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FREE GAZA/199: Informationen zur "Gaza-Flottilla 'Stay human'" (IPK)


Institut für Palästinakunde e.V. Bonn

Newsletter 06/2011 - 29. Juni 2011

Informationen zur "Gaza-Flottilla 'Stay human'"


Sehr geehrte Freunde und Freundinnen,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Mitglieder,

hiermit möchten wir Sie darauf hinweisen, dass sich zur Zeit im Mittelmeer eine neue internationale Gaza-Flotte zusammenfindet - die "Gaza-Flottilla 'Stay human'" die sich daran macht, die israelische Blockade des Gazastreifens zu durchbrechen.

Die politische Bedeutung der Aktion besteht darin, dass der israelische Staat über 1.5 Millionen Palästinenser in einem Landstrich von der Fläche der Stadt München festhält, und von allen Seiten belagert. Einer Belagerung, an der sich - entgegen zwischenzeitlich anders lautenden Meldungen - nach wie vor auch Ägypten beteiligt, dessen Militärjunta dazu mit Milliarden von Dollars - nicht nur aus den USA - bezahlt wird.


Gaza

Die Bewohner Gazas - zu 70% Palästinenser und deren Nachfahren, die von Israel 1948 vertrieben wurden - sind auf Basis der zur Verfügung stehenden Fläche zumal unter der Belagerung - nicht in der Lage sich selber zu ernähren, ganz zu schweigen von anderen zivilisatorischen Standards.

Da es erklärte Politik Israels ist, die Bewohner Gazas auf Diät [1] zu setzen, erhält der Gazastreifen nur rund 60% der Lieferungen, die zum Erhalt der dort lebenden Menschen erforderlich sind. Zeitweise wurde nicht nur die Lieferung von Zement und Baueisen unterbunden, sondern auch die von Schulheften [2] oder Maccaroni [3]; ganz zu schweigen von lebensnotwendigen Medikamenten [4]. Den Rest müssen die Palästinenser für viel Geld im Süden bei Rafah durch Tunnels 'einschmuggeln', an deren Betrieb ägyptische staatliche Funktionäre sicher gut mitverdienen.

Gaza ist demzufolge ein riesiges Ghetto, das vollständig von internationaler 'Sozialhilfe' abhängig ist.

Die einzige 'Gefahr', die von dem als exterritorial betrachteten Küstenstreifen für den jüdischen Staat ausgeht, besteht darin, dass 1.5 Millionen Palästinenser darin festsitzen, was einem Viertel (!) der jüdischen Bevölkerung Israels entspricht.
(Die Anzahl der Palästinenser Gazas, der Westbank, Ost-Jerusalems und Israels entspricht mittlerweile nahezu der Hälfte der Anzahl der Bewohner in dem gesamten von Israel beherrschten Territorium.)

Gaza abzutrennen, es in ein Gefängnis zu verwandeln - vollständig finanziert von der internationalen Gemeinschaft -, das ist für Israel schlicht die einzige Möglichkeit, seinen mehrheitlich 'jüdischen Charakter' zu bewahren.

Darüberhinaus eignet sich Gaza nicht nur hervorragend als Drohkulisse für die Palästinenser in der Westbank, sondern auch dazu ihre politische Spaltung zu zementieren.


Die Gaza-Flottilla 'Stay human'

Ob sich alle Schiffe - ca. zehn - an der Aktion werden beteiligen können, hängt u.a. auch von dem Erfolg oder Misserfolg der Iraelis und ihrer Helfer ab, die Schiffe daran zu hindern [5], in See zu stechen. Das gilt zur Zeit insbesondere für die amerikanische 'Audacity of Hope', die auf Initiative einer israelischen Organisation in Griechenland festgehalten wird.

Was bei einer Konfrontation mit den Israelis zu erwarten ist, haben die Ereignisse im letzten Jahr gezeigt, bei denen die israelische Marine die 'Mavi Marmara' aus der Luft enterte und neun unbewaffnete Passagiere erschoss, die versuchten, die Piraten mit Knüppeln und Fäusten aufzuhalten.

