehlten ihnen jedoch weitgehend die subjektiven Voraussetzungen: Ohne eine eigene Revolution durchgeführt zu haben, ohne den Weg zum Aufbau des Sozialismus erarbeitet zu haben, konnten sie nicht das Selbstbewusstsein, das Klassenbewusstsein und die Kraft zur Durchsetzung eines selbstbestimmten Weges aufbringen.

Nach dem Ende des 1. Weltkrieges war zwar der Sozialismus als Ziel in den Herzen der deutschen Arbeiter, aber nur eine Minderheit kämpfte dafür. Die Sehnsucht nach Frieden ließ sie an die Versprechungen der Sozialdemokratie glauben, der Sozialismus könne auf friedlichem Wege erreicht werden. Die damit erlebte Enttäuschung wurde ergänzt durch die Erfahrung, dass die Arbeiterparteien nicht fähig waren, mit einer Einheitsfront gegen die Faschisten anzutreten, was zur Niederlage gegenüber der NSDAP führte.

Auch die zwölf Jahre Faschismus waren nicht ohne Folgen geblieben. Die Erfahrungen der Arbeitsbeschaffung durch Rüstung, der Volksgemeinschaftsideologie, der Vorteile durch die Ausplünderung eroberter Völker standen gegen die Erfahrung des Elends nach dem faschistischen Krieg und der KZ-Haft aufrechter Klassenkämpfer. Die ersten Opfer des NS-Terrors waren deutsche Arbeiter gewesen, die in den Auseinandersetzungen in der Weimarer Republik an vorderster Stelle gestanden hatten.

In der Arbeiterschaft wurde eine Zusammenarbeit mit den Russen nicht rundweg abgelehnt: Wie I. Deutscher erfuhr, ging im Gegenteil der Roten Armee ein "revolutionärer Mythos" voraus. "Hier wie anderswo folgten auf den Zusammenbruch des Nazismus Manifestationen eines revolutionären Geistes."(8) Für die klassenbewussten Arbeiter hatte der Kapitalismus abgewirtschaftet, doch als bewusste Klasse konnte die Arbeiterschaft den sozialistischen Aufbau nicht angehen. Initiativ waren besonders Kommunisten, Überlebende der Widerstandsgruppen, ehemalige KZ-Häftlinge, Spanienkämpfer - Menschen, die durch ihre aufrechte Haltung hohes Ansehen genossen. Ausdruck der positiven Haltung zu sozialistischen Maßnahmen durch die sozialistische Besatzungsmacht war z.B. die überwältigende Zustimmung von 77,7 Prozent zur Enteignung von Naziaktivisten und Kriegsverbrechern im sächsischen Volksentscheid von 1948.

Anfangs ging es einfach nur ums Überleben. Wie im Westen so gingen auch im Osten Gewerkschafter, Sozialdemokraten und Kommunisten nach der Niederlage des NS-Regimes sofort daran, gemeinsam die Produktion in Betrieben zu organisieren - während Alte und Frauen die Trümmer wegräumten. Waren die Eigentümer als aktive Nazis vor der Roten Armee geflüchtet, ergab sich das von selbst. Anderenfalls wurden aktive Nazis von den Belegschaften aus der Leitung oder ganz aus dem Betrieb entfernt, vertrauenswürdige Betriebsangehörige in die Leitung eingesetzt. Oft abgeschnitten von ihren ehemaligen Zulieferern, bzw. Abnehmern, setzten die nun gebildeten Betriebsräte über Tauschhandel eine Produktion zur Deckung des unmittelbaren Bedarfs der Bevölkerung in Gang: Gebrauchsgüter, Kleingeräte, aber auch Lebensmittelversorgung, Strom- und Wasserversorgung, öffentlicher Nahverkehr. Löhne wurden zunächst in Naturalform ausgegeben. Die überwiegend gewerkschaftlich organisierten Betriebsräte orientierten sich in ihrer Praxis an den Interessen der Belegschaften, wollten so viel wie möglich für sie herausholen - wodurch das Gesamtinteresse der Arbeiterklasse in den Hintergrund trat.

Lautete in der Weltwirtschaftskrise das Ziel noch: "Sowjetdeutschland", so hätte die Sowjetunion nach dem Ende des 2. Weltkrieges ein neutrales, entmilitarisiertes, einiges und kapitalistisches Deutschland akzeptiert, wie ihr Rückzug aus ihrer österreichischen Besatzungszone zeigt. Mit der dazu passenden Forderung nach ungehinderter "Entfaltung des freien Handels und der privaten Unternehmerinitiative auf der Grundlage des Privateigentums" im Aufruf vom 11. Juni 1945 trug die KPD nicht zur Bewusstseinsbildung bei - während die SPD einen "Sozialismus in Gemeinde und Gesellschaft" forderte.

Waren die Arbeiter in West- und Ostdeutschland auch nicht revolutionär - mit dem Ingangsetzen der Produktion praktizierten sie in den Betrieben der SBZ eine Produktionskontrolle. Isaac Deutscher beobachtete im Herbst 1945: "Nominell sind die ostdeutschen Industrien bisher nicht verstaatlicht worden. ... Überall in der russischen Zone spielen die Betriebsräte eine beherrschende Rolle in der Industrie. Sie haben in allen Dingen, bei denen es um Beschäftigung und Entnazifizierung geht, das letzte Wort, obgleich sie kein Recht haben, Lohnerhöhungen zu fordern oder Streiks zu führen. ­... Die Direktoren arbeiten eng mit den Betriebsräten zusammen und stehen wahrscheinlich auch unter ihrem Druck. ... In gleicher Weise gewinnt das Evangelium von den gleichen Löhnen und Gehältern, das aus Russland selbst als Ketzerei verbannt wurde, im russisch besetzten Deutschland Anhänger. Das Gehalt eines Direktors zum Beispiel kann tausend Mark nicht überschreiten. Unter dem Stachanow-System der Anreizlöhne und -gehälter sind solche Begrenzungen innerhalb Russlands völlig unvorstellbar. Dieses soziale System in der Industrie ist jedoch improvisierter und provisorischer Natur." (Isaac Deutscher a.a.O.) Zur gleichen Zeit stellte der sächsische Wirtschaftsminister Fritz Selbmann fest: "Im Bergbau können die Betriebsführungen, Direktorien, Aufsichtsräte nichts mehr machen ohne die Betriebsvertretungen und Verbands-Zeitungen (der Gewerkschaften)". (Jörg Roesler, Geschichte der DDR, S. 20/21).

Die KPD konnte politisch nicht an diese Praxis und Stimmung anknüpfen, sie weiterentwickeln und zum Aufbau des Sozialismus nutzen. Wie im Westen wurde das selbständige Handeln der Arbeiter durch die bestimmende Macht der Besatzung ausgebremst: In der SBZ durch die Reparationsforderungen und die Demontagen. Es genügte der Bedarf wertvoller Maschinenteile, um eine ganze Anlage stillzulegen. Durch den Umfang der Reparationen und Demontagen wurden die Erwartungen und Hoffnungen der arbeitenden Bevölkerung in der SBZ in die sowjetische Besatzung, von der sie sich sozialistische Hilfe versprochen hatten, enttäuscht.

Die Besatzungsmacht hatte von Anfang an auf ein schnelles Wiederanschieben der Produktion gedrängt. Jedes Stückchen Altmaterial musste für die Neuproduktion nutzbar gemacht werden. Für die Russen galt immer: Ein Kommunist arbeitet noch mehr als alle anderen, freiwillig nimmt er mehr Opfer auf sich, weil nur so die ungeheuren Schwierigkeiten zu überwinden waren. So viele Jahre hatten sie auf die Hilfe der deutschen Arbeiter gehofft: Begegnet sind die ihnen dann als gefangene Hitlersoldaten. Die Russen haben die Deutschen nicht verstanden, die eine andere Entwicklung hatten, und die Deutschen nicht die Russen, deren Verhältnisse sie nicht kannten.

Wie sollten Arbeiter, die aus der kapitalistischen Erfahrung die Losung "Akkord ist Mord" kannten, die Politik der Sowjetunion, z. B. den Befehl der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD) vom Oktober 1947 verstehen: "Die Anwendung von Stück- und Akkordlohn als Mittel zur Steigerung der Arbeitsproduktivität und zur Erhöhung des Lohnes für die Arbeiter ist zu erweitern ... "?

Wie sollten die Arbeiter, die keine revolutionären Sozialisten waren und nicht die Einsicht in die weltpolitischen Zusammenhänge hatten, die Bereitschaft aufbringen, die notwendig gewesen wäre, um die Verlängerung ihrer eigenen Notlage, die anfangs Hunger hieß, zu ertragen?



Kurzfristige Vorteile - langfristige Nachteile

Nun wurden Betriebe in Sowjetische Aktiengesellschaften umgewandelt (Roesler a.a.O. S. 17). Das Eintreiben von Reparationen ging nicht ganz ohne Widerstand in der Bevölkerung vonstatten: z.B. leisteten die Arbeiter der Zeiss-Werke in Jena Widerstand gegen die Demontage und zwangen den FDGB zum Eingreifen, was an der Demontage jedoch nur wenig änderte. Aufgrund der hohen Reparationen an die SU war es jahrelang nicht möglich, die Lebensbedingungen der arbeitenden Bevölkerung über das Niveau des unbedingt Notwendigen für ihre gewohnte Lebenshaltung zu heben.

Durch ihre Einbindung in die Besetzung Deutschlands erreichte die Sowjetunion kurzfristig materielle Vorteile. Langfristig waren dagegen die politischen Folgen negativ. Die Besatzungspolitik entfremdete die deutschen Lohnabhängigen der SU: Mit der Demontage von Produktionsmitteln wurde viel Sympathie für die SU, viel Aufbaukraft in der SBZ und viel Kampfkraft in den West-Zonen demontiert. Dadurch wurde verdeckt, dass der Zwang der SU, die Kriegsverwüstungen zu überwinden und das Interesse der deutschen Arbeiter, aus dem Zusammenbruch des Naziregimes so gut wie möglich herauszukommen, nur ein zeitweiliger und kein grundsätzlicher Widerspruch war. Die Reparationspolitik der SU war also nicht einfach nur stalinsche Brutalität, wie von sozialistischen Schwärmern im Westen, die sich eine sowjetische Politik nach sozialistischen Prinzipien wünschten, angenommen wurde.

Die Wirkung auf die Masse der Menschen in der SBZ war allerdings so verheerend, dass sie die Schlussfolgerung zogen: Wenn das der Sozialismus ist, dann lieber den Kapitalismus Westdeutschlands. Erst nachdem die SU die Kriegsfolgen einigermaßen überwunden hatte, konnte ab 1951/52 der schwere Druck gelockert und die Lebenshaltung der Bevölkerung verbessert werden. Doch die bürokratische Bevormundung blieb und die gemachten Grunderfahrungen saßen tief. Noch 1960 flohen 200.000 Menschen vor den Auswirkungen dieser Besatzungspolitik.


Notwendig: Demokratie unter denen,die eine sozialistische Gesellschaft aufbauen wollen

Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED)

Wie im Westen, so hatten auch in der sowjetisch besetzen Zone die Lehren aus den fatalen Folgen des Bruderkrieges zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten zu Einheitsbestrebungen geführt. Waren Arbeiter spontan gemeinsam an den Wiederaufbau herangegangen, so traten führende Sozialdemokraten der SBZ früh an die KPD heran um die Spaltung in zwei Parteien der Arbeiterklasse zu überwinden. Denn sowohl in der KPD wie in der SPD gab es Arbeiter, denen die Möglichkeit des Aufbaus einer sozialistischen Gesellschaftsform in Zusammenarbeit mit der Sowjetunion eine erstrebenswerte Zielvorstellung war.

Doch die 1945 spontan entstandenen Einheitsbestrebungen in der Arbeiterschaft wurden nicht genutzt sondern abgeblockt - selbst die antifaschistischen Komitees mussten aufgelöst werden. Und dann wurde die Einheitspartei auf Anordnung von oben mit einer grundsätzlichen Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder geschaffen. Ohne die internationalen Kräfteverhältnisse zu analysieren und den deutschen Arbeitern zu vermitteln, musste die gemeinsame Erklärung des KPD- und SPD-Zentralvorstandes Papier bleiben: "Die Einheitspartei soll selbständig und unabhängig sein. Es ist ihre Aufgabe, ihre Politik und Taktik entsprechend den Interessen der deutschen Werktätigen und der speziellen Bedingungen zu entwickeln."

So war die SED dann 1946 eine Massenpartei mit 1,8 Millionen Mitgliedern. Auch oppositionelle Kommunisten machten mit, um den Weg zu selbständigem Denken und Handeln durchzukämpfen. Was sagt die Zahl der Mitglieder aus? Zwischen den Kriegen war die Kluft zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten in keinem Land größer als in Deutschland. Welche Qualität hatte deshalb diese Massenpartei? Ist sie nicht einfach zusammengefügt worden? In die einheitliche Partei brachten die damaligen Sozialdemokraten durchaus etwas ein: ihre Tradition und Gewohnheiten der proletarischen Demokratie durch ihre selbstorganisierte Arbeit u. a. in Arbeitersport- und Kulturvereinen und die Auseinandersetzungen in den Genossenschaften und Gewerkschaften. Und wie ist damit umgegangen worden? Mit erzwungenen Schuldbekenntnissen zu Fehlern in der Vergangenheit konnte das reformistische Denken nicht überwunden werden.

Die Aufsätze im theoretischen Organ der SED "Einheit" zeigen, dass nicht versucht wurde, die konkreten Verhältnisse in Deutschland zu analysieren. Die ökonomischen und politischen Ursachen und Triebkräfte dessen, was die Menschen erfuhren und erlebten, wurden nicht aufgedeckt. So konnte der arbeitenden Bevölkerung auch nicht geholfen werden, entsprechend der vorhandenen Kräfteverhältnisse die vor ihr stehenden Aufgaben anzugehen(9). Ohne die Erklärung der politischen Zusammenhänge war die SED eine Massenpartei ohne Masseneinfluss.


Der internationale Klassenkampf als leitender Gesichtspunkt

Nach dem 2. Weltkrieg zeichnete sich bald wieder der internationale Gegensatz der gesellschaftlichen Systeme ab. Im März 1947 verfasste der US-Präsident Truman die neue Ausrichtung der US-Politik: Die Politik der USA muss sein, "die freien Völker zu unterstützen, die durch die Unterwerfung durch bewaffnete Minderheiten und dem Druck von außen widerstehen." Truman nahm den Partisanenkampf in Griechenland zum Anlass, um den Widerstand der kapitalistischen Länder gegen den Kommunismus unter Führung der USA zu organisieren(10). Das erzwang, alle wirtschaftlichen, politischen und militärischen Kräfte des sozialistischen Lagers zusammenzufassen, um die Sowjetunion im Kampf gegen den Imperialismus zu stärken. Das lag auch im ureigensten Interesse eines sozialistischen Deutschlands. Waren sich Kommunisten auch im Ziel einig, so nicht wie dieses Ziel erreicht werden sollte.

In der Sowjetischen Besatzungszone ließ der Druck des weltpolitischen Systemgegensatzes nicht zu, dass der Nebenwiderspruch zwischen den Interessen der SU und denen der deutschen Arbeiterklasse ausgetragen werden konnte: Da die SU die SBZ mit ihren Arbeitern als Verhandlungsmasse gegenüber dem internationalen Klassengegner ansah, konnte die grundsätzliche Unterstützung der SU im globalen Klassenkampf gegen das imperialistische Lager nicht mit der Herausbildung eigenständiger Klassenkräfte im Kampf gegen den imperialistischen Klassengegner in Einklang gebracht werden. Triebkraft der geringen Kräfte in der SBZ, die sich das zum Ziel gesetzt hatten, war die Einsicht, dass nur ein eigenständiger Aufbau des Sozialismus nachhaltig sein konnte, dass sich Kommunisten in den Augen der Arbeiterklasse kompromittierten, wenn sie sich in irgendeiner Form einer der Besatzungsmächte zur Verfügung stellen würden. Denn dann könnten sie nicht mehr die Interessen der arbeitenden Bevölkerung vertreten, sondern im Wesentlichen nur die der Besatzungsmächte. Diesen Weg der Zusammenarbeit mit der Sowjetunion, der KPdSU und der Militärverwaltung ging die KPD / SED-Führung. Sie sah nur darin die Möglichkeit für einen Weg, der in der SBZ / DDR, die ja anfangs nur ein ökonomisches Teilgebiet Deutschlands war, zum Sozialismus führen würde. Das führte dazu, dass SED und FDGB nicht in der Lage waren, zur Protestbewegung in den westlichen Zonen gegen den Preiswucher nach der Währungsreform im Herbst 1948 vom Standpunkt der Arbeiterklasse aus Stellung zu nehmen.

Die aggressive Außenpolitik der USA und ihrer Verbündeten - einschließlich der westdeutschen Parteien - zielte darauf, die BRD als Frontland im westlichen Bündnis zu halten. Deshalb wiesen sie 1952 den Vorstoß der SU zu einem neutralen Deutschland zurück. Die neutralen und entmilitarisierten Staaten von Finnland bis zur Adria passten nicht in das aggressive Konzept des Westens. Zudem war eine Erstarkung der deutschen Bourgeoisie den Briten und den Franzosen suspekt.


Unterordnung unter die außenpolitischen Interessen der Sowjetunion

Da die SU nach der Befreiung von der Nazidiktatur im Wesentlichen - wie im Westen die kapitalistischen Staaten - als Besatzer auftrat, war ihre doppelte Rolle für die Arbeiter schwer durchschaubar und erforderte eine Politik, die von der KPD/SED nicht vertreten werden konnte, nämlich: Es gibt keinen anderen Ausweg aus dem Zusammenbruch als den Kampf um die politische Macht, damit die kapitalistische Profitwirtschaft durch die sozialistische Bedarfswirtschaft ersetzt werden kann. Doch der SED blieb keine andere Möglichkeit, als sich der Politik der Besatzungsmacht unterzuordnen.