Ein solch blutiges Ende kann auch diesmal nicht ausgeschlossen werden. Die Statements [6] der amerikanischen Regierung lassen den Schluss zu, dass sie nichts unternehmen wird, um ihre Bürger an Bord der Schiffe zu schützen oder um die israelischen Angreifer später zur Verantwortung zu ziehen.


Deutsche Medien

Die deutschen Medien unterwerfen sich wie üblich der Selbstzensur - verschweigen die Flottilla - oder üben sich darin, den Angreifern zu assistieren, indem sie deren groteske Propaganda [7] als Nachrichten verkaufen.

Die Deutsch-Israelische Gesellschaft etwa erklärte [8] in Umkehr aller Logik und Kausalität, dass es die Organisatoren des deutschen Boots nach Gaza seien, welche die Verantwortung für eine eventuell tödliche Attacke Israels zu tragen hätten.

Und Israel hat dazu passend den an der Flotte teilnehmenden Journalisten gleich vorweg mit einem 10-jährigen Betätigungsverbot in Israel gedroht. (Diese Drohung wurde nach Protesten wieder zurückgezogen.)

Man erinnere sich an die geschickte israelische Bildregie [9] vor einem Jahr, die - dank scheinbar unendlich naiver Moderatoren und Berichterstatter - den Eindruck zu erwecken vermochte, die Angreifer - die zunächst von der Besatzung der 'Mavi Marmara' zurückgedrängt werden konnten - seien die wahren Opfer gewesen.

Und man darf wohl davon ausgehen, dass die Frontmänner und -Frauen der TV-Nachrichten, die der israelischen Regie schon im vergangenen Jahr lammfromm folgten, das auch in den kommenden Tagen tun werden.


Aktuelle Berichte

Zeitnahe Informationen zu den tatsächlichen Ereignissen vor Gazas Küste findet man allein im Internet.
Hierzu möchten wir Sie auf folgende Adressen hinweisen:

http://www.jungewelt.de/blogs/freegaza/
http://www.freegaza.org/
http://www.freedomflotilla.eu/
http://www.tahrir.ca/
http://www.savegaza.eu/eng/

Wenn Sie selber aktiv werden möchten, können Sie sich mit folgendem Brief [10] an die deutsche Regierung und führende Vertreter des deutschen Parlaments richten.



Mit freundlichen Grüßen
IPK-Vorstand


Verweise:
[1] http://www.counterpunch.org/levy02202006.html
[2] http://www.maannews.net/eng/ViewDetails.aspx?ID=223748
[3] http://www.israelnationalnews.com/News/News.aspx/130158
[4] http://www.msnbc.msn.com/id/43323516/ns/health/t/gaza-health-minister-acute-medicine-shortage/
[5] http://ustogaza.org/latest/greek-officials-attempt-to-block-u-s-boat-to-gaza-from-leaving-greek-port-passengers-suspect-israelus-economic-pressure-on-beleaguered-greek-government/
[6] http://www.democracynow.org/2011/6/27/obama_admin_warns_of_fines_and
[7] http://www.taz.de/1/politik/nahost/artikel/1/israel-warnt-vor-explosiver-fracht/
[8] http://www.deutsch-israelische-gesellschaft.de/dig_information/110413_pm_Steinbach.html
[9] http://www.youtube.com/watch?v=0LulDJh4fWI
[10] http://www.ipk-bonn.de/gesellschaft/news/2011062801.html


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Quelle:
Newsletter 06/2011, 29. Juni 2011
Institut für Palästinakunde e.V. Bonn
Angelika Vetter
Richard-Wagner-Straße 10-12, 53115 Bonn
E-Mail: vetter@ipk-bonn.de
Internet: www.ipk-bonn


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Juni 2011