Sie konnte nur die höheren Interessen der Arbeiterklasse - die sozialistische Gesellschaft - als Endziel vertreten. Überall im Lande gab es zweifellos Kommunisten, die sich persönlich aufopferungsvoll in Wort und Tat für den Aufbau des Sozialismus einsetzten. Wie aber sollte sich die große Massen der Arbeiter in den Aufbau des Sozialismus einbringen, wenn sie nur Ausführende und nicht Mitbestimmende war, wenn sie nicht einmal erkennen konnten, dass ihre Opfer auch ihnen selbst dienten? Dieser Zwangszustand nahm der SED die Massenbasis, führte auch große Teile ihrer Mitgliedschaft zu einer kritischen Einstellung gegenüber der Besatzungsmacht.

Auch kritische Kommunisten setzten sich dafür ein, so schnell wie möglich aus dem Elend, das die Nazis bereitet hatten, herauszukommen. In der Hoffnung, bestehende Mängel allmählich überwinden zu können, stellten sie sich dem Aufbau sozialistischer Grundlagen unter den Vorgaben der SU zur Verfügung.

Anfangs war es ihnen auch möglich, Kritik an dem zu üben, was sie als falsch ansahen. Die Kommunisten, die einen selbständigen Weg beim Aufbau des Sozialismus anstrebten, kritisierten die schematische Übertragung russischer Methoden auf die deutschen Verhältnisse und verteidigten gleichzeitig die sozialistischen Grundlagen in der SBZ. Doch die realen Verhältnisse ließen immer weniger eine Demokratie der arbeitenden Bevölkerung zu. Ab Sommer 1948 hatten sich die untergeordneten Parteigliederungen den Beschlüssen von oben zu fügen. Gruppierungen mit unterschiedlichen Auffassungen wurden nicht zugelassen.

Wie schwierig es für selbstständig denkende Kommunisten wurde, lässt sich z.B. in einem Bericht über die Landesdelegiertenkonferenz der SED in Sachsen-Anhalt im Neuen Deutschland (ND) vom 4.7.50 nachlesen. Unter der Überschrift "Eine bahnbrechende Diskussion" wird ein Diskussionsredner zitiert: "Diesen Genossen (der Besatzungsmacht, d.V.) haben wir uns anvertraut, zum Unterschied von Genossen Dieker, der feststellte, er sähe in der Besatzungsmacht nur die Macht, die das Konzernkapital niederhält, die aber die Planung und Anleitung der Wirtschaft den Deutschen überlassen soll. Hier sehen wir deutlich eine maßlose Arroganz und Überheblichkeit. Diese Genossen haben es peinlichst vermieden, mit der Besatzungsmacht zusammenzuarbeiten, während wir uns freuten, von der Besatzungsmacht zu lernen und bei ihr Unterstützung zu finden."

Der Kalte Krieg zeigte seine Wirkungen: Kommunisten, die einen selbständigen Weg beim Aufbau des Sozialismus anstrebten, wurden bald aus der SED ausgeschlossen, politisch verfolgt und verhaftet, weil sie angeblich ein Einfallstor für Agenten des amerikanischen Imperialismus bildeten, (Fred Oelßner im ND vom 19. u. 22.7.1950). Diese Vorgehensweise war die Fortsetzung der Ausschaltung innerparteilicher Demokratie in der KPD Ende der zwanziger Jahre. Schon in der Weimarer Republik hatte die KPD-Führung keinen eigenen politischen Weg erarbeiten können und sich der Politik der Führung der KPdSU untergeordnet. Wenn die Abhängigkeit der SED von der Besatzungsmacht auch nicht absolut zu sehen ist, in entscheidenden Punkten war sie da. Und das wirkte sich in der Bevölkerung aus: Die KPD und dann die SED wurden als Erfüllungsgehilfen der Besatzungsmacht angesehen.



Freier Deutscher Gewerkschaftsbund (FDGB)

In der SBZ/DDR standen die Gewerkschaften nach der Entmachtung der herrschenden Klassen vor neuen Aufgaben: Objektiv stand vor ihnen die Organisierung der Selbstverwaltung der Werktätigen, die Kontrolle gegenüber einer zunächst unentbehrlichen Staatsbürokratie und die Vertretung des Gesamtinteresses der Arbeiterklasse gegenüber Sonderinteressen einzelner Arbeiterschichten. Doch in der SBZ/DDR war nur die ökonomische Basis sozialistisch, der dazugehörige Überbau fehlte. Die Klassenstruktur und die Produktionsverhältnisse waren durch die Sowjetunion revolutionär verändert worden, aber die Revolution in den Köpfen der Arbeiter war ausgeblieben. Sie waren noch geprägt von der alten kapitalistischen Begriffs- und Gedankenwelt. Im ND vom 10.2.1952 konnte man so lesen: "Hätten die deutschen Werktätigen aus eigener Kraft den Faschismus gestürzt und ihre Macht aufgerichtet - der entscheidende Teil des vom Monopolkapitalismus erzeugten Ballastes, des preußisch-deutschen Miefs, Anmaßung auf der einen Seite und Furcht auf der anderen, Duckmäusertum, Kanzleikannibalismus usw. usw. wäre innerhalb von Tagen weggeschmolzen. Durch eigenes Handeln und eigene Erfahrung hätten sich die Massen das neue Verhältnis von Mensch zu Mensch, den Blick für die Notwendigkeit jedes einzelnen, die Achtung vor ihm und seiner Menschenwürde erworben. Würde es unter solchen Umständen einem Funktionär einfallen, an die Untertanentradition der preußisch-deutschen Geschichte zu appellieren und sie zu benutzen - sofort würde er von den werktätigen Massen mit Empörung zur Rechenschaft gezogen werden."(11)


Wie konnte unter diesen Bedingungen die Produktivität gesteigert werden? Für die Aufbauarbeit und die Versorgung von elementarer Bedeutung!

Im Gegensatz zu den unter den Bedingungen der kapitalistischen Lohnarbeit aufgewachsenen Arbeitern, konnten viele Jugendliche schnell dafür gewonnen werden, sich für den Aufbau mit aller Energie einzusetzen. Bei den älteren Kollegen stieß der Arbeitseifer der Freien Deutschen Jugend (FDJ) auf Ablehnung, zumal die Jungen erst einmal mit den besonderen Produktionsvoraussetzungen klarkommen mussten. Wirkliche Kräfte konnten die Jugendlichen auch nicht organisieren, weil der Widerspruch zwischen proklamierter Politik und der erfahrenen Wirklichkeit zu groß war. Zum Problem wunde das Ausspielen junger gegen ältere, erfahrene Kollegen, wenn dadurch "kritische Elemente" durch linientreue junge Kollegen abgelöst wurden. Mit solchen Schritten wurde der klärende Meinungsaustausch, wurden die letzten Reste von Demokratie in den Arbeiterorganisationen beseitigt.

Zur notwendigen Erhöhung der Produktion musste deshalb von der Bürokratie Druck ausgeübt werden - was bei den Arbeitern auf passiven Widerstand stieß. Normen wurden erhöht, während die Reallöhne sanken. Das bürokratische Vorgehen in den Kampagnen zur Erhöhung der Produktion zeigte, dass die arbeitende Bevölkerung auf diesem Wege nicht gewonnen werden konnte. Wenn Arbeiter eines Betriebes eine Vorrichtung entwickelten, die dem Betrieb jährlich gewaltige Kosteneinsparungen erbrachte, wurden ihre Erwartungen, dafür etwas zu erhalten, gründlich enttäuscht.

Die durch den Krieg hervorgerufenen großen Bedürfnisse der Sowjetunion hinderten die SED daran, gemachte Versprechungen zur Steigerung des Lebensstandards einhalten zu können. Eine zur Verbesserung der Lebensverhältnisse notwendige Steigerung der Produktivität konnte jedoch nur mit der Initiative der Arbeiter gewonnen werden, die jeden Schritt in der Produktion kannten - und nicht gegen sie.

In der "Arbeit", dem theoretischen Organ des FDGB, schrieb Professor Jürgen Kuczynski 1950 über das "nachhinkende Bewusstsein": "Viele Arbeiter erkennen noch nicht, dass sich durch beispielhafte Hebung der Produktion in den VEB die Lebenshaltung der Werktätigen bessert und dass gleichzeitig dadurch die Grundlage für eine weitere fortschrittliche Gestaltung der gesamten Wirtschaft und überhaupt des Lebens gelegt wird. Sie betrachten die VEB noch nicht als volkseigen. Sie betrachten die Produktion in den VEB noch nicht als Volksproduktion. Sie betrachten die Entwicklung der Arbeitsleistung, der Produktivität der Arbeit in den VEB noch nicht als Sache des ganzen Volkes und darum als ihre eigene, ganz persönliche Angelegenheit." (zitiert nach Arbeiterpolitik 9/1950)(12)

Ein Mitbestimmungsrecht hatten die Arbeiter, doch sie nutzten es kaum, da sie der Überzeugung waren, dass sie nicht entsprechend ihrer Produktionsleistung versorgt wurden. Wer konnte zumindest einem wichtigen Teil der Arbeiterschaft die gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse in Deutschland und im Weltmaßstab aufzeigen, um die daraus folgenden politischen Schritte abzuleiten? Das wäre notwendig gewesen, um sie aus dem bürgerlichen Denken zu lösen und den veränderten gesellschaftlichen Verhältnissen entsprechend revolutionär zu denken. Die SED konnte es nicht.

Ein wichtiger Schritt wurde 1950 mit dem Fünfjahresplan angegangen, auch wenn er ein Teilplan der Sowjet-Wirtschaft blieb. Mit ihm sollte die Produktion gesteigert werden. Doch die bisherigen Organe der Arbeiterselbst-Verwaltung, die Betriebsräte wurden 1948 abgeschafft, Opfer des Kalten Krieges. Betriebsgewerkschaftsleitungen (BGL) übernahmen ihre sozialen Aufgaben und waren nun zuständig für die Kampagnen und Aktivistenpolitik. Die Maßnahmen zur Massenmobilisierung (Henneke-Bewegung, Qualitätsbrigaden, Titel wie "Held der Arbeit" oder "Brigade der besten Qualität") konnten nicht erfolgreich sein, weil sie aufgesetzt, "russisch" waren. Auf der Grundlage ursprünglicher sozialistischer Akkumulation konnte das Stachanowprinzip in der Sowjetunion beim Schaffen und Qualifizieren der Arbeiterklasse eine wichtige Rolle spielen. In der SBZ/DDR musste jedoch die vorhandene qualifizierte Arbeiterklasse zu einer gesellschaftlichen Kraft entwickelt werden, die fähig war, die Wirtschaft und Gesellschaft zu führen und zu planen. Weder die Sowjet- noch die deutschen Bürokraten begriffen, warum die bürokratische Zwangsjacke in der SU wirksam war, in Deutschland dagegen kontraproduktiv.(13)

Die Bürokratie kann Arbeiter, die schlechte Qualität liefern, z.B. durch Lohnabzug bestrafen, aber nicht zur Klassensolidarität erziehen. In einer hochqualifizierten Industriearbeiterschaft lässt sich kollektiver Wille zur Mehrleistung nur in demokratischer Selbstverwaltung verwirklichen. In einem industriell hochentwickelten Land kann die treibende Kraft der sozialistischen Planwirtschaft nur das mitdenkende und solidarische Handeln der Mehrheit der Arbeitenden sein.



Gewerkschaftswahlen

Auf die Abschaffung der Betriebsräte reagierten die Arbeiter mit vielen ungültigen Stimmen bei den Gewerkschaftswahlen Ende 1949. Bei den Betriebsrätewahlen im Sommer 1946 waren noch zur Hälfte SED-Mitglieder gewählt worden, und die Gewerkschaften waren schnell die bedeutendsten Massenorganisationen der Arbeiter geworden (1947 3.5 Millionen Mitglieder, 1950 dann schon etwa 5 Millionen). Entsprechend ihrer Erfahrungen von vor 1933 hatten sie auf eine Interessensvertretung mit ihren Gewerkschaften gehofft.

In der Vorbereitung zu den Gewerkschaftswahlen war schon deutlich geworden, dass die SED-Propaganda zur "Nationalen Front" und die Freundschaftserklärungen zur SU an den Arbeitern vorbeigingen. Sie sprachen höchstens ihre unmittelbaren Interessen an, wie z.B. Bezugsscheinverteilung und Arbeitsschutz. Nur vereinzelt kam es vor, dass Interessen der Arbeiter unter den neuen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Bedingungen thematisiert wurden. Überwiegend waren die Arbeiter nicht davon überzeugt, dass diese Gewerkschaftswahlen für sie eine Bedeutung hätten.

1950 forderten ganze Belegschaften einzelner Privatbetriebe bei den Wahlen zu den Betriebsgewerkschaftsleitungen (BGL) den Austritt aus dem FDGB. Funktionäre waren nicht mehr in der Lage, Beiträge zu kassieren und schlugen deshalb schon vor, diese vom Lohn einzubehalten. Je mehr SED-Kandidaten auf einer Wahlliste standen, desto größer war die Ablehnung.

Den Mangel an innergewerkschaftlicher Demokratie prangerte selbst der FDGB-Vorsitzende Herbert Warnke an, als er 1951 für die Chemnitzer Konferenz nicht Erfolge sondern die Überwindung dieses Missstandes in den Mittelpunkt stellte. Hintergrund waren die außerordentlichen Schwierigkeiten bei der Erhöhung der Normen, denen sich die Bürokratie ausgesetzt sah. Fordern konnte der FDGB-Vorstand die innergewerkschaftliche Demokratie - ihre Durchsetzung war aber ohne die Entschlossenheit der Arbeiter nicht möglich.

Die westdeutsche Gewerkschaftsführung warf der FDGB-Führung das vor, was sie selber praktizierte: den Mitgliederwillen nicht zu vertreten und Anhängsel des Staatsapparates zu sein. Der westliche DGB-Vorstand war unter Fette dabei, den Kampfwillen der westdeutschen Arbeiter zu zersetzen und den Kapitalismus durch Mitbestimmung zu retten - im Namen von Freiheit und Demokratie. Warnke, Ulbricht und Genossen regierten mit Zwang und Einschüchterung - im Namen "fortschrittlicher Demokratie" und verordneten den Arbeitern in der DDR sowjetische Arbeitsmethoden. Ähnelte sich auch der Tanz, der Tanzboden war verschieden.



"Nationale Front" und Arbeiterkontrolle

Dem Verzicht auf eine revolutionäre Politik entsprach das Bündnis mit dem Bürgertum in der "Nationalen Front". Als ehrliche Patrioten getarnt konnten die Bürgerlichen am besten ihre Klasseninteressen vertreten und den Aufbauwillen der Arbeiter unterminieren.

Wie verhängnisvoll sich das bürgerlich-demokratische Mäntelchen der "Nationalen Front" in Bezug auf das Klassenbewusstsein auswirkte, wurde im theoretischen Organ des FDGB "Arbeit" Nr.3/1950 anhand der Sabotage bürgerlicher Elemente beim Aufbau der volkseigene Wirtschaft dargestellt: Mit Hilfe des als Treuhänder eingesetzten alten Direktors und der bürgerlichen Mitglieder der Regierung Sachsen-Anhalts wurde ein Aktienpaket der Conti-Gasgesellschaft im Werte von mehr als 100 Millionen Mark nach Westdeutschland verschoben.

Der Direktor der VEB "Bastfaser" konnte lange Zeit ungestört Schiebungen über Schiebungen mit den in den Betrieben hergestellten Erzeugnissen vornehmen.

Der Autor des Artikels, E. Zöllner, klagte, im Fall Bastfaser "zeigte sich augenfällig, dass sich die Verwaltungsräte (aus Vertretern der Gewerkschaften und der Betriebsarbeiterschaft zusammengesetzt. d.V.) nicht als Kontrollorgan der Werktätigen im Betrieb fühlten und handelten, sondern wie in anderen Fällen als Instrument des Betriebsleiters zur Durchführung und Deckung seiner Maßnahmen. ... Bei einer Stellungnahme der Belegschaft zu dem Urteil Deka, (Ketschendorf) erschien den Arbeitern das Urteil als ungerecht und hart. ... Aus den Beispielen fehlender oder unzureichender Klassenwachsamkeit geht mit besonderer Deutlichkeit immer wieder hervor, dass der Hauptgrund aller dieser Fehler, Mängel und Schwächen, das geringe Klassenbewusstsein und das tiefe ideologische Niveau des größten Teiles der Werktätigen und der Gewerkschaftsmitglieder und -funktionäre sind."

Und so sollte sich nach Ansicht des Autors alles zum Besseren wenden: "Wir müssen hieraus die allgemeine Schlussfolgerung ziehen, dass unsere Schulungsarbeit wesentlich verbreitert und verbessert werden muss."

Doch wie sollten die Arbeiter, deren unmittelbare Interessen in der Planwirtschaft nicht berücksichtigt wurden, wachsam gegen von oben eingesetzte Betriebsleiter sein, wenn sie gar nicht erkennen konnten, dass ihre Wachsamkeit ihren eigenen Klasseninteressen galt und nicht nur der Wirtschaft der Besatzungsmacht. Die mangelnde Klassenwachsamkeit zeigte, dass die Arbeiter hier nach fünf Jahren sowjetischer Besatzungszeit nicht zwischen bürgerlichen und proletarischen Klasseninteressen unterschieden. Wie auch bei solcher Politik? Nach außen Zusammenarbeit mit dem Bürgertum in der "Nationalen Front" und gleichzeitig hintenherum diese bürgerlichen Elemente ausschalten? Das konnten die Arbeiter nicht verstehen und machten deshalb nicht mit.


Bürokratischer Aufbau statt Arbeiterinitiative

Unter den gegebenen weltpolitischen Bedingungen bildete sich in der DDR statt einer Rätedemokratie, einer Demokratie in den Gewerkschaften und in der Partei der Arbeiter, eine Zentralgewalt heraus. 1952 wurde der Staatsapparat der DDR vereinfacht, allerdings um den Befehlsweg von oben nach unten abzukürzen. Damit wurde natürlich nicht das Verhältnis der Bürokratie zur Arbeiterklasse umgekehrt: Der Apparat wurde nicht zum ausführenden Organ der Arbeiterklasse, nicht zum noch unentbehrlichen Werkzeug von Arbeitern, die sich schon selbst verwalteten. Nachdem alle selbständigen Klassenaktionen durch die Besatzungsmacht erstickt worden waren, konnten sie durch bürokratische Anweisung nicht wieder lebendig werden.

Kritisches Mitwirken der Schaffenden ist jedoch für den Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft unabdingbar. In der DDR war so ein unheilvoller Kreislauf entstanden: Das Bürokratensystem erzeugte Massenlethargie, die Lethargie der arbeitenden Bevölkerung einen aufgeblähten, kostspieligen Bürokratenapparat. Einsicht und Kraft zur Beseitigung der Bürokratenherrschaft konnten aber nur im Verlauf längerer Kämpfe gewonnen werden. Doch die DDR lag an der Frontlinie zum internationalen Klassengegner. Für die SU war diese Perspektive deshalb zu unsicher - was sich auch 1969 bei ihrem Einmarsch in die CSSR zeigte.

Die überaus großen Entbehrungen in den ersten Jahren der sowjetischen Besatzung ließen in der Arbeiterschaft Verbitterung und Wut gegen die Bürokratie hochkommen. Als nicht hinnehmbar empfanden die Arbeiter ihre Lebensverhältnisse.

Als der Kalte Krieg in Korea in eine heiße Phase überging und die DDR verstärkt Produkte der Schwerindustrie an die UdSSR liefern musste, litten die Investitionen in der Leicht- und Nahrungsmittelindustrie und die Versorgung der Bevölkerung darunter. Dem aufkommenden Unmut wegen der 10prozentigen Normenerhöhung im März 1953 wurde mit verschärfter Repression gegenüber Oppositionellen begegnet. Als die DDR-Führung nach einem Kurswechsel der Politik der SU die Normenerhöhung für Besserverdienende zurücknahm, wirkte die Erklärung des FDGB, die Beibehaltung der Erhöhung für Arbeiter sei richtig, wie eine Provokation.

In den Protesten und Streiks am 17. Juni 1953 brach sich der Unmut der Arbeiter Bahn, zunächst gegen die Normenerhöhung, dann gegen die SED-Herrschaft. In welche Richtung sich etwas verändern sollte, darüber bestand jedoch keine Klarheit. So war der Aufstand am 17. Juni 1953 auch eine Folge der Missachtung der demokratischen Traditionen der deutschen Arbeiterbewegung.

Von propagandistischer Einflussnahme, Provokation und Sabotage des Klassengegners muss man immer ausgehen. Die Frage ist nur: Sind die Arbeiter immun dagegen oder anfällig? Die Propaganda des Westens zum 17. Juni stand natürlich im Gegensatz zur praktizierten Politik der Aufrüstung der BRD und dem Streben nach Atomwaffen. Einmal radikal abgeblockt, wie am 17. Juni 1953, blieben die Initiativen der Arbeiterklasse aus, ebenso wie etwas später in Ungarn, Polen und der CSSR. In dieser Desorientierung, die nicht mehr überwunden werden konnte, waren schon Voraussetzungen dafür angelegt, dass die Arbeiter der DDR "tatenlos zusehen, wie die erhungerten Errungenschaften wieder zunichte gemacht werden, weil sie den Augenblicksvorteil der Angleichung an die Lebenshaltung und die "Freiheit" des Westens der Wahrnehmung ihrer historischen Klasseninteressen vorziehen werden." (Thesen über unsere Stellung zur Ostzone, Arbeiterpolitik Nr. 4, 1952, Seite 7-8, These 7)

Der Rückzug in die Privatsphäre war außer in der DDR in Ungarn und der CSSR besonders deutlich und wirkt bis heute nach. Wichtige Entscheidungen wurden schließlich nur noch im Politbüro getroffen. Die SED entzog sich der Kontrolle von unten. Innerparteiliche Opposition, wie z.B. die Schirdewan-Oelßner- und die Wollweber-Gruppe wurde ausgebootet. Diese innerparteiliche Opposition blieb allerdings ohne Bedeutung für die Arbeiter, weil es Fraktionskämpfe zwischen Bürokraten waren.

Standen nicht praktisch alle Seiten des gesellschaftlichen Lebens unter der Leitung von oben? Da die Sicherheit des Staates in der Frontlage zum internationalen Klassengegner nicht über die Zustimmung in einer proletarischen Demokratie erreicht werden konnte, wurden Einrichtungen wie die Staatssicherheit zur Bespitzelung der Bevölkerung notwendig. Dadurch dass man Flüchtlinge als Verräter bezeichnete, wurden sie zu Gegnern gemacht. Mauer und Stacheldraht waren zwangsläufige Folgen einer Negierung notwendiger demokratischer Verhältnisse unter Sozialisten. Sie diskreditierten die DDR, denn in den Augen großer Teile der westdeutschen Bevölkerung glich sie nun einem Straflager.



"Klasse für sich"

Indem in der DDR die Eigenständigkeit der Arbeiterorganisationen aufgehoben wurde, existierten sie nur noch durch riesige Apparate weiter. Kollektive bildeten die Arbeiter nur als Kollegen am Arbeitsplatz.

Als "Klasse an sich" existierten die Arbeiter und Bauern noch insoweit, als ihre Produktionsformen sich zwar stark angenähert hatten, aber nicht gleich waren. Als "Klasse für sich", also als bewusst und gemeinschaftlich Handelnde traten die Arbeiter nicht auf. Ihr Klasseninteresse verlangte den selbständigen Ausbau dessen, was bisher erreicht worden war - entsprechend ihren Bedürfnissen. Verkürzt werden konnte die Zeit der Entbehrungen nur, indem die Bürokraten unter die Kontrolle der technisch versierten Arbeiter gestellt wurden, d.h. also besser, reibungsloser selbständig planen und aufbauen. Nur mit der Bereitschaft der Arbeiter, diese Aufgabe wahrzunehmen, war die Entwicklung einer sozialistischen Gesellschaft auf den schon geschaffenen sozialistischen Produktionsverhältnissen möglich.

Zur notwendigen Steigerung der Produktivität blieb der SED-Führung nach dem Niederdrücken des Aufbegehrens der Arbeiterschaft das Pendeln zwischen Propaganda und materiellen Anreizen. In der Öffentlichkeit dargestellte Initiativen waren Ergebnisse langer Vorbereitungen der Bürokratie und wurden von den Arbeitern belächelt. Bedeutet nicht der aus dieser Not geborene "sozialistische Wettbewerb" Konkurrenz unter Arbeitern, also das Gegenteil von dem, was notwendig gewesen wäre - nämlich kollektives selbstbestimmtes Handeln? Wo gab es also in der DDR Ansätze für ein bewusstes, selbstverständlich gewordenes gemeinschaftliches gesellschaftliches Handeln der Arbeiterklasse? Brigaden bestimmten die Höhe ihrer Arbeitsnormen selbst und forderten weitere Rechte in der Produktion ein. Als Ende der fünfziger Jahre Brigadiere der "sozialistischen Brigaden" Brigaderäte forderten, die in der Werksdirektion mitentscheiden sollten, kam 1960 von der Parteiführung ein "Nein" zu solcher Art jugoslawischer Selbstverwaltung. Die Autorität der Betriebsdirektoren durfte nicht angetastet werden (Jörg Roesler a.a.O. S. 48).

Konnte der allmächtige Regierungsapparat, der dem Weg in eine klassenlose Gesellschaft im Wege stand, auf ein Mindestmaß heruntergeschraubt werden? Oder war nicht das Gegenteil der Fall? Hatten es nicht so viele Menschen bald mit Heuchelei, Verdächtigungen und Überwachung zu tun? Blieb nicht den Arbeitern in der DDR schließlich nur, sich mit der Alternativlosigkeit abzufinden, passiv zu werden, eine Nische im persönlichen Bereich zu suchen? Für die Arbeiter war die Staatsführung nur dann interessant, wenn höhere Löhne und Urlaubsverlängerungen verkündet wurden.


Trotzdem ist auf dem Boden der DDR Positives entstanden ...

Erst nachdem die SU nicht mehr Betriebe demontieren ließ, konnte in der DDR an eine realistische Planung der Wirtschaft herangegangen werden. Im Interesse ihres eigenen Aufbaus musste die SU nun die schwersten Demontagefolgen z. B. durch die Lieferung von (vorher demontierten) Walzenstraßen wieder beseitigen. Eine ganze Reihe von Schwierigkeiten verursachte Störungen:

Bis auf die Braunkohleförderung und einige Zweige der Chemieindustrie waren die Grundstoffindustrien unterrepräsentiert. Auch in der verarbeitenden Industrie gab es Disproportionen: So war die Textilindustrie überdurchschnittlich, der Schwermaschinenbau nur gering vertreten.

Das feinnervige Netz einer hochentwickelten Produktion Gesamtdeutschlands war zerrissen. Die Trennung der DDR von den Zentren der Schwerindustrie im Westen wie auch dem schlesischen Steinkohlenbergbau, erforderte den Aufbau einer Stahlindustrie, wodurch nicht genügend in die Konsumgüterindustrie investiert werden konnte. Das nun fehlende zweite Bahngleis im Schienennetz lähmte den Transport. Gearbeitet werden musste mit überalterten Produktionsmitteln. Hemmend wirkten sich auch die Interesselosigkeit der Produzenten sowie das einseitige Ziel der Erhöhung der Produktionsmenge aus.

Nach dem 17. Juni 1953 und den Aufständen in Ungarn und Polen hob die SU die Reparationen und Besatzungskosten auf und leistete materielle Hilfe durch Besserstellung. Das wurde dann als Aufbau des Sozialismus proklamiert (in Ungarn "Gulaschkommunismus" genannt).

Großer Lärm war im Westen um die Zwangskollektivierung in der Landwirtschaft der DDR gemacht worden. Das Trara um die "Bauernlegerei" (Privateigentum wurde Genossenschaftseigentum) legte sich, als die Produktivität im Agrarsektor erhöht wurde und die Vorteile geregelter Arbeitszeiten erkannt wurden?(14)

Trotz aller politischen und ökonomischen Widrigkeiten gehörte die DDR bereits 15 Jahre nach ihrer Gründung zu den ersten zehn Industriestaaten der Welt und stand in Europa hinter der SU, der BRD, Großbritannien und Frankreich an fünfter Stelle. Sie hatte Industrien aufgebaut, die es vorher dort nicht gab. Sie führte hochautomatisierte Werkzeugmaschinen aus und spielte in der Wirtschaftsgemeinschaft des Ostblocks eine führende Rolle. Die sozialistischen Produktionsverhältnisse hatten es ermöglicht.

In der weiteren Entwicklung konnte die DDR-Industrie nicht mit der technischen Entwicklung im Kapitalismus Schritt halten und war im Konkurrenzkampf auf dem Weltmarkt unterlegen. DDR-Qualitätsware wurde in die BRD geliefert. Das Großversandhaus Quelle mit seinem Milliardenumsatz baute einen wesentlichen Teil seines Programms aus DDR-Produktion auf. Um das zu erreichen, war die DDR allerdings gezwungen, die Westpreise zu unterbieten. Sie musste an Devisen kommen.

Der Verbrauch an Lebensmitteln gehörte inzwischen zu den höchsten weltweit. Bald waren im DDR-Haushalt Kühlschrank und Waschmaschine vorhanden und stellten viele Menschen materiell zufrieden. Blieb die DDR im Vergleich zur BRD auch zurück, ihre kulturellen und sozialen Leistungen waren herausragend (z. B. Arbeitsplatzsicherheit, keine Schere bei den Löhnen, Gleichstellung von Mann und Frau am Arbeitsplatz, Kindergärten für alle, niedrige Mietpreise, Buchpreise, Theater, Sozialversicherung). Das im Westen noch wirkende konservative Frauenbild Kinder, Küche, Kirche war hier überwunden worden.



...auf sozialistischer Wirtschaftsgrundlage

Grundlegende ökonomische und gesellschaftliche Veränderungen in Richtung Sozialismus wurden unter den dargestellten schwierigen Bedingungen geschaffen. Der Weg von der Profitwirtschaft zur planmäßigen Bedarfsdeckung war gegangen worden. Bürokratisch von oben herab war das jedoch nicht mehr als das Schaffen einer sozialistischen Wirtschaftsgrundlage.

Das Unterbinden kritischen Denkens in den Reihen der Kommunisten behinderte eine nachhaltige gesellschaftliche Weiterentwicklung. Im Sozialismus ist der Übergang vom extensiven zum intensiven Wachstum nur möglich, wenn die Produzenten die bisher leitende Bürokratie überwinden. Intensive Produktionssteigerung setzt also die aktive Beteiligung der arbeitenden Menschen an der gesellschaftlichen Planung voraus. Diese Voraussetzungen waren in der DDR nicht gegeben. Gegen die Massenflucht von qualifizierten Arbeitskräften wurde die Mauer gebaut - das prägnanteste Zeichen der politischen Schwäche der DDR. Nach 1961 versuchte die Führung der SED die Wirtschaft durch bessere Planung voranzubringen. Anknüpfen konnte man an die Kritik E.G. Libermans an der "Tonnenideologie", die 1962 in der Prawda veröffentlicht wurde.

Insbesondere die jüngere Generation sollte dafür gewonnen werden, ohne "Gängelei, Zeigefingererheben und Administrieren". So wurde von der SED nach dem Mauerbau gefordert, dass die Probleme der Arbeiter und der Arbeitswelt literarisch dargestellt und diskutiert wurden. Die Arbeiter der DDR hatten sich bereits nach dem 17. Juni 1953 eher resigniert in private Nischen zurückzogen. Einen gewissen Freiraum hatten sich viele Schriftsteller geschaffen. (siehe Kasten)



Problemorientierte Literatur:
Viele Kulturschaffende setzten darauf, Menschen durch problemorientierte Literatur für den Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft gewinnen zu können. Fehler in der gesellschaftlichen Entwicklung wurden problematisiert. So hatte z.B. Werner Bräunig in seinem Roman "Rummelplatz" die Probleme der frühen Jahre der DDR im Fokus. Sein Thema war: Wie der Mensch durch Arbeit zu sich selbst findet und den Aufbau des Sozialismus mitgestaltet. Ihm ging es nicht um die Darstellung von Schwierigkeiten, sondern um deren Überwindung: Jeder müsse auf seine Weise "erfahren, dass man sein Vaterland nicht irgendwie findet, sondern dass man es bauen, dass man sich engagieren muss." Und "Was sind das für Kommunisten, die immer genau wissen, wie es sein müsste, aber nicht dahinterkommen, wie es ist und warum es noch nicht anders ist und was also getan werden muss?"
Werner Bräunigs Roman fiel jedoch der Kritik nach dem Scheitern des NÖS zum Opfer und wurde in der DDR nicht gedruckt. Christa Wolf, damals Kandidatin des ZK, verteidigte Werner Bräunig in einer offenen Rede. Sie sah, dass es um mehr ging als um die Schriftsteller. In ihrem "Erinnerungsbericht" stellt sie ausführlich dar, wie alarmiert sie und viele ihrer Kollegen damals in der Kampagne gegen Werner Bräunigs "Rummelplatz" waren: "Wir, meist Angehörige einer Generation, die in diesem Land engagiert lebten, die Konflikte sahen, hatten ein sehr starkes Gefühl von der Gefahr, in die dieses Gemeinwesen geraten würde, wenn die Widersprüche nicht in produktiver Weise ausgetragen würden. (...) Wir hatten das Gefühl, dies sei einer der letzten Momente, um die Entwicklung in der DDR in eine Richtung zu lenken, die diesen Staat zu einer Alternative machen konnte gegenüber der kapitalistischen Bundesrepublik. Wir wollten die sozialistischen Ansätze soweit stärken, dass die DDR auch geistig "konkurrenzfähig" werden konnte. Und wir sahen uns mit Leuten in der Wirtschaft, in der Wissenschaft verbündet (...). Es gab sogar einzelne Leute im ZK, mit denen ich offen darüber sprechen konnte." (Zitiert nach Angela Drescher "Aber die Träume, die haben doch Namen"
Der Fall Werner Bräunig, im Nachwort zu seinem Roman, erschienen im Aufbau Verlag, Berlin 2007.


Das Neue Ökonomische System der Planung und Leitung der Volkswirtschaft (NÖS) sollte im Rahmen der zentralen Planung Marktelemente wirken lassen: Durch Rationalisierung, durch modernste Technologie und mehr Eigenständigkeit sollten die Betriebe produktiver, rentabler werden. Die Wirtschaftsreformer glaubten, die Überlegenheit der sozialistischen Ordnung gegenüber dem Kapitalismus demonstrieren zu können. Die einzelnen Wirtschaftszweige entwickelten sich jedoch nicht im gewünschten Verhältnis zueinander. Aus den entstehenden Missverhältnissen zwischen den Produktionszweigen erwuchsen Versorgungsprobleme und Unzufriedenheit in der Bevölkerung. Von Oktober 1970 bis April 1971 stiegen so die Arbeitsniederlegungen einzelner Werksabteilungen auf über 60 an (Jörg Roesler, a.a.O. S. 68). Eine entsprechende Entwicklung zeigte sich auch im Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW), der Wirtschaftsgemeinschaft im Ostblock.

Der Versuch, die Initiative der Bevölkerung durch eine technokratische Reform zu ersetzen, erwies sich als untauglich. Er wurde vor allem auf Druck der SU abgebrochen und führte im weiteren Verlauf zur Niederlage des Flügels um Ulbricht. Den Schriftstellern wurden die gewährten Freiheiten wieder genommen. Ihnen wurde vorgeworfen, ein verzerrtes Bild der DDR, der Arbeiterklasse und der SU aufzuzeichnen.

Ohne wirklichen Einfluss der arbeitenden Bevölkerung in der Gesellschaft, ohne sozialistische Demokratie, konnten nicht die Energien für die Initiativen zur Intensivierung der Arbeit freigesetzt werden. Allein per Anweisung oder durch Aufruf, Appell oder Kampagne kommen die schaffenden nicht dazu, Herr über den Produktions- und Planungsapparat zu werden, es besser zu machen als die Bürokratie.

Ende der 60er / Anfang der 70er Jahre galt es, sich einzustellen auf abzeichnende Veränderungen in den internationalen Wirtschaftsbeziehungen, die durch technisch wissenschaftliche Entwicklungen - insbesondere die Mikroelektronik - hervorgerufen wurden: Um die wirtschaftlichen Möglichkeiten besser auszunutzen, sollten im Ostblock die nationalen Wirtschaften stärker miteinander verzahnt werden. Diese Zielsetzung wurde Anfang der 70er Jahre von den Parteien der Ostblockstaaten beschlossen, um die Konkurrenzfähigkeit auf dem Weltmarkt zu erhöhen.

Da sich die Bevölkerung mit ihrer Lage abgefunden und in ihre Privatsphäre zurückgezogen hatte, also politisch nicht gewonnen werden konnte, musste eine Politik her, die nicht mehr nur Verbesserungen versprach, sondern jedem eine erfahrbare Verbesserung seines Lebens bot. Mit dieser Konzeption von der entwickelten sozialistischen Gesellschaft sollten die Widersprüche zwischen Staatsführung und Bevölkerung gemildert werden. Dafür war nun stetiges Wirtschaftswachstum notwendig. Für die dafür erforderlichen Leistungssteigerungen sollte die arbeitende Bevölkerung durch Konsumanreiz und soziale Sicherheit gewonnen werden. Wie im Kapitalismus wurden also Leistung und Konsum zu Eckpfeilern einer Politik, die auf Ruhe in der Bevölkerung ausgerichtet ist.

Zunächst kamen die Ergebnisse unter den Menschen gut an. Doch höhere Löhne und Sozialleistungen sollten Stimulanz zu höherer Produktion und nicht erst ihr Ergebnis sein. So wurde ein Konsumbedarf erzeugt, der von der eigenen Produktion nicht gedeckt war.

Letztlich bedeutete diese Politik: Wenn das Wohlwollen der arbeitenden Bevölkerung auf Kosten der Akkumulationsrate mit höheren Löhnen und Sozialleistungen erkauft werden musste, war ein Zurückbleiben der DDR-Wirtschaft im internationalen Vergleich abzusehen. Die aufgenommenen Kredite für den Import von Konsumgütern und für Anlagen zur Konsumproduktion aus dem Westen strangulierten die DDR, denn Kredite und Zinsen konnten nur - wie im Kapitalismus üblich - durch höhere Kredite zurückgezahlt werden.(15)



Die Wahrheit sagen

Statt Erklärung der Schwierigkeiten, die durch den Druck des kapitalistischen Lagers hervorgerufen werden, gab es wie bisher Beschönigungen und Illusionen. Etwas als "entwickelte sozialistische Gesellschaft" ausgeben, was nur eine sozialistische Wirtschaftsgrundlage, aber keine sozialistische Gesellschaft war, die von den Menschen getragen wurde - das musste den Sozialismus diskreditieren. Mit dieser Aussage wurde zum Ausdruck gebracht, es bedürfe keiner weiteren Anstrengungen, um die Verhältnisse zu verbessern, Schwierigkeiten, von allen wahrgenommene Widersprüche zu überwinden, der Endzustand sei erreicht. Die Bevölkerung sollte also ruhig gehalten werden. Sie für die Weiterentwicklung zu gewinnen, hatte die Führung offensichtlich aufgegeben.

Die Bevölkerung der DDR war nicht Herr im Hause DDR. Sie bestimmte nicht die Wirtschaft und nicht die Politik - das hatte stellvertretend für sie die Parteispitze übernommen. Im Sozialismus kann die komplexe industrielle Gesellschaft nicht bis in jede Einzelheit von oben her gesteuert und geplant werden. Dazu ist Initiative und Verantwortungsbereitschaft auf allen Ebenen notwendig.

Dieser Mangel führte dazu, dass die DDR-Arbeiter 1989/90 als Klasse kampfunfähig waren. In vielen Betrieben haben die Beschäftigten die Abwicklung ihrer Betriebe durch die Treuhand hingenommen. Weniger bekannt ist, dass sich Belegschaften auf vielfältige Art gegen die Vernichtung ihrer Arbeitsplätze gewehrt haben. Als Belegschaft eines einzelnen Betriebes wurde ihr Widerstand zerrieben. Viel Unterstützung von westdeutschen Gewerkschaftern erhielten die kämpfenden Kollegen des Kalibergwerkes in Bischofferode. Indem die DGB-Gewerkschaften die Auflösung der FDGB-Gewerkschaften ansteuerten, trugen sie nicht zur Stärkung der Kampfbereitschaft)(16) bei. Entscheidend war jedoch, dass die Arbeiter der DDR nicht gemeinsam als Klasse auftraten.



Wir heute

Der erste Versuch, den Sozialismus aufzubauen, ist in der Sowjetunion gescheitert. Die SU hat sich aufgelöst; Wirtschaftsbereiche wurden privatisiert. Mit ihrer Auflösung konnten sich auch die neuen gesellschaftlichen Verhältnisse in den Staaten ihres osteuropäischen Einflussbereichs nicht halten. Letztlich erwies sich 1990 die auf militärische Sicherung bedachte russische Politik der Vorverlegung der Frontlinie zum Kapitalismus als nicht weitsichtig genug. Die militärische Sicherung konnte die fehlende revolutionäre Hilfe der Arbeiterklassen der kapitalistischen Länder nicht ersetzen.

Den Untergang der DDR einem konterrevolutionären Putsch zuzuschreiben, hilft den Menschen nicht weiter, die sich mit der Krise des Kapitalismus auseinandersetzen und ihn überwinden wollen. Im Gegenteil, sie stabilisiert die verbreitete Meinung, der Sozialismus sei kein Ausweg. In der DDR lagen die Ursachen für die bürokratischen Methoden und Fehler nicht im sozialistischen System. Isolation und ökonomische Schwäche gegenüber den kapitalistischen Zentren hatten in der SU ein Sicherheitsdenken entstehen lassen, in dem die bürokratischen Methoden und Fehler der sowjetischen Besatzungspolitik wurzelten. Unter den ihr gegebenen Voraussetzungen konnte die Arbeiterschaft nicht die Kraft und Fähigkeit entwickeln, die Partei- und Staatsbürokratie positiv zu überwinden. Die Menschen, auch die Kommunisten, machen Geschichte nicht aus freiem Entschluss, sondern unter bestimmten gegebenen Bedingungen. Wirklich gelöst werden können die Probleme, die sich beim Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft stellen, nur mit einer arbeitenden Bevölkerung, die wirklichen Einfluss auf Staat und Gesellschaft besitzt. Nur so können Wirtschaft und Staat besser organisiert werden als es im Kapitalismus oder unter Bürokraten geschieht.

Nach dem Zerfall der Sowjetunion und ihrer Satellitenstaaten kann niemand mehr vertreten, in Deutschland müsse ein russischer, ein chinesischer oder gar albanischer Weg zum Sozialismus eingeschlagen werden. Auch die ideologische Auseinandersetzung ist ein Prozess und fängt im kleinen Rahmen an.

In unserer industriellen Gesellschaft sind die Menschen - auch die, die vom Klassenstandpunkt der Arbeiterklasse ausgehen - heute ganz unterschiedlichen konkreten Bedingungen ausgesetzt. Für ihre politische Arbeit unter den Lohnabhängigen ist es notwendig, dass sie - ausgehend von grundlegenden gemeinsamen Einsichten - in ihren differenzierten Verhältnissen selbständig denken und handeln und nicht bei jeder anstehenden Entscheidung auf eine Anweisung von oben warten. Selbständiges Handeln setzt selbständiges Denken voraus. Selbständiges Denken ist kritisches Denken, kritisch gegenüber der eigenen Vergangenheit, kritisch gegenüber denen, die sich als Lehrmeister anbieten.



Anmerkungen

1) Dazu "Dresden 2010 - Sie kamen nicht durch!" Arbeiterstimme Nr. 167, 39. Jahrg. 2010, S. 1ff

2) Dazu auch die Einleitung von Frank Dingel zu Richard Müller, Geschichte der deutschen Revolution. Olle & Wolter 1974 (Im Neudruck 2012 fehlt die Einleitung). Ende 1918 passte sich die Sozialdemokratie mit auf Flugblättern verbreiteten Losungen wie "Kampf gegen die Reaktion. Für die Durchführung des Sozialismus" und "Die Sozialisierung ist da!" der Stimmung in den Arbeitermassen an (Udo Achten, Siegfried Krupke, Flugblätter der Arbeiterbewegung, Büchergilde Gutenberg).

3) Jörg Roesler, Die Stuttgarter Vorfälle vom Oktober 1948, Jahrbuch für Forschung zur Geschichte der Arbeiterbewegung 2007 / I (Januar)

4) 1951 wurde das Montanmitbestimmungsgesetz im Bundestag beschlossen. Hans Böckler (1949-1951 DGB-Vorsitzender) auf der ersten Gewerkschaftskonferenz der britischen Zone im März 1946: "Wir hatten uns gleich von Anbeginn des totalen Niederbruchs gesagt: Ein zweites Mal soll den deutschen Arbeitern nicht passieren, was in den Jahren 1920/21 passiert ist, dass sie trotz ihres ehrlichen Strebens letzten Endes doch wiederum die Betrogenen sind... Wir müssen in der Wirtschaft selber als völlig gleichberechtigt vertreten sein, ... Also der Gedanke ist der: Vertretung in den Vorständen und Aufsichtsräten der Gesellschaften."

Eugen Loderer (1972-1983 IGM-Vorsitzender) auf der Aufsichtsratssitzung der Mannesmann AG am 26.6.1980: "Es gab lange und heftige Diskussionen darüber; ob die Gewerkschaften den Weg der Sozialisierung oder der Überführung in Gemeineigentum fordern sollten. Wir haben uns für den Weg der Mitbestimmung entschieden. Aus diesem Grunde ist für uns die Montanmitbestimmung, die unter Konrad Adenauer zustande gekommen ist, von so überragender Bedeutung." Dazu auch August Thalheimer, Über die sogenannte Wirtschaftsdemokratie 1928, mit einem Nachwort zur Montan-Mitbestimmung, Bremen 1981, herausgegeben von der Gruppe Arbeiterpolitik.

5) Einleitungsabsätze zum Ahlener Programm: "Der Zonenausschuss der CDU für die britische Zone erließ in seiner Tagung vom 1. bis 3. Februar 1947 in Ahlen folgende programmatische Erklärung: Das kapitalistische Wirtschaftssystem ist den staatlichen und sozialen Lebensinteressen des deutschen Volkes nicht gerecht geworden. Nach dem furchtbaren politischen, wirtschaftlichen und sozialen Zusammenbruch als Folge einer verbrecherischen Machtpolitik kann nur eine Neuordnung von Grund aus erfolgen.

Inhalt und Ziel dieser sozialen und wirtschaftlichen Neuordnung kann nicht mehr das kapitalistische Gewinn- und Machtstreben, sondern nur das Wohlergehen unseres Volkes sein. Durch eine gemeinwirtschaftliche Ordnung soll das deutsche Volk eine Wirtschafts- und Sozialverfassung erhalten, die dem Recht und der Würde des Menschen entspricht, dem geistigen und materiellen Aufbau unseres Volkes dient und den inneren und äußeren Frieden sichert."

6) Als Mitglied des Präsidiums der SPD und Hauptautor des "Godesberger Programm" charakterisierte Prof. Carlo Schmid in der ZEIT vom 27.11.59 die früheren Programme der SPD als "Produkte dogmatischen Denkens". Sie seien in den Programmen stehen geblieben, obwohl diese Vorstellungen im praktischen Denken der SPD längst zu Grabe getragen worden waren. Der demokratische Sozialismus sei in Europa "in christlicher Ethik, im Humanismus und in der klassischen Philosophie verwurzelt". "Das private Eigentum an Produktionsmitteln hat Anspruch auf Schutz und Förderung, soweit es nicht den Aufbau einer gerechten Sozialordnung behindert." ... "Im Zentrum der neuen Betrachtungsweise steht nicht mehr die Klasse, sondern stehen der Mensch und das Volk." Der Mensch nehme es auf sich, "an der Schaffung einer Ordnung der Volks- und Menschheitsgemeinschaft mitzuwirken, ...."

7) In der KPD gab es auch abweichende Stimmen. Im November 1945 trat der ehemalige Nationalbolschewik Richard Scheringer, der schon vor 1933 im Umkreis der KPD aktiv war, der Partei bei, und die wollte ihn sofort als Staatssekretär im bayrischen Landwirtschaftsministerium einsetzen. In diesem Zusammenhang zitiert er in seinen Erinnerungen die Ansicht seiner Frau (S. 488): "Das würde ich nicht machen", sagte sie, "was wollt ihr (die KPD) mit ihm dort? ... Unter der Besatzungsmacht eine Regierung bilden - das ist nicht das Richtige". Richard Scheringer: Das große Los. Unter Soldaten, Bauern und Rebellen, Hamburg 1959).

8) Isaac Deutscher, Die Umwälzung der Sozialstruktur in der sowjetischen Zone, The Observer, 25.3.1946

9) Beispiel eines Analysenergebnisses der SED: Zur gleichen Zeit als die Arbeiter der britischen Zone gegen die Erfüllung der politischen und wirtschaftlichen Forderungen der Besatzungsmacht zu streiken und demonstrieren begannen, weil sie nicht verhungern und erfrieren wollten, zog z.B. Winguth in seinem Artikel "Die Aufgeschlossenen und ihre große Linie" in der Märzausgabe 1946 der "Einheit" aus seiner Analyse die Schlussfolgerung "Die Anwesenheit der Besatzungsmächte, deren wirtschaftliche und politische Forderungen wir zu erfüllen haben, wirkt auf die demokratische Entwicklung hemmend und fördernd zugleich." Wie kann eine kapitalistische Besatzungsmacht eine der Arbeiterklasse dienliche Demokratie fördern? Bei Ignorierung des internationalen Klassengegensatzes schrieb Klaus Zweiling in der gleichen Ausgabe nicht mehr als "Der Friede hängt von der Einigkeit der vier Hauptsiegermächte ab." Und das zu einer Zeit, als der Marshallplan aufgestellt wurde, die Regierungen Großbritanniens und Frankreichs die politische Linie der USA des Kalten Krieges, der Konfrontation mit der SU unterstützten. Zitiert nach "Briefe aus der Ferne" Nr. 6, Oktober 1947, vervielfältigte Diskussionsunterlagen der früheren KPOer ( Inhalt: Auseinandersetzung mit dem theoretischen Organ der SED "Einheit")

10) Internationale monatliche Übersicht, März 1947 Nr. 8 (Nachdruck in August Thalheimer: Westblock-Ostblock. Welt- und Deutschlandpolitik nach dem Zweiten Weltkrieg. Mit Einleitung und Anmerkungen der Gruppe Arbeiterpolitik, Bremen 1992. S. 167.

11) Das Zitat wird zustimmend in der Arbeiterpolitik Nr. 7, 1. Aprilhälfte 1952, S. 6. im Artikel "Die 'Müllerer' werden 'gemüllert'" angeführt. Das ND setzte sich kritisch mit der Bürokratie in der DDR auseinander.

12) Dazu Evemarie Badstübner: Vom Knecht zum Herrn? Ostdeutsche Arbeiter und Arbeiterbewegung in der Nachkriegszeit - Erwartungen, Erfahrungen, Leistungen und Enttäuschungen in: Jahrbuch für Forschungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung (Berlin) 6. Jg. 2007 Heft II, S. 47-65. In diesen Artikel analysiert Badstübner auf der Grundlage einer umfangreichen Literatur den Zustand der Arbeiterklasse nach 12 Jahren Nazi-Herrschaft, der Zerschlagung ihrer Organisationen, ihrer Verwicklung in die Eroberungspolitik, von der sie am Rande auch profitiert hatten und die veränderte Zusammensetzung der Arbeiterklasse nach 1945. Es ging für die überwiegende Mehrheit der Arbeiter um das überleben nicht um gesellschaftspolitische Veränderungen. Nur eine kleine Minderheit der Arbeiter war politisch aktiv. Badstübners Analyse ist ausgewogen und zieht viele Aspekte der Jahre vor Gründung der DDR in ihre Untersuchung ein. Ihre Einschätzung ist, dass die Erfahrungen der unmittelbaren Nachkriegszeit eine große Bedeutung für die Bewusstseinsbildung der Arbeiter in der DDR hatten.

13) Ein deutscher Weg zum Sozialismus ist, wie sich hier zeigt, nicht ausgearbeitet worden. Die Rede von einem "deutschen Weg zum Sozialismus" im Aufruf der KPD vom 11. Juni 1945 war also nur gebraucht worden, um die Anerkennung der Potsdamer Beschlüsse, die Anerkennung bürgerlicher Parteien als revolutionäre Politik erscheinen zu lassen.

14) Die parallele Entwicklung im Westen dazu war das Abschaffen kleinbäuerlicher Existenzen durch den Konkurrenzkampf. Zur Unterstützung dieser Entwicklung zahlte die Bundesregierung eine Landabgaberente.

15) Die Integration der DDR-Wirtschaft in den kapitalistischen Weltmarkt führte zu einer negativen Handelsbilanz der DDR gegenüber dem Westen. Die Einfuhren wurden mit Krediten westlicher Banken bezahlt. Die Nettoverschuldung gegenüber dem Westen stieg von 15,5 Mrd. DM in 1977 auf 23,6 Mrd. DM in 1980 an. Gegenüber der Bevölkerung wurden diese Schulden verschwiegen. 1985 musste die DDR 3,64 Mark erwirtschaften um dafür 1 DM zu erhalten, 1989 betrug das Verhältnis 4,40 Mark zu 1 DM. Siehe Jörg Roesler a.a.O. S. 76-85 u. S. 91

16) Dazu Ulla Plener, Die Treuhand - der Widerstand in Betrieben der DDR - die Gewerkschaften (1990-1994). NORA, Berlin 2011. Arbeiterpolitik Nr. 4/1993: Interview vom 18.10.1993 mit den Betriebsräten Brodhun und Jüttemann vom Kalibergwerk Bischofferode.

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Quelle:
Arbeiterstimme Nr. 180 - Sommer 2013, Seite 18 bis 38
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. August 2013